Bertina Henrichs - Ein Garten am Meer/Le Jardin

  • An der Küste des Atlantiks liegt das kleine Dorf Plouerbecane, welches durch seinen altmodischen Charme besticht. Marthe Simonet lebt dort. Sie ist in ihren Sechzigern und frisch pensioniert, was für sie aber nicht bedeutet, dass sie nun die Füße hochlegen kann. Sie ist im Ort sehr engagiert und gibt Kindern Nachhilfe oder hilft in der Bücherei aus. Hans von Scharnbeck hingegen lebt zwar ebenfalls in Plouerbecane, bringt sich allerdings überhaupt nicht in das Dorfleben ein und würde aber am liebsten für immer auf seinem Boot leben und nicht mehr an Land gehen. Die beiden haben dementsprechend keinerlei Berührungspunkte im Leben - bis eines Tages ein Teil des Dorfes für einen Freizeitpark weichen soll. Einige Bewohner wollen ihre Häuser jedoch nicht verkaufen und so beginnt ein Kampf, dem sich sowohl Marthe als auch Hans anschließen.


    Zitat

    "Was im Augenblick zählte, war Solidarität, da musste man über Differenzen und Animositäten hinwegschauen." (Seite 49)


    Bertina Henrichs Werk besticht vor allem durch ihren wunderschönen Erzählstil. Die Sprache ist oft sehr bildhaft und bezaubernd, es sei denn Henrichs berichtet gerade über Hans von Scharnbeck, denn zu ihm passt so eine erlesene Sprache einfach nicht und dieses berücksichtigt die Autorin. Ansonsten überzeugt ihr Werk durch die sorgfältig ausgewählte Sprache und die liebevoll erdachten Charaktere.


    Die Idee, zwei Protagonisten wie sie unterschiedlicher nicht sein konnte, durch ein gemeinsames Ziel auf einander prallen zu lassen und den Leser dabei zu schauen zu lassen, wie sie sich gegenseitig beschnuppern, Vorurteile ablegen und sich Zeit nehmen den anderen und seine Beweggründe zu verstehen, gefällt mir sehr gut und wurde von der Autorin wirklich toll umgesetzt. Die Handlungen und Reaktionen sind alle nachvollziehbar und stimmig und die Beschreibungen der Umgebung sehr idyllisch.



    Fazit: Der Roman lebt durch die besondere Ausdrucksweise der Autorin, lediglich die Geschichte an sich konnte mich nicht immer fesseln. Wer sich aber für ausdrucksstarke Sprache begeistern kann, wird das Buch lieben. Das Buch erhält von mir 4 von 5 Sternen.


    • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
  • und Bertina Henrichs hat auf alle Fälle ein geschicktes Händchen bei der Auswahl des Buchcovers! Wie schon bei der "Schachspielerin" ist auch dieses hier sehr ansprechend!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hach, allein schon der Name des Dorfes weckt Erinnerungen an herrliche Bretagne-Urlaube.


    Und nun hab ich ein Ostergeschenk für meinen Freund :cheers:

  • Von alleine wäre ich nicht auf dieses Buch gekommen, was ziemlich schade ist, denn ich bin total begeistert von der Geschichte. Entgegen der anderen Büchern, die ich bisher von französischen Autoren gelesen habe, zeichnete sich diese durch eine absolute Leichtigkeit aus, was die Sprache und die damit verbundene Atmosphäre angeht.


    Die Charaktere um die Arzt Witwe Marthe Simonet und den Deutschen Hans Scharnbeck sind unheimlich gut gezeichnet und man hat nach ein paar Seiten das Gefühl, die Bewohner des kleinen Küstendorfes schon jahrelang zu kennen. Die Geschichte an sich hat schon eine gewisse Brisanz – immerhin werden Alteingesessene mehr oder weniger „gebeten“ ihre Häuser zugunsten eines Freizeitparks zu verkaufen – trotzdem ist die Erzählweise recht ruhig, wenn auch mit einer mitreißenden Leidenschaft. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht und wurde – trotz oder vielleicht gerade wegen – dem unerwarteten Ende überrascht.


    Ein kleines Büchlein über Freundschaft, Loyalität und Zusammenhalt. Ein toller Ruhepol in unserer Welt des täglichen Abschlachtens und Bekriegens, ideal zum Abtauchen und Träumen!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


  • Seit vielen Jahrzehnten lebt Marthe Simonet in dem kleinen Dorf an der bretonischen Atlantikküste. Es ist ein wunderbarer Ort, geprägt vom Meer und seinem Klima. Lange hat Marthe dort mit ihrem schon lange verstorbenen Mann, einem Arzt, gelebt und hat sich um ihre Kinder gekümmert, bis sie auszogen. Sie hatte schon einige Zeit gebraucht damals um sich an ein Leben im Dorf zu gewöhnen, doch mit jedem Jahr mehr hat sie es lieben und schätzen gelernt. Auch wenn sie jetzt allein ist, möchte sie doch dort leben, bis sie stirbt. Ihr wird es nie langweilig. Sie hat viel Hobbys und erteilt Kindern des Dorfes Nachhilfe.

    In diese Idylle platzt die Nachricht, dass das Dorf einem großen Freizeitpark weichen soll. Es regt sich Widerstand und auch Marthe ist aktiv dabei. Schon haben einige Einwohner ihr Anwesen unter dem Druck der Bauherren und der hohen finanziellen Angebote verkauft.

    Auch der Deutsche Hans von Scharnbeck besitzt im Dorf ein Haus, obwohl er die meiste Zeit auf seinem Segelboot lebt. Hans von Scharnbeck nimmt an den Treffen der Gruppe teil, die den Bau des Freizeitparks verhindern will. Er, der nach dem Verlust seiner Frau als Witwer zu einem eigenwilligen Kauz mutiert ist, setzt sich zunehmend zusammen mit Marthe und einigen anderen für den Erhalt des Dorfes ein und beide versuchen mit außergewöhnlichen Initiativen ihren Verein, der gegründet wurde, zu unterstützen.

    Bei ihrem gemeinsamen Engagement kommen sich die beiden näher, als sie jemals dachten. „Ein Garten am Meer“ ist eine zarte Liebesgeschichte, eine eindrucksvolle Studie eines dörflichen Milieus, fesselnd geschrieben und sehr unterhaltsam. Eine kleine, poetische Geschichte der Hoffnung auf Zukunft, nicht nur für die beiden Protagonisten, die den schönsten Teil ihres Leben hinter sich wähnten, sondern für ein ganzes Dorf und seine Kultur.

    Eine empfehlenswerte Lektüre.

  • Das Buch hat mir gefallen, allerdings nicht so gut wie "Die Schachspielerin" von der Autorin. Das Ende kam mir zu plötzlich und obwohl ich von dem Vorhaben der Protagonisten begeistert bin, hinterlässt es für die wichtige Angelegenheit des Romans einen unschönen Nachgeschmack.

  • Seit ihr Mann in den Ruhestand gegangen ist, lebt Marthe in dem bretonischen Küstenörtchen, in dem die Familie früher schon immer die Urlaube verbracht hat. Paul ist seit einiger Zeit tot, doch Marthe hat sich mit der Situation arrangiert und macht das Beste aus ihrem Leben, gibt Kindern Nachhilfeunterricht, pflegt hingebungsvoll ihre Rosen und hilft gelegentlich in der Dorfbibliothek.


    Die Nachricht, dass in unmittelbarer Nähe ein Freizeitpark gebaut werden soll und dafür womöglich Häuser weichen müssen, schlägt eines Tages ein wie eine Bombe. Die Wut der Anwohner ist groß, und Marthe ist unter den ersten, die Protestaktionen planen. Und noch jemand ist ganz vorne mit dabei, einer, mit dem niemand gerechnet hätte: Hans Scharnbeck, der Grummelige, der Schweigsame, der "Boche".


    Es ist ein mächtiger Gegner, mit dem sich das Häuflein Erzürnter hier anlegt, doch die Protestbewegung bringt mehr in Gang als nur die Demonstrationen gegen den Park ...


    Bertina Henrichs ist zwar eine deutsche Autorin (wobei sie auf französisch schreibt), hat aber hier einen Roman vorgelegt, der eine perfekte Vorlage für einen französischen Kinoerfolg wäre. Figuren mit Ecken und Kanten, ganz normale Leute wie du und ich, ein gemeinsames Ziel, Erfolge und Rückschläge auf dem Weg dorthin und ganz viel Zwischenmenschliches, auf wenigen Seiten straff und stringent erzählt. Das Rad erfindet sie dabei nicht neu, aber es hat mir gut gefallen, über die Leute von Plouerbec zu lesen, insbesondere natürlich über Marthe und Hans und die persönliche Entwicklung, die sie im Laufe des Buches durchmachen.


    Nicht zu vergessen den Schauplatz. Der besondere Charme der rauh-reizvollen Landschaft am wilden atlantischen Meer (das ein paarmal ganz wundervoll beschrieben wird) kommt als Background schön zur Geltung, natürlich ein großer Pluspunkt.