Simonetta Greggio: Mit nackten Händen

  • Der Inhalt:
    Emma lebt sehr zurückgezogen auf dem Land. Keine direkten Nachbarn, kaum das, was man als soziale Kontakte bezeichnen könnte – Emma ist eine engagierte und gute Tierärztin, aber das ist auch schon alles, was die meisten Menschen über sie wissen. Das ändert sich allerdings, als Gio eines Tages zu der Vierzigjährigen nach Hause kommt. Gio ist vierzehn und der Sohn von Emmas großer verflossener Liebe, die sie ausgerechnet an eine Freundin verloren hat. Emma hat den Kontakt zu diesen Menschen schon lange abgebrochen, Gio das letzte Mal gesehen, als er ein kleines Kind gewesen war, aber nun ist er ausgerechnet zu ihr gekommen, als er es zu Hause nicht mehr aushält. Aus der Zuneigung, die Emma für Gio empfunden hat, wird Liebe – eine verbotene Liebe, die gegen jedes gesellschaftliche Tabu verstößt und die Emma vor Gericht bringt und zu einer Außenseiterin macht. Doch Emma nimmt all das in Kauf…


    Meine Meinung:
    Die Geschichte klingt irgendwie reißerisch, das zumindest habe ich gedacht, als ich etwas zum Inhalt des Buches gelesen habe. Eine Vierzigjährige und ein Teenager? Sehr merkwürdig, sehr… vielleicht wirklich zweifelhaft. Das Buch selbst hat mich dann überrascht, weil es gar nicht so reißerisch erzählt wird, sondern man schon sehr auf die Zwischentöne achten muss. Es ist ganz und gar nicht so, dass Emma und Gio von Anfang an übereinander herfallen oder irgendwas, sondern sie lernen sich zunächst als Menschen kennen und entdecken dann, dass sie einander lieben. Weder sie noch er sehen in dieser Liebe etwas Verwerfliches – und das ist sicherlich ein interessanter Aspekt. Emma nimmt für ihre Liebe alles in Kauf, etwas, das sie schon einmal in ihrem Leben versäumt hat zu tun.
    Der Roman, der mit seinen 160 Seiten wirklich schnell gelesen ist, porträtiert aber noch viel mehr als diese Liebesgeschichte Emmas Leben und ihren Charakter, erzählt von ihrer Kindheit, von ihren Anfängen als Tierärztin, von ihrer Liebe zu Gios Vater. Was der Roman nicht tut: Urteile fällen über das, was richtig und was falsch ist. Manchmal haben mir Emmas Gedanken zu dem Thema gefehlt. Würde sich eine Frau, der so etwas passiert, nicht gedanklich eigentlich nur noch damit befassen und sich fragen, was sie da eigentlich macht und wo das hinführen soll? Manchmal wiederum habe ich beim Lesen gedacht, dass das den Roman aber auch irgendwie ausmacht: man liest ihn und merkt, wie schwer es ist, sich ein Urteil zu bilden über ein Thema, zu dem man eigentlich schon eine ganz vorgefasste Meinung hat.
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