Barbara Vine - Keine Nacht dir zu lang / No Night is Too Long

  • Hallo @ll


    Kurzbeschreibung bei Amazon kopiert
    Eine schwule Beziehung als Ausgangspunkt für ein psychologisch ausgefeiltes Drama: Als Tim dem älteren, ruhigen Ivo begegnet, trifft es ihn wie der Blitz: Seine wenig erfüllenden Frauenaffären sind vergessen. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Je ernster es Ivo jedoch wird, um so eingeengter fühlt sich Tim; die beiden treiben auf einen zerstörerischen Höhepunkt im Eismeer Alaskas zu. Gewohnt brillant treibt die Crime-Königin ihr Spiel mit dem Leser - bis zur verblüffenden Auflösung.


    Meine Meinung zum Buch
    Ja.....verblüffende Auflösung, dass kann man wohl sagen! Wieder einmal bin ich von Barbara Vin's Erzählkunst, ihrer Phantasie und ihrem Schreibstil begeistert; obwohl ich so nach dem ersten Drittel an Marie und ihre Worte denken musste:Es gibt Bücher von Barbara Vine die sind gut, und welche die sind sehr gut! Zu diesem Zeitpunkt hätte ich die Geschichte zu den guten Büchern gezählt. Aber es wurde immer besser, rätselhafter und spannender bis zur überraschenden Lösung dieser Dreiecksgeschichte, die mich ohne Bedenken, dieses Buch zu den sehr guten zählen lässt. :thumleft:


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Das ist auch ein so Roman von ihr, der mir persönlich sehr gut gefallen hat!
    Schön, dass du auch so großen Gefallen an Barbara Vine/Ruth Rendell findest, ich sehe du hast schon mir wieder einem nächsten Buch von ihr angefangen! :wink:

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Hallo Bonprix,


    danke für die Vorstellung hier! Ein sehr gutes Buch also... hab es schon auf dem Wunschzettel!!!

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Nachdem mich "Es scheint die Sonne noch so schön" so beindruckt hat, habe ich mir ein paar mehr Romane von BarbaraVine/Ruth Rendell gegönnt. Von "Keine Nacht dir zu lang", dem nächsten, wurde ich nicht enttäuscht.


    Inhalt: Suffolk, Anfang der 1990er Jahre: Der 25-jährige Tim Cornish - gutaussehend, aber wenig an Beziehungen zu Mädchen oder Herzensangelegenheiten überhaupt interessiert - belegt einen "Creative Writing"-Kurs. Sein schwuler Dozent bietet ihm eine Wohngemeinschaft mit seinem Untermieter Dr. Ivo Steadman an. Für Tim eine Offenbarung, denn er fühlt sich sofort von dem etwas älteren Mann angezogen. Gegen seine Gewohnheit lässt er alle Schüchternheit fahren und küsst ihn schon beim ersten Treffen auf den Mund. Seine Gefühle werden erwidert. Nach ernsthaften Zweifeln über die Existenz seiner sexuellen Begierden meint Tim, die wahre Liebe endlich gefunden zu haben. Die kühlt allerdings ab, als Ivo sich in den nächsten Wochen als etwas herablassend ihm gegenüber herausstellt und ihm während eines gemeinsamen Essens fast beiläufig seine Gefühle offenbart. Er liebe Tim und wolle nie mehr ohne ihn sein. Tim, an seine Freiheit gewöhnt, fühlt sich plötzlich gefangen.


    Auf einer von Ivo beruflich bedingten Kreuzfahrt durch Alaska und einem Aufenthalt ohne ihn in Seattle kommt ihm der Gedanke, sich von Ivo zu trennen. Isabel, zunächst nur eine Reisebekanntschaft, verstärkt diesen Wunsch. Im Gegensatz zu Ivo engt sie ihn nicht ein, sie ist gebildet wie Ivo, ohne dabei lehrerhaft zu sein und ihn wie ein launisches Kind zu behandeln (das Tim streng genommen allerdings auch ist). Seine Liebe zu Isabel und die Verzweiflung und Angst vor einem eifersüchtigen Ivo treiben ihn zu einem Schritt, über den er später tiefe Reue empfindet. Zuhause angekommen, beginnt er, sich die Geschehnisse von der Seele zu schreiben - und wird dabei immer wieder von Ivo verfolgt.


    Meinung: Dieser Roman zählt erstaunlicherweise zu den weniger beliebten der Autorin, was für mich nicht wirklich nachvollziehbar ist. Der kluge Aufbau der Geschichte, ein angenehmer, oft humorvoller Stil, Spannung bis zuletzt, und die Aha-Erlebnisse im letzten Drittel sind die Zutaten, die mich über einem Buch die Zeit vergessen lassen. Auch mochte ich den an der Oberfläche kühlen Ivo sehr, obwohl er tatsächlich etwas arrogant und vielleicht fast so narzisstisch wirkt wie der Haupterzähler Tim Cornish. Der sieht aus wie ein junger Robert Redford (eine Umschreibung, die mich ein bisschen gestört hat), und hatte daher schon im Vorfeld schlechte Karten bei mir. Ein bisschen zäh war der Mittelteil, in dem sich Tim in seiner Liebe zu Isabel irgendwie zum Deppen macht und in Selbstmitleid und Alkohol suhlt.


    Auf einen Punkt, der von vielen Kritikern angeprangert wird, möchte ich eingehen: ganz sicher hat die Autorin mit "Keine Nacht dir zu lang" kein Plädoyer für Heterobeziehungen schreiben wollen. Dafür ist die Geschichte zu komplex, zu vielschichtig und zu wenig analytisch bzw. beurteilend im Hinblick auf die Beziehungen Ivo/Tim undTim/Isabel. Wie Tim selbst in seiner "Beichte" sagt, würde er der wahren Liebe kein geschlechtliches Label aufdrücken wollen. Die Überraschung darüber, warum er sich letztendlich in beide verliebt hat, ist Barbara Vine gut gelungen. Ich dachte in diesem Augenblick: das war's, Peng! Die Story ist erzählt. Und trotzdem gab es noch einige weitere Wendungen und unausgesprochene Geheimnisse, auf die ich nie gekommen wäre.


    Psychologisches Geschick, seelische Abgründe und eine auf den ersten Blick gewöhnliche und doch so originelle Dreiecksbeziehung haben den Roman für mich zu einem großen Lesevergnügen gemacht.


    Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: