John Boyne - Der Schiffsjunge / Mutiny on the Bounty

  • Kurzbeschreibung bei amazon


    December 23, 1787, Portsmouth. A 14-year-old boy, John Jacob Turnstile,
    has got into trouble with the police on one too many occasions and is on
    his way to prison when an offer is put to him - a ship has been
    refitted over the last few months and is about to set sail with an
    important mission. The deal is struck and he finds himself onboard,
    meeting the captain, just as the ship sets sail. The ship is HMS Bounty,
    the captain is William Bligh, and their destination is Tahiti. "Mutiny
    on the Bounty" is the first novel to explore all the events relating to
    the Bounty's voyage, from their long journey across the ocean to their
    adventures on the island of Tahiti and the subsequent 48 day expedition
    towards Timor. A vivid recreation of the famous mutiny, the story is
    packed with humour, violence and historical detail, while presenting a
    very different portrait of Captain Bligh and Mr Christian than has ever
    been shown before.





    Inhalt



    Der vierzehnjährige John Jacob Turnstile, der unter der "Obhut" des
    brutalen Mr Lewis in Portsmouth sein Leben als Taschendieb und Lustknabe
    für reiche Herren fristet, wird bei einem Diebstahl erwischt und hat
    die Wahl, entweder für 1 Jahr ins Gefängnis zu gehen oder als
    persönlicher Diener des Kapitäns auf der Bounty zu arbeiten. Er
    entscheidet sich für die Bounty und wird so zum Zeugen der berüchtigten
    Reise nach Tahiti, von wo die Seeleute Früchte und Setzlinge des
    Brotbaums mitbringen sollen. Das Schiff wird von Lieutenant William Bligh befehligt. Nach einer langen und teils recht stürmischen Reise gelangen
    die Seeleute nach Tahiti, wo sie ein schönes Leben führen: viel
    Freiheit, köstliche Nahrung und vor allem schöne, willige Frauen
    versüßen ihnen das Leben.


    Viele Mannschaftsmitglieder sind schließlich unwillig, Tahiti wieder zu
    verlassen. Kurz nach der von Bligh durchgesetzten Abreise kommt es unter
    der Leitung von Fletcher Christian
    zur Meuterei. Bligh wird mit 18 loyalen Besatzungsmitgliedern, darunter
    auch Turnstile, in einem Beiboot mit relativ wenig Proviant ausgesetzt.


    Nun folgt eine 48-tägige Odyssee, geprägt von nagendem Hunger,
    schrecklichem Durst und den gesundheitlichen Gefahren durch die
    Witterung und durch unberechenbare Eingeborene auf den Inseln, die die
    Ausgesetzten ansteuern, um ihren Proviant aufzustocken. Bligh gelingt
    das Unmögliche, nur mit einem Kompass ausgerüstet, bringt er das Boot
    nach Timor, von dort aus können die 13 Überlebenden nach England
    zurückkehren.



    Eigene Beurteilung


    Die Handlung des Romans, die zum größten Teil zwischen 1787 und 1789
    angesiedelt ist, wird vom Ich-Erzähler John Jacob Turnstile erzählt.
    Turnstile ist die einzige fiktive Figur der Geschichte, alle anderen
    Figuren segelten wirklich auf der Bounty. Hier kann man Weiteres über ihren Werdegang nachlesen.


    John Boyne, der offensichtlich sehr gründlich recherchiert hat
    (bibliographische Angaben hinten im Buch), zeichnet ein anderes Bild von
    William Bligh als man es aus den Verfilmungen kennt, die ihn als
    grausamen Befehlshaber darstellen, gegen den zu Recht aufbegehrt wurde.
    Bligh war diszipliniert und äußerst pflichtbewusst, aber unter seinem
    Kommando gab es wesentlich weniger Disziplinarmaßnahmen als auf anderen
    Schiffen seiner Zeit. Auch in anderer Hinsicht war er fortschrittlich,
    er führte drei Schichten ein, sodass die Matrosen längere Ruhepausen
    hatten und er achtete besonders auf Hygiene und sorgte dafür, dass seine
    Leute nicht an Skorbut erkrankten.


    Dennoch wird er nicht als Heiliger dargestellt. Ab und zu ist er
    cholerisch und trifft unkluge Entscheidungen. Sein Vorgehen, den
    Matrosen auf Tahiti vorher in Aussicht gestellt Vergünstigungen zu
    beschneiden, dürfte maßgeblich zu deren Unzufriedenheit beigetragen
    haben.


    Die Sprache des Romans ist humorvoll, der junge Turnstile ist zwar nicht
    gebildet, hat aber ein Talent zum Erzählen und bietet viel Anlass zum
    Schmunzeln. Am Anfang musste ich mich allerdings etwas in seinen Stil
    einlesen.


    Insgesamt ist das Buch in fünf Teile unterschiedlicher Länge
    untergliedert, wobei der vierte Teil, der die 48 Tage im Beiboot
    umfasst, die kein Seemannsgarn sind, sondern faktengetreu erzählt werden
    (anhand von Blighs Logbuch), unglaublich fesselnd und erschütternd
    sind. Auf zwei Seekarten vorne im Buch kann man den Weg der
    Leidgeprüften verfolgen.




    "Mutiny on the Bounty", das voraussichtlich im Februar 2011 in deutscher
    Sprache ("Der Schiffgang") erscheinen soll, ist ein Buch, das ich wärmstens
    weiterempfehle, selten hat mich ein Buch so berührt.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • €nigma, vielen Dank für deine ausführliche Rezension! Nachdem ich "Das Haus zur besonderen Verwendung" von John Boyne gelesen habe, hat mich der Autor vollkommen von seinem Talent überzeugt und ich möchte unbedingt mehr von ihm lesen. "Mutiny on the Bounty" habe ich schon näher ins Auge gefasst, bin mir aber nicht sicher, ob ich es im englischen Original schaffe. Mein Englisch ist zwar recht gut und ich lese auch viel im Original, aber bislang habe ich es noch nicht mit historischen Romanen im Original versucht. Kannst du den Stil des Autors in einen Schwierigkeitsgrad einordnen? Werden viele Fachbegriffe verwendet?


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Das Englisch von John Boyne würde ich durchaus als anspruchsvoll einordnen, wenn man kein sehr geübter Englischleser ist. Der Ich-Erzähler pflegt hier einen besonderen Sprachstil, er redet etwas "verschnörkelt", was eigentlich ganz lustig, aber vielleicht zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig ist. Ich hatte damit überhaupt keine Probleme, allerdings lese ich ja auch sehr viele englische Bücher.


    Was die Fachausdrücke betrifft, so hielt es sich in Grenzen. Ich musste einige Begriffe für diverse Bestandteile von Segelschiffen nachschlagen, die mir dann auf Deutsch auch nicht viel gesagt haben, sodass ich mir Bilder von der Bounty im Internet angesehen habe. :wink:
    Außerdem habe ich einige altertümliche Flüche und Beschimpfungen (nicht unbedingt für das Verständnis notwendig) nachgeschlagen. Turnstile beschimpft missliebige Leute immer als "scut" (= Stummelschwanz), was im irischen Slang "Mistkerl" bedeutet(e).


    Wenn ich ungewöhnliche Ausdrücke in meinen Wörterbüchern nicht finde, werde ich oft hier oder hier fündig: diese Seiten haben mir auch schon bei der Shardlake-Serie von C.J. Sansom geholfen.


    "Das Haus zur besonderen Verwendung" war mein erstes Buch von John Boyne und hat mich total begeistert. Da ich es bei vorablesen gewonnen habe, habe ich es in der deutschen Übersetzung gelesen. Jetzt habe ich als nächstes sein Buch über "Crippen" auf der Wunschliste.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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    Einmal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Danke, €nigma, das hilft mir auf jeden Fall weiter und ich setze das Buch mal weit nach oben auf meiner Wunschliste.


    :flower:

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    Hape Kerkeling


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  • Auf dieses Buch wurde ich gestern aufmerksam. Ich hatte gerade "Das Haus zur besonderen Verwendung" beendet und danach nach weiteren Boynes Ausschau gehalten. Nachdem mir seine beiden anderen Bücher so gut gefallen haben, werde ich an diesem sicher nicht vorbei kommen.

  • Inhalt des Buches:


    Portsmouth 1787: John Jacob Turnstile ist gerade mal 14, ein Meister in Taschendiebstahl und so einigen anderen Gaunereien. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er eines Tages erwischt wird. Doch statt im Gefängnis, landet er auf der Bounty. Unter Kapitän Bligh segeln sie in die Südsee, mit der Mission, auf Tahiti Setzlinge des Brotfruchtbaumes einzusammeln. Ein Abenteuer, dessen Ausgang bekannt ist. Hier aber wird die Geschichte erstmalig aus der Perspektive des Schiffsjungen erzählt. Die Ereignisse, Kapitän Bligh und seine Mannschaft erscheinen in einem komplett neuen Licht. Es ist als würde man von der Meuterei auf der Bounty zum ersten Mal hören. Spannend, aufwühlend und atemlos.


    Sie kennen die Geschichte der Meuterei auf der Bounty? „Der Schiffsjunge“ erzählt sie neu, unerwartet und verblüffend.


    Über den Autor:


    John Boyne wurde 1971 in Dublin, Irland, geboren, wo er auch heute lebt. Er ist der Autor von sechs Romanen, darunter „Der Junge im gestreiften Pyjama“, der zwei Irische Buchpreise gewann, für den »British Book Award« nominiert war und vor kurzem verfilmt wurde. John Boynes Romane wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.


    Allgemeines zum Buch und dessen Aufbau:


    „Der Schiffsjunge“ umfasst 638 Seiten, ist also schön umfangreich. Das Buch gliedert sich in fünf Teile, die sich wiederum in Kapitel gliedern. Besonders ist, dass mit jedem neuen Teil die Kapitelnummerierung wieder bei „Eins“ beginnt. Die Kapitel sind teilweise recht umfangreich und daher zusätzlich in Abschnitte unterteilt. So lassen sich bequem Lesepausen einlegen, ohne das jeweilige Kapitel unbedingt zu Ende lesen zu müssen.


    Dem eigentlichen Text vorangestellt sind zwei Karten, anhand derer sich die Reise der „Bounty“ sowie des Beibootes der „Bounty“ nachvollziehen lässt. Solche Extras finde ich immer spannend und so habe ich während des Lesens des Öfteren nach vorne geblättert, um die Route des Schiffes zu verfolgen.


    Am Ende des Buches finden sich Literaturhinweise, in denen die Quellen angegeben sind, die John Boyne zur Recherche für seinen Roman genutzt hat und die interessierte Leser auch für vertiefende Studien nutzen können.


    Geschrieben ist das Buch aus der Ich-Perspektive des John Jacob Turnstile.


    Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „Mutiny on the Bounty“ im Verlag Doubleday, einem Imprint von Transworld Publishers, London 2008.


    Inhalt:


    Mir selbst war vor dem Lesen des Buches zwar bekannt, dass es einmal eine Meuterei auf einem Schiff namens „Bounty“ gegeben hat, aber von den genaueren Umständen dazu wusste ich nichts. Da auch der Klappentext darüber nicht viel verrät, will ich kurz umreißen, wovon das Buch handelt, ohne dabei jedoch zu viel vom Inhalt vorwegzunehmen.


    Im ersten Teil des Buches, der im Jahr 1787 spielt, lernen wir unseren Protagonisten John Jacob Turnstile kennen. Dieser ist gerade 14 Jahre alt und verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Taschendiebstählen. Dabei ist er eines Tages zu unvorsichtig und wird erwischt. Vor Gericht gestellt, wird er zu einer Haftstrafe verurteilt. Doch ihm bietet sich eine Wahlmöglichkeit: Entweder Gefängnis, oder als Kapitänsdiener mit auf die „Bounty“. Na, wofür hättet ihr euch entschieden?


    Der zweite Teil des Buches, der im Zeitraum von Dezember 1787 bis Oktober 1788 spielt, berichtet von der Reise der „Bounty“ und dem Alltagsleben der Besatzung an Bord. Diese hat nicht nur mit Stürmen und den Meeresfluten zu kämpfen, sondern auch mit gähnender Langeweile, verordneten Tanzeinlagen und Machtkämpfen.


    Doch all das ist schnell vergessen, als das Schiff nach endlos langer Zeit die Insel Tahiti erreicht. Vom Leben auf der Insel berichtet der dritte Teil des Buches, der den Zeitraum Oktober 1788 bis April 1789 umfasst. Die Schiffsbesatzung wird freundlich auf der Insel empfangen, sie werden mit Lebensmitteln versorgt und haben endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Doch es muss auch gearbeitet werden, denn es sollen Pflanzen des Brotfruchtbaumes gezogen und schließlich an Bord der „Bounty“ gebracht werden. Nach einigen Monaten ist diese wieder bereit zur Heimfahrt, doch einigen Besatzungsmitgliedern gefällt es so gut auf der Insel, dass sie bleiben wollen. So kommt es schließlich zu einer Meuterei und der Kapitän des Schiffes wird in ein Beiboot verfrachtet, in dem er zusammen mit 18 Männern, die ihm loyal gegenüberstehen, die Heimreise antreten soll, während die „Bounty“ wieder Kurs auf Tahiti nimmt.


    Von der Heimreise in diesem Beiboot erzählt der vierte Teil des Buches, der einen Zeitraum von ungefähr 6 Wochen umfasst. In diesem Teil dominieren Hunger und Durst, Schwäche und Platzmangel die Handlung.


    Ob es der verbliebenen Mannschaft gelingt, den Heimathafen zu erreichen und was aus der „Bounty“ und deren Meuterern wird, erfahrt ihr im letzten Teil des Buches, zu dem ich nun aber nicht mehr verraten möchte. Lest am besten selbst!

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


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    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • (Huch, die Rezi war zu lange, ich musste sie teilen!)


    Meine Meinung zum Buch:


    Der Klappentext des Buches spricht davon, dass John Boyne die Geschichte um die Meuterei auf der „Bounty“ völlig neu erzählt. Ich kann leider keine Vergleiche anstellen, da ich keine andere Version als die aus diesem Buch „Der Schiffsjunge“ kenne.


    Die Entscheidung des Autors, das Buch aus der Ich-Perspektive zu schreiben, war genau richtig, und Turnstile wird der Rolle des Ich-Erzählers mehr als gerecht. Denn der junge Turnstile kommt tatsächlich wie ein Erzähler daher. Man hat während des Lesens das Gefühl, er würde vor einem stehen und seine Geschichte präsentieren. Dies wird vor allem dadurch erreicht, dass der Leser vom Schiffsjungen direkt angesprochen wird und so sehr stark in die Erzählung eingebunden wird. Man hängt ihm förmlich an den Lippen und fiebert seinen nächsten Worten entgegen.


    Turnstile hat einen Erzählstil, der auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedüftig erscheint. Denn er verharmlost nichts, sondern erzählt munter drauf los. Dabei verstellt er sich nicht, sondern benutzt seine gewöhnliche Umgangssprache sowie teilweise recht derbe Kraftausdrücke. Äußerungen wie „das Hirn spritzte wie eine berstende Wassermelone in alle Richtungen“ oder „der Kapitän macht aus meinen Därmen Hosenträger“ sollen ohne weitere Kommentierung als Beispiele dafür stehen.


    Turnstile ist ein gewitztes Kerlchen, dem ein derber Humor anzumerken ist. Damit versucht er, sich gegenüber der restlichen Schiffsbesatzung zu behaupten. Denn diese nimmt ihn nicht gerade freundlich auf. Turnstile ist der Diener des Kapitäns, weshalb ihm mit Misstrauen begegnet wird. Die Besatzung befürchtet, dass er alles, was vom Kapitän unbemerkt an Bord vor sich geht, an diesen verrät. Andererseits hat Turnstile auch einige Neider, denn wer steht nicht gerne in der Gunst des Kapitäns?!


    Der Charakter des John JacobTurnstile ist sehr umfassend gezeichnet. Es wird nicht nur seine aktuelle Lebenssituation dargestellt, sondern es finden sich auch Rückblicke in seine Vergangenheit. Und Turnstile hat eine Vergangenheit hinter sich, die ich als sehr schlimm empfunden habe. So etwas wünscht man nicht einmal seinem ärgsten Feind. Beim Lesen dieser Rückblicke habe ich oft eine Gänsehaut bekommen und obwohl John Boyne hier vieles nur andeutet, ist doch offensichtlich, worauf er anspielt. Ich hoffe, dass jüngere Leser mit diesen Szenen umgehen können, da das Buch ja als historisches Jugendbuch eingeordnet wird.


    Ein weiterer interessanter Charakter ist der des Kapitäns William Bligh. Denn er ist undurchschaubar. Einerseits ist er freundlich und hilfsbereit, nett zu seinen Matrosen. Doch seine Stimmung kann urplötzlich umschlagen. Dann ist er gereizt und launisch, brüllt herum und verliert die Kontrolle über sich selbst. Insbesondere passiert dies, wenn seine Befugnisse in Frage gestellt werden oder die Rangordnung an Bord nicht anerkannt wird. Kapitän Bligh hat es sich als Ziel gesetzt, ohne Todesfälle und Körperstrafen in den Heimathafen zurückzukehren. Ob es ihm gelingt?


    Boyne schafft es hervorragend, den Alltag der Schiffsbesatzung darzustellen. Das Buch wirkt in sich einfach stimmig und authentisch. Denn die Matrosen haben kein leichtes Leben, sondern kämpfen gegen die Naturgewalten und teilweise auch gegen sich selbst. Denn es gibt Machtkämpfe an Bord, denen auch Turnstile zu Opfer fällt.


    Größtenteils gelingt es dem Autor, den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten. Doch es gab für mich während des Lesens auch ein paar Längen. Das lag aber vor allem daran, dass nicht immer etwas passiert, sondern Boyne sich eben auch die Zeit dafür nimmt, die Eintönigkeit des Lebens an Bord zu beschreiben.


    Besonders spannend war dagegen der vierte Teil des Buches, der den Überlebenskampf der 18 Besatzungsmitglieder und des Kapitäns beschreibt. Hier habe ich wirklich mitgefiebert und mir gewünscht, dass alle gesund und munter im Heimathafen ankommen. Auch Turnstile selbst baut durch seinen Erzählstil Spannung auf, denn er greift mit Sätzen wie „Hätte ich damals gewusst, was vor uns lag“ in der Handlung vorweg und als Leser weiß man, dass irgendetwas schief gehen wird.


    Insgesamt liest sich „Der Schiffsjunge“ sehr flüssig und leicht. Der Schreibstil ist nicht besonders anspruchsvoll, nur eben etwas gewöhnungsbedürftig. Aber man liest sich schnell ein und hat dann auch Spaß an den Äußerungen Turnstiles. Ich musste während des Lesens an so manchen Stellen laut auflachen und fühlte mich dadurch gut unterhalten.



    Mein Fazit:


    Mit „Der Schiffsjunge“ gelingt John Boyne erneut ein durchweg lesenswerter historischer Roman, der gut unterhält und besonders durch dessen vorlauten Hauptcharakter John Jacob Turnstile besticht.

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • da das Buch ja als historisches Jugendbuch eingeordnet wird.

    Das ging aus dem Klappentext der englischen Ausgabe nicht hervor. Ich würde das Buch nicht als Jugendroman einordnen, würde andererseits aber einen interessierten Jugendlichen auch nicht davon fernhalten.


    dass John Boyne die Geschichte um die Meuterei auf der „Bounty“ völlig neu erzählt.

    Das bezieht sich wohl darauf, wie Captain Bligh sonst in der Literatur und Filmen dargestellt wird: als grausamer und cholerischer Kapitän, der die Mannschaft unterdrückt und Schikanen aussetzt. Ich habe allerhand recherchiert und wie es aussieht, hat John Boyne mit seiner "neuen" Darstellung Recht. Bligh war für seine Zeit ziemlich fortschrittlich, vermutlich seiner Zeit voraus, indem er annahm, man könne ein Schiff ohne Körperstrafen erfolgreich führen. Das war damals in der Seefahrt unvorstellbar.

    durchweg lesenswerter historischer Roman, der gut unterhält

    Es freut mich, dass Dir das Buch ebenfalls vergnügliche und spannende Lesestunden bereitet hat.
    Matthieu Zela, der Hauptfigur in "The thief of time" ist, kommt übrigens als "zeitenumgreifende" Figur auch in anderen Romanen Boynes vor, so am Anfang von "Mutiny on the Bounty" und auch in "Crippen". :mrgreen:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Das ging aus dem Klappentext der englischen Ausgabe nicht hervor. Ich würde das Buch nicht als Jugendroman einordnen, würde andererseits aber einen interessierten Jugendlichen auch nicht davon fernhalten.

    Ich denke, diese Einordungen erfolgt hauptsächlich aufgrund des jugendlichen Erzählers. Aber auch vom Erzählstil her ist es für jugendliche sicher geeignet, insofern sie mit dem stellenweise derben Stil umgehen können. :loool: Die deutsche Ausgabe ist jedenfalls im Fischer Jugendbuch Verlag erschienen.


    Ich habe allerhand recherchiert und wie es aussieht, hat John Boyne mit seiner "neuen" Darstellung Recht. Bligh war für seine Zeit ziemlich fortschrittlich, vermutlich seiner Zeit voraus, indem er annahm, man könne ein Schiff ohne Körperstrafen erfolgreich führen. Das war damals in der Seefahrt unvorstellbar.

    Das finde ich sehr interessant!


    Es freut mich, dass Dir das Buch ebenfalls vergnügliche und spannende Lesestunden bereitet hat.
    Matthieu Zela, der Hauptfigur in "The thief of time" ist, kommt übrigens als "zeitenumgreifende" Figur auch in anderen Romanen Boynes vor, so am Anfang von "Mutiny on the Bounty" und auch in "Crippen".

    "The thief of time" und "Crippen" habe ich zwar noch nicht gelesen, beide Bücher stehen aber schon auf meiner Wunschliste! Zela an sich war mir jedenfalls schon in "Der Schiffsjunge" sehr sympathisch, auch wenn er nur eine kleine Rolle spielt. Wird in "The thief of time" denn auch inhaltlich auf die anderen beiden Bücher angespielt?

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Wird in "The thief of time" denn auch inhaltlich auf die anderen beiden Bücher angespielt?


    Das weiß ich nicht, weil ich dieses Buch erst vor zwei Wochen bestellt habe und es noch auf dem SuB liegt. Es wäre aber möglich, weil Zelas Leben über 250 Jahre weg erzählt wird, also sowohl die Zeit der Bounty als auch die Zeit Crippens abgedeckt ist.

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  • Aha! Vielleicht kannst du dann mehr berichten, sobald du das Buch gelesen hast. Würde mich mal interessieren! :winken:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Dies war nun mein 4. Buch von John Boyne und ich bleibe wie immer sprachlos , völlig entzückt vom Schreibstil , von der Art diese Geschichte zu erzählen zurück . Nachdem mir dieses Buch empfohlen wurde , habve ich erstmal gegooglt um ein klein wenig über die Geschichte zu erfahren . Ja sicher irgendwann hatte ich mal einen Film darüber gesehen , aber wie schon im " Ich lese gerade "- Thread , Historie ist nicht so ganz meins . Man sollte sich aber auch nicht vor anderen Genre verschliessen sag ich mir da mal wieder und ich bin nicht enttäuscht wurden . Genauso wie mir am Anfang dieses Buches , wie schon im " Ich lese gerade " - Thread angemerkt , mir fehlt ein klein wenig " das um die Ecke denken , doch je weiter ich in die Geschichte ein getaucht bin um so mehr fiel mir dieser kleine Makel gar nicht mehr auf . :wink: Einzig was ich noch anmerken möchte ist, das der Zweite Teil " Die Reise " hier und da ihre Längen hat , dies macht John Boyne dann aber im 3. - 5 . Teil dann wieder mehr als wett. Da ich diese für mich 2 kleinen Kritikpunkte habe vergebe ich :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: Sterne

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Ich sehe gerade, dass der Link zur Originalausgabe, auf die sich meine Rezi bezieht, verschwunden ist, deshalb ergänze ich das hier nochmal.
    Ein wunderschönes Cover! :thumleft:

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    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Mich hatte John Boyne bzw. John Jacob Turnstile ab der ersten Seite gefangen.
    Als sehr sympathischer Ich-Erzähler schafft er es eine mir durchaus bekannte Geschichte völlig neu zu erzählen. Bekannt war mir die Meuterei auf der Bounty durch zahlreiche Verfilmungen und daraus resultierende interessierte Internet Recherchen.
    Die interessante Sprache, die Sicht der Dinge durch die Augen eines äußerst spannenden Charakters, der mit seiner Biografie einerseits und dem aktuell durchlebten Abenteuer andererseits sehr ausführlich geschildert wird, der eine interessante Entwicklung durchmacht, tolle andere Charaktere, sehr fein und datailliert beschrieben machen die Brillianz der Geschichte aus. Dabei störten mich eventuelle Längen nicht im geringsten, veranschaulichen sie ja einerseits alltägliches Einerlei an Bord, geben aber andererseits tiefe Einblicke in die Seelen, sowohl von Turnstile als auch zumindest die von Bligh.
    Ein bisschen kurzgekommen ist mir die Person Fletcher Christian, aber durchaus in der Wahrnehmung von Turnstile begründet.
    Insgesamt war ich während des gesamten Romans begeistert und vergebe gerne die volle Punktzahl :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Ein sehr gutes Buch, das ich von der ersten bis zur letzten Seite wirklich genossen habe.
    Besonders gefallen hat mir die lebendige und bisweilen amüsante Jugendsprache, mit der die Hauptperson John Jacob Turnstile seine Erlebnisse aus der Ich-Perspektive schildert. Ein äußerst empfehlenswertes Buch. :thumleft:


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Schade, ich kann mich der allgemeinen Begeisterung nicht anschließen. Das Buch konnte mich nicht fesseln, ich habe es nach ungefähr 70% daher erstmal zur Seite gelegt. Vielleicht lese ich es in ein paar Wochen noch weiter, aber gerade kann ich mich nicht dazu überwinden.


    Ich fand es zwar interessant, die Ereignisse auf dem bekannten Schiff einmal aus einer anderen Perspektiven zu verfolgen, Spannung kam dabei aber keine auf. Fand ich die Erzählstimme zu Beginn noch charmant, gingen mir der bemüht trotzige Tonfall und die immer gleichen Wendungen irgendwann gehörig auf die Nerven. Immerhin: Boyne hat die Perspektive und den sprachlichen Duktus des Schiffsjungen konsequent durchgehalten, wenn dieser John Jacob Turnstile auch wesentlich gebildeter und belesener ist, als es für einen Straßenjungen realistisch wäre. Außerdem muss ich Boyne zugute halten, dass er ein relativ differenziertes Bild von Captain Bligh und den Geschehnissen auf der Bounty zeichnet.


    Allerdings hätte es mich gefreut, wenn John Boyne auf das billige Stilmittel der „traumatischen Vergangenheit“ verzichtet hätte.
    Trigger-Warnung:

    Die Rückblenden tragen nichts zur eigentlichen Geschichte bei und erfüllen kaum einen anderen Zweck, als den Leser emotional zu manipulieren; ein „Kunstgriff“, den mittlerweile jeder zweite Autor anwendet, wenn er seinen Figuren den Anschein von charakterlicher Tiefe verleihen will. Ich kann es einfach nicht mehr lesen. Ich finde es in dieser Form genauso sensationslüsternd wie phantasielos.


    Wahrscheinlich würde mein Gesamturteil etwas milder ausfallen, wenn ich nicht gerade vor einige Wochen erst Robert Merles Die Insel gelesen hätte. Auch Merle lässt sich von den Ereignissen auf der Bounty und Tahiti inspirieren, spinnt daraus jedoch eine rein fiktive, aber wesentlich komplexere Erzählung. Die hat mich zwar manches Mal geärgert – und einige Irritationsmomente lagen wohl vollkommen in der Absicht des Autors – wird mir aber gerade deswegen noch lange im Gedächtnis bleiben. Vielleicht ist der Vergleich zwischen Merles Roman und Boynes Erzählung nicht ganz fair, aber Mutiny on the Bounty fällt doch deutlich ab.

    "Selber lesen macht kluch."


    If you're going to say what you want to say, you're going to hear what you don't want to hear.
    Roberto Bolaño