Régis de Sá Moreira - Das geheime Leben der Bücher

  • Ich bin heute bei Amazon auf dieses Buch gestoßen und wollte direkt mal schauen, ob es bei uns schon jemand rezensiert hat und in der Tat, Marie war es. Dankeschön für deine Rezension, das Buch wandert definitiv auf meine Wunschliste und sehr bald auf meinen SUB!


    LG Tanni

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ich habe das Buch gestern zu Ende gelesen und muss sagen es ist was besonderes. Es ist mal was ganz anderes. Ich kann das Buch nur weiter empfehlen. Ja bei dem Buch muss man wirklich mit den Gedanken ganz dabei sein um alles zuverstehen. Ich glaub, wenn ich ich es in einem Jahr lese ist es für mich wie ein anderes Buch.

    Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zugeben.


    Cicero

  • In "Das geheime Leben der Bücher" begleitet der Leser einen namenlosen Buchhändler für einen Tag in seine Welt der Bücher.
    Sie sind sein Ein und Alles. Jedes Einzelne von ihnen hat er gelesen und sein Laden ist Tag und Nacht geöffnet, denn es könnte ja jemand vor dem Laden stehen und ein Buch kaufen wollen.
    Der Leser macht Bekanntschaft mit den merkwürdigsten Kunden, die sich teilweise dem seltsamen Verhalten des Buchhändlers anpassen.


    Ich habe mich leider dem Verhalten des Buchhändlers überhaupt nicht anpassen können. Ständig habe ich mich gefragt, wie jemand seine Kunden so behandeln mag. Unwirsch, manchmal sogar richtig frech, müssen sich einige von ihnen vor den Kopf stoßen lassen. Paare werden gar nicht bedient - sie sind Kunden, vor denen der Buchhändler sich solange versteckt, bis sie wieder gegangen sind. Andere wiederum verwirrt er mit sinnlos in den Raum geworfenen Sätzen derart, dass sie kopfschüttelnd den Laden verlassen.


    Freunde hat der Buchhändler nicht mehr, seit diese angefangen haben, über ihn zu reden. Und dafür, dass er seine Bücher so sehr liebt, ist es mir umso unbegreiflicher, wie er Seiten aus Büchern herausreißen kann, um sie seinen Geschwistern als Art Brief zu schicken. Anscheinend kann er sich auf andere Art nicht mitteilen.


    Was sich mir überhaupt nicht erschließt, sind der Prolog und der Epilog. Wenn sie zu der Geschichte dazugehören sollen, dann habe ich den Sinn wohl verkannt.
    Das Einzige, was mich angesprochen hat, ist das wunderschöne Cover der Taschenbuchausgabe. Die Abbildung eines alten Buchladens, wo ich mich sofort wohlgefühlt hätte. Schade, dass ich das in der Geschichte von Régis de Sá Moreira nicht konnte. Ich kam mir vor, wie einer der unliebsamen Kunden des Buchhändlers.


    Von Schreibstil her, hätte ich erwartet, dass der Autor mindestens achtzig Jahre alt ist - umso erschrockener war ich, als ich feststellte, dass er erst siebenunddreißig ist.


    Wer wirklich Wert auf ein anspruchsvolles Buch zum Thema Bücher legt, der sollte doch lieber zu Jacques Bonnets "Meine vielseitigen Geliebten: Bekenntnisse eines Bibliomanen" greifen. Da hat der Leser neben einem wunderschönen Cover auch gleich den passenden wundervollen Inhalt.


    Würde mich jemand fragen, was der Autor mit diesem Buch sagen wollte, dann würde mir wohl als erstes einfallen: Bücher machen sehr einsam - anders kann ich mir seinen Buchhändler nicht erklären. Für diesen Roman kann ich leider nur zwei Sterne vergeben.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann!"


    :love: :love: :love:

  • @ goat,
    kann es sein, dass Du für das Surrealistische nicht empfänglich bist? An der Realität gemessen, ist das Buch natürlich Quatsch. Doch es ist in meinen Augen eine ganz andere Ebene, von der das Buch erzählen will.
    Was es jetzt im einzelnen mit Prolog und Epilog auf sich hat, kann ich nicht mehr sagen. Doch ich erinnere mich an ein Aha-Erlebnis, als ich es kapiert hatte.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das Buch beginnt mit einem Prolog. Drei verschiedene Frauen sind auf einem Kreuzfahrtschiff. Die erste Frau sagt sich, dass es noch schlimmer als an Land ist und sie wünscht sich, das Schiff würde sinken. Die zweite wünscht sich, dass Schiff würde untergehen, in Rauch aufgehen, sie würden ertrinken. Die dritte wünscht sich einfach „Nimm mich!“.
    Dann beginnt der eigentliche Roman. Ein Buchhändler, der einfach nur Buchhändler heißt, lebt praktisch in seiner Buchhandlung. Tag und Nacht hat seine Buchhandlung offen. Er ernährt sich nur vom Lesen und von verschiedenen Kräutertees. Seine Freunde haben ihn verlassen. Drei große Lieben hat er gefunden und wieder verloren (sind das vielleicht die drei Frauen auf dem Schiff?).
    In der Buchhandlung verkauft er keinen Schund und auch nichts für Paare. Überhaupt scheint er eine Abneigung gegen Paare zu haben. Seine Kunden sind, genau wie der Buchhändler selber, seltsam. Nachts betritt zum Beispiel die nackte Frau den Laden. Regelmäßig erscheint ein Zeuge Jehovas. Mit einer Kunden hat er zwischen den Regalen Sex. Er verwirrt seine Kunden, in dem er ihnen Sätze aus Fremdsprachenlehrbüchern an den Kopf wirft. Mit einem Kunden hat er sich um ein Buch verprügelt, weil er ihm das Buch auf keinen Fall verkaufen wollte. Kundinnen stürzen weinend aus dem Laden, Gott kommt und geht durch die Tür. Manchmal hört der Buchhändler nachts die Stimmen seiner Kunden, unterhält sich mit ihnen. Manchmal kriecht die Traurigkeit in seinen Laden, sucht ihn. Erfasst ihn.
    Ein Buch über einen Buchhändler, der nur für seine Bücher lebt. Der nur durch sie existiert. Ansich ist das Buch schön geschrieben, einfach zu lesen, aber es ist auch sonderbar. Beim Lesen habe ich mich gefragt, wieso er zu manchen Kunden, zum Beispiel zu Paaren, so unfreundlich ist. Wieso die Kunden noch zu ihm kommen, wenn er doch so mürrisch ist.
    Es gibt keinen richtigen Höhepunkt. Die Geschichte fließt so dahin. Man erfährt, wie dieser Buchhändler seinen Tag, seine Stunden und seine Nächte verbringt. Wie er die Kunden behandelt und auf die unterschiedlichen Kunden reagiert.
    Am Schluss kommt ein Epilog. Wieder sind da die Frauen auf dem Schiff. Die Sirenen heulen und plötzlich sehen sie ihn. Und dann endet das Buch.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich bin sehr froh dass ich dieses Buch nach Joseph & Clara gelesen habe. Denn in dieser Geschichte gelingt es dem Autor den Leser zum Träumen zu bringen. Eine Erzählung voller Prosa, mit einem Hauch von Unwirklichkeit, kleinen Körnern der Trauer, etwas Ironie und vor allem einer Faszination zu Büchern, die jedes für sich eine Kostbarkeit sind, welche nicht für jedermann geeignet sind.
    Nun weiss ich auch weshalb mir die Lektüre von Joseph & Clara etwas Unbehagen bereitete. Das Bedürfnis des Autors den Sätzen eine Neigung zur Esoterik zu geben, war mir zu aufdringlich- erinnert mich (beim lesen dieser Geschichte wurde es mir bewusst) etwas an Paulo Coelho, welcher nicht mehr zu den Autoren zählt die ich mit Vergnügen lese.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich habe das Buch gestern Nacht innerhalb von wenigen Stunden ausgelesen ... Und es hat mich verzaubert. Sein Inhalt ist traurig, aber auf eine ganz besondere Weise.
    Die Geschichte rahmen ein Prolog und ein Epilog ein, die weit entfernt von dem eigentlichen Handlungsort spielen. Dort stehen drei Frauen auf einem Schiff und jede von ihnen wünscht sich auf ihre eigene Weise den Untergang dieses Schiffes. Sie scheinen sich sehr zu unterscheiden, doch in ihrer Vergangenheit findet sich eine gemeinsame Liebe. Diese ist der namenlose Buchhändler in seiner Buchhandlung viele Meilen entfernt von ihnen.
    Zurückgezogen lebt er zwischen seinen Büchern, die für ihn schon längst zu viel mehr geworden sind als nur mit Lettern bedruckte Seiten. Er pflegt sie, liest ihnen vor, beschützt sie wie Kinder und lässt sie mit seinen Kunden ziehen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Er, der namenlose Buchhändler, bleibt aber stets Bestandteil seiner Buchhandlung. Nie verlässt er diese, denn die Welt vor der stets geöffneten Tür reizt ihn nicht mehr, sie hat ihn in Person seiner alten Freunde vergessen. Es scheint fast so, als sei der Buchhändler nur noch eine Erinnerung, ein Schatten seiner selbst. Klare Grenzen zwischen Realität und Fantasie zieht der Autor in seinem Büchlein nicht, aber gerade das macht die Geschichte zu etwas sehr Schönem. Sie fließt dahin und verfliegt, lässt als einzige Spur ihr Gefühl von Glück und Melancholie zurück. Denn eigentlich ist die Geschichte, die Régis de Sá Moreira erzählt, eine sehr traurige:


    Der Buchhändler ist in den Mauern seiner Buchhandlung zwar glücklich und steht in Kontakt mit seinen zehn Brüdern und Schwestern, aber für die Welt existiert er nicht mehr. Seine Freunde haben ihn vergessen, seine geliebten Frauen haben ihn verlassen und sein Talent, mit den Menschen umzugehen, ist nun verschwunden. Paare, die mit einem Dingelingdingeling seinen Laden betreten, versetzen ihn in Angst und Rage, gerne geleitet er sie sehr schnell und nicht immer freundlich aus seinem Laden hinaus. Seinen anderen Kunden hilft er gerne, doch nicht immer kann er sie begreifen. Manchmal tröstet er sie, manchmal wundert er sich über sie und es kann sogar passieren, dass er eine Frau zwischen den Regalen für russische Literatur liebt. Aber letztendlich bleibt der Buchhändler in seiner Welt voller Bücher dennoch sehr einsam.


    Ich hatte das Gefühl, dass mir der Autor auf diesen 176 Seiten eine ganz besondere Geschichte erzählt, die auch lange nach dem Lesen noch in der Erinnerung an einen Buchhändler, der irgendwo weit weg so einsam wie glücklich ist, noch nachklingt. So etwas wie sie habe ich noch nie gelesen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • @ Sommerregen,


    Es freut mich, dass das Buch Dich auch begeistern konnte. Ich habe es nicht ins Regal gestellt, sondern zurück auf den SuB gelegt, weil ich es auf jeden Fall nochmal lesen will.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Danke. Mich würde interessieren, was genau du damals dachtest. ;)

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • @ Sommerregen,
    wenn Du ein paar Tage Geduld hast ...


    Ich bin gerade bei meinem vorablesen-Buch, dann werde ich nochmal nachsehen und Dir die Details posten.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Also ich schließe mich zu 100 % goat an. Ich fand das Buch nervenaufreibend und langweilig. Der Buchhändler war mir total unsympathisch und die Dinge, die ihm passieren, fand ich einfach nur peinlich.

    Und dabei bin ich durchaus empfänglich für Surreales; dieser Schriftsteller hat mich aber in keiner Weise erreicht.


    Was mich auch besonders gestört hat, war, dass der Buchhändler Bücher zerstört, indem er Seiten heraus reißt.


    Zwei Punkte, die mir gefallen haben: Der Einband (wie hier schon öfter erwähnt) und die Tatsache, dass er den Laden 24 Stunden am Tag offen hält, damit niemand, der auf der Suche nach einem Buch ist, enttäuscht wird. Andererseits ist es ja auch nicht so ganz sicher, ob man auch eines kaufen darf, wenn man diesen Buchladen betritt...


    Nein nein, ein absolutes no-go! [-X

  • @ Sommerregen,
    ich habe das Buch nochmal kurz durchgelesen und fürchte, dass ich Dich enttäuschen muss.


    Mehr AHA war nicht. :cry:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das reicht mir schon, Marie. :) Danke.
    Mich hat einfach interessiert, welche Erkenntnisse andere mit dem Büchlein hatten, weil sein Inhalt ja doch nicht ganz real und greifbar ist.

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Ui, so unterschiedliche Meinungen. :-k Da bin ich gleich noch gespannter auf das Buch. Ich ahbe es mal aus meinem SUB hervorgekramt und werde in den nächsten Tagen anfangen. :wink: