Siobhan Dowd - Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort

  • Klappentext:
    Ich sehe das Land, dachte Fergus. Mit deinen Augen. Siedlungen, Rinder, Felder. Es ist kalt. Und irgendwo dort unten liegt der See. Wenn die Wolken wandern, kann man ihn gerade noch erkennen. Und es ist schön, eine Schönheit, an der man erst Gefallen finden muss. Eine Schönheit, die man erst im Laufe eines Lebens begreift.


    Nordirland, 1981. Es ist Sommer und Fergus küsst Cora, das Mädchen aus Dublin. Und er fragt sich: Warum tut die ganze Welt eigentlich nicht genau dieses, immerzu? Es ist Sommer und Fergus lebt in Drumleash, Nordirland. Es ist der Sommer der Unruhen, des Hasses, der Gewalt, des Hungerstreiks. Und Fergus ist hier zu Hause.


    Über die Autorin:
    Siobhan Dowd wurde 1960 in der irischen Grafschaft Wexford geboren, wuchs aber in London auf und studierte in Oxford. 2004 wurde bei ihr Brustkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium festgestellt; die Diagnose hielt sie aber nicht vom Schreiben ab. Sie freundete sich mit der Jugenbuchautorin ("So lebe ich jetzt") an, die an der gleichen Krankheit leidet. Ihren ersten Roman veröffentlichte Dowd 2006, es handelt sich um das viel gelobte "Ein reiner Schrei" ("A pure swift cry"). Weitere Werke der Autorin sind "Der Junge, der sich in Luft auflöste" ("The London Eye Mystery"), "Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort" ("Bog Child") und "Auf der anderen Seite des Meeres" ("Solace of the road").

    Zum Buch:

    Diesen Roman wollte ich schon lange haben, da ich vor Jahren schon Siobhan Dowds ersten Roman "Ein reiner Schrei" gelesen habe und dieser mich absolut gefangen nahm. Ich habe eine Weile in Irland gelebt und hatte beim Lesen beider Bücher immerzu diese einzigartigen Landschaften vor meinem inneren Auge. Jedoch ist das Irlandbild, das Dowd hier mit Worten zeichnet, nicht das, was man von Kalendern und Postkarten kennt. "Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort" spielt zur Zeit der irischen Freiheitskämpfe, einer Zeit, in der man täglich von Attentaten, Bombenanschlägen und Hungerstreiks hört. In dieser Zeit macht der junge Fergus seinen Schulabschluss - und eine sagenhafte Entdeckung: Er findet mit seinem Onkel beim Torfstechen eine Moorleiche (nach der der Roman im Original benannt ist: Bog child - Moorkind). Dieser Fund ruft Archäologen auf den Plan, darunter Felicity, begleitet von ihrer Tochter Cora. Fergus verliebt sich in Cora. Doch die Entwicklung dieser Beziehung ist ein kleineres Problem in seinem Leben, denn sein Bruder Joe sitzt im Knast und nimmt am Hungerstreik teil. Die Nerven der Familie sind zum Zerreißen gespannt und Fergus erkennt, dass es nicht den Weg gibt. Er steht zwischen zwei Stühlen, als er aufgefordert wird, Päckchen über die Grenze zu transportieren, als er seine Zukunft planen muss und jedes Mal, wenn er über das Leben nachdenkt.


    Wie schon erwähnt, habe ich mal eine ganze Weile in Irland verbracht und bin daher mit der Thematik schon vertraut. Es fällt mir schwer, zu beurteilen, ob ich es tatsächlich verstanden hätte, worum es wirklich geht, wäre es anders gewesen. Auch Begriffe wie Garda (ein Polizist der Republik Irland), Gardaí (mehrere Polizisten der Republik Irland), Sinn Féin (eine irisch-republikanische Partei mit dem Ziel, die britischen Grafschaften Irlands zum Staatsgebiet der Republik zu machen) oder Fenier (ein irischer Nationalist) wären mir bestimmt ein Rätsel gewesen. Man sollte also zumindest ein gewisses Interesse am Thema mitbringen, um den Roman genießen zu können. Dann allerdings kann man sich auf eine spannende, gefühlvolle Geschichte freuen, die keineswegs reißerisch wirkt. Fergus ist mir richtig ans Herz gewachsen, so gut konnte ich mich in ihn hineinversetzen. Was immer er tut, er denkt ständig an seinen Bruder, dessen Tod er fürchtet, und an die gefundene Moorleiche, deren Geschichte in Fergus' Träumen erzählt wird. In den ersten Kapiteln erschienen mir diese Passagen völlig deplaziert, aber gegen Ende entfalteten sie die richtige Wirkung: Ungerechtigkeit hat es immer gegeben, aber es hat auch schon immer Gründe gegeben, dagegen zu kämpfen.
    Auch sehr gut gefallen haben mir die Zeilen aus Texten von Liedern wie Imagine. Ich kann mir vorstellen, dass die Lektüre bei passender musikalischer Untermalung noch eindrucksvoller wirkt.

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