Dan Vyleta - Der stumme Zwilling

  • Kurzbeschreibung


    Wien, Oktober 1939. Mysteriöse Gewalttaten erschüttern ein Wiener Mietshaus. Eine der Bewohnerinnen, die junge Zuzka, beobachtet in den Fenstern zum Innenhof rätselhafte Dinge: den verschwiegenen Pantomimen, der sich spätnachts an etwas (oder jemandem?) zu schaffen macht, die kleine Anneliese, deren trinkender Vater etwas zu verheimlichen scheint, und den groben Hausmeister, aus dessen Keller seltsame Geräusche dringen. Sie zieht den Arzt Anton Beer zurate, und als beide den Vorfällen nachgehen, eröffnet sich ihnen ein Kabinett von Sonderlingen, Nazispitzeln, begehrenswerten Frauen — und potenziellen Mördern. Doch Beer hat eigene Gründe, nicht ins Fadenkreuz von Polizei und Gestapo zu geraten ...


    Meine Meinung


    1939 geschehen in Wien vier Morde, auch ein Hund, der in der Geschichte noch eine Rolle spielen wird, wird bestialisch getötet.


    Die Hauptprotagonisten dieses an ein Kammerspiel erinnernden Buches sind der Arzt und frühere Psychiater Anton Beer, der zu einer Patientin, seiner jungen Nachbarin Zuzka, gerufen, wird. Gegenüber wohnen die 9jährige missgebildete Anneliese und ihr trinkender Vater. Daneben leben der Mime Otto Frei und seine Schwester, die nach einer Gewalttat stumm und gelähmt ist. Doch auch die Nebenfiguren sind dermaßen gründlich ausgearbeitet, dass man fast meint, ebenfalls im gleichen Haus zu wohnen.


    Dr. Beer, von seiner Frau verlassen, ist homosexuell, was 1939 natürlich unmöglich ist, zudem noch Freud-Anhänger, so dass er in ständiger Angst vor Entdeckung lebt. Zuzka ist eine junge Tschechin, die gerade ihre Sexualität entdeckt und bei ihrem Onkel, einem älteren Professor lebt, der wiederum seine Nachbarn bespitzelt und dieses einem Polizisten, seinerseits korrupt, zuträgt.


    Als Zuzka eines Nachts durch das Fenster gegenüber sieht, wie Frei ein blutbesudeltes Messer abwäscht, schleicht sie sich am nächsten Tag in die Wohnung und findet dabei die kranke Eva. Sie teilt Dr. Beer dies mit, der ebenfalls in die Wohnung eilt und sich um die Kranke kümmert. Er wartet ängstlich auf Frei, den er für den Hundemörder hält. Dieser ist jedoch anders als erwartet.


    Doch wer ist denn nun ein Mörder? Ist es Frei, der seine Schwester schützen will? Oder der schwachsinnige Wäschejunge, der dafür verhaftet wird, vielleicht auch der Hausmeister, der im Keller eine Badwanne voller Blut haben soll? Oder ist doch alles anders als es scheint?


    Ein Buch, das einen nicht mehr loslässt, zum einen wegen der detailliert gezeichneten Charaktere, zum anderen, weil über allem der Schatten des Krieges liegt und eine Abweichung von der damals geltenden Norm jederzeit den Tod bedeuten konnte und die Angst somit überall greifbar ist.


    Fazit:


    Erwartet hatte ich mehr oder weniger einen “normalen” Krimi, bekommen habe ich zwar keinen Krimi im herkömmlichen Sinne, dafür aber einen großartigen Roman. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Über jedem guten Buch muss das Gesicht des Lesers von Zeit zu Zeit hell werden. :)


    (Christian Morgenstern)

  • Danke für die die schöne Rezension. :thumleft:


    Ich werde das Buch mal auf meine Wunschliste packen und bei meinem nächsten Buchhandlungsbesuch die Augen aufhalten.

    Da es der Gesundheit förderlich ist, habe ich beschlossen, ab heute glücklich zu sein (Voltaire)