Das Gilgamesch-Epos
neu übersetzt und kommentiert von
Stefan M. Maul
erschienen im C.H. Beck Verlag, München
erste Auflage 2005
vierte durchgesehene Auflage 2008
ISBN 9783406528705
192 Seiten
Inhalt: Das Buch stellt eine Neu-Übersetzung des Gilgamesch-Epos, eines der ältesten Epen der Menschheit, dar. Gilgamesch ist ein abenteuerlustiger und seine Kräfte der ganzen Welt zeigen wollender, übermütiger König von Uruk. Laut der sumerischen Königsliste war er der fünfte König der ersten Dynastie nach der Sintflut. Er lebte wohl im ersten Drittel des 3. vorchristlichen Jahrtausends und soll 126 Jahre regiert haben. Im Epos betrauert er u.a. den Tod seines geliebten Freundes Enkidu. Von Angst um sein eigenes Schicksal getrieben, irrt er umher und versucht Unsterblichkeit zu erringen. Das gelingt ihm nicht und schließlich erkennt er seine eigene Sterblichkeit an. Statt sich weiterhin zu grämen, kümmert er sich fortan um die Belange seiner Stadt und genießt die Zeit, die ihm von den Göttern zugesprochen worden ist.
Rezension: Das Buch gliedert sich in sechs Teile: die Hinführung zum Thema, Literaturempfehlungen, die Vorstellung der Hauptfiguren, die Zusammenfassung der Handlung, die eigentliche Übersetzung des Epos, den Kommentar und ein Abbildungsverzeichnis.
Stefan M. Maul greift bei seiner Übersetzung einerseits auf die 2003 von Andrew R. George herausgegebene wissenschaftliche Publikation zurück, der über 100 Quellen zugrunde liegen. Andererseits verwendet er fünf weitere, aus Assur stammende Textzeugen, die einige Lücken im Text füllen können. Zweifelsohne handelt es sich bei dieser Übersetzung um die derzeit aktuellste.
Maul hat versucht das Babylonische so exakt wie möglich ins Deutsche zu übertragen, wobei der Rhythmus der deutschen Übersetzung dem Rhythmus der babylonischen Verse gerecht werden soll. Zwar kennt das Babylonische keinen Endreim, wohl aber den Trochäus, der aus einer langen und einer kurzen Silbe besteht.
Bewertung: Durch seine poetische und trotzdem einfache Sprache gelingt es Maul, den Leser sofort an das Epos zu fesseln. Dieser fühlt sich an den Beginn des 3. vorchristlichen Jahrtausends zurückversetzt: Er sieht nicht nur Uruk, die Hürdenumhegte, sowie deren Stadtmauer vor sich, sondern fühlt auch mit Gilgamesch und seinem Freund Enkidu. Obwohl das Babylonische eine tote Sprache ist, lebt es doch durch die einfühlsame Übersetzung Mauls weiter. Das Babylonische spricht zu einem und macht dem Leser deutlich, wie sehr die Textschreiber selbst um das Leiden der beiden Freunde gerungen hatten. Dadurch, dass Maul so dicht wie möglich am Originaltext bleibt, gelingt es ihm, dem Leser einen tiefen Einblick in das Denken und die Ausdrucksmöglichkeiten des altorientalischen Menschen zu geben.
Schön ist, dass Maul seiner Übersetzung eine kurze Einleitung voranstellt und sein Werk mit einem recht ausführlichen Kommentar beschließt. Allerdings ist es schade, dass er auf Fußnoten verzichtet, sodass der interessierte Leser gezwungen ist, ständig zwischen Übersetzungs- und Kommentarteil zu blättern.
Aufgrund der Aufmachung seines Buches spricht Maul nicht nur den Wissenschaftler, sondern auch den interessierten Laien an. Das ist ein äußerst positiver Aspekt, da er zum Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit beiträgt.