Anja Jonuleit - Herbstvergessene

  • Klappentext

    "Das alles liegt nun so fern von mir, und an manchen Tagen verscheucht das wirkliche Leben die Gespenster der Vergangenheit.
    Dann machen meine Hände mich glauben, dass ich schuldlos bin."


    Nach dem rätselhaften Tod ihrer Mutter Lilli Sternberg findet Maja in deren Nachlass ein Foto. Es zeigt Großmutter Charlotte mit einem Baby. Doch dieses Baby hat keinerlei Ähnlichkeit mit der hellblonden, blauäugigen Lilli. Maja begibt sich auf Spurensuche und stößt auf ein dunkles Familiengeheimnis, das alle Gewissheiten in ihrem Leben zunichte macht.


    Die Autorin


    Anja Jonuleit, 1965 in Bonn geboren, ist Übersetzerin und Dolmetscherin. Sie lebte und arbeitete in New York, Bonn, Rom, Damaskus und München. 1994 kehrte sie mit ihrer Familie an den Bodensee zurück. Sie ist Mutter von zwei Kindern. Ihren ersten Roman "Das Wasser so kalr" veröffentlichte sie 2007. "Herbstvergessene" ist ihr zweiter Roman.


    Meine Meinung


    Maja Sternberg erhält unerwartet einen Anruf von ihrer Mutter, mit der sie seit dem Tod der Großmutter kein Wort gewechselt hat. Als sie eine Woche später zu ihr nach Wien reist, ist ihre Mutter tot, Selbstmord. Doch Maja glaubt nicht daran und beginnt zu recherchieren. Sie stößt auf ein altes Foto von ihrer Großmutter Charlotte mit einem Baby auf dem Arm. Doch das ist nicht Majas Mutter Lilli. Außerdem fehlt auf deren Geburturkunde der Name des Vaters und als Geburtort ist "Hohehorst" angegeben, während der Zeit des Nazi-Regimes ein "Lebensborn"-Heim für unverheiratete Schwangere. Maja weiß nicht mehr, was sie glauben soll. Sie begegnet Erna Buchholtz, der hilfsbereiten Nachberin ihrer Mutter; Dr. Prohacek, der bei ihrer Mutter Krebs diagnostizierte und wohl auch privat Kontakt zu Lilli hatte; und Roman Sartorius, dessen Vater Arzt in Hohehorst war und der Maja irgendwie anzieht. Doch jeder scheint vor ihr etwas zu verbergen. Und schließlich gelangt Maja in den Besitz eines Manusskripts und einiger Unterlagen, die ihr Leben auf den Kopf stellen.


    "Herbstvergessene" erzählt die Geschichte von drei Frauen unterschiedlicher Generationen in vier Teilen mit vielen kleinen Kapiteln. Im Buch wechselt sich immer ein Kapitel über die Jüngste von ihnen, Maja, mit einem Kapitel ihrer Großmutter, Charlotte, ab. Beide sind in der Ich-Perspektive verfasst. Maja erzählt von der Gegenwart, wie sie versucht die Geheimnisse von Mutter und Großmutter zu lüften, wie ihr Liebesleben immer komplizierter wird und wie sie schließlich ihr gesamtes Leben umkrempelt. Die Geschichte, die Charlotte erzählt, spielt die meiste Zeit in Hohehorst, 1944/45. Es ist ein Manusskript, eine selbstverfasste Autobiographie in denen ihre große Liebe Paul, ihre Freundin Hanna und Dr. Sartorius eine Rolle spielen.
    Der Leser weiß zwar immer ein wenig mehr als Maja, was die Vergangenheit der Großmutter angeht. Doch was Lilli Sternverg herausgefunden hat und warum sie sich selbst umbrachte, dass muss man erst mit Maja ergründen.


    Anja Jonuleit erzählt eine fesselnde Geschichte. Zwar beschreibt sie oft detailreich Orte oder Personen, doch dadurch zieht sie den Leser aber noch mehr hinein. Jede Person bekommt eine Persönlichkeit und besonders mit Maja konnte ich mich leicht anfreunden.


    Alles in allem ist es ein sehr gelungenes Buch über Gegenwart und Vergangenheit, über Freundschaft, Liebe, Angst, Trauer, Schmerz und Sehnsucht.
    Das Buch hat mich mitgerissen, ich wollte unbedingt erfahren, was es mit den ganzen Geheimnissen auf sich hatte und wurde nicht enttäuscht.
    Im Endeffekt hat es mir sogar noch besser gefallen, als ich anfangs gedacht hatte und auch wenn das Ende ein wenig offen war und ich immer noch ein oder zwei Fragen hatte, das Buch bekommt von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "All we have to decide is what to do with the time that is given to us."

  • Seta


    Da hast du aber ein (für mich) richtig interessantes Buch vorgestellt... :thumleft: Schade, dass es erst ab dem 1. September lieferbar ist, aber, ich hab mir gleich eine Notiz in meinen Kalender gemacht, damit ich nicht vergesse es am 31.8. bei meinem Buchhändler zu bestellen... :wink:

  • Wer bin ich - wo komm ich her?


    Dem Geheimnis seiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen, ist immer wieder ein dankbares Thema für Bücher jedes Genres. Meist stößt der Protagonist im Laufe seiner Recherche auf Schriftstücke aus der Vergangenheit, die ihm und dem Leser nach und nach die Wahrheit enthüllen. Jonuleit geht anders vor: Parallel zu Majas Nachforschungen schiebt sie kapitelweise autobiographische Notizen ein, so dass der Leser immer schon mehr weiß als Maja.


    Dem Leser klar zu machen, warum es so lange dauert, bis Maja in den Besitz der Unterlagen kommt, obwohl sie recht früh davon erfährt, erfordert ein recht bemühtes Konstrukt der Autorin, ein Verfahren, das an vielen Stellen verwendet wird: Mal ist die Person, die das nächste Puzzleteil liefert, nicht erreichbar, mal verwehrt sie die Hilfe, mal ist sie an einem anderen Ort als Maja glaubt. Es beeinträchtigt die Stringenz einer Geschichte, wenn das Gerüst, das ein Autor braucht, um seinen Plot logisch und chronologisch nachvollziehbar aufzubauen (und auf eine bestimmte Länge / Seitenzahl zu dehnen), durchschimmert.


    Während das Buch stark anfängt und Majas innere Auseinandersetzung mit der Mutter Lilli und die Trauer um ihren Tod glaubwürdig schildert, verwässert es leider im Mittelteil, vor allem in Majas beiden Beziehungsgeschichten mit Männern - einer von ihnen "der schönste Mann, den ich je gesehen habe" - und endet in einer lächerlichen Szenerie, die wie eine Parodie auf mittelmäßige Krimis anmutet


    Die Klärung von Lillis Tod entspricht einem Schema, das sich bei vielen deutschen (Fernseh)Krimis beobachten lässt:


    Insgesamt liest sich das Buch trotz der Kritik spannend und unterhaltsam, wobei die autobiographischen Passagen fesselnder sind als die Hauptgeschichte und angenehm ruhig von einem exemplarischen Schicksal in den 1940er Jahren erzählen ohne zur Betroffenheitsprosa zu werden.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



    2 Mal editiert, zuletzt von Marie ()

  • In ihrem Roman "Herbstvergessene" erzählt die Autorin Anja Jonuleit
    die Geschichte von Charlotte Sternberg, ihrer Tochter Lilli und ihrer
    Enkelin Maja Sternberg.



    Maja Sternberg ist 40 Jahre alt und hat fast gar keinen Kontakt zu
    ihrer Mutter Lilli. Da meldet sich diese plötzlich und möchte ihre
    Tochter Maja dringend treffen. Doch dieses Treffen kommt nicht mehr
    zustande, denn Lilli stirbt.



    Im Nachlass ihrer Mutter findet Maja Unterlagen und Fotos, die sie
    stutzig machen. Was für ein Geheimnis hatte ihre Großmutter Charlotte ?
    Wer ist ihr Großvater ? Was hat der Ort Hohehorst damit zu tun ? Maja
    beginnt in der Vergangenheit ihre Familie zu forschen.


    Parallel zu dieser Geschichte, wird die Geschichte von Charlotte erzählt, die in den Zeit des 2. Weltkrieges spielt.



    Ich bin wirklich begeistert von diesem Buch. Bis ca. zur Hälfte des
    Buches fand ich es ganz okay und ganz nett. Aber dann konnte ich gar
    nicht mehr aufhören zu lesen und war ganz gefesselt von diesem Roman.
    Das Ende konnt ich nicht erahnen und es war wirklich überraschend.


    Hoffentlich schreibt die Autorin noch das ein oder andere Buch. Ich kann dieses hier nur weiterempfehlen !


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.
    aus Arabien



  • Inhalt:
    „Das alles liegt nun so fern von mir, und an manchen Tagen verscheucht das wirkliche Leben die Gespenster der Vergangenheit. Dann machen meine Hände mich glauben, dass ich schuldlos bin.“
    Nach dem rätselhaften Tod ihrer Mutter Lilli Sternberg findet Maja in deren Nachlass ein Foto. Es zeigt Großmutter Charlotte mit einem Baby. Doch dieses Baby hat keinerlei Ähnlichkeit mit der hellblonden, blauäugigen Lilli. Maja begibt sich auf Spurensuche und stößt auf ein dunkles Familiengeheimnis, das alle Gewissheiten in ihrem Leben mit einem Schlag zunichte macht.


    Meine Meinung:
    Anja Jonuleit hat mit diesem Roman einen gefühlvollen und tragischen Familienroman geschrieben.
    Majas Verhältnis zu Ihrer Mutter war stets kühl und distanziert. Daher freut sich Maja nicht so sehr auf ein Treffen mit ihrer Mutter in Wien. Als sie ankommt, ist diese jedoch tot. Gestürzt, alles deutet auf einen Selbstmord hin, doch das passt so überhaupt nicht zu Lilly Sternberg. Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf uns so begibt sich Maja auf die Suche nach Spuren im Leben ihrer Mutter. Dabei stößt sie auch auf ein schreckliches Familiengeheimnis ihrer Großmutter und gerät immer mehr in Verstrickungen und dunklen Tragödien, die vielleicht besser verborgen blieben.
    Unter anderem spielt hier die Zeit des zweiten Weltkrieges eine große Rolle. Der Roman ist überwiegend aus Majas und aus Charlottes Sicht (also der Großmutter) geschrieben. So bekommt man Einblick in das Leben der drei Personen. Dem Leser werden nach und nach die Beziehungen bewusster und lassen so langsam erahnen welche Tragödie sich abgespielt haben muss.
    Ich habe bis zum Schluss gerätselt um dann erleichtert aufzuatmen, endlich der Lösung auf die Spur gekommen zu sein.
    Die Autorin spielt mit dem Leser, lässt ihn hin und her raten um am Ende erkennen zu lassen, das er doch auf dem Holzweg war.
    So ist der Roman nicht nur tragisch und traurig, sondern auch noch spannend zu gleich. Kurz vor dem Ende erklärt sich auch der Titel, der nicht treffender hätte sein können.
    Die Charaktere sind sehr gut beschrieben, die Protagonistin wirkt selbstbewusst und sympathisch.
    Der Schreibstil ist fließend und meiner Meinung nach recht anspruchsvoll. Das Cover ist wunderschön gestaltet mit einem Foto auf dem sich eine Frau und ein Kind befinden, umrahmt von Ahornblättern. Wirklich passend zu diesem Roman.


    Fazit:
    Ein gefühlvoll geschriebener und tragischer Familienroman mit Liebe, Leid und Schmerz. Voller Spannung, die den Leser begeistert mit hinein zieht in ein Drama das sich viele Jahre zuvor ereignete.
    Anja Jonuleit wurde 1965 in Bonn geboren, ihren ersten Roman „Das Wasser so kalt“ veröffentlichte sie 2007.

  • Das Buch „Herbstvergessene“ von Anja Jonuleit ist eine Mischung aus Frauenroman, Krimi und Familiengeschichte, verbunden mit tatsächlichen, geschichtlichen Begebenheiten.
    Maja, die jahrelang keinen Kontakt zu ihrer Mutter Lilli hatte, erhält eines Tages einen Anruf von Lilli. Sie möchte ihrer Tochter etwas Wichtiges mitteilen und bittet sie, zu ihr nach Wien zu kommen. Als Maja in Wien eintrifft, ist Lilli tot. Sie habe Selbstmord begangen, so heißt es, aber Maja zweifelt daran und begibt sich auf Spurensuche, die sie bis zum Leben ihrer Großmutter Charlotte in die Zeit des 2.Weltkrieges zurückführt. Dort scheint der Grund für ein lang gehütetes Familiengeheimnis zu liegen.
    Die Handlung spielt in der Ich-Form sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit, Die beiden Stränge werden durch verschiedene Schriftformen deutlich voneinander abgegrenzt und im Verlauf zusammengeführt. In der Gegenwart unternimmt Maja Nachforschungen nach den möglichen Ursachen von Lilli’s Tod, in der Vergangenheit berichtet Maja’s Großmutter von ihren Erlebnissen in einem Lebensborn-Heim der Nationalsozialisten. Durch diese Erzählform kommt Abwechslung in das Geschehen und nach und nach baut sich eine gewisse Spannung auf, bis es am Ende für fast alle Rätsel eine plausible Erklärung gibt.
    Die Erzählung lässt sich einfach lesen, holpert allerdings an manchen Stellen erheblich. Der Leser ist Maja in ihren Gedanken und ihrem Tun immer ein Stück weit voraus und möchte ihr beinahe auf die Sprünge helfen, verhält sie sich doch teilweise recht ungeschickt und naiv. Dahingegen sind die Abschnitte, die sich mit Charlotte und der Vergangenheit beschäftigen, einem schrecklichen Kapitel deutscher Geschichte, sehr interessant und informativ. Leider verliert sich Anja Jonuleit hier und da in zu detaillierte und schlichtweg überflüssige Beschreibungen, so dass es in der Handlung besonders in der Gegenwart nur schwerfällig vorangeht. Mit dem Schluss des Romans hat sich die Autorin meiner Meinung nach wenig Mühe gegeben, er wirkt zusammengeschustert und grenzt an Trivialliteratur.
    Bei „Herbstvergessene“ handelt es sich um die Geschichte dreier Frauen, die zwar stark sind, aber noch stärker sein könnten. Da Vergangenheitsbewältigung fast jeden betreffen kann und historische Ereignisse nicht vergessen werden sollten, ist die Thematik zeitnah und greifbar. Daher ist das Buch trotz einiger Schwächen und Ungereimtheiten durchaus lesenswert und unterhaltsam.

  • Das Buch "Herbstvergessene" von Anja Jonuleit handelt von drei Frauen, Maja Sternberg, ihrer Mutter Lilli Sternberg und ihrer Großmutter Charlotte Sternberg. Maja hatte schon immer ein engeres Verhältnis zu ihrer Großmutter. Zu ihrer Mutter hat sie schon seit Jahre keinen Kontakt mehr. Sie sieht in ihrer Mutter eine starke, ehrgeizige Person, die sich die gleichen Eigenschaften von ihrer Tochter wünscht. Sie fühlt sich ständig unter Druck gesetzt. Eines Tage erhält Maja einen Anruf von Lilli, die ihr gerne persönlich bei einem Treffen Dingen mitteilen und zeigen möchte. Als Maja in Wien vor der Wohnung der Mutter ankommt, ist es leider zu spät. Lilli hat sich angeblich aus dem Fenster gestürzt und Selbstmord begangen, was Maja anzweifelt. Erst nach dem Tod ihrer Mutter lernt sie das Umfeld ihrer Mutter und somit ein Stückchen ihre Mutter besser kennen. In den Sachen ihrer Mutter findet Maja viele Dinge, die Frage aufwerfen. Sie passen nicht mit ihrer Vorstellung der Familien-Vergangenheit zusammen. Die Suche nach den Antworten und nach dem Geheimnis, welches ihre Mutter ihr vor ihrem Tod noch mitteilen wollte, erfährt sie viele neue unerwartete Dinge über ihre Großmutter, und sie reist von Haus Hohehorst bei Bremen, in dem Ende des 2. Weltkrieges ein Lebensbornheim eingerichtet war und welches als Geburtsort ihrer Mutter Lilli auf der Geburtsurkunde angegeben war, bis nach Ligurien in das ehemalige Ferienhaus ihrer Großmutter und begibt sich in gefährliche Situationen.


    Das Buch erzählt die Geschichte in zwei Handlungssträngen, die in der Gegenwart und in der Vergangenheit spielen. Beide sind in der Ich-Form geschrieben. Die Gegenwart wird aus Majas Sicht geschildert und die Vergangenheit aus Charlottes und nicht aus Lillis, wie ich nach Leseprobe fälschlicherweise angenommen hatte. Da der Leser durch Lillis Schilderungen bereits Informationen hat, die Maja noch nicht rausgefunden hat, ist man ihr häufig einen Schritt voraus. Die Wechsel zwischen den beiden Handlungssträngen sind gut gemacht, weil der Leser mehrfach die Antworten zu den Fragen, die Maja sich gerade gestellt hat, von Lilli erhält.


    "Herbstvergessene" lässt sich schwer einem Genre zuordnen. Es ist eine Kombination aus Familienroman, ein wenig Liebesgeschichte und, durch die Suche nach der Vergangenheit und der Wahrheit um den Tod von Lilli, einem guten Krimi. Hinzu kommt der interessante geschichtliche Aspekt der Lebensbornheime in der Nazi-Zeit hinzu.


    Der Text ist meistens flüssig lesbar, jedoch benutzt die Autorin an Stellen, die wichtige Dinge oder starke Emotionen der Charaktere hervorheben sollen, kurze und unvollständige Sätze, die in meinen Augen etwas holprig wirken.


    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und kann es wirklich weiterempfehlen. Auf jeden Fall ein 4-Sterne-Buch!

  • So, nun habe ich mich auch endlich durch das Buch gewurschtelt.


    Zu dem Inhalt muss ich ja nicht mehr viel schreiben, das haben meine Vorschreiber ja vortrefflich gemacht :wink: :thumleft:


    Leider muss ich gleich zu Beginn sagen, dass ich etwas enttäuscht worden bin von dem Buch.


    Die Idee zwei Handlungsstränge bzw. Sichtweisen (oder wie man es auch nennen mag) parallel laufen zu lassen war eine gute Idee und so wurde nur Stück für Stück das "Familiengeheimnis" sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart gelüftet und man ahnte bis zur jeweiligen Auflösung meist auch nicht so wirklich bzw. nur in Ansätzen was geschehen war. Einige Stellen waren für mich wirklich überraschend und ich staune immer wieder, was Autoren sich für Geschichten einfallen lassen können. Nichtsdestotrotz fehlte allgemein das richtige Element der Spannung und ich bin der Meinung, dass man hier mehr hätte reißen können.


    Zwar wurden alle Geheimnisse um den Tod der Lilli Sternberg aufgedeckt und das Konstrukt, was sich dahinter verbarg war auch recht gut gesponnen, aber für mich kam nie wirklich richtige Spannung auf. Das war auch der Grund, warum ich so lange an dem Buch gelesen habe. Vielleicht habe ich das Buch aber auch einfach in der für mich persönlich falschen Stimmung gelesen.


    Interessant für mich war, dass man einiges über die Lebensborn-Geschichte/Heime erfuhr, die mir nahezu neu war. Man bekam wirklich Lust auch selber noch zusätzlich zu recherchieren. Diese spannenden Anteile fand man jedoch oftmals nur im Geschriebenen der Großmutter Charlotte, die mir auch auf Anhieb als einzige Figur irgendwie sympathisch war.


    Mit den einzelnen anderen Charakteren wurde ich leider nicht wirklich warm, so dass es mir schwer fiel in die Geschichte richtig eintauchen zu können. Man fand regelrecht die Persönlichkeit auch in den Erzählstilen wieder. Großmutter Charlotte´s "Kapitel" waren teilweise energisch und historisch interessant gestaltet, wohingegen Maja Sternberg´s "Kapitel" auf mich oftmals dahinschleppend wirkten, so dass man ihr gerne hin und wieder mal auf die Sprünge geholfen hätte, was jedoch am Inhalt der Kapitel lag und nicht am Erzählstil an sich, der eigentlich flüssig zu lesen war.


    Auch wenn mich das Buch etwas enttäuscht hat, würde ich das Buch trotzdem an Leser weiterempfehlen, die gerne Familiendramen lesen.




    Von mir bekommt das Buch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ein Buch, wenn es so zugeklappt daliegt, ist ein gebundenes, schlafendes, harmloses Tierchen, welches keinem was zuleide tut. Wer es nicht aufweckt, den gähnt es nicht an. Wer ihm die Nase nicht gerade zwischen die Kiefer steckt, den beißt es nicht. :study:
    Wilhelm Busch

  • Der Kontakt zwischen Maja Sternberg und ihrer Mutter Lilli beschränkt sich seit Jahren auf den Austausch von Geburtstags- und Weihnachtsgrüßen. Deshalb ist Maja ziemlich überrascht einen Telefonanruf der Mutter zu erhalten. Lilli scheint etwas Wichtiges auf dem Herzen zu haben, das sie auf keinen Fall am Telefon besprechen möchte. Sie lädt Maja deshalb zu sich nach Wien ein. Doch zu einer Aussprache zwischen den beiden kommt es nicht mehr, denn als Maja zum verabredeten Termin an der Wohnung eintrifft, ist die Mutter bereits tot. Die Polizei geht von einem Selbstmord aus. Maja hat große Zweifel am Freitod der Mutter und beginnt deshalb sich im näheren Umfeld der Verstorbenen umzusehen. In Lillis Nachlass findet Maja erste Hinweise auf ein altes Familiengeheimnis, dessen Spuren bis in den zweiten Weltkrieg führen. Doch je tiefer Maja in der Vergangenheit gräbt, desto gefährlicher werden die Nachforschungen. Jemand scheint großes Interesse daran zu haben, dieses Geheimnis um jeden Preis zu bewahren....


    Meine Meinung


    Anja Jonuleit erzählt die Geschichte von Maja, ihrer Mutter Lilli und der Großmutter Charlotte. Schritt für Schritt offenbart sich beim Lesen ein gut gehütetes Familiengeheimnis, wobei sich die vermeintliche Familiengeschichte langsam zum Spannungsroman entwickelt.


    Die Handlung verläuft in zwei Erzählsträngen, die sich durch ein unterschiedliches Schriftbild gut voneinander abgrenzen. Die Rückblicke in die Vergangenheit erhält man durch die Aufzeichnungen Charlottes. Sie schildert, in der Ich-Form, ihre Lebensgeschichte vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs. Sie beginnt mit der Beschreibung ihrer großen Liebe zu Paul, die sie schließlich in ein Lebensbornheim, für unverheiratete, arische Mütter, in der Nähe von Bremen führt. Die zweite Perspektive wird ebenfalls in der Ich-Form, diesmal aus Majas Sicht, erzählt. Hier verfolgt man, wie Maja langsam einem Geheimnis auf die Spur kommt und wie ihre Zweifel am Selbstmord der Mutter immer stärker werden.


    Durch die beiden Perspektiven verläuft die Handlung abwechslungsreich und interessant. Die relativ kurzen Kapitel verleiten ausserdem zum Weiterlesen. Dennoch hat die Erzählung, gerade im Anfangsbereich der Gegenwartsperspektive, einige Längen. Die Hauptprotagonistin Maja verfolgt entscheidende Hinweise nur zögerlich oder lässt sich auf später vertrösten. Das erfordert beim Lesen etwas Geduld und lässt sich manchmal nur schwer nachvollziehen. Gerade bei einer Erzählung in der Ich-Perspektive, ist es für mich wichtig, mich in die entsprechende Figur hineinzuversetzen und ihre Handlungen nachzuvollziehen. Das ist mir in Majas Fall nicht immer gelungen. Nach ersten Startschwierigkeiten nimmt die Handlung jedoch an Fahrt auf und wird deutlich spannender.


    Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar. Durch die detaillierten Beschreibungen fällt es leicht, sich Handlungsorte und Personen vorzustellen. Es ist der Autorin gut gelungen, das Rätsel um Lilli Sternbergs Tod und die genauen Hintergründe erst ziemlich zum Schluß zu enthüllen. So lange tappt man im Dunkeln und kann sich nicht sicher sein, wer es ehrlich mit Maja meint. Majas zögerliche Handlungsweise und die daraus resultierenden Folgen, lassen die Handlung allerdings stellenweise etwas konstruiert und unglaubwürdig wirken.


    Mein Fazit


    Insgesamt gesehen konnte mich "Herbstvergessene", trotz der leichten Startschwierigkeiten und der genannten Kritikpunkte, überzeugen. Was als Familiengeschichte beginnt, steigert sich im weiteren Verlauf zu einem Spannungsroman mit einem interessanten historischen Hintergrund. Obwohl ich zugeben muss, dass für meinen Geschmack schon fast zu viele Zufälle dabei waren, habe ich mich insgesamt gut unterhalten und vergebe deshalb vier von fünf Bewertungssternen.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Kurzbeschreibung:
    Für eine Versöhnung ist es zu spät: Zehn Jahre lang hat Maja Sternberg keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter Lilli gehabt - jetzt ist Lilli tot. Die Polizei in Wien spricht von Selbstmord. Doch daran mag Maja nicht glauben. In der Wohnung ihrer Mutter findet sie deren Geburtsurkunde: Der Name des Vaters fehlt. Als Geburtsort ist Hohehorst eingetragen. Ein Foto zeigt Großmutter Charlotte mit einem Baby, doch dieses dunkle Baby hat keinerlei Ähnlichkeit mit der hellblonden, blauäugigen Lilli. Von Schuldgefühlen und Neugier getrieben, begibt Maja sich auf die Spurensuche und stößt auf ein dunkles Familiengeheimnis, das alle Gewissheiten in ihrem Leben mit einem Schlag zunichtemacht... *Quelle*


    Zur Autorin:
    Anja Jonuleit wurde in Bonn geboren, lebte einige Jahre im Ausland und studierte Italienisch und Englisch. Sie arbeitete als Übersetzerin und Dolmetscherin, bis sie anfing, Romane und Geschichten zu schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Friedrichshafen.


    Meinung:
    Die 41-jährige Maja Sternberg hat seit Jahren nur sporadischen Kontakt zu ihrer in Wien lebenden Mutter Lilli, der aus nichtssagenden Weihnachts- und Geburtstagskarten besteht. Doch eines Tages ruft Lilli, die als Dolmetscherin eine große Karriere gemacht hat, ihre Tochter mit der Bitte an, sie möge sich mit ihr treffen, da sie ihr einiges zu erzählen habe. Maja macht sich eher widerwillig auf den Weg nach Wien, doch da ist Lilli schon tot. Angeblich hat sie Selbstmord begangen, sich von ihrer Terrasse hinuntergestürzt.


    Doch Maja glaubt nicht an diese These, auch wenn Lilli eine schwere Krebserkrankung hatte. Bald erreicht Maja ein Brief von einer alten Freundin ihrer Mutter, in dem sich ein Schlüssel und ein Foto ihrer Großmutter Charlotte mit Tochter Lilli auf dem Arm befindet. Aber Maja muss erkennen, dass es gar nicht ihre Mutter als Baby auf dem Foto sein kann, denn sie wurde erst 2 Monate später geboren als das angegebene Datum auf dem Foto ausweist. Hatte die Großmutter noch ein Kind? Und wenn ja, was ist aus ihm geworden? Maja deckt nach und nach ein Familiengeheimnis auf, das ein größeres Ausmaß annimmt, als sie sich jemals hätte vorstellen können.


    Anja Jonuleit hat mit Herbstvergessene einen Roman geschrieben, den ich nur jedem Leser von Familiengeschichten und -geheimnissen ans Herz legen möchte, vor allem für Fans von Lucinda Riley könnte dieses Buch auf jeden Fall etwas sein.


    Maja Sternberg ist eine äußerst sympathische Protagonistin, in die ich mich sofort hineinversetzen konnte. Ihre Beziehung zur Mutter Lilli ist von jeher sehr angespannt, die beiden haben nichts gemeinsam und Lilli null Verständnis für die Berufswahl ihrer Tochter, die sie so gerne auch als Dolmetscherin gesehen hätte.


    Erst mit dem Tod der Mutter nähert sich Maja ihr ein wenig an und erfährt durch Gespräche mit Lillis Nachbarin Erna Buchholtz, das es auch eine andere Seite an ihr gab, vor allem, als sie die Krebsdiagnose bekam, stellte Lilli wohl ihr Verhalten gegenüber der Tochter in Frage, doch leider fehlte die Zeit für eine Aussöhnung.


    Eine große Rolle spielt auch Charlotte, die Großmutter Majas. Ihre Geschichte wird abwechselnd mit Majas Erlebnissen erzählt. Diese ist im 2. Weltkrieg angesiedelt und erzählt von ihrer großen Liebe Paul und ihrer Zeit in einem Lebensborn-Heim, denn sie war schwanger und Paul der Mann ihrer Schwester Leni.


    Die Nebenfiguren wurden allesamt interessant gestaltet. Zu erwähnen wären hier Erna Buchholtz, die hilfreiche Nachbarin von Majas Mutter und Roman Sartorius, der bis zum Ende hin ein wenig mysteriös erscheint. Dessen Vater Heinrich war im Lebensborn als Arzt tätig und mit Majas Großmutter Charlotte bekannt.


    Die Handlung gestaltet sich von Anfang an als spannend, denn durch die sich abwechselnden Perspektiven von Majas und Charlottes Erlebnissen möchte man als Leser immer wissen, wie es weitergeht. Eine düstere Stimmung zieht sich hier quer durch die Geschichte hindurch, denn der Selbstmord von Lilli wird hier immer wieder in Frage gestellt und auch Maja fühlt sich immer öfter beobachtet, sodass sich der Roman in manchen Abschnitten schon eher wie ein Krimi liest.


    Die Auflösung der ganzen Geschichte wurde von Anja Jonuleit sehr schlüssig aufgedeckt und dank ihres sehr fesselnden Schreibstils fliegt man nur so durch die Seiten dieses gelungenen Familienromans.


    Fazit:
    Herbstvergessene ist ein fesselnder Familienroman, der bis zum Ende hin spannend bleibt und gekonnt die Zeit des 2. Weltkriegs im Lebensborn einfängt. Hier hat Anja Jonuleit sehr gut recherchiert und vermag diese dunkle Zeit dem Leser näherzubringen. Für Leser von Lucinda Riley kann ich diesen Roman uneingeschränkt empfehlen.


    Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: