Rebecca Abe: Im Labyrinth der Fugger

  • Klappentext: Im Spiegel des Teufels - Augsburg Ende des 16. Jahrhunderts. Nach dem Tod des mächtigen Anton Fugger wird dessen Millionenvermögen gleichmäßig auf alle Nachkommen verteilt. Christoph Fugger, ein Egoist und Frauenfeind, will die Kinder seines Bruders Georg Fugger ins Kloster bringen lassen, um die Zahl der Erben zu dezimieren. Dazu verbündet er sich mit dem Jesuiten Petrus Canisius. Nur Georg Fuggers Tochter Anna ahnt, welch perfides Spiel der Augsburger Domprediger treibt...


    Mein Eindruck: Ein historisches Buch über die Augsburger Familie Fugger, deren Imperium seinesgleichen sucht. Genauer gesagt ist es mehr die Geschichte von Anna Jakobäa Fugger, die Tochter von Georg Fugger, die in ein Komplott verwickelt wird, in dem es um Geld und Macht geht. Sie kämpft um ihre Eigenständigkeit, ist nicht das brave, stickende Mädchen ohne Geist und Verstand, wie es von ihr erwartet wird, sondern versucht, sich zu wehren und ist immer bemüht, ihre künstlerischen Fähigkeiten auszubauen und zu erweitern. Der Schreibstil und die Verwendung von historischen Begriffen, die im Anhang erläutert werden, halfen mir, mich tatsächlich nach Augsburg und in die Zeit des 16. Jahrhunderts hineinzuversetzen und mir somit einen Einblick in die Lebensweise und das Umfeld zu geben. Nachdem ich die vielen Geschwister von Anna kennengelernt hatte, mir ihre Namen sowie die Namen der Oheims und Muhmen sowie der anderen Protagonisten eingeprägt hatte, folgte ich Anna, wechselte auch in andere Perspektiven, zum Beispiel in die des armen, zungenlosen Kürschners und seiner Tochter, oder zu Pater Canisius, bei dem es mir doch etwas schwerfiel, ihn einzuschätzen: ist er grausam, berechnend, oder einfach nur naiv und zu sehr in seinem Glauben erstarrt?


    Die Spannung, die ich am Anfang vermisste, nahm im Verlauf der Handlung zu und führte dazu, dass ich das Buch irgendwann nicht mehr aus der Hand legen konnte. Gebannt nahm ich an Anna’s Leben teil und wollte wissen, wie es ihr und ihrer Familie weiter ergeht und ob es den Schergen gelingt, ihren Plan zu vollenden und was aus dem Vermögen der Fugger wird. Kellenbenz, der zungenlose Kürschner, fand meine Sympathie und mein Mitleid genauso wie Christoph Fugger als egoistischer und frauenfeindlicher Bruder von Anna’s Vater meine Antipathie erhielt. Es fiel mir leicht, mir die gut dargestellten Charaktere bildlich vorzustellen, ich fieberte mit Anna und ihren Familienmitgliedern, konnte oft kaum glauben, was dort geschah.


    Die nicht zu lang gehaltenen Kapitel sorgten dafür, dass die Geschichte überschaubar und übersichtlich blieb, ein kleines Inhaltverzeichnis trägt ebenfalls dazu bei.


    Besonders gut gefallen hat mir auch der Anhang, in welchem es ein Verzeichnis mit Worterläuterungen gibt, sowie ein Verzeichnis über die Figuren, die historisch belegbar sind, nebst Literaturangaben, die zu weiteren Informationsquellen über die Fugger’sche Familie führen.


    Sollte ich einmal nach Augsburg kommen, werde ich mich sicherlich auf die Suche begeben nach der einen oder anderen Spur, die Anna Fugger und ihre Familie hinterlassen haben...


    Ich kann diese gut recherchierte Geschichte jedem Liebhaber des historischen Genres empfehlen, denn Rebecca Abe gibt mit diesem Buch ein gelungenes Debüt in Sachen historische Romane – hoffentlich werden noch weitere folgen... :flower:

  • Wenn Du in Bezug auf die Fugger auf den Geschmack gekommen bist, kann ich Dir auch dieses Buch empfehlen. Darin werden auch die Lebensbilder unbekanntererer Fugger-Frauen beschrieben.
    Ein Kunde bei amazon hat das Buch verrissen, ich fand es jedoch gut lesbar.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Vielen Dank für deine sehr schöne Rezension, die hat mir sehr gut gefallen. :D Das Buch kommt auf meine Wunschliste. :)

    „Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.”
    Heinrich Heine
    "Nichts ist unmöglich, allein unserem beschränkten Geist erscheinen manche Dinge unbegreiflich."
    Marc Levy


    :study: in 2015: 18 Bücher, 6868 Seiten
    :study: in 2014: 2 Bücher, 771 Seiten 8-[
    :study: in 2013: 13 Bücher, 5079 Seiten
    :study: in 2012: 39 Bücher, 14318 Seiten
    :study: in 2011: 25 Bücher, 9255 Seiten

  • Ich hab das Buch auch gelesen und ebenfalls eine Kurz-Rezension verfasst, die ich euch nicht vorenthalten möchte :-,


    Ein historischer Krimi, der im Augsburg des 16. Jahrhunderts spielt und dessen Protagonistin dem Geschlecht der Fugger entstammt Rebecca Abes Roman Im Labyrinth der Fugger" verspricht allein durch diese Konstellation eine spannende Geschichte. Im Vordergrund steht die historisch belegte Figur der Anna Fugger (1547-1587). Über 20 Jahre verbrachte sie unfreiwillig in einem Kloster, wurde von ihrem Bruder enterbt, ehe sie ausbrach und einen Grafen heiratete. Soweit die historischen Fakten, um die herum Rebecca Abe eine spannende Geschichte mit einer sympathischen Heldin strickt. Ihren Gegenspieler findet Anna Fugger in der ebenfalls historisch belegten Figur des Jesuitenpaters Petrus Canisius. Ein spannendes Duell der beiden bestimmt das Buch, das sich über weite Strecken höchst spannend liest und dessen hohes Niveau leider nur am Ende nicht gehalten wird.

    Da es der Gesundheit förderlich ist, habe ich beschlossen, ab heute glücklich zu sein (Voltaire)

  • Ich durfte das Buch in einer Leserunde, mit Beteiligung der Autorin, lesen und habe nun auch eine Rezi geschrieben :wink:


    Inhalt



    Augsburg, Ende des 16. Jahrhunderts


    Der mächtige Anton Fugger hat seinen Erben ein millionenschweres Vermögen hinterlassen. Dieses soll nun unter allen Nachkommen gleichmäßig aufgeteilt werden. Christoph Fugger ist allerdings der Ansicht, dass sein Bruder Georg viel zu viele Kinder in die Welt gesetzt hat. Somit ist die Anzahl der Erben beträchtlich und der Erbanteil Christoph Fuggers, seiner Meinung nach, viel zu gering. Um Abhilfe zu schaffen, schmiedet er einen teuflischen Plan. Er verbündet sich mit dem ehrgeizigen Jesuiten Petrus Canisius. Dieser soll dafür sorgen, dass die zahlreichen Nachkommen seines Bruders dem weltlichen Leben, und damit auch den Erbansprüchen, entsagen und den Rest ihres Lebens im Kloster verbringen. Pater Canisius weiß, dass dieser heikle Plan nur gelingen kann, wenn er Ursula Fugger, die Mutter der Kinder, beeinflussen kann. Mit ungewöhnlichen Mitteln verschafft sich Canisius Zugang zur Familie Fugger. Die Fugger Tochter Anna Jakobää ahnt, dass Canisius nichts Gutes im Schilde führt. Doch niemand hört ihr zu. Die Mutter erliegt den Reden des Paters und langsam verwandelt sich das vornehme Haus in einen kargen und freudlosen Ort. Der teuflische Plan scheint aufzugehen....



    Meine Meinung



    Der historische Roman ist in vier Hauptteile gegliedert. Diese Teile sind mit den Jahreszahlen und Orten der Handlung überschrieben. Ein Zitat und eine kleine Illustration runden den Einstieg in die vier Hauptteile der Erzählung ab. Der erste Buchstabe dieser Abschnitte ist ebenfalls wunderschön illustriert. Im Innern des Buchs findet man einen Ausschnitt aus einem Augsburger Plan. Hier sind Orte, die mit der Geschichte der Fugger verbunden sind, markiert. Da dieser Roman auf einer wahren Begebenheit beruht, ist dieser Aspekt besonders interessant. Man kann den Spuren von Anna Jakobäa Fugger dadurch mühelos folgen. Ein Nachwort der Autorin, Worterklärungen und eine Liste mit den historisch belegten Protagonisten der Romanhandlung runden die ansprechende Gestaltung ab.


    Die Ereignisse werden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Im Mittelpunkt der Handlung steht Anna Jakobäa Fugger, deshalb nimmt das Geschehen rund um die Hauptprotagonistin einen großen Teil der Erzählung ein. Man erhält Einblicke in das Leben der mächtigen Familie und beobachtet argwöhnisch, wie sich der Jesuit Canisius dort Zugang verschafft und an Einfluss gewinnt. Unter dem Vorwand der Teufelsaustreibung gelingt es ihm, die Mutter auf den vermeintlich rechten Weg zu führen und somit den Grundstein für das Gelingen der hinterlistigen Intrige zu legen. Glaubhaft vermittelt Rebecca Abe den damit verbundenen Wandel zu einem kargen und freudlosen Leben innerhalb des Fuggerhauses. Anna leidet sehr darunter. Obwohl sie zu einer der mächtigsten Familien der Stadt gehört, kann sie nichts gegen den Geistlichen ausrichten. Als Tochter des Hauses hat sie sich unterzuordnen und Anweisungen zu folgen. Man leidet beim Lesen förmlich mit der Hauptprotagonistin und kann ihr lähmendes Entsetzen nachempfinden. Ein weiterer Handlungsstrang wird vom Leben des Kürschners Kellenbenz bestimmt. Dadurch bekommt man einen Einblick in das harte Leben des einfachen Mannes. Auch dieser Teil wird spannend erzählt und liefert eine interessante Nebenhandlung.


    Der Einstieg in die Erzählung wird durch das Auftauchen zahlreicher Fugger-Männer etwas erschwert. Es ist zunächst nicht ganz einfach diese zuzuordnen und die Übersicht innerhalb der verzweigten Familie zu behalten. Dennoch wird man von Anfang an in den Bann der spannenden Erzählung gezogen. Die Protagonisten und ihre unterschiedlichen Schicksale erwachen zum Leben. Sie wirken sehr lebendig und wecken sowohl Sympathie als auch spontane Abneigung. Man kann sich die Handlungsorte vorstellen und in die längst vergangenen Zeiten eintauchen. Durch eingestreute Details kann man dabei sogar noch etwas lernen. Realtiv kurze Kapitel, die gelegentlich mit spannenden Cliffhangern enden, laden zum Weiterlesen ein und machen das Buch zu einem kurzweiligen Lesevergnügen.


    "Im Labyrinth der Fugger" hebt sich vorteilhaft aus der Masse der Genrevertreter ab. Denn man hat hier wirklich das Gefühl, einen gut recherchierten, historischen Roman zu lesen und keinen romantischen Liebesroman. Eine Heldin in Männerverkleidung und allzu herzergreifende Liebesverwicklungen braucht man hier nicht zu befürchten.


    Insgesamt gesehen habe ich spannende Lesestunden mit der Geschichte der Anna Jakobäa Fugger verbracht und empfehle das Buch deshalb gerne weiter. Ich bewerte es auf meiner persönlichen Skala mit vier von fünf Sternen. Den einen ziehe ich ab, da mich das Ende nicht ganz überzeugen konnte. Hier überschlagen sich die Ereignisse förmlich und der Schluss kommt, meiner Meinung nach, etwas abrupt. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr erhofft. Dennoch spreche ich eine ganz klare Leseempfehlung aus und freue mich auf weitere Bücher der Autorin.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Historisch sehr informativ und spannend


    In dem Buch „Im Labyrinth der Fugger“ erlebt der Leser das Leben im Augsburg des 16. Jahrhunderts an der Seite von Anna Jakobäa Fugger. Dabei lernt man sowohl das Leben der weniger privilegierten Bevölkerung aus der Sicht eines armen Kürschers, das Familienleben der wohlhabenden Familie Fugger sowie auch das Leben hinter Klostermauern kennen.


    Der Jesuitenpater Canisius treibt ein teuflisches Spiel. Er verbündet sich mit Annas kinderlosem Onkel Christoph, der die Anzahl der Fugger-Erben dezimieren will. Christoph Fugger stellt Pater Canisius die Anerkennung des Jesuitenordens und Gründung eines Jesuitenkollegs in Augsburg in Aussicht.
    Canisius gelingt es vor allem die Mutter, Ursula Fugger zu beeinflussen, so dass sie zum Katholizismus konvertiert und schlussendlich einwilligt, dass die Kinder ins Kloster gebracht werden, wo sie als Erben außer Gefecht gesetzt wären. Anna kommt diesen Machenschaften auf die Spur.


    Auf den ersten Seiten wird einem schon sehr bald klar, dass es sich bei diesem Buch nicht ein einfaches Werk handelt, dass man so schnell nebenbei lesen kann. Man muss sich mit all seinen Sinnen auf die Geschichte einlassen. Immer mal wieder musste ich tief durchatmen, weil die detaillierten Schilderungen einen robusten Magen erfordern. Gerade das Augsburg, das wir an der Seite Kellenbenz’ präsentiert bekommen, riecht nicht immer nach Rosen. Auch gewisse Verhaltensweisen von Pater Canisius sind mehr als gewöhnungsbedürftig.


    Sprachlich musste ich mich anfangs erstmal an den Stil gewöhnen. Aber so nach den ersten zehn Seiten hat es mich richtig weiter gezogen. Das Buch ist in authentischer Sprache verfasst und beinhaltet dementsprechend hin und wieder unbekannte Ausdrücke, die man leicht hinten im Anhang nachschlagen kann. Die Autorin schafft es, nicht nur durch den Inhalt, sondern auch durch die Wahl der sprachlichen Ausdrucksmittel die passende Atmosphäre zu unterstreichen.


    Das Zusatzmaterial, eine Karte von Augsburg vorne und hinten ein Nachwort, ein Glossar, eine Liste der historisch verbürgten Personen sowie ausführliche Literaturangaben runden das Buch wunderbar ab, so dass man richtig in die Geschichte zu dieser spannenden Zeit der Gegenreformation eintauchen kann. Das Buch kann auch gut als Einstieg dienen, wenn man sich vertieft in das Thema einarbeiten möchte.


    Mir hat dieser durchwegs spannende und stellenweise eher sperrige Roman sehr gut gefallen. Ich bevorzuge Bücher, bei denen ich mich etwas anstrengen muss und wo ich mitdenken und miträtseln kann.


    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Für dieses Buch eine Rezension zu schreibe, fällt mir sehr schwer. Ich hatte mich sehr auf die Leserunde und das Buch gefreut, da es mir vom Thema her sehr zugesagt hat. Positiv zu erwähnen ist, dass sich das Buch sehr eng an die damaligen historischen Gegebenheiten hält und man dem Buch auch die gründliche Recherche durch die Autorin auf jeder Seite anmerkt. Das Buch setzt aber auch beim Leser ein sehr fundiertes Wissen über die Fugger-Familie voraus - ansonsten fällt es schwer, alles Zusammenhänge und Gegebenheiten wirklich zu verstehen. Mir ist es von der ersten Seite an sehr schwer gefallen, das Buch zu lesen und auch zu verstehen. Das lag in meinen Augen zum einen an der Sprache, die der damaligen Zeit angepasst war, mir aber dadurch das Lesen und damit teilweise auch das Verstehen sehr schwer gemacht. Und zum anderen lag es für mich gesehen auch an den Persönlichkeiten im Buch. Hier bin ich mit keinem wirklich "warm" geworden und konnte mich mit keinen wirklich identifizieren bzw. mich in einen hineinversetzen.


    :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Dieser Roman beschreibt das Leben der Anna Jacobäa Fugger (1547 - 1587), die im 16.Jahrhundert einen Skandal verursachte, indem sie aus dem Kloster, in dem sie 20 Jahre lang unfreiwillig gelebt hatte, entfloh.
    Dem Prolog, der am Ende ihres relativ kurzen Lebens angesiedelt ist und in dem sie auf dem Krankenbett innere Rückschau auf ihr Leben hält, folgen vier Hauptteile, in denen sehr ausführlich ihr Leben im Elternhaus, ihr Leben in zwei verschiedenen Klöstern und schließlich ihr leider nur kurzes Dasein als Ehefrau und Mutter geschildert wird.
    Drahtzieher von Annas Elend ist ihr Onkel Christoph Fugger, der das reichhaltige Erbe seines verstorbenen Onkels Anton Fugger zusammenhalten will und deshalb beabsichtigt, die zahlreiche Nachkommenschaft seines Bruders Georg als Erben auszuschalten, indem er die Kinder ins Kloster verfrachten lässt. Zu diesem Zweck heuert er - unter dem Versprechen von Gegenleistungen für die Jesuiten - den Jesuitenpater Petrus Canisius (1521 - 1597) an, der sich im Haus des Georg Fugger einschleimt und dessen lutherische Ehefrau Ursula zum Katholizismus bekehrt. Während der Hausherr in seinem Alchimistenlabor herumwerkelt, wird die Dame des Hauses zu Wachs in den Händen des durchtriebenen Paters und lässt ihre Kinder, mit Ausnahme der beiden ältesten Söhne und der ältesten Tochter, die sich rechtzeitig in eine Ehe flüchten kann, in ein Kloster bringen.
    Der erste dieser Hauptteile ist sehr lang und beschreibt neben den Vorgängen im Fuggerhaus auch noch das von Tragik und Armut geprägte Leben des Kürschners Kellenbenz. Dieser ist im Gegensatz zu den anderen Romanfiguren fiktiv, dient aber als Beispiel für das harte Leben der einfachen Leute. Der erste Teil des Romans hat mir nicht gefallen: ich vermisste den roten Faden und fand den Handlungsverlauf sehr verzettelt und teilweise unverständlich. Das änderte sich, als die Geschwister Fugger gewaltsam ins Kloster gebracht wurden und die Handlung sich (endlich) auf Anna Jacobäa konzentrierte. Hier erfährt der Leser Interessantes und Schockierendes über das Leben in Klausur und über Annas unermüdliche Energie, sich ihrem manipulativen Peiniger Canisius immer wieder zu widersetzen. Auch wenn sie als Buchmalerin im Kloster halbwegs zufrieden ist, ist sie innerlich nie zur Katholikin und zur Nonne geworden und ergreift die Gelegenheit, als sich ihr die Chance bietet, in das weltliche Leben zu fliehen.


    Ich habe während der Lektüre des Romans in der Sammelbiographie "Die Frauen des Hauses Fugger " von Martha Schad quergelesen und dabei festgestellt, dass die Autorin die Geschichte der Familie Georg Fugger sehr gut recherchiert hat. Dennoch stellt sich mir die Frage, inwiefern man sich auf die Schilderung des Petrus Canisius verlassen kann. Dieser hat nachweislich die Bekehrung von Lutheranern zum Katholizismus betrieben und als eifriger Betreiber der Gegenreformation auch in der Familie Fugger sein Unwesen getrieben, inklusive Zensur und "Reinigung" der Fugger´schen Bücherregale von ketzerischen Büchern. War er aber wirklich der heuchlerische, verlogene Intrigant, als der er hier vorgestellt wird?
    Auch beim Ende des Romans hat die Autorin sich offensichtlich dichterische Freiheiten herausgenommen, was mir nach den vorherigen, historisch weitgehend korrekt geschilderten Vorgängen nicht gefallen hat.
    Positiv aufgefallen sind mir der Stadtplan von Augsburg im 16. Jahrhundert, die Worterläuterungen und das Personenverzeichnis im Anhang. Das Nachwort hätte meiner Meinung nach umfangreicher ausfallen und mehr auf (den historischen) Petrus Canisius eingehen sollen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Eine sehr schöne, treffende Rezension, Enigma!


    Es ist mittlerweile rund ein Jahr her, dass ich das Buch gelesen habe und rückblickend würde ich wohl nicht mehr von "höchst spannend" sprechen, sondern nur noch von "recht spannend" sprechen.

    Da es der Gesundheit förderlich ist, habe ich beschlossen, ab heute glücklich zu sein (Voltaire)

  • Seit ich gesehen habe, dass du dieses Buch liest €nigma, habe ich gespannt auf deine Rezension gewartet. Ich habe es schon eine gefühlte Ewigkeit auf meiner Wunschliste. Nun denke ich, dass es kein Fehler sein wird, es irgendwann auch wirklich zu lesen, zumal mich die Familie Fugger schon sehr interessiert.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • zumal mich die Familie Fugger schon sehr interessiert.


    Mich interessieren die Fugger auch sehr, vor allem Jakob und seine Gattin Sybilla Artzt. Als wir in Neusäß gewohnt haben, bin ich auch regelmäßig auf Jakobs Spuren gewandelt (z.B. in der Fuggerei) und habe ihm auch an seiner Grabstätte meine Aufwartung gemacht. :wink:


    Das Buch von Martha Schad kann ich empfehlen, darin erfährt man auch allerhand über die weniger bekannten Fuggerinnen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998