Donna Milner - Der Tag, an dem Marilyn starb / Promise of Rain

  • Ich nehme fast alles, was ich an Lese-Aktionen im www finden kann. Würde bei meinem Bücherkonsum ohne Rezi-Exemplare ansonsten vermutlich ganz schnell arm wie eine Kirchenmaus sein. :-,


    Aber ich hab einen fantasyfreien Tipp für Dich, guck mal hier, die kann man alle auch anfordern, wenn man Rezensionen für die Seite schreibt:
    Bücherpool
    Nach unten scrollen, da siehst Du alle Bücher, die zurzeit angefordert werden können, einzige Bedingung ist halt, dass man vorher 10 Rezis auf der seite eingestellt hat. Ich stelle dort auch immer die vorablesen-Rezis ein und was ich sonst noch so habe.

  • Danke für den Tipp.
    Im Moment habe ich da kein Buch gesehen, das mich besonders reizt. Am liebsten wäre mir eine Seite, bei der man auch englischsprachige Bücher gewinnen kann, aber da kann ich wohl lange suchen...
    Beim Bücherpool die vorablesen-Rezis einzustellen, ist allerdings eine gute Idee, das bringt ja auch für vorablesen 5 Punkte mehr.
    Kann ich da meine Rezis hinkopieren, auch wenn ich vorläufig kein Buch anfordern will? Alte Rezis vom Büchertreff kann ich doch sicherlich auch dort einstellen, wenn das Buch im Bücherpool enthalten ist? 10 Rezis würde ich sofort zusammenbekommen. :-,

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Du kannst da so viele Rezis einstellen, wie Du magst und von allen Büchern. Wenn das Buch vorhanden ist, einfach entsprechend dahinter kopieren, ist es noch nicht gelistet, mit "Neues Buch anlegen" links in der Spalte (sieht man nur, wenn man eingeloggt ist). Geht aber ganz einfach. Bei Büchern ohne ISBN musst Du im ISBN-Feld dann einfach 10 x die 0 eingeben, dann werden die auch angenommen.


    Der Bücherpool ist nur ein Zusatz, da kommen auch immer wieder neue Bücher rein. Man darf also anfordern, muss aber nicht. :wink:

  • Danke. Ich werde mich dort anmelden und meine "gesammelten Werke" einstellen. Wenn dann mal ein Buch kommt, das mich reizt, probiere ich es anzufordern. Wird das verlost, oder bekommt jeder, der mindestens 10 Rezis hat, ein Buch geschenkt?

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Nein, da wird nichts verlost. Wenn Du 10 Rezis eingestellt hast, schreibst Du einfach eine Mail (Adresse steht im Impressum) dahin und schreibst da rein, welches Buch Du haben möchtest, dann bekommst Du es zugeschickt.

  • Gleich zu Beginn muß ich sagen: Wow, was für ein Roman, was für eine Erzählerin. Ich fühle mich reich beschenkt von Donna Milner und hoffe auf noch viele wundervolle Romane dieser einzigartigen kanadischen Autorin.
    Kurz zum Inhalt:


    An dem Tag, an dem auch Marilyn Monroe starb, starb auch die stets lebensbejahende, warmherzige und immer stark wirkende Lucy Coulter und hinterläßt nicht nur einen völlig am Boden zerstörten Mann sondern auch drei prächtige Kinder, die nun alleine klar kommen müssen, zurück. Den patenten Frankie, den an Down-Syndrom leidende Christopher, genannt Kipper, und Ethie, aus deren Sicht die Hälfte des Romans erzählt wird, die über den Tod ihrer Mutter und dessen seltsame Umstände nicht hinwegkommt und sich besonders an die schwere Zeit direkt nach Lucys Tod erinnert. Für Ethie ist das Leben selbst so stark mit der Person ihrer Mutter verbunden, die immer für alles eine Lösung wußte, sich sämtlichen Problemen entschlossen entgegenstellte, dass sie sich – zusammen mit dem Leser – all die Fragen stellt, die wir uns auch selbst in so einem Fall stellen würden: warum hatte die sonst abstinente Lucy Alkohol getrunken? Wie kam es zu der Kohlenmonoxidvergiftung? War es Selbstmord, gemeinsam mit ihrer Freundin?


    Die andere Hälfte des Romans wird immer wieder in Form von Rückblenden auf vor allem die Kriegserlebnisse von Howard Coulter dazwischengeschoben, die er als Soldat in Hongkong und im Gefangenenlager der Japaner hatte. Die Erlebnisse, die Howard zusammen mit seinem besten Freund Gordy dort ausstehen mußte, das, was auch nach Kriegsende auf ihn zukam – alle drei Brüder holte der Krieg als Opfer – haben ihn zu einem gebrochenen Mann gemacht. Aber es gibt noch ein Geheimnis, über das er nie sprach und dessen Wirklichkeit ihn – und damit auch Lucy und seine gesamte Familie – endlich doch wieder einholte, denn ein Doppelleben zu führen, dafür war Howard gar nicht der Mensch.


    Mehr soll nicht vom Inhalt erzählt werden, um nichts von der Spannung vorweg zu nehmen.
    Darum nur noch ein paar Worte zum Schreibstil und Buchcover: Das Buchcover ist sehr ansprechend und natürlich gehalten und zeigt eine Frau, die sich nach vermutlich getaner Arbeit die Hände an ihrer Kittelschürze abtrocknet und durch das Fliegengitter spähend auf ihre Lieben wartet. Symbolträchtig, wie ich finde.


    Romane, die in zwei Zeitebenen geschrieben werden, sind nicht neu für mich zu lesen, aber selten schafft diesen Spagat eine Autorin so virtuos. Die Geschichte ist äußerst vielschichtig und ohne Klischees erzählt und läßt dem Leser viel Raum zum eigenen Nachdenken und für eigene innere Ausformung der Protagonisten. Den Charakter erreicht die Autorin z.B. nicht, indem sie einfach nur beschreibt, wie die Menschen sind, sondern läßt sie uns anhand ihrer Handlungen selbst erforschen und erfahren.


    Einfach ein rundum gelungener Roman, dem von meiner Seite aus gerne noch mehrere dieser Autorin folgen dürfen.

  • Über die Autorin:
    Donna Milner lebt mit ihrem Mann im kanadischen Bundesstaat British Columbia. Nachdem ihr erster Roman »River« ein überwältigendes internationales Echo fand und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, widmete sie sich ganz dem Schreiben.


    Kurzbeschreibung:
    Durch einen tragischen Unfall kommt Lucy Coulter am 5. August 1962, dem Tag, an dem auch Marylin Monroe starb, ums Leben. Fortan muss ihr vom zweiten Weltkrieg traumatisierter Ehemann Howard alleine für Sohn Frankie, Tochter Ethie und den am Down Syndrom leidenden Kipper sorgen. Doch Howard zieht sich immer mehr in seine eigene Welt aus Schmerz und Erinnerungen an den Krieg zurück, und erst, als er seine Kinder zu verlieren droht, ist er in der Lage, sich der Vergangenheit, aber auch der Zukunft zu stellen.


    Meine Meinung:
    „Der Tag, an dem Marylin starb“, erzählt die Geschichte der Familie Coulter nach dem plötzlichen Tod der Mutter Lucy ebenso wie die Erlebnisse des Vaters Howard während seiner Zeit als in Japan stationierter Soldat zur Zeit des zweiten Weltkriegs. In Kapiteln abwechselnd befindet sich der Leser im Jahre 1962 oder im zweiten Weltkrieg. Zwar ist von Anfang an bekannt, dass es sich bei dem Vater und dem Soldaten um dies selbe Person handelt, die Handlungsstränge werden jedoch erst nach und nach zusammengeführt, so dass die Geschichte einen Sinn ergibt.
    Der Leser lernt Howard von zwei verschiedenen Seiten kennen: einmal als jungen, verliebten und frisch verheirateten Soldaten, dessen Leben noch vor ihm liegt – und als gebrochenen, traumatisierten Vater von drei Kindern, der seinen Kummer und Schmerz mit zu viel Alkohol betäubt. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass diese völlig unterschiedlichen Männer ein und dieselbe Person sein sollen. Doch nach und nach versteht man, warum Howard zu dem Menschen wurde, der er 1962 ist. Doch trotz allem ist dieser Vater unglaublich liebenswert, genau wie seine Kinder. Donna Milner beschreibt die Familie Coulter so sympathisch und humorvoll, dass man sie nur gernhaben kann! Ich kann nicht mal sagen, welche Figur mir am meisten ans Herz gewachsen ist – die fröhliche Lucy, die für 13 Dollar ein Auto kaufte, oder Kipper, der eine ganze Packung Waschpulver in die Waschmaschine füllt und damit den Keller unter Wasser setzt. Oder Ethie, Frankie, Howard, die, jeder für sich, eine sehr liebenswerte Persönlichkeit darstellen.


    Der Schreibstil der Autorin überzeugt durch eher sanfte, gefühlvolle Töne. Trotzdem gelingt es ihr, eine gewisse Spannung aufzubauen, die es schwer machen, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Man möchte noch viel mehr Zeit mit Ethie und ihrer Familie verbringen.


    Sehr interessant und lehrreich sind die gut recherchierten Informationen über die Vorkommnisse in Hongkong während des zweiten Weltkriegs. Man erfährt eine Menge über das Leben der Soldaten im Krieg und in japanischer Gefangenschaft. Dieses Wissen lässt Howard Coulter noch mal in einem anderen Licht erscheinen.


    Das Ende ist leider ein wenig zu „happy“ geraten und dadurch ein wenig kitschig. Da sich der Kitsch jedoch auf das allerletzte Kapitel beschränkt, kann man über diesen kleinen Makel getrost hinwegsehen. Und dieses Buch ist einfach zu schön, um es sich durch ein wenig „heile Welt“ vermiesen zu lassen.

  • Meine vorablesen-Rezension:


    "Der Tag an dem Marilyn starb" beginnt mit einem tragischen Ereignis: Dem überraschenden Tod der Ehefrau und Mutter Lucy. Neben ihrem seit dem Krieg in sich selbst zurückgezogenen Mann Howard hinterlässt Lucy den etwa zwanzigjährigen Frankie, den am Downsyndrom erkrankten Teenager Christopher "Kipper" und Ethie, aus deren Sicht die Geschichte in der Gegenwart erzählt wird.


    Nach dem Tod ihrer Mutter ist für die Familie nichts mehr wie es einmal war und die Familie muss alte Gewohnheiten überwinden, um zurecht zu kommen. Immer wieder wird die Gegenwart von Rückblenden unterbrochen, die aus der Erzählperspektive von Howards Erlebnissen im Krieg und vor allem in Gefangenschaft erklären. Auch das wohl gehütete Familiengeheimnis kommt auf diese Weise zu Tage und findet letzlich seinen Weg in die Gegenwart (auch wenn man das Geheimnis ab der Mitte des Buches schon erahnen kann).
    Besonders fasziniert hat mich, wie es Donna Milner schafft, die einzelnen Familienmitglieder so detailvoll und lebendig erscheinen zu lassen, dass man als Leser mitten dabei ist, als wäre es die eigene Familie. Jeder Charakter hat viele Schichten und macht bis zum Ende des Familiendramas einen Wandel durch, der realistisch und nicht aufgesetzt wirkt.


    Zu guter Letzt ist der Schreibstil auch phänomenal: eine gute Mischung aus einfach und detailvoll, bei dem vor allem Emotionen sehr gut rüberkommen.
    Wer Familiengeschichten mag und gerne tief in eine Geschichte eintaucht, kann mit "Der Tag an dem Marylin starb" nichts falsch machen - mein erstes, aber sicher nicht mein letztes Buch von Donna Milner!
    Meine Wertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Nae quin! Nae king! Nae laird! Nae master! We willna' be fooled again!

  • OT: Promise of Rain
    393 Seiten



    Meine Meinung:
    Es ist die Lebensgeschichte von Lucy und Howard Coulter, die nach dem plötzlichen Tod von Lucy, den keiner verstehen kann, aufgearbeitet wird. Howard und die drei Kinder, Frankie, der Älteste, Kipper, vierzehn Jahre, hat das Down-Syndrom und Ethel, elf Jahre, haben große Probleme, mit dem Tod der Mutter zu Recht zu kommen. Howard macht sich große Vorwürfe, weil er ein Geheimnis hütet, welches er Lucy nie erzählt hat, was ihn aber nun sehr belastet.


    Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Handlungssträngen erzählt, der eine in der Gegenwart aus der Ich-Perspektive von Ethel und der zweite von Howards Vergangenheit.


    Howard hat Lucy in der Grundschule kennen gelernt, und sie 1941, mit zwanzig Jahren, eine Woche bevor er mit seinem Freund Gordy in die kanadische Armee eingetreten ist, geheiratet. Howard und Gordy wurden zur Verstärkung der britischen Garnison nach Hongkong geschickt, wo sie vier Jahre verbrachten.


    Diese vier furchtbaren Jahre in Hongkong werden sehr einfühlsam erzählt, obwohl einem manchmal der Atem wegbleibt. Man erlebt alles hautnah mit, auch die Geschichte mit Gordy, der in Hongkong seine chinesische Liebe Shun-ling findet, aber alles geheim halten muss. Als Howard dann endlich wieder zu Lucy nach Hause kommt, ist er ein depressiver, gebrochener Mann und er spricht auch nicht mit ihr über diese Jahre, auch nicht über sein großes Geheimnis.


    Ethel erzählt aus ihrer Sicht die Geschichte danach. Vom Vater, der meist in sich gekehrt ist, mit den Kriegserinnerungen kämpft und zum Alkoholiker wird. Von der geliebten Mutter, die sich besonders liebevoll um Kipper gekümmert hat und ihren plötzlichen Tod, der nun über allen schwebt. Ethel kümmert sich besonders um Kipper, der sehr an ihr hängt. Durch Zufall erfährt sie von dem Geheimnis ihres Vaters und irgendwann verbinden sich diese beiden Handlungsstränge.


    Es ist eine sehr ergreifende Geschichte, die mit sehr viel Gefühl erzählt wird und in der sehr detailliert auf die einzelnen Personen eingegangen wird. Auch wenn zwischendurch immer wieder etwas Traurigkeit aufkommt, so habe ich sie doch sehr gerne gelesen und sie hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • Hm.
    Soooooo toll fand ich das Buch jetzt gar nicht. :-k
    Es war verständlich geschrieben und die Geschichte war interessannt - aber es ist jetzt kein Buch, das mir über längere Zeit im Gedächtnis bleiben würde.
    Für mich war es ein klassischer Durchschnittsroman. Nicht schlecht, aber auch nicht vom Hocker reißend.

    Ich :study: gerade: 72 Minuten bis zur Vernichtung von Annie Jacobsen

  • Vom ersten Roman - River - der Autorin war ich einfach nur begeistert. Von daher war für mich fast klar, dass ich nicht mit zu großen Erwartungen an den Nachfolger herangehen sollte. Und richtig, wenn ich es mit River verglichen hätte, wäre ich enttäuscht gewesen. Aber für sich betrachtet, ist auch "Der Tag an dem Marilyn starb" ein wunderschönes Buch.


    Ethel ist 11, als ihre Mutter unter merkwürdigen Umständen tot aufgefunden wird (am selben Tag, an dem man Marilyn Monroe tot auffand - daher der Titel). Warum war sie mit ihrer Freundin auf deren Boot? Wie ist es zu dem Tod der beiden Frauen gekommen? Die ganze Familie steht unter Schock. Der Vater Howard war bedingt durch düstere Erinnerungen an den 2. Weltkrieg schon immer manchmal etwas seltsam, Bruder Kipper ist ein ganz reizender Junge, aber hat das Down-Syndrom und der ältere Bruder Frankie bemüht sich zwar, kann die Situation alleine aber auch nicht meistern. Die Familie droht auseinanderzubrechen. Und was hat es mit dem chinesischen Mädchen auf sich, das plötzlich immer wieder am Spielplatz in der Nähe auftaucht?


    In Rückblenden erzählt Donna Milner einfühlsam von Howards Kriegserlebnissen - er hatte sich als kanadischer Freiwilliger gemeldet und war nach Hongkong geschickt worden. Und so nach und nach wird aufgeklärt, was damals passiert ist und wie diese tragischen Ereignisse ihren Schatten auf die Gegenwart der Familie werfen konnten.


    Die beiden Handlungsstränge werden geschickt miteinander verknüpft und ergeben am Ende eine nachvollziehbare Geschichte, die aber dennoch ein paar logische Schwächen hat, aber das verzeiht man bei dem schönen Schreibstil dann doch gerne.

  • Der Tag, an dem Marylin starb, war ein trauriger Tag. Doch Ethie, ihre zwei Brüder und ihr Vater trauern nicht um die berühmte Schauspielerin, sondern um Lucy Coulter, die ihnen eine wunderbare Frau und Mutter war und plötzlich und viel zu früh starb.


    Schon die ersten Worte der sympathischen Ich-Erzählerin Ethie nehmen mich gefangen. So etwas Schreckliches, wie den Tod der eigenen Mutter mitzuerleben, kann nicht so leicht verkraftet werden. Deshalb liest sich das Buch auch wie ein Tagebucheintrag. Ethie verarbeitet auf diese Weise das Geschehene.


    Doch nicht nur Ethie hat diese schmerzliche Erfahrung zu verarbeiten. Auch ihre Brüder trifft der Tod schwer. Frankie, der schon mit beiden Beinen fest im Leben steht, weiß, wie er mit dem Tod eines Menschen umzugehen hat. Kipper, der am Down-Syndrom leidet, hat seine ganz eigene Art den Tod der Mutter zu verkraften. Er akzeptiert, dass sie sich nun im Himmel befindet, und sucht verstärkt die Nähe und den Trost von Ethie.


    Schnell wird außerdem klar, dass den Vater etwas Rätselhaftes umgibt. Wieso verschwindet er urplötzlich für einige Tage und wieso sitzt er von Zeit zu Zeit verloren am Tisch, in einer anderen Welt gefangen, nicht aufnahmefähig für das, was um ihn herum geschieht. Sind es wirklich nur die Erfahrungen des Krieges, die ihn verändert haben?


    Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Ethels Mutter zu Tode kam. War es Mord? Selbstmord? Selbst im Tod gibt Lucy viele Rätsel auf. Und eine Frage stellt sich vor allen anderen: Was soll nun werden aus Ethel, ihren Geschwistern, ihrem Vater?


    In die Schilderungen von Ethie sind Kapitel eingestreut, in denen aus der Vergangenheit des Vaters berichtet wird. Der Leser erfährt hier nicht nur, wie sich Howard und Lucy kennen gelernt haben, sondern auch die schrecklichen Erfahrungen, die Howard als Soldat im zweiten Weltkrieg sammeln musste, werden verdeutlicht.


    Der Stil der Autorin ist sehr lebendig und einfühlsam. Ich als Leser habe ich mich als ein Teil der Familie Coulter gefühlt. Die Szenen um Lucys Beerdigung sind so eindringlich beschrieben, dass die Trauer über ihren Tod richtig greifbar wurde.


    Die grausamen Kriegsszenen waren stellenweise nur schwer zu verdauen. Nichtsdestotzortz gehören sie zu Howards Vergangenheit und sind somit sehr relevant für das Buch und die Entwicklung der Charaktere und Geschehnisse.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Dass Kriege überdeutliche Spuren nicht nur in physischer Form bei den direkt Beteiligten hinterlassen, sondern auch deren Angehörige und Freunde in Mitleidenschaft ziehen, hat sicherlich schon oft genug als Stoff für Bücher und Filme gedient. Und nun noch ein Buch zu diesem Thema, also nur Altbekanntes und dies neu verpackt? In gewisser Weise ja, aber die neue Verpackung ist wirklich gut gelungen.


    Im August 1962 erfahren die Kinder Ethie, 11 Jahre, Kipper, 14 Jahre, Frankie, 20 Jahre und der Vater Howard Coulter, dass ihre schöne Mutter Lucy auf einem Boot tot aufgefunden wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt waren sie im großen und ganzen eine glückliche Famile. Nur den Vater scheint seit seiner Rückkehr aus dem 2. Weltkrieg etwas derart zu belasten, dass er immer wieder für mehrere Stunden, manchmal sogar für Tage verschwindet.


    Die Geschichte teilt sich in zwei Erzählstränge: Der eine beschreibt überwiegend aus der Sicht Ethies, wie die Familie mit dem Tod der geliebten Mutter umgeht, der andere Howards Teilnahme am II. Weltkrieg. Er wird in Hongkong stationiert und landet für vier lange Jahre in Kriegsgefangenschaft bei den Japanern. Doch die Schuldgefühle die er verspürt, weil er glaubt für eine grauenvolle Tat verantwortlich zu sein, lassen es nicht zu, dass er während der folgenden Jahre mit seiner Frau über die entsetzlichen Geschehnisse spricht, die ihn immer noch verfolgen. Erst als durch Lucys Tod nicht nur Howard, sondern ihr ganzes Zuhause zu zerbrechen droht, stellt er sich seiner Vergangenheit.


    Milner beschreibt anrührend aber ohne rührselig zu werden, wie die mutterlose Familie mit dem Verlust zurechtkommt. Man spürt die Trauer ebenso wie die Liebe, die zwischen den Geschwistern, aber auch Vater und Kindern herrscht, die Verzweiflung über das Geschehene wie die Freude über die ersten kleinen Lichtblicke. Umso grausamer erscheinen die Schilderungen über das Erlebte in Hongkong während des Krieges, die entsetzlichen Leiden der Menschen sowie die unglaubliche Brutalität die dort zutage tritt.


    Ein gefühlvolles, aber kein kitschiges Buch, das überdeutlich klar macht, dass ein Krieg nicht beendet ist, nur weil die Kriegshandlungen eingestellt wurden. Ehemalige Soldaten, Opfer, die Familien und Freunde werden mit seinen Folgen noch lange zu kämpfen haben.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Der Tag, an dem Marilyn Monroe stirbt, ist auch der Tag, an dem Lucy Coulter ums Leben kommt und das Leben ihrer Familie aus der Bahn geworfen wird.


    Mildred, Lucys Schwester, ist der Meinung, dass die Familie ohne Mutter nicht zurechtkommen wird, und würde am liebsten alles nach ihrem Gusto organisieren. Als Außenstehender kann man ihr das auch nicht gänzlich verdenken, denn Vater Howard hat ein Alkoholproblem. Die drei Kinder - neben der elfjährigen Ich-Erzählerin Ethie gibt es noch zwei ältere Brüder, Frankie, der wie der Vater im Sägewerk arbeitet und nebenbei auf die Abendschule geht, und Kipper, der das Down-Syndrom und somit einen irgendwie besonderen Blick auf die Welt hat - wissen nur, dass er "im Krieg" war und dass es daran liegt, dass er so viel trinkt und so oft Alpträume hat oder einfach ins Leere starrt. Er hat nie von seinen Erlebnissen gesprochen, noch nicht einmal, wohin es ihn verschlagen hat.


    Auf einer zweiten Handlungsebene erfahren wir all das, wovon Howard seiner Familie nie erzählt hat - wo er im Krieg war, zu dem er sich mit seinem besten Freund freiwillig gemeldet hatte, was er erlebt, gesehen und erlitten hat und wie das Erlebte bis in die Gegenwart hineinreicht.


    Obwohl ich schon viele Bücher über den 2. Weltkrieg gelesen habe, greift Donna Milner hier einige für mich neue Aspekte auf: die Beteiligung Kanadas, die Geschehnisse in Asien vor und nach dem Kriegseintritt der USA, die desolaten Zustände in den Gefangenenlagern in Hongkong. Da gab es einige ziemlich erschütternde Szenen, die ich in einem Buch, das als Familiengeschichte vermarktet wurde, gar nicht vermutet hätte, und es wird klar, warum Howard Coulter, der oft so schrecklich unbeholfen und verschlossen wirkt, so ist, wie er ist.


    Ethies Erzählstimme in der Gegenwart fand ich sehr gelungen, die Denkweise und Gefühle eines elfjährigen Mädchens, das in einer nicht alltäglichen, aber dennoch funktionierenden Familienkonstellation aufwächst, die mit dem Tod der Mutter in sich zusammenzubrechen droht, weil nun niemand mehr das Geld zusammenhält, die psychischen Probleme des Vaters kompensiert und den Jungen mit Down-Syndrom fördert (solche Kinder wurden 1962 ja noch mit Vorliebe in Anstalten außer Sichtweite "verstaut" und oft sich selbst überlassen). Mal ist Ethie gewitzt und mutig, mal überfordert und verängstigt, sehnt sich nach der Mutter und nach Normalität. Dieses Auf und Ab wird sehr gut eingefangen.


    Insgesamt hat mir die Mischung aus Kriegs- und Familienroman sehr gut gefallen. Ein klein wenig schade war nur, dass Lucys Tod nicht umfassender aufgeklärt wurde.

  • Danke! Die Suchfunktion hat mir nichts ausgespuckt :-k

    Ich finde es im Rezensionsindex auch nicht, wenn ich den Titel eingebe - aber über die allgemeine Suchfunktion wird es gelistet :wink: Dieses Mal gehört das Danke aber @Marie die den Thread kannte

  • Ich hatte per Suchfunktion nach der Autorin gesucht, da kam auch nix. Komisch.