Taschenbuch: 704 Seiten
Verlag: Goldmann Verlag
ISBN-13: 978-3442472260
Frankreich/England in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Marie wuchs in ärmsten Verhältnissen auf. Der Spielmann Guillaume, ihr Stiefvater, der sie nach dem frühen Tod der Mutter allein aufzog, legte mehr Wert darauf, sie Lesen und Schreiben zu lehren als ihr die Dinge des Alltags beizubringen. Im Dorf waren sie Außenseiter, sie waren anders alle anderen und über Maries Herkunft wurde getuschelt. Nach seinem Unfall blieb Guillaume gerade noch Zeit ihr die Geschichte ihrer Herkunft zu erzählen. So erfuhr Marie, dass ihre Mutter, eine Magd, mit Geoffry VI., Bruder des englischen Königs Henri II., eine Liaison hatte, dieser für seine illegitime Tochter Geld schickte und ihnen somit das Überleben sicherte. Auf Betreiben Henri II. wurde sie an den Hof geholt und wurde eine der Damen von Königin Aliénor. Doch Maries Aufenthalt am Hof war nur von kurzer Dauer, schnell hatte der König ihre Ehe mit dem wesentlichen älteren walisischen Prinzen Cadell Rhys arrangiert. Doch der jähzornige Waliser ließ sie seine Burg nicht verlassen und misshandelte sie aufs Ärgste. Das Schreiben von Lais gab ihr in ihrer Einsamkeit Halt . Als die der Kunst sehr zugeneigte Königin von ihrem Können erfuhr, holte sie Marie an den Hof zurück und ließ sie jetzt für sich als Dichterin tätig werden. Schnell avancierte Marie zur Lieblingsdame Aliénors. Damit entkam sie zwar ihrer Ehehölle, aber auch am Hof gab es Intrigen, Neid und Machtkämpfe.
Bisher war mir Marie de France, die erste Dichterin Frankreichs, kein Begriff. Aber Tereza Vanek ist es gelungen, mir ihr Leben, die Lebensumstände und die Zeit nahezubringen. Mit Liebe zum Detail und historischer Genauigkeit ließ die Autorin vor meinem inneren Auge ein Bild entstehen, dass ich als sehr realitätsnah empfand. Ich konnte die Widrigkeiten und Beschwerlichkeiten des Lebens zu damaliger Zeit sehr gut nachvollziehen, konnte mir die örtlichen Gegebenheiten vorstellen und an den Gefühlen der Protagonisten teilhaben. Beeindruckt war ich von der ausgesprochen schönen Sprache, mit der das Buch glänzt. Dadurch konnte ich mich problemlos in die Handlungszeit hinein versetzen, hatte aber nie den Eindruck etwas gekünsteltes zu lesen. Dieser wunderbare historische Roman las sich sehr leicht, die Seiten flogen nur so dahin und ich war viel zu schnell am Ende angelangt. Die Charaktere waren facettenreich und vielschichtig gestaltet, fast hätte man den Eindruck bekommen können, Tereza Vanek kenne ihre Helden persönlich. Über 700 Seiten hält die Autorin den Leser in ihrer Geschichte fest. Spannende und ruhigere Szenen wechseln einander ab, aber Langeweile oder Eintönigkeit empfand ich beim Lesen nie. Eine Zeittafel, ein Stammbaum und eine Karte runden den sehr positiven Gesamteindruck ab.
Dieser Roman ist keine Biografie der Marie de France, auch wenn ihr Leben hätte genau so gewesen sein können, aber er ist auch keiner dieser zur Zeit den Buchmarkt überschwemmenden „Die ...in“-Romane. „Die Dichterin von Aquitanien“ ist eine Perle unter den historischen Romanen, mit ihm werden Leser zu „Zeitzeugen“ längst vergangener Zeit.
Über den Autor (Quelle: Amazon.de)
Tereza Vanek wurde 1966 in Prag geboren und kam als kleines Kind mit ihren Eltern nach München. Sie studierte Anglistik, Romanistik und Slawistik und promovierte über die Darstellung verbrecherischer Frauen im englischen Drama des 17. Jahrhunderts. Sie arbeitete als Fremdsprachenlehrerin, Übersetzerin, Call Center Agent und Teamassistentin und verkaufte im Internet nostalgische Kleidung, bevor sie sich mit ihrem ersten Roman »Schwarze Seide« einen Traum erfüllte und Schriftstellerin wurde. Tereza Vanek lebt und arbeitet in München.