Antonia Michaelis - Die Worte der weißen Königin

  • Inhalt:
    Lion hat es nicht leicht – er lebt mit seinem Vater in einem kleinen Dorf an der Ostsee, in dem sich seit der Wende nicht viel geändert hat. Es gibt nur wenig Arbeit, viele Menschen gehen immer noch in den Westen, so auch Lions Mutter. Als der Vater zu allem Überfluss auch noch arbeitslos wird, sind Gewalt und Misshandlungen an der Tagesordnung. Nur bei seinen Seeadlern findet der Junge noch Frieden, und als die Situation zu Hause eskaliert, reißt Lion aus, um im Wald bei den majestätischen Vögeln zu leben. Und macht sich auf die Suche nach einer alten Frau, die er „Die weiße Königin“ nennt und die mit ihren Geschichten in Lion etwas entfacht hat, das ihm hilft, sich zu wehren.


    Meine Meinung:
    „Die Worte der weißen Königin“ ist der neuste Geniestreich der grandiosen Antonia Michaelis, die es wie kaum eine andere versteht, mit poetischen Worten die Herzen ihrer Leser im Sturm zu erobern. Sie schafft es, die wahrlich ernste Themen Kindesmisshandlung, Gewalt in der Familie und Alkoholmissbrauch auf großartige Weise in eine Geschichte zu kleiden, so dass am Ende eine Art Märchen herauskommt und wird dennoch der Ernsthaftigkeit der Themen absolut gerecht. Die märchenhaften Elemente schwächen sie keinesfalls ab, sondern geben den Hintergründen lediglich ein neues Gewand. Natürlich geht der Realitätsbezug manchmal ein wenig verloren, aber welches Märchen ist schon realistisch?


    Neben den klar benannten Themen gibt es aber noch viele andere, die Lion beschäftigen – Trauer, Verlust, Wut, Neid, Angst… aber auch das Gefühl der Freiheit, Vergebung und Freundschaft spiele eine große Rolle in seinem Leben. Mit überwiegend sanften, leisen Tönen, manchmal aber auch mit gewaltigen Worten bringt die Autorin dies alles zum Ausdruck und dem Leser Lions Leben nahe.


    Wie ein roter Faden ziehen sich Zitate aus Astrid Lindgrens „Klingt meine Linde“ und „Die Brüder Löwenherz“ sowie Saint- Exuperys „Der kleine Prinz“ durch das ganze Buch und vor allem „Klingt meine Linde“ hat einen ganz besonderen Stellenwert. Sie verleihen der Geschichte eine ganz besondere Note.


    Über das Ende kann man natürlich streiten, auch mir hat es nicht sonderlich gut gefallen, denn hier fehlte mit der Realitätsbezug ZU sehr. Dies ist aber auch der einzige Kritikpunkt, denn ich an „Die Worte der weißen Königin habe“. Ich kann mir vorstellen, dass viele Leser von diesem Buch etwas ganz anderes erwartet haben. Doch wer Märchen mag und bereit ist, sich auf eine etwas andere Geschichte einzulassen, wird es lieben!

  • Lion hat seine eigene Welt. Es gibt in ihr den schwarzen König- der seinen Vater verdrängt, es gibt Olin- die ihn auf seiner Reise begleitet ,es gibt die Seeadler- die seine Familie sind, weil er kein Löwe ist sondern auch ein Seeadler und es gibt die weiße Königin- die mit wundervollen Worten wie: „klingt meine Linde ,singt meine Nachtigall“ Geschichten vorlas. Und nun sucht er diese Worte, so wie er auch die weiße Königin sucht. Wird er beides finden?


    Du bist verwirrt? Dann lies dieses Buch und du wirst Lions Geschichte verstehen.


    Und wieder einmal erwartete mich ein reales Märchen oder war es ein Märchen voller Realität ? ... voll trauriger und ernster Realität einer Kinderseele.
    Antonia Michaelis schafft es wieder mich mit ihren Schreibstil zu verzaubern.
    Ich war Lion, ich fühlte wie er ,ich dachte wie er , ich war in seiner Welt und ging mit ihm auf eine Reise seines 11 jährigen Lebens, begleitet von Olin, den Seeadlern und den Gedanken.
    Diese ruhige Geschichte voller unterschiedlicher Gefühle wie Wut, Trauer, Liebe, Angst und Hass erlebt man persönlich, man fliegt mit ihr dahin und genießt die Magie der Worte, der Sätze und der Beschreibungen. Die Realität verschwimmt in ein märchenähnlichen Zustand ,ohne dass man genau weiß was real ist und was Fiktion. Erst am Ende , wie in all ihren Büchern, gibt die Autorin alles preis. Der Leser ahnt schon viele Dinge vorher ,doch kann er sich nicht sicher sein, denn er taucht so tief in dieses Erlebnis ab, dass er gar nicht neutral nachdenken kann und es auch nicht will, denn er möchte sich in die Welt von Lion nur hineinfallen lassen und den Worten der Poesie lauschen und die Zitate aus Astrid Lindgrens "Klingt meine Linde" und "Die Brüder Löwenherz" sowie Saint- Exuperys "Der kleine Prinz" ,die sich durch das ganze Buch bewegen, genießen ,denn mit ihrer bildgewaltigen Sprache fühlt man mit und verliert sich in den Sätzen und Beschreibungen, man vergisst alles um sich herum und taucht in die Charaktere ein, denn sie sind so real geschrieben, ihre Geschichte ist so dicht gewebt, dass man gar nicht mehr auftauchen möchte.
    Ich liebe ihre Art, die Realität in Märchenwolken zu verpacken und den Leser mit der Kraft von Worten und Sätzen zu verzaubern und ihm dann ein märchenhaft-reales Ende zu präsentieren. Man darf nur nicht zu viel Realität erwarten, hier verschwimmt es auf eine Art und Weise, wie ich es es nur von Antonia Michaelis Romanen kenne. Bei ihr brauche ich keine klaren Abgrenzungen, bei ihren „Märchen“ lasse ich mich fallen und genieße sie.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier

    Einmal editiert, zuletzt von Floxine ()

  • Ach Floxi, wann soll ich all die tollen Bücher noch lesen? Danke für die Rezi. Und ab auf die Wunschliste. :pray:
    Anontia Michaelis ist eine tolle Autorin. Bisher hab ich zwei gelesen, aber keins im Regal stehen. Das muss ich dringend mal ändern. Vor allem, weil mir die Cover auch so gut gefallen.

  • Ach Floxi, wann soll ich all die tollen Bücher noch lesen? Danke für die Rezi. Und ab auf die Wunschliste. :pray:
    Anontia Michaelis ist eine tolle Autorin. Bisher hab ich zwei gelesen, aber keins im Regal stehen. Das muss ich dringend mal ändern. Vor allem, weil mir die Cover auch so gut gefallen.

    Ja sie ist eindeutig meine Lieblingsautorin :love: und ihre Bücher MUSS man im Regal stehen haben :!: :wink:

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  • Bei deinen Rezis, Floxi, besonders zu den Michaelis-Romanen, gerät man immer in Versuchung. Ich muß ja gestehen, daß ich nach dem "Paradies für alle" erst einmal Abstand von ihrem Schreibstil benötigte. Der ist toll, keine Frage, doch auch sehr anspruchsvoll und anstrengend, wenn man nur abends zum Lesen kommt und keine klaren Gedanken mehr fassen kann und mit ihrem speziellen Schreibstil, wo jeder Satz sitzt, eine Bedeutung hat und einem vielleicht eine Botschaft mitgeben will, braucht man diese Ruhe und Muße. Aber es freut mich zu lesen, daß dieses Buch auch wieder gelungen ist und ich es irgendwann sicherlich mit derselben Begeisterung lesen werde.

    "Neue Bücher rochen nach Druckerschwärze, nach Leim, nach Erwartungen. Alte Bücher dufteten nach Abenteuern, ihren eigenen und jenen, von denen sie erzählten. Und gute Bücher verströmten ein Aroma, in dem das alles steckte, und dazu noch ein Hauch von Magie."
    Kai Meyer


  • daß ich nach dem "Paradies für alle" erst einmal Abstand von ihrem Schreibstil benötigte.

    Und ich wollte mehr :lechz: werde wohl als überübernächstes "Der letze Regen", " Die Nacht der gefangenen Träume"(11-12J.) oder "Nashville"(14-17J.) lesen. Ich brauch mehr Lesezeit :|
    Dieses Buch ist aber nicht schwer ( ab 14 J.) , nicht zu vergleichen mit "Paradies für alle"(Erwachsenenroman) und auch nicht so anspruchsvoll wie "Der Märchenerzähler"(ab 16J.) oder " Solange die Nachtigall singt"(16-17 J.).
    Diesmal ist es etwas einfachere Kost aber immer noch mit ihrer Handschrift. Dies kannst du vor dem schlafengehen lesen :thumleft:

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  • Die Worte der weißen Königin war mein erstes Buch von Antonia Michaelis - aber bestimmt nicht mein letztes.


    Ihr Schreibstil hat mir wirklich sehr gut gefallen. Er ist sehr bildgewaltig, ohne ausufernde Beschreibungen zu brauchen. Nie war auch nur ein Wort überflüssig, keine Beschreibung, keine Metapher war zu kitschig. Man kann ihren Schreibstil wirklich als poetisch bezeichnen - manche Passagen habe ich sogar zwei Mal gelesen, weil mir die Bilder, die sie verwendet hat, so gut gefallen haben.


    Auch die Geschichte um Lion, die Seeadler, die weiße Königin und den schwarzen König hat mir gut gefallen.
    Die Grenzen zwischen Realität und Fantastischem, zwischen dem harten Alltag und Märchen, sind fließend und verschwimmen an mehr als einer Stelle - teilweise so weit, dass der Leser verwirrt ist, nicht weiß, ob diese Szene nun wörtlich zu nehmen ist oder auf einer anderen Ebene interpretiert werden muss. Gerade, wenn man glaubt, eine klare Grenze gezogen zu haben, durchbricht die Autorin das Schema wieder und lässt den Leser alles neu überdenken. Man kann dieses Buch wirklich nicht nebenbei lesen - wobei, doch, ich denke, man kann es, aber dann verpasst man die ganzen Andeutungen, die Szenen voller Symbolik, die sich auf verschiedenste Art und Weise deuten lassen.
    Die Geschichte ist aber kein rosarotes Märchen, in dem Lion einfach Abenteuer erlebt - Michaelis schildert auch eine Familientragödie und ihre Folgen. Sie beschreibt, wie Lions Vater sich verändert, bis er seinen Sohn misshandelt - bis er zum dunklen König geworden ist. Sie schildert dieses Thema ziemlich direkt, aber nicht plakativ, nicht sensationslüstern, sondern sehr einfühlsam und realistisch. Dabei schafft sie es sogar, dass der Leser Mitgefühl für den Vater empfinden kann - natürlich nicht in Lagen, in denen er seinen Sohn verletzt, aber es gab durchaus Szenen, in denen er mir sehr sympathisch war und in denen ich mit ihm fühlte. Im Gegenzug gibt es auch Szenen auf Lions "Reise", in denen ich sein Verhalten falsch finde - die Autorin zeigt, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern viele Grautöne. Das hat mir sehr gut gefallen, genau wie der Spagat, den die Autorin schafft - man spürt den Ernst der Lage, wie schlimm alles ist, und dennoch gibt es Hoffnung, Licht im Dunkel.
    Auch das Ende des Buches ist schön und eigentlich genau das, was ich erwartet habe. Es war für mich wirklich passend und dennoch wieder verwirrend, da der Leser nun überlegen muss, ob sich wirklich durch einen Zufall alles so fügen kann - und weil es wieder viele Interpretationsmöglichkeiten gibt.


    Ich habe Lion und die Adler sehr gerne auf ihrer Suche nach den Worten der weißen Königin begleitet. Ich bin zwar auch im Nachhinein noch nicht sicher, wie viel von den Ereignissen wirklich passiert ist und was nur als Metapher oder Symbol herhalten muss. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Möglichkeiten, alles zu interpretieren, fallen mir ein.
    Für die fünf Sterne (oder die 4,5) hat mir irgendetwas gefehlt. Ich kann nicht beschreiben, was, aber nachdem ich das Buch beendet hatte, war ich mir ganz sicher, dass es ein :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: -Buch für mich ist. Eines, das ich uneingeschränkt empfehlen kann!

    Carpe Diem.
    :study: Nora Roberts - Schattenmond

    2024 gelesen: 23 Bücher | gehört: 5 Bücher

  • Klappentext
    Niemanden beneidet Lion mehr als die Seeadler, wenn er sie beobachtet, wie sie hoch am Himmel kreisen, frei und glücklich. Bei ihm zu Hause, in dem Dorf an der Ostsee, gibt es nicht viel, auf das man neidisch sein könnte. Immer häufi ger verwandelt sein Vater sich im Alkoholrausch in den gewalttätigen schwarzen König. Als Lion es nicht mehr aushält, flüchtet er in den Wald zu den Adlern. Doch das Leben dort ist hart, und immer wieder denkt Lion an die weiße Königin, die alte Frau, die ihm einst so wunderbar vorgelesen hat. Durch sie hat er den Zauber der Worte, ihre Wärme und Kraft entdeckt.


    Über den Autor
    Antonia Michaelis wurde 1979 in Kiel geboren. Fünf Jahre später begann sie zu schreiben - und hat seitdem nicht mehr damit aufgehört: während ihrer Schulzeit in Augsburg oder auf ihren zahlreichen Auslandsreisen. Sie ließ sich inspirieren von der englischen Literaturgeschichte, die sie in ihrem ersten großen Kinderroman "Die wunderliche Reise von Oliver und Twist" verarbeitete. Antonia Michaelis lebt im Nordosten Deutschlands und hat gerade ihr Medizinstudium abgeschlossen


    Schreibstil & Spannung
    Die Autorin schafft es, den Leser direkt im ersten Kapitel zu fesseln. Man sit sofort im Geschehen des Buches drin und kann es nicht mehr aus der Hand legen. Aber weniger weil das Thema so toll ist, sondern weil es ganz schlimm ist. Sie schreibt von Gefangenschaft und Misshandlung eines kleinen Jungen. Sehr ernste Themen die einen beschäftigen, aufwühlen. Man leidet mit dem kleinen Jungen mit und muss einfach wissen ob ihm geholfen wird.


    Die Charaktere
    Die wichtigste Person in diesem Buch ist der kleine Lion. Ein kleiner Junge der sein ganzes Leben vor sich hat und es dennoch nicht geniessen kann. Die Situation zu Hause ist nicht einfach und so flüchtet er nach einigen Vorkommnissen in den Wald und freundet sich mit dem Seeadler an. Ein sehr verletzlicher Junge der eigentlich nur Frieden und Halt sucht.
    An seiner Seite Odin, ein tapferes Mädchen was ihm immer wieder Mut zu spricht und für ihn da ist wenn er sie braucht.
    Dann spielt die "weiße Königin" noch eine sehr zentrale Rolle. Sie hofft er zu finden weil sie ihm Hoffnung gibt, nur wo ist sie?


    Meine Meinung
    Ich weiß meine Gedanken zu diesem Buch kaum zu sortieren. Ein sehr ergreifender, bewegender Jugendroman, der einem auch zwischendurch echt die Tränen in die Augen treibt. Ein tapferer Junge mit dem man sehr mitleidet, weil er nicht das erleben sollte was er gerade durchmacht.
    Das Buch behandelt ein sehr ernstes Thema, wo auch heut zu Tage leider immer noch weggeschaut wird. Seelische und körperliche Misshandlung von Kindern, gerade auch unter Alkoholeinfluss der Eltern.
    Lion erschafft sich daraufhin eine Scheinwelt, versucht seinen Vater weiterhin zu schützen damit er nicht sieht was wirklich geschieht.
    Auf der anderen Seite liest man die Liebe zu dem Vater und versucht lange es auszuhalten. Wieso hat es nicht früher jemand gemerkt und ist ihm zu Hilfe gekommen?


    Fazit
    Ein Buch was kein leichtes ist. Die Autorin schafft es dennoch, es so zu schreiben das es einen in den Bann zieht und man unbedingt erfahren mag wie es Lion ergehen wird. Wer ein leichten Jugendroman erwartet ist hier leider falsch. Aber trotz allem eine absolute Leseempfehlung


    Sterne
    5/5

  • Kurzbeschreibung:
    Niemanden beneidet Lion mehr als die Seeadler, wenn er sie beobachtet, wie sie hoch am Himmel kreisen, so frei und glücklich. Bei ihm zu Hause in dem Dorf an der Ostsee gibt es nicht viel, auf das man neidisch sein könnte. Immer häufiger verwandelt sein Vater sich im Alkoholrausch in den gewalttätigen schwarzen König, der Lion misshandelt. Als er es nicht mehr aushält, flüchtet Lion in den Wald zu den Adlern. Doch das Leben dort ist hart und immer wieder denkt Lion an die weiße Königin, die alte Frau, die ihm einst so wunderbar vorgelesen hat. Durch sie hat er den Zauber der Worte, ihre Wärme und Kraft entdeckt... *Quelle*


    Zur Autorin:
    Antonia Michaelis, Jahrgang 1979, in Norddeutschland geboren, in Süddeutschland aufgewachsen, zog es nach dem Abitur in die weite Welt. Sie arbeitete u.a. in Südindien, Nepal und Peru. In Greifswald studierte sie Medizin und begann parallel dazu, Geschichten für Kinder und Jugendliche schreiben. Seit einigen Jahren lebt sie nun als freie Schriftstellerin in der Nähe der Insel Usedom und hat zahlreiche Kinder und Jugendbücher veröffentlicht, facettenreich, fantasievoll und mit großem Erfolg.Der Märchenerzähler, ihr erstes Buch für junge Erwachsene, wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.


    Meinung:
    Der kleine Lion wächst bei seinem Vater in einem Dorf in Ostdeutschland auf, nachdem die Mutter die beiden vor mehreren Jahren verlassen hat, um ihr Glück im Westen zu suchen. Lion liebt seinen Vater, der in einer Werft arbeitet und ihn viel in die nahegelegenen Wälder mitnimmt, um ihm die Natur näherzubringen.


    Doch als der Vater seine Arbeitsstelle verliert, wird der Alkohol sein bester Freund und Lion immer öfter Opfer seiner Wut, die sich in Schlägen und Misshandlung seines Kindes ein Ventil sucht. Bald ist er nicht mehr der geliebte Vater, sondern für Lion nur noch der schwarze König, der sich des Vaters bemächtigt. Trost findet Lion in seiner Freundschaft zu einem Seeadler, den er zähmt, in seiner Schwester Olin und in den Worten der weißen Königin, einer älteren Dame, die jeden Samstag Kindern in der Kirche vorliest, bis er eines Tages beschließt, von zu Hause wegzulaufen.


    Antonia Michaelis konnte mich bereits mit ihrem außergewöhnlichen Jugendroman Der Märchenerzählerbegeistern. Deshalb war ich gespannt auf Die Worte der weißen Königin, das zwar auch sehr speziell ist, mich aber nicht ganz so sehr fesseln konnte.


    Lion ist ein Protagonist, den man sofort in sein Herz schließt. Der kleine Junge wächst ohne Mutter auf, doch sein Vater ist anfangs noch sehr bemüht um ihn und versucht, ihm das Leben so schön wie möglich zu gestalten. Doch als er seine Stelle in der Werft verliert, greift er immer öfter zum Alkohol und wird gewalttätig gegenüber Lion. Immer brutaler werden die Schläge, sodass Lion nicht mehr zur Schule gehen kann und vom Vater sogar in den Keller eingesperrt wird.


    Erst als ihm seine Schwester Olin erscheint, er die weiße Königin, eine ältere Dame, die Kindern Geschichten vorliest, trifft und einen Seeadler zum Freund gewinnt, wird Lion selbstbewusster und nutzt die Gelegenheit, von zu Hause wegzulaufen und ein autonomes Leben im Wald zu führen.


    Antonia Michaelis kleidet die Geschichte um Lion in eine sehr poetische Sprache, sodass diese wie eine richtige Märchenerzählung anmutet. Obwohl es in der Handlung vor allem um Gewalt gegen Schutzbefohlene, Misshandlung dieser und Alkoholismus und seine Folgen geht, spielt auch Freundschaft und ein gewisses Ziel vor Augen eine tragende Rolle.


    Der Roman besticht vor allem durch Antonia Michaelis' ungemein poetischen Schreibstil, mit dem sie bereits in Der Märchenerzähler brillierte. Auch dieser Jugendroman erzählt eine traurige Geschichte, die aber auch viele schöne Momente in sich birgt. Jedoch war mir hier der Märchen-Anteil, in dem sich die Realität etwas verliert, ein wenig zu hoch und das Ende auch nicht so ganz nach meinem Geschmack. Trotz dieser kleinen Mankos ist Die Worte der weißen Königin wiederum ein sehr spezieller und stilistisch ansprechender Jugendroman, den ich gerne gelesen habe.


    Fazit:
    Wie schon Der Märchenerzähler ist Die Worte der weißen Königin eine traurig-schöne Geschichte mit einem ernsten Grundthema, das von Antonia Michaelis in poetische Worte und eine märchenhafte Erzählung gekleidet wurde, wenn auch das Ende Geschmacksache sein dürfte.

  • Die Worte der weißen Königin ist das erste Buch, welches ich von der Autorin Antonia Michaelis gelesen habe. Es wird jedoch definitiv nicht das letzte sein. Das Buch habe ich bei meinem letzten Einkaufsbummel zufällig entdeckt und es ist mir einfach so in die Einkaufstasche gesprungen - ihr kennt das Problem ja sicher :)


    Die Geschichte rund um den 10-jährigen Lion baut sich recht schnell auf und man merkt rasch, dass es sich hierbei um keine leichte Alltagskost handelt. Es handelt sich vielmehr um eine mitreißende Geschichte über das Leben eines zu tiefst verletzten Jungen. Die Autorin widmet sich mit diesem Buch den sehr ernsten Themen, Kindesmisshandlung und Alkoholsucht und das auf eine Art und Weise, wie ich sie nicht erwartet hätte.
    Der Schreibstil von Antonia Michaelis ist sehr poetisch aber dennoch leichtgängig. Ich wurde schnell Teil der Geschichte und es war mir dadurch möglich, das Leben von Lion durch seine Augen zu sehen. Die Frage ist jedoch, ob man diese Welt sehen will? Sie ist keine schöne Welt, das wird schon im ersten Kapitel des Buches deutlich.


    Im Laufe der Erzählung habe ich die gesamte Gefühlswelt des jungen Lion durchlebt: Angst, Wut, Trauer, Freude, Hass, Liebe aber auch Hoffnung. An vielen Stellen war es mir fast nicht mehr möglich Fiktion von Realität zu unterscheiden, aber am Ende hat sich alles so aufgeklärt, wie ich es mir schon gedacht habe. Aber manchmal ist es doch so schön, einfach in eine Geschichte vollends eintauchen zu können und das gelingt mit diesem Werk auf jeden Fall.


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich das Lesen des Buchs sehr genossen habe, ich habe mitgelitten, ich habe mitgekämpft, ich habe mich mitgefreut. Das Lesevergnügen war viel zu kurz und das Ende für mich unfassbar passend - es sind sogar ein paar Tränchen geflossen.

  • Klappentext


    Niemanden beneidet Lion mehr als die Seeadler, wenn er sie beobachtet, wie sie hoch am Himmel kreisen, frei und glücklich. Bei ihm zu Hause, in dem Dorf an der Ostsee, gibt es nicht viel, auf das man neidisch sein könnte. Immer häufiger verwandelt sein Vater sich im Alkoholrausch in den gewalttätigen schwarzen König. Als Lion es nicht mehr aushält, flüchtet er in den Wald zu den Adlern. Doch das Leben dort ist hart, und immer wieder denkt Lion an die weiße Königin, die alte Frau, die ihm einst so wunderbar vorgelesen hat. Durch sie hat er den Zauber der Worte, ihre Wärme und Kraft entdeckt.


    Antonia Michaelis erzählt eine tief berührende Geschichte über familiäre Gewalt und die Kraft, sich zu befreien. Eine sprachlich brillante Hommage an die Macht der Worte und der Fantasie.


    Meine Meinung


    Antonia Michaelis schreibt ja sehr oft über ernste und bedrückende Themen, schafft es aber dabei, eine Atmosphäre entstehen zu lassen, die eine gewisse Leichtigkeit in sich trägt. Dafür sind dann die berührenden Momente umso deutlicher zu spüren und grade in dieser Geschichte hatte ich doch einige Momente, die mir sehr zugesetzt haben und nahe gegangen sind.


    Das Buch beginnt mit einem Entschluss, einer Entscheidung von Lion, dem Protagonisten, der in diesem Moment gerade mal 10 Jahre alt ist. Durch den Klappentext weiß man natürlich schon, dass sein Vater ihm gegenüber gewalttätig wird, aber wenn es auch nur wenige Szenen gibt die man als Leser zusammen mit Lion erlebt, sind sie sehr eindringlich und haben mich sehr traurig gemacht.


    Aus der Sicht von Lion blicken wir dann aber erstmal zurück. Die Mutter hat die Familie verlassen, als er noch klein war, in den "Westen" von Deutschland, wo sie sich mehr Möglichkeiten erhofft und der Junge hat deshalb kaum Erinnerungen an sie. Aber es geht ihm gut, denn der Vater kümmert sich wirklich rührend um ihn und lässt ihn an seinem Leben teilhaben.


    "Er spielte nie Spiele mit mir, die man mit Kindern spielt.

    Er tat einfach die Dinge, die er ohnehin tat, und ich durfte ihn begleiten,

    und das war das Beste daran." Seite 14


    Das fand ich wirklich schön denn die Kinder sind immer interessiert an dem, was wir Erwachsene tun und werden viel zu oft herausgehalten aus der "großen Welt". Dabei würden sie so viel lernen aus dem Erleben und Beobachten, wie Lion hier zum Glück einige Jahre erfahren darf.

    Dann gibt es aber zwei einschneidende Erlebnisse, die alles verändern. Die Arbeitslosigkeit des Vaters, die dazu führen dass dieser sich in Hoffnungslosigkeit verliert - und das Zusammentreffen von Lion und der "weißen Königin", die in der Kirche Geschichten für Kinder vorliest.

    Dieses Vorlesen und Eintauchen in andere Welten hilft Lion unglaublich viel, um seinen Alltag zu überstehen. Hier wird auch sehr deutlich, dass Worte zwar Angst schüren und verletzten können, aber eben auch Hoffnungen wecken und Freiheit schenken können.


    Lion hat mir wirklich so leid getan, denn man weiß ja, dass es viele Kinder gibt denen es so geht, was mich immer wieder fassungslos macht. Aber er hat so viel Kraft in sich, um durchzuhalten und klammert sich an die Momente, die ihm ein Gefühl von Glück vermitteln.


    "Als gäbe es irgendwo eine höhere Gerechtigkeit - jedes Mal, wenn etwas Schlimmes passierte,

    passierte auch wieder etwas Gutes." Seite 56


    Seine Art, mit der Gewaltätigkeit seines Vaters umzugehen, den er bisher zwar als vielleicht etwas schroff, aber trotzdem immer liebevoll erlebt hat, ist die Abgrenzung ihn als "Schwarzen König" zu bezeichnen. Es ist dann nicht der Vater, der ihn schlägt, sondern der Schwarze König, der die Oberhand gewinnt und Lion hält lange an dem Glauben fest, dass dieser irgendwann auch wieder verschwinden wird und seinen Vater loslässt. Deshalb schützt er auch seinen Vater, den er unabhänging vom Schwarzen König sieht, vor den Fragen der Schule oder auch den Ärzten, die durch die sichtbare Misshandlung misstrauisch werden.

    Kinder behelfen sich ja auch ganz eigenen Wegen und Lion, um die Einsamkeit zu durchbrechen, findet eine Freundin durch seine "Schwester Olin". Sie ist sein Part, den er aussperrt, die Wut und den Hass, den er empfindet, was ihm aber auch Angst macht. Sie ist es aber auch, die ihm den Mut gibt, endlich aus dieser ausweglosen Situation auszubrechen.


    Wie so oft bei Antonia Michaelis gibt es auch wieder ein Tier, das eine wichtige Rolle spielt, hier ein Seeadler. Was es mit ihm auf sich hat verrate ich nicht, ich fand es allerdings eine wunderschöne Idee!


    Erzählt wird das ganze ja von Lion selbst und die Autorin hat wieder mal einen großartigen und anschaulichen Schreibstil verbunden mit der Sicht eines Kindes, die man durchweg nachvollziehen und mitempfinden kann. Vor allem die ständige Hoffnung und die vielen Auswege die Lion sich sucht, um sein Leben zu erhalten, gehen sehr ans Herz. Gerade auch seine Suche nach der weißen Königin, die ihn mit ihren Geschichten so beeindruckt hat, hält ihn fest und schützt ihn davor, sich in der Dunkelheit zu verlieren. Er möchte einen Weg finden zurück ins Licht und er muss einiges durchmachen, um sein Ziel zu erreichen.

    Mit dem Ende mag nicht jeder so recht einverstanden sein, aber es gibt auf jeden Fall viel Stoff zum Nachdenken.


    Fazit: 4.5 Sterne


    Weltenwanderer