Originaltitel: Jeden Tag, jede Stunde
Seiten: 278
Erscheinungsjahr: 2011
Erschienen bei: Deutsche Verlags-Anstalt (DVA)
Inhalt:
Dora und Luka sind unzertrennlich. Jeden Tag, jede
Stunde, jede Minute, jede Sekunde wollen sie miteinander verbringen. Am besten wäre es, wenn sie Geschwister wären. Obwohl, manchmal ist sich Luka da gar nicht so sicher, denn ab und zu hat er Gefühle gegenüber Dora, die er seiner Schwester gegenüber nie hätte. Ihre Verbindung ist etwas ganz Besonderes, das sagen alle in der Stadt.
Doch dann ziehen Doras Eltern nach Frankreich und nehmen sie mit. 16 Jahre sehen sie sich nicht. Und dann, nach 16 Jahren voller Tabus, voller Spiele, die nicht gespielt werden durften, voller Namen, die nicht ausgesprochen werden durften und in denen immer irgendetwas gefehlt hat, treffen sie sich zufällig wieder. In Paris. Und alles ist wieder beim Alten, sie verstehen sich auf Anhieb und es ist sozusagen Liebe auf den ersten Blick, obwohl der erste Blick ja eigentlich schon lange her ist. Doch alles erscheint einfacher als es schließlich ist.
Stil:
Die Autorin hat einen wirklich außergewöhnlichen Stil. Ihre Sätze sind zwar kurz und nicht wirklich kompliziert, doch sie schaffen eine unglaubliche Atmosphäre. Sie sind sehr zutreffend und bringen die Sache auf den Punkt. Natasa Dragnic gelingt es, dass man den Geschmack des Zitroneneises regelrecht auf der Zunge schmecken kann.
Sie arbeitet auch viel mit Wiederholungen. An Schlüsselstellen verwendet sie immer wieder gleiche oder zumindest ähnliche Ausdrücke, manchmal sind sogar ganze Absätze gleich. Manche Absätze sind auch komplett in Kleinschreibung gehalten, ohne jegliche Satzzeichen, was ich jedoch alles andere als störend fand.
Alles in allem schafft es die Autorin mit wenigen Worten einen bezaubernden Bann zu weben, dem man nicht mehr so leicht entkommen kann.
Hier ein Beispiel:
ZitatNur dich immer dich mein ganzes leben lang du bist meine luft mein herzschlag du bist in mir unendlich das meer das ich sehe bist du die fische die ich fange hast du in mein netz gelockt du bist mein tag und mein nacht und der asphalt unter meinen schuhen und die krawatte um meinen hals und die haut an meinem körper und die knochen unter meiner haut und mein boot und mein frühstück und mein wein und meine freunde und der morgenkaffee und meine bilder und meine bilder und meine frau in meinem herzen und meine frau meine frau meine frau… (S. 203 – 204)
Meine Meinung:
Dies ist mein erstes Buch einer kroatischen Autorin und wenn alle Kroaten so schreiben wie Frau Dragnic, dann bin ich ab sofort begeisterter Anhänger der kroatischen Literatur. Es handelt sich meines Wissens nach hierbei um das erste Buch der Autorin und ich warte schon gespannt auf weitere Werke von ihr, die ich bestimmt lesen werde.
Es ist eines der besten Bücher, das ich seit langem gelesen habe. Die Geschichte zwischen Dora und Luka ist unglaublich romantisch und doch völlig kitschfrei. Die Personen werden liebevoll beschrieben, so wie auch alles andere, ohne dabei langweilig zu wirken. Man kann richtig mit den beiden mitfiebern, kann sich mit ihnen freuen und muss sich manchmal auch furchtbar über sie aufregen. Zumindest ging es mir so .
Die beiden Hauptfiguren waren mir von Anfang an total sympathisch. Auch die Nebenfiguren werden gut beschrieben.
Was mir besonders gefallen hat, ist die nicht eindeutige Einteilung in Gut und Böse. Man weiß nie so recht, ob die Handlungen moralisch vertretbar sind oder nicht, wodurch man mitten in das Gefühlschaos von Dora und Luka hineingezogen wird.
Auch die zahlreichen Zitate von Pablo Neruda fand ich wirklich interessant.
Meine Kritik:
Mein einziger Kritikpunkt an der Geschichte an sich ist die Länge. An manchen Stellen wurde mir die Handlung zu stark gerafft. Ich
hätte zum Beispiel gerne noch mehr über die Zeit erfahren, die die beiden nicht miteinander verbracht haben. Oder ihre Kindheit. Insgesamt hätte das Buch locker 100 Seiten mehr vertragen können.
Ein weiterer Kritikpunkt, für den die Autorin allerdings nichts kann, ist für mich der Preis. Ich finde es absolut übertrieben die knapp 300 Seiten als gebundene Version zu verkaufen.
Fazit:
„Jeden Tag, Jede Stunde“ ist ein atemberaubend schöner Liebesroman der etwas anderen (und vor allem kitschfreien) Art. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der gerne romantische Geschichten liest, die völlig ohne Kitsch auskommen und die ein melancholischer, trauriger Grundton nicht stört. Wer allerdings auf einen üblichen Liebesroman voller Witz und vorhersehbarem Happy-End erwartet, sollte die Finger hiervon lassen.
Von mir gibt es allerdings "nur" Sterne, weil mir das Buch stellenweise einfach ein wenig zu kurz war und die Handlung zu wenig ausgeführt.