Dai Sijie - Balzac und die kleine chinesische Schneiderin / Balzac Et La Petite Tailleuse Chinoise

  • Ich habe das Buch diese Woche im Zug gelesen und fand es ganz in Ordnung. Leichte Lektüre, nicht zu kitschig und schön geschrieben. Leider hat es mich ein wenig gestört, dass so viel über Balzac und Co geschrieben wurde, und man wenig darüber erfährt, sodass man, wenn man die Bücher nicht kennt, ziemlich außen vor bleibt. Die Thematik fand ich übrigens total interessant und erinnerte mich teilweise an "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury, in dem Bücher ja ebenfalls verboten sind.

    Um zu verstehen, warum manche überall ihren Senf dazugeben, musst Du lernen, wie eine Bratwurst zu denken.

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen, feinsinniger Humor, eine wunderschöne Liebesgeschichte, eine große Freundschaft u die Liebe zur Literatur unter wirklich erschwerten Bedingungen der Kulturrevolution in China. Herzerfrischend!

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Balzac und die kleine chinesische Schneiderin


    Anfang der 1970iger Jahre werden in China viele Jugendliche im Rahmen der kulturellen Umerziehung in entlegene Bergdörfer geschickt. So auch Luo und sein Freund, die wegen des Arztberufes ihrer Eltern als "Intellektuelle" gelten. Auf dem Berg Phönix-des-Himmels müssen sie unter widrigsten Lebensumständen schwere körperliche Arbeit verrichten. Die einzigen Freuden ihre tristen Daseins sind die Bekanntschaft mit der Tochter des Schneidermeisters und die Aussicht auf einen Koffer voller verbotener Bücher ...


    Für mich war dieser Roman nicht nur eine der schönsten Liebeserklärungen an die Literatur, die ich je gelesen habe, sondern insgesamt ein Genuß von der ersten bis zur letzten Seite. In einer wunderschönen, bildhaften Sprache erzählt der Autor von den Härten der Umerziehung und dem entbehrungsreichen Leben der beiden Freunde, die in jugendlicher Unbekümmertheit so mancher Situation aber auch ihre humorvolle Seite zu entlocken wissen. Ausdrucksstark, doch ohne jede Schwülstigkeit gelingen die Formulierungen, leicht und fließend sind die thematischen Übergänge. Es war, um es mit den Worten des Autors zu sagen, ein Buch zum Lachen und Weinen und Lachen ... In jedem Fall aber war es viel zu kurz, und ich hätte Luo, seinen Freund und die kleine Schneiderin noch gerne länger auf ihrem Weg begleitet.


    Muo und der Pirol im Käfig


    Der schüchterne Muo kehrt von Frankreich, wo er psychoanalytische Studien betrieben hat, in seine Heimat zurück, um die Freilassung seiner Freundin aus dem Gefängnis zu erwirken. Die Journalistin, die westlichen Reportern heimlich Bilder zukommen ließ, ist seine große Liebe. Mit einem hohen Bestechungsgeld will Muo den Richter gnädig stimmen, doch der Bittsteller hat Pech. Geld besitzt Richter Di schon genug, dafür hat er aber einen anderen, speziellen Wunsch, den Muo ihm vielleicht erfüllen könnte. Und so macht er sich voller Eifer an die Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe.


    Auch in diesem Roman tritt uns der Autor stilistisch als der begabte Erzähler entgegen, den wir bereits kennenlernen durften. Äußerst lebhaft und detailgetreu beschreibt er die Szenen seiner Geschichte, etwa Muos Schlafplatz unter einer Bank in einem schmutzigen Zugabteil. Man meint fast den klebrigen Fußboden vor sich zu sehen und die unterschiedlichen Gerüche im überfüllten Abteil wahrzunehmen. Gut habe ich mir den schmächtigen Muo auch auf seinem fahnengeschmückten Fahrrad - unterwegs in seiner heiklen Mission - vorzustellen vermocht. Die halsbrecherische Fahrt mit einem Lastwagen durch eine unwegsame Gebirgsgegend hingegen war mir schon etwas zu fantastisch. Und genauso habe ich den gesamten Roman empfunden, als eine Traumgeschichte, von der man sich auch zum Schluß keine allzu konkreten Ergebnisse erhoffen darf. Ich habe überhaupt den Eindruck gewonnen, dass der Autor alle seine Figuren, auch den grausamen Richter Di, der viele Hinrichtungsurteile unterschrieben hat, und einst selber als Scharfschütze in Aktion trat, in einem sehr milden Licht erscheinen läßt, so, als würde ein Fotograf seine Bilder mit einem Weichzeichner bearbeiten. Dai Sijies Botschaft ist gewiß keine systemkritische, eher möchte er seine Leser wohl mit der Schönheit seiner sprachlichen Ausdruckskraft erfreuen, und die Umsetzung ist ihm auch in diesem Roman vortrefflich gelungen.

  • Das Buch habe ich gerade eben im Original beendet. Diesen Autor kannte ich bisher noch nicht. Ich mag seinen ruhigen und angenehmen Schreibstil. Die Thematik fand ich interessant und die Liebe zu den Büchern sehr berührend. Kann man sich gar nicht vorstellen heutzutage, dass es verboten wäre, dieses und jenes Buch zu lesen.


    Die Freundschaft zwischen den beiden Jungs und auch die Liebesgeschichte wurde schön erzählt. Das Buch ist zuweilen amüsant, manchmal aber auch ein bisschen traurig und grausam. Ich mochte die Feinfühligkeit und Anpassungsfähigkeit dieser jungen Menschen. Schon erstaunlich, was da seinerzeit in manchen Ländern vor sich ging.


    Auch wenn die Zustände grösstenteils schlimm waren, hat mir dieses Buch mit seinen vielen bildhaften Redewendungen, seiner einfachen und schönen Sprache gut gefallen und erhält von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    ☆¸.•*¨*•☆ ☆¸.•*¨*•☆ La vie est belle ☆¸.•*¨*•☆☆¸.•*¨*•☆

  • Über das Buch:

    Verlag: Piper
    Format: Hardcover
    Genre: Liebesroman
    ISBN: 3492042899
    Preis: Finde ich nur noch als Taschenbuch für 9,99Euro
    Seiten: 198
    Erschien: 2001
    Originalsprache: Französisch
    Originaltitel: Balzac et la petit taillause chinoise erschien 2000

    Inhalt:

    Zwei pfiffige chinesische Studenten, die zur »kulturellen Umerziehung« in ein abgelegenes Bergdorf ans Ende der Welt verschickt wurden, merken bald, dass sie nur eine einzige Möglichkeit haben zu überleben: Sie müssen in den Besitz jenes wunderbaren Lederkoffers gelangen, der die – verbotenen – Meisterwerke der westlichen Weltliteratur enthält. Denn nur mit ihnen können sie den Widrigkeiten ihres Daseins entkommen – und vielleicht am Ende das Herz der Kleinen Schneiderin gewinnen.

    Das Cover:

    Das Cover ist schlicht gehalten. Aber ich finde es passt gut zu der Geschichte.

    Die ersten 3 Sätze:

    Der Leoban saß mit unterschlagenen Beinen neben der Erdfeuerstelle und inspizierte im Schein der glimmenden Kohle meine Geige. Es war der einzige Gegenstand im Gepäck der "Zwei-Grünschnäbel" aus der Stadt - damit waren Lou und ich gemeint -, der etwas Fremdländisches, den Geruch von Zivilisation an sich hatte, was natürlich gleich den Verdacht des Leoban, des Dorfvorstehers, erregt hatte. Ein Bauer brauchte eine Petroleumlampe, um die Identifikation des Gegenstandes zu erleichtern.

    Meine Meinung:

    Dieser Roman hat die Chance zu einem Klassiker. Ich bin auf das Buch aufmerksam geworden, weil es in der Liste der "Kulturbuchchallange" stand. Ich glaube sonst hätte ich es mir nicht ausgesucht.
    Es ist von Anfang an mitreißend. Und das schöne ist ja, das hier die 2 Protagonisten darum kämpfen, lesen zu dürfen. Man muss sich mal vorstellen, alle Bücher weg. Das wäre ja grausam.
    Es ist echt schön geschrieben. Auch die kleine Schneiderin hat ihren ganz persönlichen Charme. Ich finde sie richtig niedlich. Ich kann sie mir richtig gut vorstellen.

    Fazit:

    Ein sehr schöner Liebesroman, auch zu der Liebe zu Büchern.

    Über den Autor:

    Dai Sijie wurde als Sohn eines Mediziners geboren. Von 1971 bis 1974 wurde er im Zuge der kulturellen Unterziehungin ein Bergdorf in Sichuan verschickt. Angestellt in einem Gymnasium in der Provinz, studierte er nach Maos Tod Kunstgeschichte und emigrierte 1984 nach Paris. Seine Erfahrungen aus der Umerziehung dienten ihm später als Inspiration für seinen ersten Roman Balzac und die kleine chinesische Schneiderin, der ein großer internationaler Erfolg und 2002 in einer französisch-chinesischen Produktion verfilmt wurde. Zu diesem Film schrieb Dai auch das Drehbuch und führte Regie.

    Wie viele Sterne?

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

      

    :study: Ein Tag ohne ein Buch, ist ein schlechter Tag! :study:


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