Jasper Fforde - Der Fall Jane Eyre / The Eyre Affair

  • Seid gegrüsst


    Nachdem ich "Das Albtraumreich des Edward Moon" gelesen habe, in dessen Klappentext von dem Buch als "neues Lebenselixier für Fans von Jasper Fforde" gesprochen wurde und von Edward Moon enttäuscht war, habe ich mich mit Lina86 ein wenig unterhalten, ob denn dieser Verweis gerechtfertigt wäre. Sie meinte, das er das nicht sei und hat mir "Der Fall Jane Eyre" empfohlen.
    So ist das Buch sogleich auf meine Wunschliste gewandert und ich hoffe, dass ich es in der Bibliothek bald ausleihen kann :cheers:
    Und nachdem hier die vielen positiven Bewertungen zu lesen sind, bin ich nur noch umso mehr davon überzeugt!


    Herzlichst


    E.S.

    :study: Hjorth & Rosenfeldt - Die Toten, die niemand vermisst

    :musik: Die drei ???

    Bücher haben Macht
    Über dich lachen sie bloss
    Weil du trotzdem liest.

    :love:

  • Das Buch habe ich vor einigen Jahren auf einem Bücherflohmarkt gefunden. Das Cover (habe eine etwas andere Ausgabe mit dem Namen "Auf der Jagd nach den Zeitfälschern", da es sich um ein Leseexemplar handelt) mit einer Kickboard fahrenden Ente hat mich sofort angesprochen, so dass ich es für ein paar Euro mitgenommen habe. Ich habe es dann in einem Rutsch gelesen und bin seitdem von Jasper Ffordes Universum und seiner Heldin Thursday Next begeistert. Sehr gut fand ich auch die Idee von einem England in den 80iger Jahren, welches doch vollkommen anders ist, als uns die Geschichtsschreibung lehrt. Auch die Fähigkeit in Bücher zu springen und so für Verwirrungen in der Buchwelt zu sorgen, fand ich genial. Vor dem Lesen dieses Buches sollte m.E. auf jeden Fall "Jane Eyre" gelesen haben, sonst hat der Leser es ws. schwerer der Handlung zu folgen. Außerdem bringt man sich somit um das Vergnügen die Umgestaltung des Endes von "Jane Eyre" in die bekannte Fassung mitzuverfolgen.


    Natürlich habe ich auch die Folgebände gelesen und hoffe sehr, das "Irgendwo ganz anders" nicht das letzte Abenteuer mit Thursday Next ist. Da ich bei den letzten 2 Bänden nicht auf die dt. Version warten wollte, habe ich hier zuerst die englischen Ausgaben gelesen. Hier kommt der Wortwitz / Anspielungen / Zitate des Autors noch besser durch. Vor allem gibt es zu den Ausgaben auch auf seiner Homepage Upgrades.

    "Begib dich einmal im Jahr an einen Ort, an dem du noch nie gewesen bist." (Dalai Lama)


    :study: 2014: 18 Bücher mit 10.009 Seiten (2013: 63 Bücher mit 27.710 Seiten)

  • Inhalt (Amazon.de)


    Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten.


    Meine Meinung


    Jasper Fforde schafft hier nicht nur eine alternative Zeitlinie, in der der Krimkrieg seit 131 Jahren tobt, er schafft hier auch eine Prämisse, die viele Möglichkeiten bietet, spannende und einfallsreiche Geschichten zu erzählen: Literatur als Weltschatz. In dieser Welt werden Autoren gefeiert wie Rockstars, die Helden in Büchern wirken fast heilig, genau so, wie die Geschichten, denen sie entspringen, ganz zu schweigen davon, dass der Buchhandel natürlich ein florierendes Geschäft ist.
    Diese Umstände machen eine Spezialeinheit notwendig, um die Literatur vor Kriminalität zu schützen. Personifziert werden diese beiden Seiten im "Fall Jane Eyre" durch die gewitzte und mutige Agentin Thursday Next, Hauptfigur und Namensgeberin der Reihe, bzw. durch ihren Gegenspieler, dem boshafte Genie Acheron Hades. Dieser Teufel in Person hält sich nicht mit Kleinigkeiten auf, sondern entführt gleich Romanfiguren aus ihren Geschichten um Lösegeld zu erpressen.
    Klingt interessant, oder? Ist es tatsächlich auch, da Fforde, der hier eine wahrhafte Quelle der Ideen öffnet und die meisten davon sogar zu verwerten versteht (sprich: Der Hauptplot der Story, mögliche Zeitreisen, die Möglichkeit, Romanfiguren in die reale Welt zu holen und das Ändern von Romanen durch das, durchaus wörtlich zu nehmende, Eingreifen von Außen).
    Doch leider hat man sich hier bei der Charakterisierung der Akteure einige Schnitzer erlaubt, zumindest was mein Empfinden angeht: Neben Thursday selbst, die echt sympathisch rüber kommt, haben wir einen schrulligen Erfinder, zwei Arschlöcher (pardon!) in hochrangigen Positionen, eine alte Liebe, die (nach 10 Jahren!) immer noch auf Thursday wartet, trotz keifender Ehefrau und nicht zuletzt Hades, der zu übermächtig ist und damit fast zum Gary Stu verkommt und da wir grade dabei sind: Was wird aus Thursdays zeitreisenden Vater gemacht? Deus Ex in Figurform, da man ja eine Möglichkeit haben muss die Hauptfigur zu retten, wenn sonst nichts mehr geht. Da rettet die, zugegebenermaßen lustig gelöste, Shakespeare-Debatte (samt Logikloch) auch nicht mehr wirklich was.
    Nichts desto trotz habe ich mir, auch wenn es keine Eile hat, den zweiten Band auf die Wunschliste gesetzt, in der Hoffnung, dass die geniale Grundidee künftig besser ausgeschöpft wird.


  • Nichts desto trotz habe ich mir, auch wenn es keine Eile hat, den zweiten Band auf die Wunschliste gesetzt, in der Hoffnung, dass die geniale Grundidee künftig besser ausgeschöpft wird.


    Aus meiner Sicht ist der erste Teil ein (sehr) guter Einstieg. Die Idee wird ausgebreitet. Bei "In einem anderen Buch" legt er aus meiner Sicht aber eine deutliche Schippe drauf.

  • Thursday Next ist Literaturagentin bei den SpecOps. Sie ist hinter Acheron Hades her, der bereits einige Literatur-Verbrechen begangen hat und nur sehr schwer zu fassen ist – nicht nur Thursday kommt dabei mehrmals in Lebensgefahr.


    Jasper Ffordes Reihe um die Thursday Next spielt in einer Parallelwelt zu unserer, der Krimkrieg tobt auch im Jahr 1985, in dem dieser Band spielt, noch, Wales ist eine Volksrepublik und Thursdays Onkel Mycroft hat gerade eine Maschine erfunden, mit der man sich in Bücher transferieren lassen kann. Der Autor erzählt vor dem Hintergrund dieser Welt eine bizarre und manchmal verworrene, aber sehr unterhaltsame Geschichte, wie es nur ein Engländer kann. Um eine solche Geschichte genießen zu können, muss man sich auf sie einlassen, auch ein bisschen literarisches Wissen kann nicht schaden, damit man versteht, worüber gesprochen wird, die im Titel genannte Jane Eyre sollte man z. B. kennen, um den Roman komplett würdigen zu können.


    Thursday war mir schnell sympathisch, obwohl sie nicht immer einfach ist. Da sie selbst in Ich-Form erzählt, lernt man sich recht gut kennen. Zwischendurch gibt es immer wieder Passagen aus anderen Perspektiven, die in der 3. Person erzählt werden, z. B. wenn der Fokus auf Acheron schwenkt. Mir gefallen auch andere Personen gut, wie z. B. Thursdays Onkel, der im Erfinden zwar ein Genie ist, hin und wieder aber wie ein zerstreuter Professor wirkt, oder Thursdays Partner Bowden, der ein bisschen verliebt in sie ist. Manche Charaktere sind recht oberflächlich gezeichnet, z. B. auch der Antagonist Acheron, der vor allem eines ist: Böse.


    Man muss aufmerksam lesen, sonst läuft man Gefahr, dass die Gedanken etwas abschweifen, zumal, wenn man als Leser noch nicht in der Welt der Reihe angekommen ist. Es gibt ein paar überraschende Wendungen und einige Tote, aber auch einiges an Humor. Auf die im Titel und im Klappentext erwähnte Jane Eyre muss man recht lange warten, aber es lohnt sich.


    Sehr gut haben mir die (fiktiven) Kapiteleingangszitate gefallen, die z. B. aus Thursdays Tagebuch, aber auch aus Interviews, Briefen und wissenschaftlichen Werken, und die die Geschehnisse im jeweiligen Kapitel ergänzen oder Erklärungen liefern, manchmal aber auch zum Teil vorwegnehmen.


    Dieser Roman ist der erste einer Reihe, von der bereits mehrere Bände veröffentlicht wurden. Ich werde auf jeden Fall noch mindestens einen Band lesen, mal sehen, ob und wie sich die Reihe weiterentwickelt. Wer Romane von Ben Aaronovitch, Terry Pratchett, Douglas Adams u. ä. mag, sollte zumindest einmal in die Reihe hineinlesen. Ich vergebe 4 Sterne.

  • Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten... (Klappentext)

    ❃❃❃❃❃


    "Der Wachmann, der im Haus seinen Rundgang machte, hörte Acheron nicht kommen. Sein lebloser Körper wurde später unter dem Ausgußbecken gefunden. Lautlos stieg Hades die Treppe hinauf. Dabei hätte er soviel Lärm machen können, wie er nur wollte. Er wußte, dass ihm die Wachleute mit ihren 38ern nichts anhaben konnten, aber mir nichts, dir nichts hineinzuspazieren und sich zu bedienen machte einfach keinen Spaß."

    (S. 270)


    Dies ist der 1. Band einer ganz besonderen Buchreihe, welche einem in eine abgefahrene Parallelwelt der 80er Jahre katapultiert.

    Eine Welt, in der zwar die Computer erfunden wurden, es aber Luftschiffe gibt, eine Welt in der England seit 130 Jahren Krieg mit den Russen um die Krim führt, in der manche Spezialisten durch die Zeit reisen können und, und das ist das Wichtigste, eine Welt in der sich alles um Literatur dreht. So werden z.B. von Kindern Sammelkarten mit AutorInnen getauscht, die Baconiers klopfen an Türen und wollen die Menschen bekehren zu glauben, dass Francis Bakon die Shakespeare-Werke geschrieben hat und es gibt natürlich Spezialeinheiten, welche sich der literarischen Kriminalität entgegenstellen.

    Zu einer dieser Einheiten gehört auch Thursday Next, die Protagonistin. Genauer gesagt arbeitet sie als Literaturagentin und sie macht Jagd auf den Superschurken unter den Kriminellen - Acheron Hades. Diesem wird zur Last gelegt das Originalmanuskript "Martin Chuzzlewit" von Charles Dickens aus dem Museum entwendet zu haben.

    Da der Täter keinerlei Spuren hinterließ und nicht einmal von den Kameras entdeckt wurde, kann es nur Acheron Hades gewesen sein. Doch was will er mit diesem Manuskript?

    Thursday war ihm knapp auf den Fersen, doch dieses Zusammentreffen überlebte sie nur knapp. Für sie ist klar - bei diesem Mistvieh von Schurken muss sie härtere Geschütze auffahren, denn Acheron Hades scheint nicht nur Meister der Manipulation und Täuschung zu sein, sondern nahezu kugelsicher. Wie will man so einen zur Strecke bringen? ... Und die Jagd beginnt.


    ">>Er verfügt über bemerkenswerte Fähigkeiten. Deshalb dürfen wir auch seinen Namen nicht laut aussprechen. Ich nenne das die Regel Nummer Eins.<<

    >>Seinen Namen? Warum nicht?<<

    >>Weil er seinen Namen - selbst wenn man ihn nur flüstert - im Umkreis von mindestens tausend Meilen hören kann. Mit seiner Hilfe nimmt er sozusagen unsere Witterung auf.<<"

    (S. 32)


    Mit dem Einstieg tat ich mir anfangs etwas schwer, da man von der ersten Seite an in diese irre Parallelwelt geworfen wird. Nach ca. 50 Seiten gewöhnte ich mich jedoch an diese Welt und begann sie so richtig zu genießen.

    Im Verlauf lernt man diese Welt immer besser kennen, genau wie auch die Protagonisten selbst. Mit ihr erlebt man nicht nur völlig skurrile Grundgesetze, die in dieser Welt herrschen, sondern auch ebenso skurrile Personen. Dabei nimmt der Autor häufig Bezug auf die Literatur, vorzugsweise britische Klassiker. Da hätten wir z.B. Onkel Mycroft und Tante Polly. Na? Kommen Euch diese Namen nicht irgendwie bekannt vor?

    Es gibt hier für bibliophile Nerds also unheimlich viel zu entdecken, vor allem, wenn man den ein oder anderen Klassiker kennt, was für zusätzlichen Lesespaß sorgt.


    ">>Er könnte ja in das Buch auch vorsätzlich hineingesprungen sein. Und dann hat es ihm in dem Roman so gut gefallen, dass er einfach dortgeblieben ist.<<

    Victor blickte mich argwöhnisch an. Aus Angst für einen Springer gehalten zu werden, hatte er es nicht gewagt, jemanden von seiner Theorie zu erzählen, und nun kam auf einmal eine Londoner Literatur Agentin daher, kaum so alt wie er, und ging weiter, als er es sich je hätte vorstellen können. Da traf ihn die Erkenntnis.

    >>Sie haben es selbst schon mal gemacht, stimmt's?<<"

    (S. 213)


    Der Schreibstil ist flüssig und der Autor weiß Spannung zu erzeugen. Zudem hat er eine einzigartige Welt erschaffen, die voller Liebe zur Literatur steckt und in der alles anders ist als in unserer Welt.

    Dies war anfangs für mich etwas verwirrend, da man, wie schon erwähnt, in diese Welt hineingestoßen wird ohne Zeit zu haben sich auf diese einzustellen. Gleichzeitig beschreibt er diese Welt, als wäre es für ihn das Normalste auf der Welt und das machte es schließlich zu einem kleinen Erlebnis diese Welt zu entdecken.

    Die Kapitel sind zudem kurz und werden durch Anekdoten aus Sach- und Fachbüchern aus dieser Welt eingeleitet, wie z.B. aus verschiedenen Geschichtsbüchern oder Biographien, die einem ebenso Einblick in diese verrückte Welt werfen lassen.


    Die Figuren und allen voran die Protagonistin Thursday Next, sind wunderbar und facettenreich gezeichnet. Man begegnet hier nicht nur Schurken und Figuren, die man sofort ins Herz schließt, sondern auch skurrilen und nicht ganz durchschaubaren Figuren.

    Auch für Spannung und Action wird hier gesorgt, inklusive überraschender Wendungen und äußerst schrägen und trockenen Humor. Und so stürzt man sich mit der einzigartigen und selbstbewussten Thursday in irrwitzige Missionen und Abenteuer.


    "Der Geruch von versengter Kleidung stieg mir in die Nase. Ich wich zurück, als eine grelle, orangerote Flamme aus seinem Jackett schlug. Sie setzte seinen Körper in Brand, und wir räumten eilig das Feld, während er in der starken Hitze bis zur Unkenntlichkeit verkohlte; das Ganze dauerte keine vierzig Sekunden..."

    (S. 261)


    Leider nimmt jedoch Jane Eyre selbst nur eine untergeordnete Rolle ein und wird erst gegen Ende präsent, was mich persönlich ein kleines bisschen enttäuschte. Für das Buch wäre wohl der Titel "Der Fall Martin Chuzzlewit" passender gewesen.


    Fazit:

    Für einen Buchnerd wie mich, der auch die klassische Literatur liebt, war dieses Buch ein ganz besonderes Erlebnis.

    Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten lernte ich rasch diese schräge Welt kennen und vor allem lieben. Am Ende wollte ich daraus überhaupt nicht mehr auftauchen und daher ist für mich klar, dass ich diese Reihe weiterverfolgen werde. Denn was gibt es Schöneres, als in eine verrückte Welt einzutauchen, die sich ganz der Literatur verschrieben hat? :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    © Pink Anemone (inkl. Leseprobe, Autoren-Info und Rezept zum Buch "Stanfords berühmtes Krabben-Sandwich")