Emma Donoghue - Raum/ Room

  • Ja saskia72 habe mir den Film auch inzwischen angeschaut, stimmt es war auch im Film ein Junge er sah nur so mädchenhaft aus.
    Allerdings hat mir das Buch doch besser gefallen, es war noch etwas detaillierter, aber das ist ja oft so bei Buchverfilmungen.

  • Gestern habe ich dieses Buch beendet und ich habe es noch immer nicht ganz "verdaut". Das ist aber keineswegs negativ gemeint, denn auch für mich war es ein kleines Highlight. Für mich war die Wahl, das Buch aus Jacks Sicht zu schreiben, eine unglaublich gute. Ich habe den Kleinen sofort in mein Herz geschlossen und fand es wunderbar, wie er die Dinge im Raum als auch die Dinge im "Draußen" beschreibt, sowie die Liebe zu Ma. Und auch Ma kann man sich perfekt vorstellen, auch wenn Jack selber vieles was er sieht/hört/fühlt, nicht versteht. Auch wenn die Geschichte fiktiv ist, muss ich trotzdem sagen, dass Ma die Erziehung von Jack meiner Meinung nach unglaublich gut gemacht hat trotz der wenigen Mittel die ihr zur Verfügung standen.

    Selten lese ich Bücher, bei denen ich so sehr mitfühlen kann, wie bei diesem. Die Verzweiflung von Ma war für mich fast mit Händen greifbar, irgendwie fühlte ich mich, als wäre ich mit im Raum und dann erst die Flucht - es ist etwas ganz anderes, ob man mit einem Erwachsenen bangt oder mit bzw. um ein Kind. Ein Mini-Kritikpunkt, der für mich allerdings nicht zum Punkteabzug führt: auch ich fand, dass die Polizisten fast zu schnell auf des Rätsels Lösung kamen und "Raum" gefunden haben.

    Von mir gibt es ganz klar :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Den Film habe ich mir gleich im Anschluss angeschaut. Er gefiel mir gut, die Emotionen und Verzweiflung kam hervorragend raus, allerdings ging so unglaublich viel von Jacks Sicht auf die Welt verloren, das fand ich sehr schade.

  • Inhalt:


    "Für Jack ist Raum die ganze Welt. Dort essen, spielen und schlafen er und seine Ma. Jack liebt es fernzusehen, denn da sieht er seine »Freunde«, die Cartoonfiguren. Aber er weiß, dass die Dinge hinter der Mattscheibe nicht echt sind – echt sind nur Ma, er und die Dinge in Raum. Bis der Tag kommt, an dem Ma ihm erklärt, dass es noch eine Welt da draußen gibt und dass sie versuchen müssen, aus Raum zu fliehen …"


    Quelle: Amazon


    Persönliche Meinung:


    Es ist absolut großartig, am Anfang des neuen Jahres gleich so ein Highlight zu lesen!

    Ich hatte zunächst ein paar Anlaufschwierigkeiten, denn beim ersten Leseversuch war ich von anderen Dingen abgelenkt und kam überhaupt nicht rein. Gott sei Dank habe ich es dann nochmal versucht und mir die Welt des kleinen Jack und seiner Ma, Stück für Stück, erschlossen.


    Und das ist, gerade am Anfang, gar nicht so einfach, weil Emma Donoghue konsequent den kleinen Jack erzählen lässt. Zunächst ist das alles ein wenig verwirrend, die Welt durch seine Augen zu sehen und die Begriffe zu enträtseln, die er für die Dinge um ihn herum verwendet. Aber auch für das Außen, den Weltraum und die vielen fremden Planeten, die er nur aus dem Fernseher kennt.

    Als erfahrene LeserIn kann man sich natürlich recht schnell zusammenreimen, weshalb Mutter und Sohn in dieser Situation gefangen sind, wenn man erst einmal der Übersetzung mächtig ist.

    Das tut dem ganzen aber keinen Abbruch, im Gegenteil, ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Autorin ihre Leser ernst nimmt und mich selbst die Erklärungen finden lässt.

    Genau an diesem Punkt hatte sie mich dann auch.

    Zwischendrin hatte ich kurz den Eindruck, sie zieht diesen Teil des Romans eine Idee zu lang, aber wahrscheinlich ist auch das Absicht gewesen, um die Tristesse zu vermitteln.


    Die Veränderung der Situation, als die Mutter ihrem Kind die Wahrheit sagt und sie einen Fluchtplan schmieden, war für mich der Kipppunkt dieses Buches. Denn an diesem Punkt hatte ich kurzzeitig befürchtet, Emma Donoghue zerstört, was sie vorher so gekonnt aufgebaut hat und das Buch driftet in Richtung eines gewöhnlichen Krimis. Das hätte mich sehr enttäuscht und wahrscheinlich hätte ich dann auch abgebrochen. Zum Glück geht sie einen ganz anderen Weg und lässt mich miterleben, wie der kleine Jack quasi neu geboren wird.

    Es ist unglaublich anrührend, wie feinfühlig sie hier mit ihren Figuren umgeht und wie wertschätzend sie diese behandelt.

    Weil eben nicht plötzlich alles wieder gut ist und wir mit den Anpassungsproblemen der Protagonisten konfrontiert werden, die von grenzenloser Freude, bis hin zu Selbstmordversuchen reichen.


    Besonders gut hat mir auch die Darstellung der Angehörigen gefallen, die mit der neuen Situation heillos überfordert sind und ihre eigenen Probleme "im Draußen" haben.

    Das Aufeinanderprallen dieser Welten ist einfach grandios gut, ich konnte das Buch nicht mehr weglegen.

    Hier sei besonders die Großmutter genannt, aber auch ihr neuer Lebensgefährte, der eigentlich nichts für Kinder übrig hat, in den entscheidenden Situationen aber oftmals besser weiß was zu tun ist, als seine Lebensgefährtin, die immerhin zwei Kinder aufgezogen hat.

    Das alles ist so wunderbar, niedlich, tragisch, herzzerreißend süß und manchmal auch nur tief traurig. Ich habe einige Male geweint und doch dabei immer gehofft, wie Jack und seine Ma eben auch.


    Fazit:


    Raum ist eines der besten Bücher, die ich seit einiger Zeit gelesen habe.

    Und garantiert eines derjenigen, die ich von nun an immer empfehlen werde. Und zwar in dem Wissen, dass die meisten Freunde und Bekannten hinterher auch begeistert sein werden.

    In seiner Warmherzigkeit, aber auch der Konsequenz, erinnert es mich stark an "Der Gesang der Flusskrebse", eines meiner Highlights vom letzten Jahr.

    Es ist eines dieser Bücher, über die man hinterher einfach nur sprechen möchte und wo ich sogar den Wunsch habe, mich dafür beim Autor zu bedanken. Danke, Emma Donoghue!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: (:bewertung1von5:)


    "Ich bin eitel, hochmütig, tyrannisch, blasphemisch, stolz, undankbar, herablassend - bewahre aber das Aussehen einer Rose" Pita Amor

  • Jack feiert seinen fünften Geburtstag zusammen seiner Ma in Raum, wo er schon seit seiner Geburt wohnt. Auf wenigen Quadratmetern hat sich bisher sein ganzes Leben abgespielt. Dass es da draußen tatsächlich die Welt gibt, die er nur aus dem Fernsehen kennt, weiß er nicht.


    Nun aber ist er alt genug, dass Ma ihm behutsam die Wahrheit beibringt, dass sie als junge Studentin entführt wurde und seitdem in diesen vier Wänden gefangengehalten wird, völlig abhängig von "Old Nick", der fast jeden Abend zu ihr kommt, während Jack sich im Schrank versteckt. Jack kann kaum glauben, was er da hört, vor allem, als Ma anfängt, Pläne für eine Flucht aus Raum zu schmieden.


    Entführungsfälle, bei denen die Opfer über Jahre gefangengehalten wurden, kennt jeder aus den einschlägigen Berichten. Emma Donoghue schlüpft in diesem Roman in die Haut eines kleinen Jungen, der in eine solche Gefangenschaft hineingeboren wurde und für den die Welt nur aus einem Kämmerchen besteht, ausgestattet mit dem Nötigsten.


    Seine Mutter versucht, ihm das Leben so angenehm wie möglich zu machen, denkt sich Spiele aus, funktioniert Alltagsgegenstände und Abfall zu Spielsachen und Bastelmaterial um, verschweigt ihm jahrelang die Misere, in der sie sich befinden - und der Kleine führt kein unglückliches Leben, er hat ja keinerlei Vergleichsmöglichkeiten. Wie "Ma", deren Namen wir nicht erfahren, das Kind bedingungslos liebt, das unter so schlimmen Umständen entstanden ist, fand ich sehr beeindruckend.


    Die Perspektive eines Fünfjährigen ist gut getroffen, was seine Weltsicht und seine Denkweise angeht, allerdings fand ich es nicht sehr glaubwürdig, dass ein Kind, das schon mit vier Jahren lesen kann und mit dem die Mutter wie mit einem Erwachsenen redet, noch so eklatante Grammatik- und Wortschatzfehler macht wie "geschneidet" oder "gebringt" oder "mein Schwer" statt "mein Gewicht". Das fand ich auf Dauer ein wenig nervig.


    Über den Verlauf der Handlung zu sprechen, ohne zu spoilern, ist schwierig, deshalb nur so viel: es ist spannend bis zum Schluss, und die psychologische Entwicklung der Hauptfiguren in ihrer Extremsituation empfand ich als recht glaubwürdig, allerdings fand ich manches in der Handlung doch ein wenig dick aufgetragen und nicht so ganz überzeugend.

  • Magdalena : Ich freue mich immer, wenn Du alte Rezi - Threads wiederbelebst :) . Ich lese auch öfter Bücher, deren „Hochphase“ eigentlich schon einige Jahre her ist.


    Zu „Raum“: Das Buch lieh mir eine Freundin kurz nach der Veröffentlichung aus als die Erinnerungen an den Fall Fritzl noch frisch waren.

    Ich hab es daher damals nicht lesen können. Die Diskrepanz zwischen dieser harten, dreckigen Realität und der Bearbeitung des Themas in Romanform hatte ich für mich nicht auf einen Nenner bringen können. Schwer zu beschreiben, einfach ein ungutes Gefühl, das mich damals beschlich :-?.

  • Magdalena : Ich freue mich immer, wenn Du alte Rezi - Threads wiederbelebst :) . Ich lese auch öfter Bücher, deren „Hochphase“ eigentlich schon einige Jahre her ist.

    :kiss: Gute Bücher werden ja nicht schlecht, wenn sie ein Weilchen liegen :wink:


    Ich kann Dein Zögern verstehen. Damals, als die Fälle Fritzl und Kampusch in aller Munde waren, fand ich das auch irgendwie zu "nah" und war mir lange nicht sicher, ob ich das Buch lesen möchte. Mir ist es dann mal bei einem Flohmarkt "zugelaufen" und ich dachte, ich gebe ihm doch mal eine Chance - weil ich schon auch neugierig war, wie gut das Thema umgesetzt ist.


    Ich finde, Emma Donoghue hat das ziemlich sensibel gemacht und verzichtet auf reißerische Darstellungen. Auch wenn ich mit einigen Entwicklungen in der zweiten Buchhälfte nicht so happy bin.

  • Ich finde, Emma Donoghue hat das ziemlich sensibel gemacht und verzichtet auf reißerische Darstellungen.

    Vielleicht hatte ich auch Bedenken, dass es zu sensibel ist im Vergleich dazu, was die Fritzl - Kinder erlitten hatten, so eine Art versöhnlicher Sozialromantik :-k.


    Nicht, dass ich es besser fände, es reißerisch darzustellen. Ich denke da z.B. an „Evil“ von Jack Ketchum, nie gelesen, aber ich finde es krass, das Schicksal eines Mädchens, das wirklich gelebt und gelitten hat, so darzustellen, wie er es tut.


    Schwierig…

  • Ich fand die Balance eigentlich ganz gut getroffen, wohl auch, weil aus Jacks Perspektive erzählt wird, der das Ganze ja gar nicht werten kann, weil er nichts anderes kennt als diese begrenzte Welt.