Pavese, Cesare - Die einsamen Frauen / Tra donne sole

  • Ein Roman, oder besser ein Autor, der mich innerlich sehr bewegt hat!


    Emotional bin fast an die Decke gesprungen, obwohl das Buch so gut begann, mir die Sprache lag und die Handlung so interessant hervortrat.
    Clelia, die Protagonistin, reist nach dem 2.Weltkrieg von Rom nach Turin um dort ein neues Modeatelier zu eröffnen. Ursprünglich stammt sie aus Turin, hat dort ihre Kindheit und Jugend verbracht, ist dann für eine Ausbildung zur Schneiderin nach Rom gegangen und hat sich beruflich hochgearbeitet. Ihre Wurzeln entspringen also einer anderen Schicht, sie greift allerdings mit beiden Händen bei dieser feineren Gesellschaft zu, die ihr aber innerlich überhaupt nicht zusagt, ihr zuwider ist. Ihre Kritikpunkte sind vorwiegend der Müßiggang, das Nichts-Tun und das Lose-Leben. Auch in Turin verkehrt sie schnell in diesen Kreisen. Sie lernt zwei Frauen kennen, die diese Wochen/Monate mit ihr teilen, und sie gemeinsam die Wochenenden in den Bergen verbringen. Rosetta, die einen Selbstmordversuch hinter sich hat und Momina, die von ihrem adeligen Mann getrennt lebt und kein gutes Haar an Männern lässt.
    Alle drei Frauengestalten sind sehr exzentrisch und stellen (in Bezug zur Allgemeinheit) krasse Randfiguren dar; auch die männlichen Figuren sind zum größten Teil Kanallien, lediglich eine Figur schneidet positiv und lebenstauglich ab, der Dekorateur.


    Was mich jetzt so aufgeregt hat, ist, dass Pavese, der hinter der Figur der Clelia steht, auch biographisch, aus deren Sicht in der Ich-Form erzählt. Er verunglimpflicht diese Figur, generell die weiblichen Personen. Wenn man als männlicher Autor in die Haut einer Frau schlüpft, sollte man die weiblichen Züge schon treffen, stellt man diese aber nur negativ dar, dann spricht da eine gute Portion von Fremdheit (wenn ich es irgendwie positiv beschreiben möchte) oder Hass (wenn ich das ausspreche was ich empfunden habe) heraus.


    Das Leitmotiv im Roman sowie wohl auch im Leben von Pavese ist die Einsamkeit. Clelia fühlt sich nicht zugehörig, weder in ihrer ursprünglichen Schicht, noch in diesem dekadenten Kreis. Sie verhält sich aber wie eine Gefangene in dieser oberflächlichen Gesellschaft, der sie nicht den Rücken wenden kann. Rosetta begegnet diesem Problem mit einem Selbstmordversuch und Momina setzt sich erhaben über alles hinweg und verstockt in ihrem Eis. Die Sinnlosigkeit raubt ihnen die Lebenfreude.
    Eigentlich ein guter Roman, wenn mir dieser Frauenhass nicht fortwährend vor die Füße gesprungen wäre!


    Cesare Pavese wurde am 9. September 1908 in Italien geboren, und studierte in Turin Literaturwissenschaft. Anfangs schrieb er Gedichte und war als Übersetzer aus dem Englischem tätig (Faulkner, Joyce und Melville). Nach dem Krieg wurden seine eigenen Romane verlegt und bekannt. Am 27. August 1950 setze Pavese seinem Leben ein Ende.

  • Buchkrümel hat den Inhalt des Romans bereits sehr gut zusammengefasst.
    Ergänzend möchte ich anmerken, dass die von ihr verlinkte Ausgabe aus dem Jahr 2008 vom Claasenverlag eine Neuübersetzung von Maja Pflug ist. Gemäss Amazon enthält die Ausgabe zudem ein Vorwort der Literaturkritikerin Maike Albath, sowie im Anhang zwei Briefe von Italo Calvino, in denen er seinem Freund und Kollegen seine Meinung zu dessen Werk zukommen lässt.
    Leider habe ich allerdings eine Uraltausgabe (aus den 1960ern) vom Verlag Volk und Welt in der Übersetzung von Catharina Gelpke ohne irgendwelche Kommentare. Und so ein paar Zusatzinfos hätte ich gerne gehabt, denn mit dem Buch konnte ich fast gar nichts anfangen. Der Anfang war ja noch irgendwie interessant: die Ich-Erzählerin kommt nach langer Zeit wieder in ihre Heimatstadt, um, mittlerweile beruflich erfolgreich, ein Modeatelier zu eröffnen. Per Zufall wird sie Zeugin eines missglückten Suizidversuchs. So weit so gut. Die übrigen 150 Seiten handeln vom Müssiggang, dem Nichtstun, dem Weltüberdruss, der Oberflächlichkeit, der Einsamkeit trotz Partytrubels - aber eben in einer solch langweiligen Form, dass bei mir kaum Interesse zu den Hauptfiguren aufkam. Das Thema gäbe ja viel her, aber die Geschichte enthält keinen Spannungsaufbau, keine Ironie oder beissenden Spott, keine überzogenen Darstellungen, sondern eher realistische, traurige Schilderungen des einsamen Lebens trotz Arbeit und gesellschaftlichen Festivitäten. Bereits vor der Mitte des Romans war mir klar, wie das Ende aussehen würde, und somit war ich von der zweiten Hälfte des rund 180 Seiten langen Büchleins auch noch gelangweilt.
    Der von Buchkrümel kritisierte Frauenhass ist mir nicht sonderlich aufgefallen. In dem Roman sind eigentlich alle Personen, egal ob männlich oder weiblich, unsympathisch und oberflächlich. Aber ja, Pavese hatte wohl zeitlebens problematische Beziehungen zu Frauen, sodass auch etwas in seinen Romanen durchscheinen mag. Aber entweder lag es an der anderen, älteren Übersetzung, oder wahrscheinlicher, dass ich mich als Mann nicht angesprochen fühlte oder nicht sensibel genug dafür bin, aber einen offenen Frauenhass konnte ich jetzt nicht darin sehen.


    Das italienischsprachige Original erschien 1949 unter dem Titel "Tra donne sole":