J.R.R. Tolkien - Die Kinder Húrins (ab 14.08.2011)

  • Hallo Leuts,


    von mir aus können wir jetzt wieder starten. Ich fange gleich an mit dem Kapitel 10 und spätestens morgen
    poste ich dann auch.


    Strandläuferin: Das letzte Kapitel >Zirkuskind< werde ich dann auch heute noch schaffen.


    Endlich wieder Zeit zu lesen. :bounce:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Das passt mir gut - Kapitel 10 schaff ich heute auch und dann ist ja schon fast Wochenende!! :bounce:

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    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Kapitel 10


    Turin und Gwindor werden in Nargothrond aufgenommen. Schnell gelingt es Turin in den Rat Orodreths aufgenommen wo er beständig
    die Kampftaktik der Elben kritisiert. Für ihn sollten die Elben nicht heimlich aus dem Hinterhalt angreifen sondern im offenen Kampf
    den Orks entgegentreten. Sein Gegenspieler ist Gwindor, der Turins Taktik für gefährlich hält, weil auf diese Weise zuviel Aufmerksamkeit
    auf Nargothrond gezogen wird und die Stadt einem geballten Angriff Morgoth niemals standhalten könnte.
    Das Verhältnis der beiden Freunde wird zunehmend kühler, zumal sich Turin immer öfter mit Finduilas der Tochter Orodreths trifft.
    Gwindor der auch in der Gunst des Königs immer weniger Beachtung findet zieht sich trauernd zurück.
    Auch Finduilas kämpft mit ihren Gefühlen. Sie will Gwindor nicht verletzen merkt aber, dass sie Turin mehr und mehr liebt.
    Finduilas will sich und Turin als eine Art Beren und Luthien sehen, obwohl sie fühlt, dass Turin ihr die Liebe die sie erwartet nie geben kann.

    Zitat

    Mit den Gedanken und mit dem Herzen war er woanders, verweilte an Flüssen in längst vergangenen Frühlingszeiten.

    Gwindor beklagt sich bei Finduilas darüber, dass sie ihn zu meiden scheint. Er versucht ihr zu verstehen zu geben, dass der mann den sie liebt einen
    Schatten über sich trägt und letztendlich großes Leid über sie und auch Nargothrond brigen könnte. Dann verrät er den wahren Namen, den Finduilas
    bis jetzt nicht kannte. Als Turin dies erfährt macht er Gwindor bittere Vorwürfe, aber dieser antwortet mit sehr weisen Worten:

    Zitat

    Nun aber hast du übel an mir gehandelt, Freund, indem du meinen richtigen Namen verraten und das Schicksal auf mich herabgerufen hast,
    vor dem ich mich verbergen wollte.
    Gwindor aber antwortete: Dein Schicksal liegt in dir, nicht in deinem Namen.

    Diese Worte sollte Turin sich zu Herzen nehmen, denn nur das Verheimlichen seines Namens wir ihn sicher nicht schützen und schon gar nicht den
    Fluch Morgoth von ihm nehmen.
    Es scheint, als ob Turin nur Schmerz und Leid bei jenen auslöst, denen er nahesteht. Einiges aber ist auch auf seinen Stolz und seinen Hochmut
    zurückzuführen. Schon ziehen sich die Schatten über Nargothrond zusammen.............


    Am Ende des Kapitels erfahren wir, dass Morwen und ihre Tochter Nienor aus Dor-lomin geflohen sind und ihren Weg zu Thingols Hallen gefunden haben.
    Dort bleiben sie, aber ihre Trauer ist groß, denn Turin finden sie dort nicht.


    Der Titel des nächsten Kapitels lässt böse Ahnungen Wahrheit werden. :cry:


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  • Túrin lebt in seiner Rolle als "Heerführer" richtig auf, was ihn allerdings dann eben auch wieder unvorsichtig werden lässt. Aber wie immer schlägt er alle Warnungen in den Wind.
    Und auch wenn er sich mehr und mehr für Finduilas interessiert, bleibt er dennoch stets auf sich fixiert. Darum kann es wohl keine Liebe sein, die er empfindet - sonst hätte er ihr doch längst verraten, wer er wirklich ist. Und so lüftet Gwindor sein Geheimnis.

    Genauso sehe ich das auch. Ein Teil des Unglücks mag Morgoths Fluch geschuldet sein, aber vieles an Leid verursacht Túrin durch sein Verhalten. Wenn er nur einmal in der Lage wäre, einen Rat anzunehmen! Doch das kann er nicht und so ahnen wir, wie talisien schon sagte, anhand des Titels von Kapitel 11, was nun kommen wird........

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  • Kapitel 11


    Und so treibt Nargothrond unter der strategischen Führung Turins auf seinen Untergang zu. Nichts und niemand kann Turin dazu
    bewegen seine Taktik des offenen Kampfes zu relativieren.
    Eines Tages kommen zwei Elben in die Hallen Nargothronds um eine Warnung von Ulmo, dem Herrn der Wasser zu überbringen.
    Morgoth Kräfte werden größer und der Stadt steht großes Unglück bevor. Aber Turin lässt sich nicht raten. Er ist misstrauisch
    und behandelt die Boten, die nur Gutes wollen mit unerträglicher Hochmut. Die Worte Gelmirs des Elben sprechen eine bittere
    Wahrheit aus:

    Zitat

    Doch andere aus dem Hause Hador, unter ihnen Tuor, gebärden sich anders. Sie befleißigen sich nämlich der Höflichkeit, hören auf
    gute Ratschläge und haben Ehrfurcht vor den Herren des Westens. Aber du willst, wie es scheint, nur von deiner eigenen Weisheit
    einen Rat annehmen, oder von deinem Schwert, und deine Rede ist hochmütig.

    Orodreth ist von den Warnungen der Elben beeindruckt, aber Turin weist die Ratschläge grundsätzlich zurück. Auch die große Brücke reisst
    er nicht ein. Ein tödlicher Fehler, denn nun muss Nargothrond wegen der Uneinsichtigkeit eines Mannes fallen. Turin lädt immer größere
    Schuld auf sich. Der Schatten wird länger.


    Morgoth überschreitet die Grenzen zu Reich Orodreth und in seinem Gefolge ist auch Glaurung der Drache. Turin und seine Krieger reiten ihm
    entgegen, aber gegen die Übermacht der Streitkräfte Morgoth haben sie keine Chance. Die Niederlage ist vollständig und selbst Orodreth
    fällt auf dem Schlachtfeld. Turin kann den verletzten Gwindor retten, aber seine letzten Worte an den ehemaligen Freund sind voller Bitterkeit:

    Zitat

    Und wenn ich dich auch liebe, Sohn Hurins, so reut mich doch der Tag, da ich dich vor den Orks gerettet habe. Hätte es deine Stärke und
    deinen Stolz nicht gegeben, würde ich noch Liebe und Leben besitzen, und Nargothrond würde noch eine Weile bestehen.

    Turin geht nach Felagund um Finduilas auf Gwindors Geheiß zu retten. An der Brücke aber steht er dann einem schier unbesiegbaren und sehr
    mächtigen Gegner gegenüber. Glaurung der Drache steht dort und an ihm kommt auch Turin nicht vorbei. Aber der mächtige Drache tötet
    Turin nicht, sondern schlägt ihn in seinen Zauberbann. Glaurungs Worte jedoch setzen Turin einen Spiegel vor:

    Zitat

    Böse war all dein Beginnen, Hurins Sohn. Undankbarer Ziehsohn, Geächteter, Mörder deines Freundes, Dieb der Liebe, Zerstörer von
    Nargothrond, Verräter deiner Sippe. (...)
    Und Turin, unter Glaurungs Bann, hörte auf seine Worte und sah sich wie in einem Spiegel, verzerrt von Tücke, und was er sah,
    ekelte ihn an.

    Unter dem Bann des Drachen kann Turin nicht verhindern, dass die Gefangenen und auch Finduilas über die Brücke an ihm vorbei geführt werden.
    Aber der Drache hat noch eine weitere List ausgespielt. Er rät Turin nach Dor-lomin zu gehen, um dort wenigstens Morwen und Nienor vor den Orks
    zu retten. Turin, immer noch im Bann des listigen Drachen, erfüllt so im Grunde den Plan von Morgoth. Er glaubt dem Drachen, und immer noch
    von den klagenden Rufen Finduilas gepeinigt, wendet er sich Dor-lomin zu. Sein Weg dorthin wird schwer sein und er weiß noch nicht, dass ihn dort
    weder Morwen noch Nienor erwarten.


    Ein dunkles Kapitel, das die Tragik Turins immer deutlicher werden lässt. Nichts was er beginnt scheint Glück oder Freude in sich zu tragen.
    In seinem Gefolge scheint nur Leid und Trauer zu finden sein. Über Turin liegt wahrhaft ein Schatten.


    Was wird er nun in der Stadt seines Vaters vorfinden? Wieder nur Leid und Trauer?


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  • Ich hole auf. :wink: Werde gleich im Anschluss noch das wlfte Kapitel lesen.

    Auch Finduilas kämpft mit ihren Gefühlen. Sie will Gwindor nicht verletzen merkt aber, dass sie Turin mehr und mehr liebt. Finduilas will sich und Turin als eine Art Beren und Luthien sehen, obwohl sie fühlt, dass Turin ihr die Liebe die sie erwartet nie geben kann.

    Die Szene fand ich sehr traurig. Finduilas hat sehr ernsthafte und starke Gefühle für Túrin, doch der schafft es einfach auch gar nicht, so etwas wie Liebe wirklich zu empfinden, weil er durch seine Charakterzüge und den Versuch, dem Fluch zu entkommen, gar nicht empfänglich für etwas so Schönes ist.
    Irgendwie sehr bedeutsam, vielleicht aber auch nur, weil ich so an Arwen und Aragorn denken musste, fand ich Gwindors Worte zu Finduilas:

    Zitat

    Es ziemt sich nicht, dass sich die Älteren Kinder Ilúvatars mit den Jüngeren vermählen, noch ist es klug; denn sie haben nur eine kurze Lebensspanne und gehen bald dahin und lassen uns verwitwet zurück, solange die Welt besteht. Auch wird das Geschick es nicht zulassen, es sei denn ein- oder zweimal aus einem tiefen Grund des Schicksals, den wir nicht kennen. (S. 179)


    Es scheint, als ob Turin nur Schmerz und Leid bei jenen auslöst, denen er nahesteht. Einiges aber ist auch auf seinen Stolz und seinen Hochmut zurückzuführen. Schon ziehen sich die Schatten über Nargothrond zusammen.............

    Der Fluch scheint Túrins negative Charakterzüge noch zu verstärken - so eine Art self-fulfilling prophecy. Túrin erwartet gar nicht, dass ihm irgendwas Gutes widerfährt und alles Schlimme nimmt er als sein Schicksal an, anstatt dagegen anzukämpfen. :(

  • Irgendwie sehr bedeutsam, vielleicht aber auch nur, weil ich so an Arwen und Aragorn denken musste, fand ich Gwindors Worte zu Finduilas:


    Zitat
    Es ziemt sich nicht, dass sich die Älteren Kinder Ilúvatars mit den Jüngeren vermählen, noch ist es klug; denn sie haben nur eine kurze Lebensspanne und gehen bald dahin und lassen uns verwitwet zurück, solange die Welt besteht. Auch wird das Geschick es nicht zulassen, es sei denn ein- oder zweimal aus einem tiefen Grund des Schicksals, den wir nicht kennen. (S. 179)

    An dieser Stelle musste ich auch an Arwen und Aragorn denken. Und mal wieder Tolkiens Welt einfach nur bewundern. Da fügt sich einfach alles ineinander, wie man an unseren Gedankengängen erkennen kann :wink: Es geht mir oft so, dass meine Gedanken abschweifen und sich ein wenig in Tolkiens Welt verlieren...

    so eine Art self-fulfilling prophecy

    Ja -das trifft es wohl sehr gut. Er tut alles dafür, dass ihn die Schicksalsschläge immer wieder treffen.

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  • Orodreth ist von den Warnungen der Elben beeindruckt, aber Turin weist die Ratschläge grundsätzlich zurück. Auch die große Brücke reisst er nicht ein. Ein tödlicher Fehler, denn nun muss Nargothrond wegen der Uneinsichtigkeit eines Mannes fallen. Turin lädt immer größere Schuld auf sich. Der Schatten wird länger.

    Das stimmt. Es gibt immer Möglichkeiten für Túrin, einzulenken, er findet immer wieder Freunde und überhaupt Menschen und Elben, die ihm helfen wollen, aber er stößt jeden vor den Kopf. Ich muss bei Túrin immer wieder an klassische Tragödien denken, bei denen der Held sich immer weiter ins Unglück manövriert, sodass es unweigerlich zur Katastrophe kommt, und dabei ist oftmals von Hybris die Rede - etwas, das auf Túrin auch zutrifft:

    Zitat

    Die Hybris (griechisch ὕβρις „Übermut, Anmaßung“) bezeichnet eine Selbstüberhebung, die unter Berufung auf einen gerechten göttlichen Zorn, die Nemesis, gerächt wird. Die Hybris ist der Auslöser des Falls vieler Hauptfiguren in griechischen Tragödien. Die Hauptfigur ignoriert in ihrer Überheblichkeit Befehle und Gesetze der Götter, was unvermeidlich zu ihrem Fall und Tod führt. Quelle: Wikipedia

    Unter dem Bann des Drachen kann Turin nicht verhindern, dass die Gefangenen und auch Finduilas über die Brücke an ihm vorbei geführt werden. Aber der Drache hat noch eine weitere List ausgespielt. Er rät Turin nach Dor-lomin zu gehen, um dort wenigstens Morwen und Nienor vor den Orks zu retten. Turin, immer noch im Bann des listigen Drachen, erfüllt so im Grunde den Plan von Morgoth. Er glaubt dem Drachen, und immer noch von den klagenden Rufen Finduilas gepeinigt, wendet er sich Dor-lomin zu. Sein Weg dorthin wird schwer sein und er weiß noch nicht, dass ihn dort weder Morwen noch Nienor erwarten.

    Das ist so eine Stelle, an der Tolkien seine Leser hilflos sitzen lässt. Man weiß, dass der Drache es alles Andere als gut mit Túrin meint, man hofft, dass dieser nun, im Angesicht des Bösen, endlich Kraft genug findet, sich von dem Fluch zu befreien und mutig gegen den Drachen anzukämpfen oder was auch immer... eine ganz traurige Situation.
    Ich dachte zunächst, als ich gelesen habe, dass Glaurung sich auf den Besitztümern der Stadt niederlässt und sich ausruht, dass er der Drache ist, dem wir dann im "Hobbit" begegnen... aber da habe ich gerade noch mal nachgeschlagen und der heißt Smaug - hatte ich schon vollkommen vergessen. :uups:

    Ein dunkles Kapitel, das die Tragik Turins immer deutlicher werden lässt. Nichts was er beginnt scheint Glück oder Freude in sich zu tragen.

    Da muss ich auch an Húrin denken, der das alles mit ansehen muss. Es muss unerträglich für ihn sein, das Schicksal Túrins so mitverfolgen zu müssen.

  • Ich muss bei Túrin immer wieder an klassische Tragödien denken, bei denen der Held sich immer weiter ins Unglück manövriert, sodass es unweigerlich zur Katastrophe kommt, und dabei ist oftmals von Hybris die Rede - etwas, das auf Túrin auch zutrifft:


    Oh ja, absolut. Dein Wikipedia Zitat passt so gut auf Turins Werdegang, dass es fast für Turin geschrieben scheint. Ich denke Tolkien, der ja auch
    hinsichtlich der griechischen Welt der Mythen und Tragödien hochgebildet war (alt-griechisch und Latein sprach er schon mit 14 Jahren) hat sich
    hier sicher diese Welt als symbolische Grundlage genommen. Ein wirkliches Happy End dürfen wir also kaum erwarten.
    Vielleicht aber eine Katharsis, also eine Läuterung der Seele durch gelebtes Leid. Bin gespannt, wie Tolkien dies am Ende auflöst.


    lg taliesin :winken:

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  • Vielleicht aber eine Katharsis, also eine Läuterung der Seele durch gelebtes Leid.

    Hoffentlich wenigstens das - denn Leiden tut Túrin ja nun wirklich in jeder Hinsicht. Es spricht für Tolkien als Schriftsteller, dass man trotzdem gern weiterliest und dass die Geschichte so zu faszinieren weiß, denn so ein Protagonist, der sich wie Túrin verhält, ist sicher eine Herausforderung. :wink:

  • Ein wirkliches Happy End dürfen wir also kaum erwarten.
    Vielleicht aber eine Katharsis, also eine Läuterung der Seele durch gelebtes Leid. Bin gespannt, wie Tolkien dies am Ende auflöst.

    Nein, dieses Buch wird mit Sicherheit kein Happy End haben, aber auch ich hoffe, dass Tolkien ein irgendwie versöhnliches Ende hinbekommt. Obwohl ich mir auch das kaum vorstellen kann.

    Es spricht für Tolkien als Schriftsteller, dass man trotzdem gern weiterliest und dass die Geschichte so zu faszinieren weiß, denn so ein Protagonist, der sich wie Túrin verhält, ist sicher eine Herausforderung. :wink:

    Oh ja, das finde ich auch. Das ist die große Kunst des Erzählens! Eigentlich ist mir Túrin über weite Strecken unsympathisch und dennoch leide ich mit ihm. Normalerweise würde ich so einem Typ nichts gutes wünschen, aber hier ist es anders. Eigentlich würde ich ihn gern mal durchschütteln und ihm zurufen, endlich aufzuwachen, damit die Geschichte doch noch eine Wendung zum Guten nehmen könnte.

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  • Hallo Leute,


    Hier ein kleiner Hoffnungsschimmer in Form eines Auszuges aus Tolkiens Aufsatz (Vorlesung) >Über Märchen<.
    Zu finden in seinem bei Klett-Cotta erschienenen Buches >Gute Drachen sind rar<:


    >Der Trost des Märchens, die Freude über den glücklichen Ausgang oder, richtiger, die gute Katastrophe, die plötzliche Wendung zum Guten
    (denn kein Märchen hat ein echtes Ende), diese Freude, welche das Märchen so vortrefflich zu bereiten weiß, ist ihrem Wesen nach nicht
    >eskapistisch< oder >wirklichkeitsflüchtig>. In ihrem märchenhaften - oder sekundärweltlichen - Rahmen, ist sie eine plötzliche und wunder-
    bare Gnade: mit ihrer Wiederholung ist niemals zu rechnen. Sie verleugnet nicht das Dasein der Dyskatastrophe, des Leides und Misslingens,
    denn deren Möglichkeit ist die Voraussetzung für die Freude der Erlösung; sie verleugnet (dem Augenschein zum Trotz, wenn man so will)
    die endgültige, allumfassende Niederlage, und insofern ist sie Evangelium, gute Botschaft, und gewährt einen kurzen Schimmer der Freude,
    der Freude hinter den Mauern der Welt, durchdringend wie das Leid<.

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  • Túrin kehrt also nach so vielen Jahren in das Land seiner Kindheit zurück. Aber dies ist nun öde und leer und von Ostlingen bevölkert, so dass Túrin sich nicht zu erkennen geben kann. Auch Morwens Haus ist leer und geplündert und von ihr keine Spur. Túrin bittet in einem benachbarten Haus um Obdach und hier erfährt er von Morwens Schicksal. Ein alter Mann erzählt ihm was geschah und dass Morwen vor etwa einem Jahr fortging und niemand weiß, was aus ihr geworden ist. Erst als der Alte seinen Namen nennt, erkennt Túrin ihn: es ist Sador. Und ihm gibt er sich nun auch zu erkennen. Ich kann mir vorstellen, dass sein eigener Name ihm selbst ein wenig fremd vorkam, nachdem er ihn doch so lange nicht benutzt hat!


    Sador sagt Túrin, dass ihm vielleicht Aerin sagen kann, wohin Morwen sich gewandt hat. Und Túrin in seinem Stolz kommt gar nicht auf die Idee, dass ein direktes Vorgehen Schaden anrichten könnte und er vielleicht besser heimlich nachgefragt hätte. Er stürmt direkt in Broddas Halle und fragt Aerin vor versammelter Mannschaft. [-( Und so kommt es, wie es kommen muss - es gibt Streit. Er kann Brodda allerdings überwinden und erfährt von Aerin, wohin Morwen gehen wollte. In diesem Moment fällt Glaurungs Bann von ihm ab und er erkennt dessen Absicht.

    Zitat

    Bin ich hergekommen von Arglist getäuscht, um hier entehrt zu sterben, der ich zumindest mutig vor den Toren Nargothronds hätte sterben können?

    Naja - das passiert Túrin natürlich nicht - er stürzt sich in den Kampf und am Ende ist kein Ostling mehr am Leben. Sador rät ihm, zu gehen und erst zurückzukehren, wenn er eine Streitmacht hinter sich habe. Und auch Aerin macht ihm klar, dass das keine Ruhmestat war:

    Zitat

    Unbesonnen sind eure Taten, Sohn Húrins, als wärt ihr noch das Kind, das ich kannte.

    Túrin bietet ihr an, sie zu Morwen zu bringen, doch das lehnt Aerin ab und heißt ihn, zu gehen. Viele folgen ihm. Als sie zurückschauen, sehen sie, dass die Halle brennt. Einer der Männer erklärt, dass das wohl Aerin selbst getan hat.

    Zitat

    Sie hat uns zu einem hohen Preis viel Gutes getan. Ihr Herz war nicht schwach, und zum Schluss hatte die Geduld ein Ende. [...] Geht und kehrt erst zurück, wenn ihr stark genug seid, um uns zu befreien.

    Ich finde, dass die Geschichte hier eine interessante Wendung nimmt. Zum ersten Mal wird Túrin seiner Taten und vor allem seiner Person wegen fortgeschickt (die Verbannung aus Doriath war ja zu unrecht) - so als ahnten die Menschen mittlerweile, dass Túrin nichts gutes bringt. Oder sie sehen einfach weiter als der verbitterte Kämpfer. Ob er sich das endlich einmal zu Herzen nehmen wird?

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  • zu Kapitel 12

    Ich finde, dass die Geschichte hier eine interessante Wendung nimmt. Zum ersten Mal wird Túrin seiner Taten und vor allem seiner Person wegen fortgeschickt (die Verbannung aus Doriath war ja zu unrecht) - so als ahnten die Menschen mittlerweile, dass Túrin nichts gutes bringt. Oder sie sehen einfach weiter als der verbitterte Kämpfer. Ob er sich das endlich einmal zu Herzen nehmen wird?

    Das scheint mir ein Hinweis darauf zu sein, dass jetzt für Turin der Zeitpunkt gekommen ist seine Einstellung endgültig zu ändern. Nun haben so
    viele wertvolle Menschen ihn auf sein hochmütiges und Verderben bringendes Verhalten hingewiesen, dass er endlich seine Wege überprüfen sollte.
    Ich denke, wie du Hirilvorgul, dass jetzt der Anfang einer Katharsis eingeläutet wird. Turin kann so nicht weiterleben, denn auch er muss nun
    feststellen, dass eine Wende nötig ist, wenn er nicht weiter Tod und Verderben zu jenen bringen will, die ihn im Grunde schätzen.
    Ich sehe hier einen Silberstreif am Horizont und kann mir auch nicht vorstellen, dass Tolkien entgegen seiner Theorie der zumindest mitschwingenden
    Läuterung des Helden, die Dunkelheit endgültig siegen lassen wird.


    lg taliesin :winken:

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  • Kapitel 13


    Turin geht nun weiter auf der Suche nach Finduilas. Doch die Spuren sind durch Regen und Schnee längst verschwunden. Wenig Hoffnung
    bleibt ihm und seine Gedanken sind dunkel. Es scheint aber, dass er nun langsam seine Fehler erkennt:

    Zitat

    Nein, es bleibt am Besten wie es ist; denn durch meinen Zorn und meine unbesonnenen Taten werfe ich einen Schatten, wo immer ich bin.

    So trifft er auf einige im Wald lebende Männer, die einstmals vom Volk Haleths waren. Sie kämpfen gegen Orks und Turin kommt gerade recht,
    um die Orks mit einer List zu verjagen. Den Männern gegenüber nennt er sich >Waldschrat<. Seinen Namen und seine Herkunft verschweigt er.
    Als die Männer ihn freundlich willkommen heißen ist Turin erstaunt, dass es noch Menschen gibt die ihn aufnehmen.

    Zitat

    Gibt es denn noch Menschen, die es dulden, dass ich ihre Türen verdunkle?

    Als er sie nach dem verbeleib von Finduilas befragt, muss er sich einer bitteren Wahrheit stellen. Die Waldmenschen griffen die Orks vor einiger
    Zeit an um ein paar Gefangene zu befreien. Dabei wurden die Gefangenen getötet und auch Finduilas fand den Tod. Ihre letzten Worte jedoch
    waren: Sag dem Mormegil, dass Finduilas hier ist. Und so wissen sie nun, dass ihr neuer Gefährte der Anführer der Krieger von Nargothrond war.
    Doch Turin liegt wie tot an der Stelle an der Finduilas begraben wurde. Seine Schuld ist überwältigend.
    Die Waldmänner tragen ihn zu Brandir, der Turin sofort erkennt und nicht sehr erfreut ist über diese dunkle Last.

    Zitat

    Warum habt ihr diesen Mann vor dem Tod bewahrt? Was ihr mit großer Mühe hierher gebracht habt, ist das endgültige Verderben unseres Volkes.

    Trotzdem pflegt er Turin und im nächsten Frühjahr hat dieser sich wieder vollständig erholt. Aber es scheint auch eine veränderung mit ihm vorgegangen
    zu sein.

    Zitat

    Alle meine Taten und vergangenen Tage waren dunkel und böse. Aber es ist ein neuer Tag angebrochen. Hier will ich in Frieden leben und mich von
    meinem Namen und meiner Sippe lossagen, und so will ich meinen Schatten hinter mir lassen oder ihn zumindest nicht über jene bringen, die ich liebe.

    Für immer wird er sich natürlich nicht zurückziehen können, aber dieser Rückzug und damit eine Möglichkeit des Neuanfangs ist für Turin wohl die beste
    Lösung. So nennt er sich ab nun Turambar >Meister des Schicksals<.
    Zwar kämpft er desöfteren noch gegen die Orks, aber dies auch aus dem Grund das Grab Finduilas nicht entehren zu lassen. Selbst sein Schwert legt er ab und
    benutzt nur noch Bogen und Speer.
    Die Wendung der dunklen und unglücklichen Geschichte Turins ist nun wohl tatsächlich geschehen. Allerdings gibt es von Dorlas am Ende wieder einen
    kleinen Dämpfer der Euphorie:

    Zitat

    Du hast den Namen abgelegt, doch du bist immer noch das Schwarze Schwert......

    natürlich kann Turin seine wahre Natur nicht verleugnen, aber nun hat er eine Chance gegen den schwarzen Schatten in sich anzukämpfen.
    Seine neue Selbsterkenntnis sollte der erste Schritt hierzu sein.


    Tolkien lässt uns in diesem Kapitel einen Silberstreif am Horiziont erkennen. Ein beinahe versöhnliches Kapitel.
    Hoffen wir, dass nun ein wenig Licht unser Begleiter durch die weitere Geschichte Turins sein wird.


    lg taliesin

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  • Zitat

    Doch Turin liegt wie tot an der Stelle an der Finduilas begraben wurde. Seine Schuld ist überwältigend.

    Glaurungs List ist aufgegangen, denn wir erinnern uns, dass Túrin Finduilas in seinem Kampf gegen Morgoth gebraucht hätte. Wahrlich eine schwere Schuld.

    Für mich ist es noch ein sehr schwacher Silberstreif, ich kann noch nicht so ganz an die Wandlung Túrins glauben. Denn wie Dorlas schon bemerkt, ist er noch immer das Schwarze Schwert, so oft er auch den Namen wechselt. Wir werden sehen........

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


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  • Ich finde, dass die Geschichte hier eine interessante Wendung nimmt. Zum ersten Mal wird Túrin seiner Taten und vor allem seiner Person wegen fortgeschickt (die Verbannung aus Doriath war ja zu unrecht) - so als ahnten die Menschen mittlerweile, dass Túrin nichts gutes bringt. Oder sie sehen einfach weiter als der verbitterte Kämpfer.

    Das Wiedersehen mit dem Freund aus Kindertagen habe ich auch als besonders ausschlaggebend empfunden. Dass Túrin ausgerechnet Labadal wiedertrifft, ist ja kein Zufall. Er hat damals das Leben des Dieners durch seine Freundschaft und durch seine Großherzigkeit wertvoller gemacht, und nun zahlt sich vielleicht genau das aus, dass er jemanden trifft, dem er nur aus Freundschaft zugewandt war.

    Ich denke, wie du Hirilvorgul, dass jetzt der Anfang einer Katharsis eingeläutet wird. Turin kann so nicht weiterleben, denn auch er muss nun feststellen, dass eine Wende nötig ist, wenn er nicht weiter Tod und Verderben zu jenen bringen will, die ihn im Grunde schätzen. Ich sehe hier einen Silberstreif am Horizont und kann mir auch nicht vorstellen, dass Tolkien entgegen seiner Theorie der zumindest mitschwingenden Läuterung des Helden, die Dunkelheit endgültig siegen lassen wird.

    Dem kann ich mich nur anschließen. Ich hoffe wirklich, dass es noch zu einem guten Ende kommt - auch für Túrin wünsche ich mir ein paar versöhnlichere Erlebnisse. Natürlich muss er dafür selbst etwas tun, aber der erste Schritt ist gemacht...

  • Für mich ist es noch ein sehr schwacher Silberstreif, ich kann noch nicht so ganz an die Wandlung Túrins glauben. Denn wie Dorlas schon bemerkt, ist er noch immer das Schwarze Schwert, so oft er auch den Namen wechselt. Wir werden sehen........


    Ich bin halt ein Zweckoptimist. Natürlich hast du Recht wenn du sagst, dass dies keine vollständige Wandlung sein kann. Immerhin ist es aber die
    Andeutung eines Schrittes vorwärts, der durch die Erkenntnis entsteht, vielen Menschen die ihn liebten und auch schützen wollten, Leid gebracht
    zu haben. Der Rückzug und die Namensänderung werden sicher nichts daran ändern, dass er der Krieger mit dem schwarzen Schwert ist.
    Außerdem muss er Morwen und Nienor wiederfinden und zu diesem Zweck muss er sein Versteck verlassen und wieder in die Welt hinaus gehen.
    Sein Schicksal ist sicher noch nicht erfüllt.


    lg taliesin :winken:

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    William Shakespeare


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  • Sie kämpfen gegen Orks und Turin kommt gerade recht, um die Orks mit einer List zu verjagen. Den Männern gegenüber nennt er sich >Waldschrat<. Seinen Namen und seine Herkunft verschweigt er. Als die Männer ihn freundlich willkommen heißen ist Turin erstaunt, dass es noch Menschen gibt die ihn aufnehmen.

    Die Szene fand ich gleichzeitig traurig und irgendwie tröstlich. Einerseits ist es traurig, dass Túrin sich in eine Lage gebracht hat, in der er erstaunt sein muss, dass man freundlich zu ihm ist, aber was ich an Mittelerde liebe ist, dass man dort immer noch irgendwie einen Freund finden kann, wenn man einen braucht. Sogar bei denjenigen, die erst erschüttert sind, dass sie Túrin helfen sollen...

    Trotzdem pflegt er Turin und im nächsten Frühjahr hat dieser sich wieder vollständig erholt. Aber es scheint auch eine veränderung mit ihm vorgegangen zu sein.

    Das fand ich persönlich sehr tröstlich, denn so müssen Túrins Retter ihre Großherzigkeit nicht bereuen, und in Túrin geht tatsächlich eine Läuterung vor, die ich schön finde und von der ich hoffe, dass sie anhält.

    So nennt er sich ab nun Turambar >Meister des Schicksals<. Zwar kämpft er desöfteren noch gegen die Orks, aber dies auch aus dem Grund das Grab Finduilas nicht entehren zu lassen. Selbst sein Schwert legt er ab und benutzt nur noch Bogen und Speer.
    Die Wendung der dunklen und unglücklichen Geschichte Turins ist nun wohl tatsächlich geschehen. Allerdings gibt es von Dorlas am Ende wieder einen kleinen Dämpfer der Euphorie

    Natürlich kann Túrin seine Vergangenheit nicht verleugnen. Und ein neuer Name macht noch keinen neuen Menschen, das stimmt. Trotzdem denke ich auch, dass Túrin etwa verstanden hat und ich hoffe, dass es so für seine Familie noch ein glückliches Ende geben kann - wie auch immer. :)

    Für mich ist es noch ein sehr schwacher Silberstreif, ich kann noch nicht so ganz an die Wandlung Túrins glauben. Denn wie Dorlas schon bemerkt, ist er noch immer das Schwarze Schwert, so oft er auch den Namen wechselt. Wir werden sehen........

    Da bleibe ich Optimistin. Ich glaube an Túrin. :loool: