Gerard Donovan - Winter in Maine/ Julius Winsome

  • Kopie Amazon:
    Julius Winsome hat den Schuss gehört. Zumindest glaubt er das, denn in
    den Wäldern von Maine ist kurz vor Winteranbruch Jagdsaison – es hätte
    also auch jeder andere Schuss gewesen sein können. Sein geliebter
    Pitbullterrier Hobbes jedenfalls schafft es gerade noch, sich 500 Meter
    zu ihm hin zu schleppen, bevor er an der aus nächster Nähe kaltblütig
    in seinen Rücken gefeuerten Schrotflintenladung zugrunde geht.
    Kurzerhand nimmt Winsome, der in der Einsamkeit mit seinen geerbten
    Büchern und den antiquierten Worten Shakespeares lebt, sein ebenfalls
    geerbtes Scharfschützengewehr und macht seinerseits Jagd auf die Jäger.
    Drei von ihnen erlegt er sofort – auch wenn keiner von ihnen mehr sagen
    kann, ob er tatsächlich Hobbes’ Mörder war.
    „Als ich wieder in der
    Hütte war und das Feuer schürte, spürte ich zum ersten Mal, dass er mir
    fehlte, und dieses Gefühl versetzte meinem Herz einen schrecklichen
    Schlag, denn auf einmal begriff ich die wahre Bedeutung des Wortes
    ‚tot’. Es bedeutet, dass niemand sieht, wie man lebt und was man tut.“
    Es sind melancholische, tieftraurige und psychologisch raffinierte
    Passagen wie diese, die den stillen, kalten und dennoch herzerwärmenden
    Roman
    Winter in Maine des irischen Autors Gerard Donovan zu
    einem Meisterwerk werden lassen. Von Einsamkeit handelt das Buch, von
    zerstörtem Glück und Liebe zur Kreatur, aber auch von grausamer Rache
    und der Verzweiflung eines Mörders, der dank der Ich-Perspektive zur
    Identifikationsfigur des Lesers wird. So eindringlich hat man von
    diesen menschlichen Schicksalsthemen Shakespeare’schen Ausmaßes lange
    nicht mehr gelesen.


    Meine Meinung:


    Mitten im Wald, jeweils fünf Kilometer von den nächsten Nachbarn entfernt, wohnt Julius Winsome allein mit seinem treuen Pittbullterrier
    Hobbes. Der 51-Jährige ist zufrieden mit seinem Leben. Er lebt vollkommen zurückgezogen und beschäftigt sich mit seinem Garten und den
    3.282 Büchern, die ihm sein Vater hinterlassen hat.


    Diese Idylle wird an einem frostigen Wintertag jäh zerstört, als ein Unbekannter Hobbes aus nächster Nähe, ganz in der Nähe seines Zuhauses, erschießt. In Julius wächst der Wunsch nach Vergeltung und er beginnt einen mörderischen Feldzug, um den Tod seines vierbeinigen Freundes zu
    rächen. Dabei ist ihm der Polizist Troy auf den Fersen- ausgerechnet der Mann, für den sich Julius' einzige Liebe Claire nach einem schönen,
    gemeinsamen Sommer von ihm getrennt hat.


    Der in Irland geborene Autor Gerard Donovan schildert die Stimmung und Einsamkeit des Winters in Mains Wäldern so wortgewandt und
    realistisch, dass man die Kälte fast körperlich spürt. Obwohl Julius zu einem kaltblütigen Mörder mutiert, verwirkt er dadurch zwar die
    Billigung, nicht aber die Sympathie des Lesers.
    "Winter in Maine", von dem der Autor sagt, er habe das Buch innerhalb von nur 8 Wochen geschrieben, ist kein actionreicher Thriller, sondern ein ruhiger, ungemein fesselnder Roman der verdeutlicht, wie nah Liebe und Hass manchmal beieinander liegen.


    Unbedingt lesenswert!

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Out off topic!


    Liebe Admins,


    was mache ich eigentlich falsch, dass die Zeilen so eigenartig aufgeteilt sind? In der Vorschau sieht es "normal" aus! :roll:

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Dem kann ich mich nur anschließen!
    Vielen Dank für die tolle Rezi, das scheint mal etwas "Anderes" zu sein, ich freu mich schon drauf :)

    :study: Das Lächeln der Fortuna (R.Gable)
    :bewertung1von5: Bücher/Seiten 2022: 53/23.270 || SUB 277 O:-) (Start:287)

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    "Bücher sind Wahrheiten inmitten von Lügen." / S.King
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    "Why do most people fail to give each other the fairy tale?" / M.Quick

  • Ich persönlich fand das Buch nicht besonders gut und habe ihm 3 von 5 Sternen gegeben.
    Ich fand es wirklich etwas langweilig und manchmal hat es mich sogar ziemlich genervt.

    @ Sally,


    was genau fandest du denn langweilig und nervig?

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Eine tolle Rezi und offenbar auch ein besonderes Buch.


    Zitat

    In Julius wächst der Wunsch nach Vergeltung und er beginnt einen
    mörderischen Feldzug, um den Tod seines vierbeinigen Freundes zu


    rächen.

    Das könnte ich mir für mich auch gut vorstellen. Ich hoffe nur, er hat den Richtigen erwischt.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • @ Sally,


    was genau fandest du denn langweilig und nervig?

    Ich wollte etwas über einen Mann und seinen erschossenen Hund lesen und nicht über dessen Vater und Großvater und deren Kriegsneurosen und wenn ich Shakespeare hätte lesen wollen, dann hätte ichs auch gemacht. Die Kerngeschichte ansich hätte man auch bequem in 80 Seiten erzählen können, desssegen hat sich das für mich einfach nicht gelohnt.

  • Shakespeare? 8-[
    Auf den stehe ich aber gar nicht. [-(

    Julius Winsome, der Protagonist in diesem Buch hat rund 3000 Bücher von seinem Vater geerbt, unter anderem auch von Shakespeare und er hatte die Aufgabe Wörter daraus zu notieren und im täglichen Sprachgebrauch zu verwenden und das kann man eben auch im Buch lesen und es passt absolut nicht rein.

  • Julius Winsome, der Protagonist in diesem Buch hat rund 3000 Bücher von seinem Vater geerbt, unter anderem auch von Shakespeare und er hatte die Aufgabe Wörter daraus zu notieren und im täglichen Sprachgebrauch zu verwenden und das kann man eben auch im Buch lesen und es passt absolut nicht rein.

    Diese Aussage verfälscht in meinen Augen die Tatsachen, da der Eindruck entstehen könnte, dass das eine wesentliche Rolle spielt. Diese Wortspielerei wird nur am Rande erwähnt und ich fand sie für einen Buchliebhaber durchaus passend.
    Um Julius zu verstehen, finde ich auch die Erzählungen über seinen Vater und Großvater (die ich im Übrigen auch nicht besonders umfangreich fand) wichtig.
    Ich hatte eher vermutet, dass dich die Beschreibungen über den Wald und die Einsamkeit gelangweilt haben :wink:


    @ €nigma,


    ich könnte mir vorstellen, dass das Buch deinen Geschmack trifft. Zu deiner Frage nach dem "Richtigen" sage ich mal nichts. Nur so viel: Ich fand den Schluss überraschend und originell :-#

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Hier steht auch einiges von Shakespeare rum, aber glücklicherweise muss ich das nicht (mehr) aufschlagen und etwas daraus notieren. :mrgreen:

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    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Ich hatte eher vermutet, dass dich die Beschreibungen über den Wald und die Einsamkeit gelangweilt haben


    Genau darauf habe ich mich bei diesem Buch eingestellt und würde es absolut nicht schlimm finden, wenn die verschneite Landschaft, die knackige Kälte und das gemütliche Blockhäuschen des Protagonisten beschrieben würde. Das macht doch die Stimmung aus.


    Auf den "Rachefeldzug" freue ich mich auch schon und bin ziemlich gespannt.


    Gut, Rita, dass du das mit Shakespeare noch mal aufgeklärt hast, denn ich hatte jetzt zwischendurch die Befürchtung, dass es zu arg wird. Obwohl ich nichts gegen Shakespeare habe.

  • Um Julius zu verstehen, finde ich auch die Erzählungen über seinen Vater und Großvater (die ich im Übrigen auch nicht besonders umfangreich fand) wichtig.


    Damit hätte ich sicher gar kein Problem. Ich lese auch sehr gern "zeitversetzte" Krimis mit Rückblicken in die Vergangenheit, zuletzt "Das andere Kind".
    Falls die Landschafts-, bzw. Waldbeschreibungen zu langatmig sind, kann man diese Seiten ja etwas gerafft lesen.
    Ich denke schon, dass dieses Buch etwas für mich ist und hoffe auf eine Nebenrolle für den alten Shakespeare. ;)

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Falls die Landschafts-, bzw. Waldbeschreibungen zu langatmig sind, kann man diese Seiten ja etwas gerafft lesen.
    Ich denke schon, dass dieses Buch etwas für mich ist und hoffe auf eine Nebenrolle für den alten Shakespeare. ;)

    Es ist tatsächlich nur eine Nebenrolle und die sei ihm doch gegönnt ;) Mit umfangreichen Landschaftsbeschreibungen habe ich sonst GAR nicht. Aber diese sind dermaßen schön formuliert, dass ich eine sogar zwei Mal gelesen habe :)

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Diese Aussage verfälscht in meinen Augen die Tatsachen, da der Eindruck entstehen könnte, dass das eine wesentliche Rolle spielt. Diese Wortspielerei wird nur am Rande erwähnt und ich fand sie für einen Buchliebhaber durchaus passend.
    Um Julius zu verstehen, finde ich auch die Erzählungen über seinen Vater und Großvater (die ich im Übrigen auch nicht besonders umfangreich fand) wichtig.
    Ich hatte eher vermutet, dass dich die Beschreibungen über den Wald und die Einsamkeit gelangweilt haben :wink:


    @ €nigma,


    ich könnte mir vorstellen, dass das Buch deinen Geschmack trifft. Zu deiner Frage nach dem "Richtigen" sage ich mal nichts. Nur so viel: Ich fand den Schluss überraschend und originell :-#

    In einem Buch mit 200 Seiten spielen Nebenstränge aber in der Tat eine wesentliche Rolle. Ich empfinde die Shakespeare Parts als störend und die Rückblicke auf Vater und Großvater Winsome, vorallem die, in denen es um den Krieg geht, bzw. um die Kriege sind eben einfach nicht nötig und haben mich einfach gewaltig gelangweilt und genervt.
    Und dass mich die Beschreibungen über den Wald und die Einsamkeit gelangweilt haben halte ich für ein Gerücht. Sowas mag ich nämlich gerne lesen [-(


    Was mir übrigens noch zu dem Buch als Produkt einfällt: Es riecht total unangenehm. Ich mag wirklich gerne an neuen Büchern riechen und als ich Winter in Maine aus der Folie gepackt und angeschnüffelt habe wurde mir direkt schlecht. Es roch nach mehr nach Zigarettenrauch als nach Druckerschwärze und Buch. Ich hab mich gefragt, ob es nur an meinem Buch liegt, aber der Test in der Buchhandlung bestätigte mir, dass auch andere Bücher vom Luchterhand Verlag so...ich muss es schon so ausdrücken: stinken. Brr :-?

  • Und dass mich die Beschreibungen über den Wald und die Einsamkeit gelangweilt haben halte ich für ein Gerücht. Sowas mag ich nämlich gerne lesen

    Ich würde mir niemals anmaßen, das zu behaupten. Ich habe es vermutet! :wink: Übrigens habe ich gerade die Nase in mein Buch gesteckt. Es riecht wie ein Buch riechen sollte ;)

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Das wird ja immer spannender, wenn die Bücher jetzt auch nach dem Geruch rezensiert werden.
    Da ich ein ausgesprochener Bücherschnüffler bin, kann ich jedem Goldmann-Taschenbücher empfehlen, die riechen wirklich lecker. :thumleft:

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    (Francis Bacon)
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