Jadetöchter - Hsu-Ming Teo

  • Dieses Buch habe ich von einem lieben Menschen geschenkt bekommen - und bin begeistert davon.


    Klappentext:
    "Jadetöchter ist die Geschichte von Grace Tay, die aus einer chinesischen Familie stammt, deren Wurzeln in Singapur liegen. Und es ist die Geschichte ihrer Mutter Pandora, nach deren Tod Grace in diese geheimnisvolle Stadt zurückkehrt. Aus der Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Leben und dem ihrer Mutter und Großmuter entwickelt sich eine bewegende Familiengeschichte um die Suche nach Liebe, vor dem Hintergrund der so faszinierenden wie exotischen Kulisse Singapurs."


    Die Geschichte ist unheimlich bewegend. In Rückblicken wird von der Großmutter und Mutter, der Kindheit des Vaters und der eigenen Kindheit von Grace berichtet. Man taucht oft ein in eine andere Zeit und in eine andere Kultur. Und diese Geschichten gingen mir unter die Haut. Sie machten mich teils wütend, teils fassungslos und ich fühlte mich auch zuweilen hilflos, mitansehen zu müssen, wie Menschen aufgrund ihrer Geschichte immer wieder den "falschen" Weg einschlugen und auch ihre Beziehungen untereinander absolut "lebens- und liebensfeindlich" gestalteten.


    Vor dem Hintergrund der jeweiligen eigenen Kindheitserfahrungen (z.B. die des Vaters und "Patriarchen") kann ich sein Verhalten zwar verstehen, aber es machte mich unheimlich wütend, wie er es seiner Mutter erlaubte, in sein (Ehe-) Leben einzudringen.
    Und ich habe mit Grace Mutter Pandora gelitten, ihre Sehnsucht geteilt und bin mit ihr an ihrem Unvermögen Liebe zu geben und zu bekommen verzweifelt.
    Jeder in dieser Familie jagte der Liebe eines anderen Familienmitglieds nach, das ihn ablehnte oder gleichgültig gegenüber zeigte - und lehnte damit wieder ein weiteres Familienmitglied ab, das sich nach dessen Liebe sehnte. Ein absoluter Teufelskreis.


    Doch neben aller Tragik gibt's in diesem Buch auch was zu Lachen. Viele Situationen sind in ihrer Tragik schon fast wieder komisch und diese Absurdität wird meisterlich beschrieben.


    Überhaupt finde ich die Sprache in diesem Buch einfach klasse. Sensibel geschrieben, oft werden mit wenigen einfachen Worten Dinge ausgedrückt, für die manche Autoren eine ganze Seite brauchen würden. Und auch wenn es über Gewalt oder Sex geht, wird die Sprache nie platt oder ordinär. Das, was es zu erzählen gibt, wird erzählt und benannt - ohne überflüssige Schnörkel. Ganz beiläufig wird in einem Nebensatz etwas erzählt, das einem dem Atem raubt und das Stoff zum Nachdenken bietet. Das finde ich genial.


    Und es war für mich überaus interessant, viel über die chinesische Kultur, den Rassismus in Malaysia und Australien und vor allen Dingen über die diversen Speisen und Garküchen zu lesen. Man konnte sie direkt riechen. Und aus einem Weltspiegel habe ich mal gesehen, wie für die Verstorbenen Opfer aus Papier verbrannt werden. Was mich im Filmbericht baff machte, war, dass man Pappnachbildungen von allen Dingen wie z.B. Fernseher, Computer usw. kaufen konnte, um sie dann für die Toten zu verbrennen. ... Und als Grace berichtet, wie sie als Kind mit ihrer Mutter für die "Hungrigen Geister" solche Opfer verbrannt hat und später dann Kleidung, Taschen usw. aus Katalogen ausschnitt und für ihre Mutter verbrannte musste ich doch weinen. Es war wunderschön, tröstlich und versöhnlich.


    Und so bleibt nach der Lektüre dieses Buches bei all seiner Tragik das Positive und Lebensbejahende bei mir im Gedächtnis. Grace zeigt viel Weisheit und es gelingt ihr, die ganze Familiendramatik für sich irgendwie zu klären und damit weiterzuleben.


    Ein Buch, das ich vielen ans Herz legen möchte.


    grüße von missmarple

  • missmarple


    Vielen, vielen Dank. =D> Ich kenne Jadetöchter auch, und es ist ein sehr bewegendes Buch, und ich könnte mir keine einfühlsamere und gelungenere Vorstellung als Deine denken oder auch nur wünschen. Ich hoffe, daß durch sie das Buch noch vielen anderen so zu Herzen gehen wird wie Dir und mir.


    Gruß
    Ute

  • Zitat

    Original von Ute


    ......und ich könnte mir keine einfühlsamere und gelungenere Vorstellung als Deine denken oder auch nur wünschen.


    missmarple
    Den Worten von Ute MUSS ich mich anschliessen, selten habe ich eine so erstklassige Rezension gelesen.... :!: =D> =D> :thumleft:
    Auch ich habe dieses Buch von einem lieben Menschen geschenkt bekommen :wink: und werde spätestens in unserer Lesenacht damit beginnen. :idea:


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Danke Ute und Bonprix,
    so was hört man natürlich immer gerne :D .


    Aber bei diesem Buch musste ich auch gar nicht groß überlegen, was ich schreiben sollte. Das Buch war noch so präsent und so dicht, mir ging noch so viel durch den Kopf, da kamen die Sätze dann fast von alleine und ich schrieb und schrieb ... und upps, hatte ich schon reichlich Text produziert. Schön, dass der auch gelesen wird. :wink:


    grüße von missmarple

  • @ missmarple, vielen Dank, jetzt brauche ich mir keine Kopfschmerzen mehr zu machen, wie ich meinen Amazon-Gutschein am besten anlege. :lol:


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Habe gerade eine E-Mail von meiner Bibliothek bekommen, dass "Jadetöchter" für mich zur Abholung bereit liegt! :)
    Jetzt bin ich am Grübeln, ob ich vorher nicht doch lieber etwas "leichtes" dazwischen schieben soll ("Herr Lehmann"?), da ich gerade erst ein sehr aufwühlendes Buch gelesen habe... :scratch:


    LG
    Siebenstein

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Zitat

    Überhaupt finde ich die Sprache in diesem Buch einfach klasse. Sensibel geschrieben, oft werden mit wenigen einfachen Worten Dinge ausgedrückt, für die manche Autoren eine ganze Seite brauchen würden


    Das klingt wirklich verlockend.
    Und sonst natürlich auch sehr interessant!


    Muss sofort meine Wunschliste finden....



    lg, Anna

    Ich lese gerade: Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers

  • missmarple
    Hast Du nicht Lust, Deine tolle Rezension bei Amazon einzustellen? Da gibt´s bislang nämlich nur eine und die ist nicht einmal halb so gut wie Deine (außerdem sagt sie, der Geschichte sehr etwas schwer verständlich ... hmm)


    Gruß
    Ute

  • Moin!
    Habe mir das Buch letzte Woche aufgrund Deiner Rezension bei Amazon bestellt.Fange jetzt als nächstes damit an.Freue mich schon doll darauf!:-D:
    Finde auch Du solltest die Rezension bei Amazon reinstellen,gute Rezensionen sind immer wichtig,denn ich habe schon oft gute Bücher über sie entdeckt.


    LG
    Esther

  • @ Missmarple


    Deine begeisterte (u. begeisternde :!: ) Rezension hat auch mein Interesse geweckt! Gestern habe ich mein Exemplar von Amazon erhalten.
    Obwohl ich gerade einen anderen Roman lese u. mitten drin bin, konnte nicht widerstehen, habe zu lesen begonnen und kann nun das Buch nicht mehr weglegen ... es fesselt mich auch sehr.
    Danke :thumleft: . Der Roman ist für mich ein echter Geheimtipp!

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Hallo @ll


    Auch mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, und kann mich der Rezension von missmarple NUR anschliessen. :thumleft:
    Aber, einen Punkt möchte ich schon anführen, der mir nicht so gut gefallen hat; mir war die Ausdrucksweise (in bestimmten Situationen) um es einmal vorsichtig zu umschreiben, ein wenig zu krass, zu heftig. Das mag ich eigentlich nicht so gerne; ich sehe aber auch, dass die Geschichte so und nicht anders erzählt werden konnte.
    Ein wenig erinnerten mich die "Jadetöchter" an "Die Sänfte der Tränen", denn auch in diesem Buch wurde wurde über die Rolle der Frau, und der Familie in China interessant und lebendig erzählt, was wohl auch die Ursächlichkeit dafür ist, dass ich nicht ganz so schockiert (entsetzt?) über diese Geschichte bin, wie ich es eigentlich sein sollte.
    Ein guter Buchtipp, den ich gerne weitergebe :!::idea:


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Moin!
    Ich habe das Buch gerade zuende gelesen.
    Anfangs war ich etwas skeptisch,denn ihr Schreibstil war für mich gewöhnungsbedürftig.
    Vieles was sie anspricht und beschreibt macht erst einige Seiten später einen Sinn und man versteht.
    Ungewöhnlich,aber letzendlich klasse.
    Die Geschichte der 3 Generationen von Frauen zwischen Singapur und Sydney lässt einen nicht mehr los.
    Besonders als Frau,fühlt man sehr mit und ist richtig ohnmächtig und wütend über dieses Patriarchat der chinesischen Männer und die Duldsamkeit der Frauen.
    Man bangt und hofft die ganze Zeit,daß sich die Geschichte zum Guten für die Protagonistinnen wendet...
    Ich habe sogar hier und dort ein paar Tränchen vergossen.
    Das Buch kann ich wirklich vorbehaltlos empfehlen,denn es hat mich emotional,wie auch mit Wissen, bereichert.


    LG
    Esther

  • Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nach 50-60 Seiten fast soweit war, das Buch weg zu legen. :oops:
    Ich fand es eigentlich nur deprimierend und verstörend. Aber durch missmarples Rezi getrieben, habe ich weitergelesen und bin jetzt froh durchgehalten zu haben.
    Ich finde immer noch nicht, das es ein "schönes" Buch ist, aber lesenswert allemal.
    Mir hat der Schluss am besten gefallen, da dort so eine Art Fazit gezogen wird, welches sehr speziell, andererseits aber auch allgemeingültig ist.


    Sicherlich kein leicht zu lesendes Buch, aber bemerkenswert allemal.

  • Jadetöchter ist ein Buch, das ich mir wahrscheinlich nicht selbst gekauft hätte, weil es mir gar nicht aufgefallen wäre. Deshalb bin ich umso glücklicher, es von einem lieben Menschen geschenkt bekommen zu haben.


    Auch ich kann mich missmarples Rezension voll und ganz anschließen:thumright:, deshalb möchte ich hier auch nichts wiederholen.


    Ich habe Jadetöchter beinahe in einem Rutsch ausgelesen, ich wollte es absolut nicht aus der Hand legen, nur nichts verpassen, nur noch mehr über diese Geschichte erfahren... Mich hat dieser Roman erschüttert, amüsiert, nachdenklich gestimmt und ich habe viel gelernt, denn mir war die politische Situation vorher nicht sehr gut bekannt. Ich habe bisher nur sehr wenige Bücher gelesen, die im asiatischen Raum spielen und deshalb war vieles für mich neu und lernenswert.


    Diesen Roman kann ich jedem empfehlen, der sich auf eine Reise nach Singapur und Australien begeben möchte und sich für eine gefühlvoll erzählte Familiengeschichte interessiert.


    Gruß
    Wilaja

  • Das Buch ist soeben bei mir angekommen :D Nach eurer Begeisterung und da ich letzte Woche erst >Die Geisha< gelesen habe, mußte ich das Buch unbedingt haben. Ich freue mich schon aufs lesen :P

  • Nachdem ich "Jadetöchter" gerade ausgelesen habe, kann ich mich eurer einhelligen Meinung nur anschließen. Die Geschichte ist interessant und anrührend zugleich und vermittelt einen guten Einblick in das Leben einer chinesischen Familie.
    Unbedingt lesenswert! :thumleft:

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington