Originaltitel: The Monstrumologist
Buchreihe:
1. Der Monstrumologe
2. The Curse of the Wendigo (bisher nur auf Englisch erhältlich)
Kurzbeschreibung von Amazon.de:
1888: Der Junge Will Henry ist ein Waisenkind und arbeitet als Assistent des kauzigen Dr. Warthrop. Der gute Doktor hat sich auf ein ganz besonderes Gebiet spezialisiert: Er ist Monstrumologe, das heißt, er studiert Monster und macht Jagd auf sie. Eines Abends kommt ein Grabräuber zu Will und dem Doktor ins Labor. Er hat einen schrecklichen Fund gemacht: eine Leiche, in die sich ein Monster verbissen hat. Der Doktor weiß, diese Monsterart ist äußerst gefährlich, da sie Menschen tötet. Und die einzigen, die nun zwischen diesen Bestien und den Menschen stehen, sind der Doktor und der kleine Will
Handlung:
Vor einem Jahr sind die Eltern des 12jährigen Will Henry bei einem Feuer ums Leben gekommen. Die beiden waren angestellt beim seltsamen Dr. Warthrop. Wills Vater war der Assistent des Doktors und ihm und seinen Forschungen regelrecht verfallen, während Wills Mutter seinen Haushalt geführt hat und ihm gegenüber alles andere als positiv eingestellt war. Nach deren Tod nahm Dr. Warthrop den Jungen unter seine Fittiche und er wurde zum offiziellen Nachfolger seines Vaters.
Dr. Warthrop ist allerdings kein normaler Doktor, sondern ein sogenannter Monstrumologe. Zum besseren Verständnis dieser Tätigkeit, hier die Beschreibung, die auf der Innenseite des aufklappbaren Covers angebracht ist:
Monstrumologie:
1. Das Studium von Kreaturen, die sich dem Menschen gegenüber grundsätzlich böswillig verhalten und deren Existenz von der Wissenschaft nicht anerkannt ist. Meist handelt es sich um Wesen, die man dem Reich der Mythen und Legenden zurodnet
2. Die Jagd auf solche Lebewesen …
Eines Nachts bekommen die beiden Besuch vom Grabräuber Erasmus Gray, der ein großes, in Sackleinen gewickeltes „Paket“ abgibt. Darin befinden sich ein totes Mädchen, an dem sich ein sogenannter Anthropophagus festgekrallt hat. Dies ist ein kräftiges, vom Körperbau her gesehen, dem Menschen ähnelndes Wesen, das keinen Kopf besitzt, dessen Augen und Mund inclusive vieler sehr scharfer Zähne allerdings im Oberkörper platziert sind. Das Problem ist, dass es diese sehr gefährliche und gefrässige Art von Monster eigentlich auf dem amerikanischen Kontinent gar nicht geben dürfte. Nach gründlicher Untersuchung des toten Monsters, das an der Perlenkette der Toten erstickt ist, begeben sich Dr. Warthrop und Will Henry zusammen mit dem Grabräuber Erasmus Gray auf eine gefährliche Expedition zu dem Friedhof auf dem Gray seinen „Fund“ mitgenommen hatte um das Geheimnis der Monster zu lüften. Wo kommen sie her und wie viele sind es? Sie werden dort Zeuge eines entsetzlichen Ereignisses! Dr. Warthrop will nicht aufgeben und der Sache auf den Grund gehen. Weitere Nachforschungen führen ihn und seinen jungen Assistenten zurück in die Vergangenheit, zu rätselhaften Vorkommnissen im Leben des Vaters des Monstrumologen…
Meine Meinung:
Dass dieses Buch offiziell unter "Jugendliteratur" geführt wird und "ab 14" empfohlen wird, ist eigentlich gar nicht so selbstverständlich. Wenn man das Cover betrachtet, sich die Kurzbeschreibung durchliest und auch noch die Tatsache berücksichtigt, dass ein 12jähriger Junge die Hauptperson ist, könnte man meinen, einer "harmlosen" Kinderfantasy-Geschichte im Sinne von Harry Potter oder Tintenherz beizuwohnen. Dem ist allerdings nicht so:
Das Buch steht in Sachen Brutalität und Blutvergießen einem lupenreinen Horrorroman in nichts nach. Zudem sind einige wirklich deftige Ekelszenen dabei, die man sich, wenn man einen schwachen Magen hat, nicht unbedingt während des Frühstücks genehmigen sollte. Solche Szenen reihen sich zwar nicht blindlings aneinander wie bei einem Laymon-Buch, treten aber trotzdem regelmäßig auf, was für mich der Hauptgrund ist, dass ich "Der Monstrumologe" nicht in Teenager-, geschweige denn in Kinderhände geben würde.
Ein weiterer Grund, das Buch nicht automatisch als Kindergeschichte abzukanzeln, ist der Schreibstil: Dieser ist sehr anspruchsvoll und atypisch für ein Jugendbuch geraten, und an manchen Stellen kamen mir fast Worte wie "poetisch" oder "philosophisch" in den Sinn. Dies passt allerdings wunderbar zu der Zeit, in der die Handlung angesetzt ist, zum Ende des 19. Jahrhunderts. Auch der Wortschatz, den Rick Yancey benutzt hat, ist kein alltäglicher und ich musste einige Male nach der Bedeutung von Wörtern suchen.
Die Zielgruppe würde ich folgendermaßen definieren: Für Kinder nicht geeignet, reine Anhänger von Erwachsenenliteratur könnten auch enttäuscht sein. Für Erwachsene, die sich unter anderem auch an Jugendliteratur erfreuen können (und zu dieser Gruppe gehöre ich und spontan würden mir auch eine Menge Büchertreffler einfallen ), ist "Der Monstrumologe" allerdings perfekt geeignet.
Ein ganz großes Lob hat sich Rick Yancey in der Charakterisierung seiner Hauptpersonen verdient. Allen voran der Monstrumologe Dr. Pellinore Warthrop, den immer eine etwas düstere, depressive und scheinbar humorlose Aura umgibt. Das Wort "scheinbar" deshalb, weil er mich in seinen vielen zerstreuten und wirren Momentan an Doc Brown aus den Zurück-in-die-Zukunft-Filmen erinnert hat und ich mich über diese Szenen sehr gut amüsiert habe. Auch sein junger Assistent Will Henry, der die Geschichte in der Ich-Form erzählt, allerdings als Erwachsener, ist eine tolle und ausdrucksstarke Person und ein Sympathieträger wie er im Buche steht.
Rick Yancey spielt sehr viel mit klassischen Gruselelementen: alte Friedhöfe, dunkle Wälder, eine heruntergekommene Irrenanstalt, das Labor eines scheinbar durchgeknallten Doktors und viele weitere schaurige Plätze bringen eine unvergleichliche Atmosphäre und machen "Der Monstrumologe" zum genau richtigen Buch für die kalte Jahreszeit, um aus der Sicherheit des heimischen Wohnzimmers, gehüllt in eine warme Decke, den amüsant-düsteren Abenteuern des ungleichen Duos beizuwohnen.
Plumper oder allzu offensichtlicher Humor ist nur spärlich vorhanden. Allerdings ergibt sich oft aus den tollen und an vielen Stellen ironischen Dialogen eine Komik, die genau nach meinem Geschmack war. Vor allem über das zum Running Gag werdende "Mach fix, Will", das der Doktor seinem Assistenten bei jeder möglichen und unmöglichen Aufgabe, die er ihm stellt, zuruft, sogar wenn er langsam und behutsam vorgehen soll, musste ich oft lachen.
Ein gelunger Gag ist zudem noch, dass es eigentlich eine "Geschichte in der Geschichte" ist. Prolog und Epilog wurden von Rick Yancey in der Ich-Form verfasst, der sich somit selbst in die Handlung einbringt, aber dazu möchte ich nicht mehr verraten.
Zusätzlich erwähnenswert ist die Optik des Buches. Zum wunderschönen Cover in Holzschnitt-Optik gesellen sich noch weitere tolle Bilder im gleichen Stil, auf die man im Laufe der Geschichte trifft. Auf vielen Seiten wurden dann noch einige "nette" Werkzeuge, die von einem Monstrumologen benutzt werden, abgebildet, was hervorragend aussieht und man auch gut am Schnitt beobachten kann.
Fazit: Ein tolles Buch mit wunderbar schauriger Atmosphäre und einer sehr schönen Sprache, das ich an die oben erwähnte Zielgruppe nahezu uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Ich vergebe 4,5 Sterne, abgerundet auf , da ich noch ganz leichtes Steigerungspotenzial in Vorausschau auf das Zweitwerk um den Monstrumologen sehe.