Xueqin Cao - Hung Lou Men, Book I Or, The Dream of the Red Chamber.

  • Nach Die Reise nach Westen und Die drei Königreiche ist "Der Traum der roten Kammer" der dritte große Romane der chinesischen Literatur, der weit über seine Entstehungszeit hinaus bis in die heutige chinesische Kultur reicht. Er ist „moderner“ als die beiden anderen Titel indem er sich einer mehrfach gerahmten Handlung bedient, in der sich zunächst ein Erzähler vorstellt, der die Geschichte ankündigt in der dann ein Taoist und ein Buddhist einen Stein finden, der der Göttin der Arbeit Nü Wo bei Ausbesserungsarbeiten am Himmel übrig geblieben und dann zur Erde geworfen worden ist. Dieser Stein hat einen Prozess der Verfeinerung durchlaufen – ähnlich dem eines buddhistischen oder taoistischen Heiligen und kann sich nun bewegen und seine Größe und Form verändern. Der Buddhist beschließt den Stein mit charakterisierenden Schriftzeichen zu versehen und ihm einer würdigen Familie zuzuführen.

    Lange Zeit später wird dieser Stein in der Nähe seines alten Fundortes wiedergefunden von dem taoistischen Priester K’ung K’ung gefunden und mittlerweile ist er mit seiner Lebensgeschichte und der Geschichte der Familie, in die der Buddhist ihn damals eingeführt hatte beschriftet, deren Skandalen und Skandälchen, Gedichte, Oden, Lieder, Reden und anderen Dingen. Insgesamt also eine Geschichte vor allen Dingen von einer Gruppe von jungen Frauen, ohne den moralischen Wert der von „Die Reise nach Westen“ oder die histiographische Tiefe von „Die drei Königreiche“. Hier sind Charakterisierungen der Figuren ihnen selbst zu geordnet und nicht einer übergeordneten Lehre, die die Leser aus den Geschichten ziehen sollen. Alles n Allem etwas, was der Stein in erster Linie als Unterhaltungsliteratur bezeichnet – oder auch leichte Literatur.

    Dann beginnt die eigentliche Erzählung mit der Ankunft des Steins in der Form eines Edelsteins in einer kleinen Familie, deren Schicksal er in der Folge aufzeichnet. Und von der aus er bald in die Nähe des unter Frauen aufgewachsenen Lebemannes Pao-yü gerät um dessen Eskapaden und Bemühungen um Identitätsfindung zwischen verschiedenen hochrangigen Familien, dem Kaiserhof und den Angestellten zu finden.

    Wie auch „Die Reise nach Westen“ und „Die drei Königreiche“ ist auch dieser Roman in serieller Form geschrieben und mit dem ersten Band in keinster Weise abgeschlossen. So beginnt jedes Kapitel mit einer Herleitung und endet mit einem Hinweis auf das folgende Kapitel, was geradezu zum Einfügen von Werbepausen provozieren mag. Die Sprache ist in dieser Übersetzung zugänglicher als in den andern beiden genannten Werken der klassischen chinesischen Literatur, zeichnet sich aber immer noch durch eine für nichtchinesische Ohren manchmal ermüdende Struktur- und Formelhaftigkeit aus, was aber immer wieder durch sprachliche Eskapaden bestimmter Figuren aufgelockert wird. In diesen Momenten wird der Roman deutlich unterhaltsamer und entwickelt auch einen erstaunlichen Humor.

    Die an vielen Stellen eingefügten Gedichte und Lieder und die damit oft verbundene Literaturkritik geben zusammen mit architektonischen und malerischen Exkursen Einblicke in das altchinesische Kunstverständnis, wie es im 18. Jahrhundert wohl gewesen sein könnte. Ein abschließendes Urteil zu diesem Buch wird es geben, wenn ich auch den zweiten Teil gelesen habe.

  • Seit 2009 gibt es auch eine vollständige deutsche Fassung dieses Textes.