Kurzbeschreibung von amazon.de:
Ohne Erinnerung sind wir nichts. Stell dir vor, du verlierst sie immer wieder, sobald du einschläfst. Dein Name, deine Identität, die Menschen, die du liebst alles über Nacht ausradiert. Es gibt nur eine Person, der du vertraust. Aber erzählt sie dir die ganze Wahrheit?
Als Christine aufwacht, ist sie verstört: Das Schlafzimmer ist fremd, und neben ihr im Bett liegt ein unbekannter älterer Typ. Sie kann sich an nichts erinnern. Schockiert muss sie feststellen, dass sie nicht Anfang zwanzig ist, wie sie denkt sondern 47, verheiratet und seit einem Unfall vor vielen Jahren in einer Amnesie gefangen. Jede Nacht vergisst sie alles, was gewesen ist. Sie ist völlig angewiesen auf ihren Mann Ben, der sich immer um sie gekümmert hat. Doch dann findet Christine ein Tagebuch. Es ist in ihrer Handschrift geschrieben und was darin steht, ist mehr als beunruhigend. Was ist wirklich mit ihr passiert? Wem kann sie trauen, wenn sie sich nicht einmal auf sich selbst verlassen kann?
Über den Autor (von www.fischerverlage.de):
S.J. Watson wurde in den Midlands geboren, lebt in London und hat viele Jahre für den staatlichen britischen Gesundheitsdienst (NHS) gearbeitet. 2008 wurde S.J. Watson in das Studienprogramm Kreatives Schreiben der Faber Academy aufgenommen. ›Ich. Darf. Nicht. Schlafen.‹ erscheint weltweit in über 30 Sprachen und wird in Hollywood verfilmt.
Handlung:
Sie wacht auf und hat keine Ahnung, wo sie ist. Ein fremdes Schlafzimmer, ein fremdes Bett und neben ihr ein älterer Mann. Verwirrt begibt sie sich ins Bett und denkt schon an einen One-Night-Stand. Im Bad hängen beschriftete Bilder am Spiegel und sie findet heraus, dass sie Christine heißt. Nur ist die Frau im Spiegel viel älter als sie eigentlich sein müsste, sie ist doch erst Anfang zwanzig und ihr Spiegelbild geht auf die 50 zu! Erschrocken begibt sich Christine zurück ins Schlafzimmer, wo der Fremde mittlerweile erwacht ist. Dieser stellt sich als ihr Ehemann Ben vor, mit dem sie seit 22 Jahren verheiratet sein soll. Er erzählt ihr, dass sie mit 29 einen schweren Unfall hatte und seitdem ihr Gedächtnis schwer geschädigt ist und sie sich nur an Dinge erinnern kann, die vor dem Unfall passiert sind. Nach jedem Tiefschlaf vergisst sie alles, was danach war. Manchmal wacht sie sogar auf und ist in ihrem Bewusstsein noch ein Kind. Während Ben ihr kurz die wichtigsten Dinge in ihrem Haus zeigt, und sich dann in die Arbeit verabschiedet, wird sie von einem weiteren Unbekannten kontaktiert: Ein Arzt namens Dr. Nash, mit dem sie seit einigen Wochen zusammenarbeiten soll. Da ihr Mann Ben jedwede weitere Behandlung Christines ablehnt, soll sie dies vor ihm geheim halten. Dr. Nash gab ihr den Auftrag, ein Tagebuch zu schreiben, was ihr helfen soll, sich zu erinnern und zu orientieren. Ben bemüht sich sehr fürsorglich um sie, doch konzentriert sie sich von nun auf größtenteils darauf, ihr Tagebuch weiterzuführen. Und tatsächlich: Langsam kommen einige verblasste Erinnerungen zurück: Ihre Studentenzeit, ihre Eltern, eine gute Freundin und sogar Fragmente aus der Anfangszeit mit Ben…WER IST CHRISTINE? Das will sie um jeden Preis herausfinden…
Meine Meinung:
"Ich. darf. nicht. schlafen" ist von der ersten Seite an sehr spannend. Man will unbedingt wissen, wer hinter dem Charakter Christine steckt und was genau der Auslöser für ihren Zustand ist. Ich konnte mich super mit der Hauptperson identifizieren und habe regelrecht mit ihr mitgelitten. Sie will so sehr ihr Geheimnis aufdecken, dass ich einfach nicht anders konnte und ihr ganz fest die Daumen gedrückt habe und starke Emapthie zu Christine aufgebaut habe. Sie wurde sehr sympathisch gezeichnet, aber sie ist trotz ihres schweren Schicksals nie panisch oder hysterisch. Trotzdem hat sie Schwächen und ist alles andere als eine perfekte Powerfrau. Dafür schon mal ein großes Lob an S.J. Watson.
Lange Zeit könnte man der Meinung sein, dass wirklich alles so ist wie es auch beschrieben wird und wie sie es von ihrem Mann Ben erzählt bekommt, doch irgendwie spürt man natürlich, dass da noch mehr ist. Ganz toll ist ihre Beziehung zu Ben beschrieben: Er liebt sie anscheinend bedingungslos. Er hat immer zu ihr gestanden während ihrer langen Leidensphase und nimmt die Tatsache wie selbstverständlich hin, dass er jeden Tag mit einer Frau aufwacht, die ihn nicht wiedererkennt. Er ist behutsam, rücksichtsvoll, fürsorglich, lieb, nett und freundlich und hat eigentlich nur gute Eigenschaften. Und trotzdem verschweigt er seiner Frau so einige Punkte aus ihrem Leben, was man früh herausfindet und einen erst einmal ins Stocken geraten lässt. Aber auch dieses Verschweigen ergibt eine gewisse Logik wenn man genauer darüber nachdenkt. Ben ist so etwas wie die große Unbekannte obwohl er ja eigentlich ihr engster Vertrauter sein müsste. Toll fand ich auch wie S.J. Watson beschrieben hat, dass Christine an jedem Tag anders zu ihrem Mann steht, je nachdem wie der Tag verläuft und was sie herausfindet: Manchmal fühlt sie sich zu ihm hingezogen und ist sich sicher, dass sie ihn auch früher sehr geliebt hat und manchmal hat sie überhaupt kein Vertrauen.
Auch das Verhältnis zu ihrem viel jüngeren Arzt Dr. Nash gibt Rätsel auf. Warum will er unbedingt mit ihr arbeiten? Steckt wirklich nicht mehr dahinter als nur ein normales Arzt-Patienten-Verhältnis bzw. wissenschaftliches Interesse oder ist da irgendwie noch mehr? Dies und noch so einige Fragen mehr bezüglich Christine und ihrem Vorleben haben mich immer weiter und weiter lesen lassen, weil ich unbedingt hinter das Geheimnis kommen wollte. Nach und nach erfährt man auch immer wieder kleinere und größere Fragmente aus ihrer Vergangenheit, so dass es nie langweilig geworden ist.
Christine wacht ja jeden Tag mit dem gleichen Wissensstand auf und die Gefahr, dass man bei einer solchen Handlung zu viele Wiederholungen lesen muss, ist natürlich gegeben. Aber trotzdem hat es S.J. Watson geschafft, dies geschickt zu umgehen und das in der Tagebuchform geschriebene "Ich. darf. nicht. schlafen" gibt immer nur wieder das nötigste wieder. Das Tagebuch wird schon sehr früh zur wichtigsten Anlaufstelle von Christine um sich Orientierung zu verschaffen.
Man sollte keinen actionreichen Verschwörungsthriller oder ähnliches erwarten. Es gibt keine geheimen Regierungsexpermimente und Christine war auch keine Auftragskillerin, deren Gedächtnis gelöscht wurde. Es ist die schicksalsträchtige, traurige Geschichte einer Frau, die nach ihrem eigenen Ich sucht. Vor allem in der ersten Hälfte ist das Wort "Thriller" nicht so wirklich führend, aber später kommen auch die Psychos unter uns auf ihre Kosten.
Fazit: Ich gebe mit klarer Tendenz nach oben für einen emotionalen und relativ ruhigen Thriller. Zu einer höheren Wertung konnte ich mich trotz aller positiven Punkte nicht durchringen, da mir einiges aus der Auflösung etwas zu konstruiert und unrealistisch vorkam. Trotzdem eine klare Leseempfehlung von mir.