Jan Costin Wagner - Eismond

  • Autor:
    Jan Costin Wagner wurde 1972 in Langen/Hessen geboren. Finnland, der Schauplatz von Eismond, ist nicht nur das Land, in dem seine Ehefrau geboren wurde, sondern auch seine zweite Heimat.



    Inhalt (Amazon, leicht geändert):
    Jan Costin Wagner ist mit Eismond ein wundervoller Roman um die Bewältigung eines großen Verlustes gelungen. Kommissar Kimmo Joentaa trauert um seine verstorbene Frau. Ein Mordfall holt ihn in die Realität seines Berufs zurück, gibt ihm Kraft zu einem Neubeginn. In ihrem Haus wurde eine junge Frau mit einem Kissen erstickt, Spuren eines Kampfes werden nicht gefunden. Zunächst schleppt sich Joentaa durch den Fall, argwöhnisch beäugt von seinem Vorgesetzten Ketola. Weitere Morde nach dem gleichen Muster geschehen, ohne dass plausible Verbindungen zwischen den Verbrechen erkennbar sind. Nach und nach wird die Ermittlung für Joentaa zur Obsession und er erkennt den Grund. Die Intensität, mit der sich Joentaa nun den Ermittlungen widmet, lässt ihn kleinste Einzelheiten wahrnehmen und schließlich die Verbindung der Morde erkennen. Dabei wird ihm bewusst, dass zwischen Täter und Ermittler eine Intimität, eine Seelenverwandschaft entstanden ist, die auf der gemeinsamen Erfahrung großer Verluste gründet. Eismond besticht vor allem durch die überzeugende Zeichnung der Innenwelt seines Helden Kimmo Joentaa, eines Menschen am emotionalen Abgrund, der durch das Schicksal eines anderen seine tiefe Krise überwindet.



    Fazit:
    Dieses Buch hat mich restlos begeistert, ein großes Dankeschön an @ Fezzig für diesen Tipp!! :flower:


    Wer beim Krimilesen nicht unbedingt miträtseln muß (es ist von Anfang an bekannt, wer der Täter ist) und etwas übrig hat für eher düstere, melancholische Geschichten mit einfühlsam gezeichneten Charakteren, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen!


    LG
    Siebenstein

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ist soeben auf meinen Wunschzettel gewandert!


    Ich glaub ich muss demnächst mal "Leseurlaub" beantragen, damit ich wenigstens einen Teil meiner Liste mal abarbeiten kann...


    Gruss
    Kerstin

    Jede Entscheidung ist ein Risiko, das im Mut zur Freiheit wurzelt - Paul Tillich

  • hi,


    bei mir ist das Buch schon in meiner SUB Liste.
    das Buch klingt äußerst spannend
    ich werde es demnächst lesen. :)


    gruß cassie 8)

    „Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation.“
    Sigmund Freud :--o

  • Ein für mich neuer Autor, deshalb eine kurze Vorstellung


    Jan Costin Wagner (* 13. Oktober 1972 in Langen/Hessen) ist ein deutscher Schriftsteller.


    Jan Costin Wagner absolvierte ein Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Frankfurt am Main, das er mit einer Magisterarbeit über Adalbert Stifter abschloss. Danach volontierte und arbeitete er als Journalist bei der Offenbach-Post. Er lebt heute in Offenbach/Main.


    Jan Costin Wagner ist Verfasser von bisher drei Kriminalromanen, die bei Literaturkritik und Leserschaft großen Zuspruch fanden.


    Jan Costin Wagner erhielt 2002 den Marlowe-Preis, 2003 ein Aufenthaltsstipendium des Berliner Senats im Literarischen Colloquium Berlin sowie 2004 den Förderpreis zum Hans-Erich-Nossack-Preis. (aus Wikipedia)


    Zu erwähnen sei noch, dass er mit einer Finnin verheiratet ist, weshalb wohl "Eismond"in Finnland spielt


    Kommo Joentaa ist Polizeiinspektor, seine Frau ist gerade gestorben, und er lebt sein Leben wie in einem Schwebezustand weiter, da kommt es ihm gerade Recht, dass eine Tote gefunden wird. Eine Frau wird von ihrem Mann, der auf Geschäftsreise war, erstickt im Bett aufgefunden. Niemand kann sich den Mord erklären, ebensowenig wie den nächsten Mord an einem Schweden, der im Jugendherbergszimmer neben 7 Leuten liegend, ebenfalls erstickt wurde.


    Der Täter ist dem Leser bekannt und Wagner versteht es sehr gut sich in die beiden Psychen des Täters hineinzuversetzen, ebenso wie in die Kommos.


    Es ist ein sehr psychologisches Buch, das sehr viel mit Tod und dessen Verarbeitung zu tun hat ohne kitschig oder gefühlsduselig zu werden, Tod wird einfach akzeptiert und aber doch nicht akzeptiert. Es fehlt ein bisschen die Motivlage des Täters, dafür wird uns einiges in wunderbaren Worten über die Natur Finnlands verraten.


    Trotz allem *****

  • Zitat

    da kommt es ihm gerade Recht, dass eine Tote gefunden wird.


    Makaber! :mrgreen:


    Wird aus der Sicht des Mörders erzählt, oder weshalb ist der Täter dem Leser bekannt?

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Die Perspektiven werden ständig gewechselt, also aus der Sicht des Mörders und aus der Sicht des Ermittlers, wobei da gewisse Ähnlichleiten durchaus vorhanden sind

  • Normalerweise beeinträchtigt es meiner Meinung nach die Spannung, wenn man zu früh den Täter kennt. Ausgeglichen wird das für mich höchstens bei guten psychologischen Darstellungen, wie z.B. "The rottweiler" ("Der Duft des Bösen"?) von Ruth Rendell, wo man auch schon weiß, wer der Täter ist, aber erst zum Schluss erfährt, warum er tötet.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Danke, ich hatte extra im Rezesionsindex geguckt,. da war er nicht


    Nichts für ungut, die liebe Bonprix wird die beiden Threads sicher zusammenführen, gell? :wink:

  • Er fehlt im Rezensionsindex, weil der ISBN-Link kaputt ist. Du konntest die Besprechung dort also nicht finden! :D


    Das Buch hat es aber sicher verdient, häufig vorgestellt zu werden! ;)

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • @ morse,


    ich komme der lieben Bonprix mal zuvor und füge die Threads zusammen ;)

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • „Eismond“ ist ein ungewöhnlicher Krimi, der nicht auf Spannung setzt, sondern auf psychologische Ausleuchtung der Innenwelten von Ermittler und Mörder und auf die Atmosphäre aus Trauer, Angst und Einsamkeit, die beide umgibt. Die hochmelancholische Stimmung zieht einen zunächst wirklich in den Bann. Man kann die Trauer des Polizisten Kimmo Joentaas fast körperlich spüren, der - unfähig, den Tod seiner jungen Frau zu akzeptieren oder auch nur zu begreifen - sich vollkommen in seinen Schmerz einkapselt. Tranceartig, fast mechanisch geht er durch den Tag, seine Erstarrung spiegelt sich in der kargen Sprache mit ihren aneinander gereihten, kurzen Aussagesätzen wieder. Leider wird mir der Roman einfach zu schwammig, wenn es um die Verbindung von Joentaas persönlicher Situation mit den Mordfällen geht. Bis zum Schluss habe ich weder begriffen, warum nun genau der Mörder gemordet hat noch worin die Affinität zwischen ihm und dem Polizisten besteht oder warum dieser Fall Joentaa bei seiner Trauerarbeit hilft. Inwiefern „selten ein Kriminalroman so nah an das Rätsel des Todes herangerückt“ ist, wie es in einer Kritik aus der „Zeit“ auf der Rückseite heißt, müsste man mir auch erklären. Ebenfalls nicht recht nachvollziehbar ist es für mich, warum Joentaa die alte Urlaubsbekanntschaft eines der Opfer kommen lässt, obwohl der Deutsche Daniel mit dem Mord nichts zu tun hat.



    Alles in allem ein Kriminalroman mit einer schwachen Story, aber einer starken Atmosphäre.


    Gruß mofre

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Wolfgang Herrndorf - Tschick

    :study: Reiner Stach - Kafka. Die Jahre der Entscheidungen

    :study: James Wood - Die Kunst des Erzählens















  • Als Krimi ist das Buch eine Enttäuschung: Ein Kommissar, dessen einziges Handwerkzeug sein Instinkt zu sein scheint, und der sich in sinnlose Spuren verstrickt (Daniel).
    Ein Täter, dessen Motiv nur einen Schluss nahe legt: Psychose, wirr, unverständlich und abstrakt. – In der Realität mag sie zwar in dieser Form auftauchen, aber eine Psychose in einem Krimi wünsche ich mir griffiger und konkreter.


    Liest man das Buch als Geschichte eines Mannes, der versucht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben – den Tod seiner Frau durch die Beschäftigung mit den Todesfällen Fremder zu verstehen -, ändert sich der Blickwinkel und mit ihm die Bewertung.


    Der Roman ist ein Zustandsbericht über jemanden, der in der schlimmsten Phase von Trauer und Verzweiflung steckt.
    Joentaa existiert nach dem Tod seiner Frau weiter, aber er hat das Gefühl, auch sein Leben sei vorbei. Dort, wo sie war, ist nichts mehr, Leere. Trost ist unmöglich. Der Wunsch, sich zu verkriechen ist ebenso stark wie der Wunsch, in den Beruf zu fliehen.
    Doch Flucht ist unmöglich, Sannas Tod ist immer präsent, durchzieht den Tag und die Nacht, jeden Gedanken, jede Handlung.
    Die Stärke des Romans: Wagner findet für die tiefste Verzweiflung und die schlimmsten Schmerzen Worte.
    Warum verpackt er sie in einen Krimi?

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Eigentlich kein „klassischer Krimi“, weil der Leser schon sehr früh erfährt, wer der Täter ist. Aber trotzdem irgendwie spannend …. Ich bin neugierig auf weitere Bücher dieses Autoren.