Barbara Pachl-Eberhart - vier minus drei

  • Klappentext:
    Eine glückliche Familie wird durch einen Verkehrsunfall zuerstört. Nur die Mutter bleibt verschont. Fünf Tage nach dem Ereignis schreibt Barbara Pachl-Eberhart einen offenen Brief an ihre Verwandten und Freunde, der in beindruckender Intensität ihre Gefühle darlegt. Rasch findet das erschütternde Dokument durch Internet, Zeitungen und Zeitschriften große Verbreitung. Die Worte dieser Frau bewegen tausende Menschen.
    Barbara Pachl-Eberhart stellt sich ihrem Schicksal mit einer Offenheit, die überrascht und berührt. Mutig wendet sie sich dem Leben zu und sagt vertrauensvoll JA zu dem Weg, der vor ihr liegt. Sie spürt: Ihr mann und ihre Knder werden sie begleiten.
    In diesem Buch zeigt Barbara Pachl-Eberhart anhand ihres eigenen Schicksals, dass es Auswege gibt aus dem dunklen Tal der Verzweiflung. Eine bewegende Lebenserzählung, an der sich jeder aufrichten kann, den das Schicksal auf die Probe stellt.


    Über die Autorin:
    Die gebürtige Wienerin studierte Querflöte an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in ihrer Heimatstadt, ehe sie die Diplomprüfung für das Lehramt an Grundschulen ablegte. Neun Jahre lang begleitete sie als Rote-Nasen-Clowndoctor Kinder durch den Krankenhausalltag. Gegenwärtig erweitert sie ihr Tätigkeitsfeld im Bereich der Körper- und Atempädagogik.

    Inhalt:

    Am 20.3.2008 passiert ein schrecklicher Unfall, der das Leben von Barbara auf den Kopf stellte. Ihr Mann und die beiden Kinder werden auf einem unbeschrankten Bahnübergang vom Zug erfasst und Heli (der Mann) ist sofort tot. Der 7-jährige Thimo wird wiederbelebt, die nicht ganz zweijährige Fini ist schwer verletzt und beide Kinder werden ins Krankenhaus gebracht. Nachdem die Ärzte alles versuchten, starb das Mädchen am 23.3. und da Thimo nur noch mit Maschinen am Leben erhalten wurde, wurde am 24.3. bei einem "Abschiednehmen" die Beatmungsmaschine abgeschalten und der Bub starb im Arm seiner Mutter und im Beisein der Familie und Freunden.
    Dann begleiten wir das nächste Jahr im Leben von Barbara Pachl-Eberhart. Von der, etwas ungewöhnlichen Begräbnisfeier, über Trauer/Wut/Verzweiflung - bis hin zur neuen Liebe. Daneben wird auch ihre Arbeit als Clown beschrieben und der Leser bekommt Einblick in ihren unerschütterlichen Glauben an den Sinn des Lebens.


    Meine Meinung:
    Ich bin schon länger um dieses Buch herumgeschlichen, konnte mich aber nicht aufraffen es zu lesen, denn ich wußte, dass ich von Anfang bis zu Ende heulen muss!! Und genau so ist es gekommen ....
    Jetzt am Ende des Buches, und nach mehreren Packungen Taschentüchern, kann ich Euch von meinem Leseerlebnis berichten:
    Schon damals, als der Unfall in den Medien gezeigt wurde, dachte ich "wie kann man das nur aushalten?". Diese Frage wird in dem Buch gut beantwortet, ich glaube, dass die Arbeit und die Grundsatzeinstellung als Clinik-Clown einen großen Anteil daran hatte. Barbara hat (zumindestens in der Theorie) gelernt mit Schicksalsschlägen umzugehen. Sie konnte dieses Wissen auch bei ihr selbst anwenden und hatte auch Unterstützung eines großen Netzwerkes. Besonders beeindruckt hat mich ihr "offener Brief" vor der Beerdigung, sie hatte fürchterliche Angst, dass sich niemand traut mit ihr zu reden - und genau das ist der Fehler in so schwierigen Situationen: man weiß nicht was man sagen soll.
    Schon der Beginn des Buches hat mir sehr gut gefallen, die Autorin beschreibt wie schwierig es ist einen Anfang zu finden, wann ist der Beginn der Geschichte? Am Unfalltag, am Kennenlerntag, bei der Geburt der Kinder??
    Sehr berührend ihre Beschreibung der Angst, ihre Erinnerungen an die Familie zu verlieren - schließlich sind diese Erinnerungen alles was ihr geblieben ist! Sie vergleicht die Erinnerungen mit dem Bild in einem Kaleidoskop, jedes mal wenn man hineinsieht, ist es ein neues Bild. Bei jedem Schütteln des Kaleidoskops kommen andere Kombinationen heraus, ähnlich unserer Erinnerungen. Nie kann man alle Steine gleichzeitig betrachten und auch bei den Erinnerungen sind es immer nur einige wenige Bilder. Erinnerungen werden durch "Leben" lebendig, sie brauchen Anknüpfungspunkte.
    Etwas befremdlich fand ich, dass Barbara bereits nach 4 Monaten bereit für einen neue Beziehung war, andererseits hat ihr das sicher sehr geholfen.


    Ein ganz tolles Buch und daher :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von mir!

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • *puh* ich muss gestehen , dieses Buch verfolgt mich irgendwie. und Gabi ich muss dir auch recht geben:
    Man schleicht ewig um dieses Buch herum , hat aber Angst es zu lesen und traut sich nicht drüber. Ich bin noch immer in der "Ich-trau-mich-nicht"-Phase. Jeder Besuch in der Bücherei stellt mich immer wieder vor dieselbe Frage.


    Das Problem dabei ist glaub ich, dass ich damals die Medien ebenso verfolgt habe und immer noch das Bild des Unfalls im Kopf habe.


    Ich denke, das ist ein Buch, dass man nicht einfach so lesen kann, und dann weglegen, sondern ich glaube das Buch würde mich zu sehr mitnehmen.


    Ich selbst habe nun gerade die Dave Pelzer Trilogie hinter mir und das beschäftigt mich auch noch immer. Kennt ihr diese?


    Für alle die es nicht kenen ich hab auf meinem Bücherblog zu jedem der 3 Einzelteile eine Art Zusammenfassung geschrieben um es ein wenig vorzustellen.
    Das ist auch so ein Roman bzw. eine Trilogie die man nicht so nebenbei lesen kann. Es handelt über das Schicksal eines kleinen Jungen der von seiner Mutter missbraucht wird. Alleine die ganzen verschiedenen "Strafspiele" die sich die Mutter ausgedacht hat sind unfassbar! :cry:


    Wenn ihr mal nachlesen wollt: Dave Pelzer - Sie nannten mich Es(Teil 1 inkl. Fortsetzungen)

  • Dieses Buch möchte ich nicht lesen, auch wenn es sehr interessant sein könnte. Aber ich setze mich ungern mit Themen auseinander, die für mich den schlimmsten Albtraum überhaupt bedeuten. :(

    Etwas befremdlich fand ich, dass Barbara bereits nach 4 Monaten bereit für einen neue Beziehung war, andererseits hat ihr das sicher sehr geholfen.


    Das finde ich auch sehr merkwürdig. Wenn meine ganze Familie ausgelöscht würde, kann ich mir nur vorstellen, dass ich Schluss machen würde. Allerdings bin ich auch in einem Alter, in dem ich nicht mehr von vorn anfangen möchte und mir auch keine neue Partnerschaft vorstellen könnte. Nach mehr als 30 Jahren in einer Partnerschaft könnte und wollte ich mich wohl nicht mehr auf jemanden anderen einstellen.
    Die Autorin ist jedoch sicher noch jung, wenn ihre Kinder so klein waren. Da ist man bestimmt noch flexibel genug, ein neues Leben anzufangen. Dass man aber nach 4 Monaten (!) über den dreifachen Verlust hinweg sein sollte, erscheint mir unvorstellbar. Ich wünsche der Autorin jedenfalls, dass sie sich nicht nur in eine neue Beziehung geflüchtet hat, um vor ihrer Trauer wegzulaufen, sondern dass es eine stabile und dauernde neue Familienkonstellation ist.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Dieses Buch möchte ich nicht lesen, auch wenn es sehr interessant sein könnte. Aber ich setze mich ungern mit Themen auseinander, die für mich den schlimmsten Albtraum überhaupt bedeuten. :(

    Ja, so geht es vermutlich vielen Menschen. Andererseits war ich einfach neugierig WIE man so eine Tragödie überhaupt bewältigen kann und das zeigt die Autorin schonungslos.
    Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen sich auf solch schwierige Themen einzulassen, oder nicht.
    Gott sei Dank können wir unsere Bücher ja selbst aussuchen :wink:

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Gott sei Dank können wir unsere Bücher ja selbst aussuchen :wink:


    Zumindest dann, wenn man nicht mehr zur Schule geht... :mrgreen:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Ich stolpere auch ständig über dieses Buch und seit ich ein Interview mit Barbara Pachl-Eberhart gelesen habe, möchte ich auch das Buch lesen. Ich habe das Gefühl und hoffe, dass es sich von der üblichen "Betroffenheitsliteratur" deutlich abhebt. In diesem Interview, das nach Erscheinen des Buches entstanden ist, spricht sie sehr offen über den Verlust und auch über dessen Verarbeitung. Sie spricht auch ganz offen über ihren Glauben, der in den "guten Zeiten" - wie so oft - nur im Hintergrund stand (sie bezeichnete dies als "Urvertrauen"), doch seit diesem Unfall ihr größter Anker und ihre größte Hilfe ist.


    Und die folgende Aussage hat mich sehr beeindruckt und hallt in mir noch lange nach:


    Zitat

    Haben Sie sich nie die Frage gestellt, warum trifft gerade mich so ein Schicksal?
    Fakt ist, dass auf dieser Welt Menschen sterben. Fakt ist, dass Unfälle passieren. Warum auch immer. Dann hab ich mir gedacht, wenn das schon jemandem passieren musste, ist es vielleicht besser, dass es mir passiert ist als jemand anderem, der daran zerbricht. Denn ich trage Mechanismen in mir, die mir darüber hinweghelfen. Die dies sogar verwandeln können in etwas Positives. Ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich hier eine Sichtweise hineinbringe, die vielen Menschen etwas gibt. Aus irgendeinem Grund hatte ich von Anfang an das Gefühl, ich bin dem gewachsen. Nicht nur das, sondern ich wachse in dem.


    Sie ist übrigens noch nicht über den Verlust hinweg (und das hat meiner Meinung nach auch nichts mit dem Eingehen einer neuen Beziehung zu tun),sie weiß auch, dass sie nie darüber hinweg sein wird. Als Leitspruch für ihr Leben hat sie sich den beruflichen Leitspruch der Clini-clowns zueigen gemacht: "Sag zu allem, was kommt, JA".


    Das Interview kann man hier nachlesen. Allerdings muss man sich über die Suchfunktion orientieren, da es zum Interview selber keinen Link gibt.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Vor ein paar Monaten war die Autorin in der SWR-Sendung "Nachtcafé" zu Gast, und sie beeindruckte mich durch die ruhige Art, wie sie ihr Schicksal schilderte. Sie erwähnte, dass sie ein Buch geschrieben hatte.
    Ich habe es noch nicht gelesen, weil ich um Betroffenheitsbücher einen Bogen mache. Dass alle (!) Gäste der Sendung, deren Thema "Schlimme Schicksale" oder so ähnlich war, ein Buch über ihre Erlebnisse geschrieben hatten, bestärkte mich in meiner Aversion.


    Seitdem hoffte ich, dass sich ein Büchertreffler finden würde, der mir Barbara Pachl-Eberharts Buch vorstellt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habe das Gefühl und hoffe, dass es sich von der üblichen "Betroffenheitsliteratur" deutlich abhebt. In diesem Interview, das nach Erscheinen des Buches entstanden ist, spricht sie sehr offen über den Verlust und auch über dessen Verarbeitung.

    Ja, es ist wirklich "anders", sehr einfühlsam und gleichzeitig schonungslos mit sich selbst geschrieben.
    Ich denke auch, dass Barbara ihr Schicksal noch nicht verarbeitet hat, sie schreibt auch am Ende des Buches, dass es ihr nach einem Jahr manchmal noch schlechter geht als zu Beginn der Tragödie.


    Seitdem hoffte ich, dass sich ein Büchertreffler finden würde, der mir Barbara Pachl-Eberharts Buch vorstellt.

    Na schau, schon passiert :loool:

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Eure Beiträge zu diesem Buch sind schon ziemlich alt, dennoch würde ich auch gern noch etwas dazu sagen.
    Ich habe es mir etwa im März diesen Jahres gekauft. Natürlich ist dieser furchtbare Verlust sicher auch ein Thema, worüber man nicht gern spricht bzw. nachdenkt. Dennoch hat gerade dieser Aspekt mich dazu bewegt es einmal zu lesen.
    Und ich ziehe meinen Hut vor der Autorin!
    Ich habe wirklich mit ihr gefühlt, mit ihr geweint und gelacht. Es war schön zu lesen, dass sie trotz ihres Verlustes durch das Schreiben Kraft geschöpft hat und sie durch diesen großen Schritt so viele tolle Rückmeldung und auch Hilfe bekommen hat. Und sie gibt diese Hilfe ja mittlerweile auch selbst zurück. Ich finde es ist ein Werk voller Trauer, aber eben auch eine Mitteilung voller Hoffnung und den Glauben daran, dass alles irgendwie einen Sinn hat - so schmerzlich das Leben eben auch sein kann.


    Ich kann ihr nur alles Gute wünschen und euch dazu ermutigen ihr Werk einmal zu lesen.