Haruki Murakami - Schlaf

  • Eine wunderbare Parabel!


    Das Wunderbare daran ist, dass die Ich-Erzählerin lange selber gar nicht erkennt wie ihr Leben verläuft, sondern „flüchtet“ und dadurch ihr Leben anders gestaltet. Sie greift wieder zum Buch, zur Schokolade und auch zum Alkohol und genießt ihr Alleinsein. „ … ich wollte etwas aus meinem Körper ausstoßen, indem ich ihn bis zum Exzess trieb.“ Das Erkennen und was sie da austreibt vollzieht der Leser direkt. Bei der Erzählerin braucht es da einen größeren Anstoß …


    Ich denke, es gibt sehr viele Menschen, die gar nicht bewusst wahrnehmen in welchen Bahnen ihr Leben treibt, und wie weit sie sich selbst aufgegeben haben. „Ich spürte, dies war die Person, die ich eigentlich sein sollte. Durch den Verzicht auf Schlaf hatte ich mich selbst erweitert.“ Wunderbar wenn man sich selber so erschaffen kann, doch das Leben ist leider anders und darüber kann man nach der Lektüre dann nachdenken :wink:


    „Was als biologisch natürlich gilt, ist letztlich doch nur eine empirische abgeleitete Schlussfolgerung. Ich aber befinde mich jenseits solcher Schlussfolgerungen. Man könnte mich als das transzendentale Modell eines menschlichen Evolutionssprungs betrachten. Die Frau, die niemals schläft. Die Erweiterung des Bewusstseins.“


    Haruki Murakami, 1949 in Kyoto geboren, ist der gefeierte und mit höchsten japanischen Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen.

  • Ich hab das Buch mal vor Jahren meiner besten Freundin zum Geburtstag geschenkt, auch weil ichs selbst so interessant fand, mit der Rezension erweckst du grad neue Erinnerungen. Dankeschön! Und Wunschliste. :wink:

    Things need not have happened to be true. Tales and dreams are the shadow-truths that will endure when mere facts are dust and ashes, and forgot.

    Neil Gaiman


    :study: T.R.Richmond - What she left




  • „Ich spürte, dies war die Person, die ich eigentlich sein sollte. Durch den Verzicht auf Schlaf hatte ich mich selbst erweitert.“ Wunderbar wenn man sich selber so erschaffen kann, doch das Leben ist leider anders und darüber kann man nach der Lektüre dann nachdenken


    „Was als biologisch natürlich gilt, ist letztlich doch nur eine empirische abgeleitete Schlussfolgerung. Ich aber befinde mich jenseits solcher Schlussfolgerungen. Man könnte mich als das transzendentale Modell eines menschlichen Evolutionssprungs betrachten. Die Frau, die niemals schläft. Die Erweiterung des Bewusstseins.“


    Buchkrümel: ich fühlte mich ein wenig an die "Schlafproblematik" bei Schlafes Bruder von Robert Schneider erinnert. Kannst Du da Zusammenhänge entdecken? Aber ich glaube, bei Schneider war es quasi ein Weg zum Tode...?

  • Buchkrümel: ich fühlte mich ein wenig an die "Schlafproblematik" bei Schlafes Bruder von Robert Schneider erinnert. Kannst Du da Zusammenhänge entdecken? Aber ich glaube, bei Schneider war es quasi ein Weg zum Tode...?


    Öh nö, auf diese Idee bin ich nicht gekommen. Und wenn ich so darüber nachdenke, wäre mir der Vergleich bei Schneider zu essentiell, Murakami hat nichts lebensbedrohliches in sich, es ist einfach nur ein Gedankengang, eine Spielerei, eine Bewusstseinserweiterung ...

  • Ich finde es etwas seltsam, warum man ausgerechnet die Geschichte 'Schlaf' seperat noch einmal veröffentlichen musste - ist sie doch schon in Murakamis meiner Meinung nach schönsten Kurzgeschichtensammlung 'Der Elefant verschwindet' enthalten.
    Die Aufmachung von 'Schlaf' als Einzelausgabe ist zwar recht ansprechend, doch stehen Preis und Leistung bei den nichtmal annähernd 100 Seiten hier für mich in keinem Verhältnis, sodass ich jedem nur raten kann, zum Elefantenbuch zu greifen, sollte er es nicht schon haben und interessiert an dieser Kurzgeschichte sein.

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag:

  • An eine Rezension zu diesem Buch hätte ich mich nie herangewagt, deswegen bin ich sehr froh, dass du das übernommen hast, Buchkrümel. Denn das Buch hat eine Rezension eindeutig verdient!


    Es ist schon eine Weile her, seit ich das Buch gelesen habe, aber in Erinnerung geblieben sind mir die Zeichnungen. Überdimensionale Fliegen und Käfer werden dargestellt, dazu Gräber und Nebelschwaden. Alles wirkt sehr bedrohlich und unheimlich, gruselig.


    Viel Handlung beinhaltet das Buch ja nicht, aber mir ist das Ende rätselhaft geblieben. Ich kann mir nicht erklären, was der Autor mir damit sagen wollte.


    Könnt ihr es?

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Die Aufmachung von 'Schlaf' als Einzelausgabe ist zwar recht ansprechend, doch stehen Preis und Leistung bei den nichtmal annähernd 100 Seiten hier für mich in keinem Verhältnis, sodass ich jedem nur raten kann, zum Elefantenbuch zu greifen, sollte er es nicht schon haben und interessiert an dieser Kurzgeschichte sein.

    Naja, aber dafür gibt es in der Einzelausgabe auch noch jede Menge Zeichnungen - und obwohl ich schon das "Elefantenbuch" habe, konnte ich bei "Schlaf" auch nicht widerstehen. :wink:

    Es ist schon eine Weile her, seit ich das Buch gelesen habe, aber in Erinnerung geblieben sind mir die Zeichnungen. Überdimensionale Fliegen und Käfer werden dargestellt, dazu Gräber und Nebelschwaden. Alles wirkt sehr bedrohlich und unheimlich, gruselig.

    Die Zeichnungen von Kat Menschik sind wirklich toll. Sie sind wie das Buch selber in dunkelblau und silber gehalten und passen perfekt zum Buch.


    Zwei der Zeichnungen habe ich mal abfotografiert:
    [Blockierte Grafik: http://3.bp.blogspot.com/-XR0gbyux3o0/TZo7_jmxHjI/AAAAAAAAAa4/F03blzIn9rw/s1600/blog+040.JPG]


    [Blockierte Grafik: http://2.bp.blogspot.com/-kPpRoQS6JLs/TZo71etCjvI/AAAAAAAAAa0/sSd0hkj9CZI/s1600/blog+039.JPG]

    Viel Handlung beinhaltet das Buch ja nicht, aber mir ist das Ende rätselhaft geblieben. Ich kann mir nicht erklären, was der Autor mir damit sagen wollte.


    Könnt ihr es?

    Ich kanns nicht. Ich finde die Geschichte die toll - aber wie oft bei Murakami kann ich es nicht erklären, was mir daran eigentlich gefallen hat. :-k

  • Ich habe das Buch heute gelesen und fand es wunderschön illustriert und von der Geschichte her sehr anregend, vorallem aber irritierend und frustrierend, besonders, weil ich das Gefühl habe, nicht zu verstehen, was die Aussage des Buches ist. Einerseits geht es um neue Selbstfindung, aber andererseits findet sie diese nur durch Entfremdung. Das Ende ließ mich sehr frustriert zurück, mitten im Geschehen ist einfach Schluss und ich steh da und zweifle an meiner Fähigkeit analytisch zu denken.


    @gaensebluemche bzgl. Interpretation:


    Trotzdem gefiel mir das Buch sehr, vielleicht ja auch gerade wegen der ganzen Fragezeichen ^^
    Von mir gabs :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne

    "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."
    Heinrich Heine


      :study:

  • @Schokopraline:


    Leider bin ich nicht mal ansatzweise in der Lage, was zu deinem Spoiler zu schreiben. Ich habe tatsächlich gar keine Erinnerung an das Buch. Ich glaube, wenn man mich außerhalb des Forums gefragt hätte, ob ich das Buch gelesen habe, hätte ich das nicht mal mit Gewissheit sagen können. ?(


    War es denn dein erstes Buch von Murakami?

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


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    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Leider bin ich nicht mal ansatzweise in der Lage, was zu deinem Spoiler zu schreiben. Ich habe tatsächlich gar keine Erinnerung an das Buch. Ich glaube, wenn man mich außerhalb des Forums gefragt hätte, ob ich das Buch gelesen habe, hätte ich das nicht mal mit Gewissheit sagen können.

    Dann war es auf jeden Fall kein 5 Stern Buch für dich :lol:


    War es denn dein erstes Buch von Murakami?

    Ja. Ich weiß nicht wie er sonst schreibt, aber nachdem es nur eine kurze Geschichte war, geh ich davon aus, dass er sonst einen anderen Stil hat ^^ Heuer möcht ich noch entweder "Kafka am Strand" oder "Gefährliche Geliebte" von ihm lesen. ^^

    "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."
    Heinrich Heine


      :study:

  • Heuer möcht ich noch entweder "Kafka am Strand"

    "Kafka am Strand" ist sooo ein tolles Buch! :love:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
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  • Seit 17 Tagen ist die Erzählerin bereits wach und fühlt sich dennoch kein bißchen müde. Die Schlaflosigkeit scheint kein Problem zu sein, im Gegenteil: die zusätzliche Zeit bietet Gelegenheit alte Gewohnheiten wieder aufleben zu lassen. Sie liest «Anna Karenina», trinkt dabei Remy Martin und geniesst Schokolade. Tagsüber verläuft das Familienleben in immer gleichen Bahnen, die sie automatisch «abspulen» kann. Die immer gleichen Floskeln zum Abschied, der Alltagstrott mit banalen Anekdoten.
    Klar beginnt man als Leser darüber nachzudenken, was man selbst mit der gewonnenen Freizeit anstellen würde, und inwiefern die früheren Lebensziele mit dem langsam eingeschlichenen Alltagstrott vereinbar sind.
    Aber dann hört es auch schon auf. Klar, es ist nur eine Kurzgeschichte, und Erklärungen zu weshalb, wieso, warum habe ich auch nicht erwartet, aber das Ende ließ mich schon etwas enttäuscht zurück. Hilflose Deutungsversuche sind möglich, aber keine, die meines Erachtens auf der Hand liegt.
    Die Illustrationen sind in silbern-dunkelblau gehalten und schön anzuschauen. Einen direkten Bezug mit den Origamischwänen, schwebenden Schneckenhäusern und vor Angst (oder Schlaflosigkeit?) aufgerissenen Augen zum Text konnte ich jetzt direkt nicht ausmachen. Im Gegenteil: die Lektüre war für mich eher eine banale Schilderung, ganz ohne Horroreffekte und surrealen Andeutungen (abgesehen von der Schlaflosigkeit).
    So ganz weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Es war meine erste Geschichte von Murakami und Lust auf mehr hat sie jedenfalls nicht gemacht. Die Aufmachung des Heftchens ist allerdings schön anzusehen und für Murakamifans sicherlich ein Muss.


    Die Erzählung erschien erstmals 1990 unter dem Titel "Nemuri". Anbei ein Link zu einer neueren japanischen Ausgabe mit Illustrationen.