Ferdinand von Schirach - Der Fall Collini

  • Klappentext:


    Vierunddreißig Jahre hat der Italiener Fabrizio Collini als Werkzeugmacher bei Mercedes-Benz gearbeitet. Unauffällig und unbescholten. Und dann ermordet er in einem Berliner Luxushotel einen alten Mann. Grundlos, wie es scheint. Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt die Pflichtverteidigung in diesem Fall zugewiesen. Was für ihn zunächst wie eine vielversprechende Karrierechance aussieht, wird zu einem Alptraum, als er erfährt, wer das Mordopfer ist: Der Tote, ein angesehener deutscher Industrieller, ist der Großvater seines besten Freundes. In Leinens Erinnerung ein freundlicher, warmherziger Mensch. Wieder und wieder versucht er die Tat zu verstehen. Vergeblich, denn Collini gesteht zwar den Mord, aber zu seinem Motiv schweigt er. Und so muss Leinen einen Mann verteidigen, der nicht verteidigt werden will. Ein zunächst aussichtsloses Unterfangen, aber schließlich stößt er auf eine Spur, die weit hinausgeht über den Fall Collini und Leinen mitten hineinführt in ein erschreckendes Kapitel deutscher Justizgeschichte.....


    Über den Autor:


    Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Strafverteidiger in Berlin. Seine Erzählungsbände "Verbrechen" und "Schuld" wurden zu internationalen Bestsellern. In mehr als dreißig Ländern erschienen Übersetzungen. Die Erzählungen werden zurzeit verfimt.


    Meine Meinung:


    Der Autor veröffentlichte bereits zwei Erzählbände, die sich auf wirkliche Fälle aus seiner Anwaltstätigkeit berufen. Jetzt stellt er zum 1.Mal einen Roman vor, der zwar nicht auf einem wirklichen Fall basiert, aber ein juristisches Problem behandelt, und zwar die Strafverfolgung der NS-Verbrecher. Ferdinand von Schirach erzählt auch hier wieder in einer knappen, lakonisch sachlichen Sprache. Es liest sich fast wie ein Protokoll, ist aber dennoch fesselnd und gut verständlich. Er erzeugt eine Spannung, da man sich ständig fragt: Warum wurde die Tat begangen? Auch der Gewissenkonflikt des Verteidigers, dem der Ermordete ein guter Freund war, wird verständlich durch einige Rückblenden in seine Kindheit.


    Erst als dieser Verteidiger nun aufgrund einer (etwas unglaubwüdigen) Intitialzündung einer Spur nachgeht, die ihn nach Recherche im Bundesarchiv zu Verbrechen, begangen im 2.Weltkrieg, hinführen, wird der Fall allmälich klarer.


    Bleibt noch zu erwähnen, dass der Schluss doch etwas zu aufgesetzt wirkt.


    Mein Fazit: Dieser Roman ist eigentlich mehr eine Erzählung. Mir gefällt nach wie vor die knappe und gut verständliche Schreibweise des Autors. Zwischendurch sehr gut zu lesen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!

  • Danke für die Rezi. Die beiden ersten Bücher des Autoren fand ich großartig. Ich wollte erst einmal die eine oder andere Meinung abwarten ob ich mir seinen ersten Roman auch kaufen sollte, aber nun habe ich "Der Fall Collini" bereits auf die Wunschliste gesetzt.


    Vor allem freue ich mich über dies:

    Ferdinand von Schirach erzählt auch hier wieder in einer knappen, lakonisch sachlichen Sprache.

    Das hat mir schon in den 2 ersten Büchern so gut gefallen: Einerseits die knappe, faktenreiche Sprache, aber trotzdem mit viel Gefühl.

  • Ich habe den Roman in einem Rutsch gelesen. Man konnte einfach das Buch nicht aus der Hand legen. Mir fiel besonders die berührende Erzählweise auf. Es war sehr flüssig zu lesen und trotzdem konnte man die Seele des Buches spüren und die ungesagten Untertöne.


    Die plötzliche Wende im Prozess war für mich sehr überraschend und kaum nachvollziehbar. Dafür kommt ein Teil der Justizgeschichte zu Tage, die bisher in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde.


    Ich kann das Buch nur empfehlen. Von mir gibts :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :flower: Das Leben findet immer einen Weg und blüht pötzlich da wieder auf, wo man es am wenigsten erwartet.

  • Das Buch als „Roman“ zu verkaufen, grenzt an Etikettenschwindel. „Gerichtsreport“ träfe das Genre besser.


    In einem Report oder Bericht genügt es, Tatsachen und äußere Handlungen zu beschreiben, ein Roman verlangt nach mehr, v.a. verlangt er lebendige Figuren und keine Pappkameraden. Leinen, der Gutmensch, glänzte im Studium, ist jung, tüchtig, unbestechlich und lässt sich nicht von seinem geraden Weg der Pflicht abbringen.
    Leinens Dilemma, den Mörder eines Mannes zu verteidigen, mit dem ihn eine väterliche Beziehung verband, wird im Sinne einer juristischen Befangenheit beschrieben, kein innerer emotionaler Kampf ist spürbar, geschweige denn Trauer. Dass er mit seiner Entscheidung ringt, sagt der Autor, er zeigt es nicht.
    Johannas merkwürdiger Schwenk von der Aggression gegen den Verteidiger ihres Großvatermörders zu ihrem Sprung in sein Bett kann ich mir nur so erklären: Der Autor wollte seinen Protagonist mit ein bisschen Sex verwöhnen.


    Von Schirachs Sprachstil mit den knappen lakonischen Sätzen passt gut zu den kurzen abgeschlossenen Episoden seiner beiden Erstlinge; für einen Roman fehlt ihr die epische Wandlungsfähigkeit.


    Ein Buch für einen Nachmittag mit erschreckenden Informationen zu einer konkreten Gesetzgebung, aber kein Schmökervergnügen für mich.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Vielen Dank für die Rezi. Habe das Buch zu Weihnachten bekommen und freue mich nun noch mehr darauf, es bald anzufangen. Kennt einer von Euch die ersten beiden Bücher? Für mich ist dies hier das erste.
    Frohes neues Jahr an alle!!!!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Wie seine beiden Kurzgeschichtensammlungen hat mir auch "Der Fall Collini" sehr gut gefallen, was vor allem an dem Erzählstil des Herren von Schirach liegt. Immer möchte ich diesen Berichterstattungsstil nicht lesen, aber hier hat es wieder wie die Faust aufs Auge gepasst. Auch die Geschichte hat mich von Anfang an gefesselt. Die Frage "Warum hat dieser Mann das getan?" hat mir keine Ruhe gelassen, so dass ich das mit weniger als 200 Seiten sehr kurze Buch an einem Tag ausgelesen hatte. Ich hätte auch wieder die Höchstwertung vergeben, aber irgendwie hat mich das Ende nicht wirklich begeistert. Vielleicht habe ich einfach eine zu abstruse und abwegige Aufklärung erwartet.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Nachdem ich das Buch nun in einem Zug verschlungen habe, werde ich mir mit Sicherheit auch die beiden Vorgänger besorgen. Ferdinand von Schirach schreibt kleine aber feine Krimis und die Beschreibungen von Berlin sind so gut, dass ich mich wie daheim fühle!
    Von mir gibt es daher für dieses Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • So langsam entwickle ich mich zu einem absoluten Fan des Autors.
    Haben mich schon seine Bände mit Kurzgeschichten absolut überzeugt, war ich umso gespannter auf "Den Fall Collini" - gestern begonnen, heute ausgelesen; kurz: Wahnsinnig gut!
    Von Schirach muss man meiner Meinung, ob bei Kurzgeschichten oder in diesem Fall einfach auch wie es so schön heißt zwischen den Zeilen lesen. Ich finde gerade diese prägnante Schreibe lädt dazu ein, das Kopfkino anzuschmeissen und über die Geschichte hinaus die Phantasie spielen zu lassen:


    Die grenzenlosen Gedanken, die man sich über die erzählte Geschichte hinaus macht, kann kein Autor so ausführlich und so persönlich für den jeweils Lesenden gestalten. Oder um es mit von Schirach selbst zu sagen: "Du bist, wer du bist." Auch wenn er hiermit etwas anderes ausdrücken möchte, so passt es doch, gerade im Fall dieses Buches sehr gut - jeder nimmt das mit, was auf ihn selbst am besten passt.


    Über die eigentliche Handlung hinaus finde ich dieses Buch auch geschichtlich unverzichtbar. Der Justizskandal, der in den 60er Jahren mit der Einführung dieses Gesetzes ablief war mir zumindest bis dato unbekannt. Umso wichtiger ist es, darauf aufmerksam zu machen.
    Von mir bekommt von Schirach volle :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: und (obwohl ich das heute komischerweise schon einmal geschrieben habe, aber so ist es halt) das Buch wird ebenso wie mein gestern beendetes ein heißer Aspirant auf das Jahreshighlight sein.


    Achja, ein wirklich lesenswertes und aufschlussreiches Interview zum Buch mit dem Autor gab es in der Zeit (hier nachzulesen), aber erst, wenn man das Buch gelesen hat, da man sich sonst um sämtliche Überraschungsmomente bringt.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Habe das Buch gerade in der Taschenbuchausgabe gelesen (deswegen schien ich auch nur als einziger Besitzer auf).


    Die Schreibweise Schirachs war mir am Anfang zu abgehackt. Erst schön langsam konnte ich mich damit anfreunden. Kann deshalb auch ein klein wenig die Kritik von Marie verstehen.
    Ich finde den Schluss nicht zu aufgesetzt, meiner Meinung nach passt er sogar sehr gut.
    Als Gesamturteil würde ich eine Wertung zwischen 3,5 und 4 Sternen geben, letztendlich habe ich mich dann für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: entschieden, da mich die Geschichte hinter der GEschichte überzeugte.

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Das ist jetzt auch schon ewig her, dass ich das Buch gelesen habe und ich würde mich hier der überwiegend positiven Meinung anschließen. Am Schreibstil hat mir diese Nüchtern- und Unaufgeregtheit gefallen. Die Geschichte ist eigentlich die ganze Zeit über sehr ruhig und läuft vor sich hin und trotzdem oder gerade deswegen unglaublich spannend zu lesen. Mir hat diese Art des Schreiben sehr gefallen. Auf seine Bücher bin ich durch einen Querverweis aufmerksam geworden, der sich mit den NS-Kriegsverbrechen beschäftigte.

  • Überraschend.

    Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt als ersten richtigen Auftrag die Pflichtverteidigung für einen älteren, zuvor unbescholtenen Mann, der vierunddreißig Jahre als Werkzeugmacher bei Mercedes gearbeitet hat. Der erstaunlich große Italiener hat in einem Berliner Luxushotel einen alten Herrn – scheinbar grundlos – getötet. Zu seiner Motivation schweigt er beharrlich, leugnet jedoch zu keinem Zeitpunkt seine Tat.

    Das Opfer ist ein deutscher Industrieller, welcher hoch angesehen war und den Leinen noch aus seiner Kindheit kennt. Denn Heinz, das Opfer, war der Großvater von Leinens bestem Freund. So ergeben sich immer mehr Schwierigkeiten für den Anwalt: Seine emotionale Involviertheit, dass er die Verbliebenen schon Jahre kennt, dass sein Mandant nichts zu seiner Verteidigung sagt und überhaupt die Umstände der Tat vollkommen im Dunkeln liegen.

    Leinen beginnt daher mit eigenen umfassenden Nachforschungen, sodass sich Stück für Stück ein stimmiges – und erschreckendes – Gesamtbild zusammenfügt.

    „Der Fall Collini“ ist ein sehr beeindruckendes Werk, da man anfangs genauso sehr im Dunkeln tappt wie Leinen selbst und erst Stück für Stück zu verstehen beginnt, worum es eigentlich geht. Dabei erfährt man einiges über den Ablauf von Strafprozessen und lernt aufgrund der Recherche Leinens aus weiteren Bereichen, welche ich um nichts zu verraten nicht nennen werde, dazu. Meisterhaft erzählt wird die Lektüre nie langweilig oder zäh, sondern liest sich an einem Stück und zieht den Leser von der ersten Seite an in den Bann. Allerdings eignet sich dieses Buch wegen seiner Thematik und den vielen Informationen mit denen man konfrontiert wird, keineswegs für ein Lesen zwischendurch.

  • Meine Meinung:


    Insgesamt gefiel mir das Buch. Ich mag die Schreibweise des Autors und auch sonst im Allgemeinen Bücher über die Justiz. Maries Einwände sind mir auch aufgefallen und empfand ich auch als etwas störend der handelnden Personen betreffend, nicht allerdings über das Thema der gesamten Geschichte. Ich fand das Ende dennoch schlüssig und historisch unfassbar.


    Fazit:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: 13 Gebote (Mortimer Müller) 274 / 426 Seiten

    :study: Einfach Mensch sein (Sy Montgomery) 32 / 208 Seiten


    SUB: 857

  • Oh man, ich hatte mich so auf dieses Buch gefreut, nachdem ich Terror regelrecht verschlungen habe. Aber mit Der Fall Collini konnte ich mal so gar nichts anfangen. :-? Ich stimme Marie in allen Punkten zu.


    Der Schreibstil war gewohnt sachlich, was in Terror, welches ein Theaterstück ist, durchaus gut funktioniert hat. Hier jedoch kam ich dadurch nicht in die Geschichte rein und fesseln konnte sie mich schon gar nicht. Mir war im Grunde bis zur Auflösung egal, was Collinis Motiv war, weil ich einfach keinen emotionalen Bezug zu diesem Buch aufbauen konnte.


    Die Charaktere blieben durch die Bank farblos. Leinen wurde absolut emotionslos beschrieben, der Tod Hans Meyers schien ihm gar nichts auszumachen. Während seines Gespräches mit Collini wurde kurz beschrieben, dass er ihm nicht in die Augen sehen könne, emotional kam in dieser Szene aber überhaupt nichts bei mir an. Die absolute Höhe ist für mich die Figur der Johanna. :evil: Sie hat in der Geschichte keinen Nutzen, sie spricht ja kaum. Sie ist nur da, um traurig oder wütend zu sein und in Leinens Armen getröstet zu werden. Johanna würde nicht mal den Sexy-Lamp-Test bestehen.:roll:


    Das Kapitel mit der Sexszene war auch völlig unnötig. Leinen reist nach München, hat Sex und reist wieder ab. Hätte Schirach hier in dem Gespräch mit dem Justiziar oder bei der anschließenden Durchsuchung des Hauses irgendwelche nützlichen Hinweise einfließen lassen, okay, aber so? Was war das denn? #-o


    Der beschriebene Justizskandal war schockierend und war mir bisher nicht bekannt. Laut Anmerkung am Ende des Buches, ist es Schirach mit Der Fall Collini gelungen, dem Skandal die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was ihm definitiv hoch anzurechnen ist. Leider ändert das nichts daran, dass ich mich beim Lesen - bis auf einige wenige Seiten - nur gelangweilt habe. Vielleicht hätte ich mehr Freude an dem Buch gehabt, wenn ich einen Report erwartet hätte und keinen Roman. Den Film werde ich mir wohl trotzdem ansehen, da ich das Gefühl habe, dass mir die Geschichte in der Form besser gefallen wird.


    Bei den ganzen positiven Bewertungen trau ich mich kaum das zu sagen, aber von mir gibt es leider nur :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: von 5 Sternen.

  • Caspar Leiner ist ein junger Anwalt und hat sich, wie viele andere auch, in die Liste für den Notdienst der Strafverteidigervereinigung eintragen lassen. Es erreicht ihn der Anruft des Amtsgereicht Tiergarten, dass es einen Beschuldigten ohne Verteidiger gibt und dass gegen ihn Haftbefehl wegen Mordes beantragt wird. Fabrizio Collini hat Hans Meyer durch 4 Schüsse in den Kopf getötet und danach mit seinen Schuhabsätzen so auf das Gesicht getreten, dass vom Kopf nicht mehr viel übrig ist. Kurz nach der Tat hat er sich persönlich der Polizei gestellt. Trotz genauester Untersuchungen gelingt es nicht das Tatmotiv herauszufinden. Der Angeklagte selbst schweigt dazu. Was kann ihn zu diesem brutalen Mord bewogen haben? Nirgends scheint das Motiv zu liegen. Es braucht den berühmten Zufall und Leiner findet eine Spur.

    Meine persönlichen Eindrücke

    Das Buch ist gut geschrieben. Die Sprache ist klar, deutlich und ohne viele Ausschmückungen. Der Roman wirkt sehr verständlich für jedermann und ist von Beginn an spannend. Er bleibt es auch ohne Schwachstellen bis zum Ende. Die Hauptfiguren sind treffend charakterisiert und die Verbindungen untereinander gut ausgearbeitet. Die kleinen Liebesabstecher nehmen der Romanhandlung etwas von ihrer Härte und geben dem Ganzen eine gefühlvolle Note. Der Fall entwickelt sich zum Ende hin unerwartet. Ich will gar nicht aufhören mit dem Lesen.

    Fazit

    Mit dem Roman „Der Fall Collini“ hat Ferdinand von Schirach das Thema von Recht und Gerechtigkeit aufgeworfen. Die Frage nach dem Tatmotiv ist unumgänglich, wenn es gilt ein schweres Verbrechen aufzuklären. Ein Mord muss bestraft werden, aber wenn man die Beweggründe, die dazu geführt haben und auch die Informationen über das Leben des Ermordeten kennt, der selbst Schuld auf sich geladen hat, so regt dies zum Nachdenken an. Von Schirachs Kunst ist es hier, die Handlung systematisch, ordentlich und präzise darzustellen und die Suche nach dem Tatmotiv in den Mittelpunkt des Romans zu stellen.

  • „Der Fall Collini“ ist das zweite Buch, dass ich von Ferdinand von Schirach gelesen habe und es wird nicht das letzte Buch gewesen sein. Mir persönlich gefällt der sehr nüchterne Schreibstil. Ferdinand von Schirach hat es nicht nötig, den Fall großartig mit Drama aufzubauschen. Fast schon nüchtern erzählt er vom Leben des Fabrizio Collini.


    Von Anfang an hatte ich Sympathie für Collini. Er wirkt nicht, wie man sich einen typischen Mörder vorstellt. Schnell ist klar, dass es einen (guten) Grund dafür geben muss, warum er Hans Meyer getötet hat. Hinzu kommt, wie im Klappentext dargestellt, dass Meyer der Großvater des beten Freundes von Collinis Pflichtverteidiger, Caspar Leinen war. Die Hintergründe der Tat werden erst nach und nach aufgedeckt.


    Gut fand ich dargestellt, wie Leinen zunächst versucht, das Mandat wieder loszuwerden, als er erfährt, dass es um einen Mann geht, den er selbst wie einen Großvater geliebt hat. Auf Rat eines älteren Anwalts bleibt er dann aber doch dabei und macht seine Sache wirklich gut. Problematisch ist, dass Leinen einen Mann verteidigen muss, der eigentlich gar nicht verteidigt werden möchte. Es gibt keine Ausflüchte, aber auch keine Erklärungen von Collini. Er gesteht die Tat und gut ist. Aber, was man Caspar Leinen hoch anrechnen muss ist, dass er Blut leckt und anfängt zu forschen. Er schafft es, mit Hilfe von alten Archivakten einige dunkle Stellen im Leben von Hans Meyer aufzudecken. Selbst tief erschüttert von den Taten des Mannes, den er fast wie einen Großvater geliebt hat, rückt er die Tat Collinis in ein anderes Licht. Es ergibt sich eine andere Sicht auf Collini, als die, die man zuerst auf ihn und den Fall hat.


    Auch hier geht es wieder um Schuld, Vergebung und vor allem auch Moral. Keine Frage ist, dass Collini schuldig ist, Hans Meyer getötet zu haben. Nachdem die Hintergründe der Tat allerdings ans Licht kommen, ging es zumindest mir so, dass ich ein gewisses Verständnis für Collini entwickelte. Sicher macht es einen Mord nicht richtiger, wenn man einen guten Grund dafür hat, jemanden zu töten, aber für mich führte es dazu, dass ich Collini weiterhin sympathisch fand.


    Insgesamt kann ich dieses Buch von Schirach nur empfehlen. Der Autor schafft es, die Spannung die ganze Zeit über aufrecht zu halten, ohne dramatisch zu werden. Ich vergebe 5 Sterne.

    Gruß
    Yvonne

    Nicht die haben die Bücher recht lieb, welche sie unberührt in den Schränken aufheben, sondern, die sie Tag und Nacht in den Händen haben, und daher beschmutzet sind, welche Eselsohren darein machen, sie abnutzen und mit Anmerkungen bedecken.
    (Erasmus von Rotterdam)