Arno Geiger - Der alte König in seinem Exil

  • Ein wunderbares Buch.

    Ich habe es auch vor einigen Jahren gelesen, und es ist mir immer noch auf angenehme Weise präsent. Ich erinnere mich daran, wie der Autor mit großer Liebe und auch Würde die Krankheit seines Vaters beschreibt. Außerdem erfahren wir, wie der Bauernbub in den Krieg ziehen musste, und mit Narben an Leib und Seele zurück kam. Wie er seine Heimat nie wieder verlassen wollte, nachdem er endlich heimgekehrt war.


    Unbedingt empfehlenswert!

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Auch ich habe dieses Buch vor 1-2 Jahren gelesen und kann es unbedingt empfehlen.

    Es fällt mir immer wieder als erstes ein, wenn Bekannte und Freunde von Demenzfällen im Verwandtenkreis berichten. Ich empfand es als so zart und rücksichtsvoll beschrieben, der Autor geht ganz fein wahrnehmend mit dem ganzen Thema um und wahrt an den richtigen Stellen Diskretion. Dennoch ist es ihm wirklich gelungen mir das Thema nahezubringen und vor allem mit seinem Buch bleibend in Erinnerung zu sein.


    Grüsse

    mosaique

    "Baumhaus ist, wenn man die Leiter hochzieht, Bauchschmerzen kriegt vom Kirschenessen, Vogeldreck im Haar trägt und trotzdem nie wieder runterkommen will." (Juli Zeh in Corpus Delicti)

  • Gerade habe ich diesen Thread gefunden.

    Ich werde das Buch auch noch einmal lesen.


    Ein Satz ist bei mir hängen geblieben , ich glaube vom Vater .


    " Das Leben ist ohne Probleme auch nicht leichter "

    Wenn ich will, dass die Sonne scheint, lasse ich sie einfach aufgehen - auch in Wuppertal.“ - Pina Bausch.

  • In diesem sehr persönlichen Buch erzählt Arno Geiger von seinem Vater, der an Alzheimer erkrankt und somit im Alltag alleine nicht mehr zurechtkommt. Die Krankheit ist heimtückisch und es dauert sehr lange, bis die Familienmitglieder merken, dass mit dem Vater etwas nicht stimmen kann.

    August Geiger ist ein Mensch mit Vitalität und Klugheit, den der 2. Weltkrieg stark geprägt hat. Mit der Geschichte seines Vaters beginnt Arno Geiger sich seiner eigenen Kindheit und Jugendzeit zu erinnern. Die Zeit der Pflege, die zwischen den Familienmitgliedern und der Zusammenarbeit mit vielen Betreuerinnen viele Jahre hindurch gelingt, gibt ihm die Chance noch einmal emotionalen Zugang zu ihm zu finden.

    Da mein Vater nicht mehr über die Brücke in meine Welt gelangen kann, muss ich hinüber zu ihm.

    Dabei entdeckt er einen Mann mit Charme, Selbstbewusstsein und Witz.


    Meine persönlichen Leseeindrücke

    Es hat etwas sehr ergreifendes, wenn man über eine persönliche Vater-Sohn-Beziehung liest. Und so trete ich vorsichtig an diesen Roman heran, der schon lange auf meinen Stapel der zu lesenden Bücher liegt. Ich kenne von Arno Geiger bereits „Alles über Sally“ und „Unter der Drachenwand“ und mag sein sanftes Erzählen.

    Das Buch ist absolut nicht deprimierend. Es ist stellenweise humorvoll geschrieben, hier und da gibt es natürlich tief traurige Episoden besonders wenn der Vater „nach Hause“ will, ein Zustand der sehr häufig auftritt.

    Krank wie er war, konnte er den Einfluss der Krankheit auf seine Wahrnehmung des Ortes nicht durchschauen. Und seine Familie konnte unterdessen täglich beobachten, was Heimweh ist.

    Die Suche nach Geborgenheit, nach einem Zuhause als Heilmittel gegen ein erschreckendes, nicht zu enträtselndes Leben, in dem der Kranke feststeckt, ist das zentrale Thema des Buches und der Krankheit. Die Krankheit katapultiert den Demenzkranken in eine gänzlich andere Welt und wer ihm nach herkömmlichen Regeln sachlich korrekte Antworten auf seine viele Fragen gibt, ohne Rücksicht darauf, wo er sich nun befindet, zwingt ihm eine Welt auf, die nicht die seine ist. Es ist was ihm immer mehr misslingt: den Gesprächen zu folgen oder Gesichter zu entziffern und der Vater fühlt sich wie im Exil.

    Arno Geiger hat seinen Roman „Der alte König in seinem Exil“ noch zu Lebzeiten seines Vaters geschrieben. Er hat „sechs Jahre darauf gespart“, lautet einer seiner letzten Romansätze. Er wollte nicht nach seinem Tod von ihm zu erzählen und das macht dieses Buch so wertvoll, so lesenswert und innig.


    Fazit

    „Der alte König in seinem Exil“ ist ein Familienroman, in dem Arno Geiger über seinen an Demenz erkrankten Vater schreibt. Er erzählt in sanfter und ruhiger Sprache wie die Krankheit seinen Vater verändert hat und wie er dadurch nochmals die Gelegenheit bekommt, einen emotionalen Zugang zu ihm zu finden. Es ist dabei ein Buch über eine Krankheit, die den tägliche Umgang mit ihm immer öfter in ein Leben in der Fiktion verwandelt, das nicht nur traurig stimmt sondern auch einige heitere Augenblicke bietet.