Thomas Raab: Der Metzger geht fremd

  • Thomas Raab: Der Metzger geht fremd


    Piper Verlag
    ISBN 978-3-492-05308-2
    gebundene Ausgabe
    359 Seiten
    18,95 € (D)

    Ein Kriminalroman


    Nach „Der Metzger muss nachsitzen“ und „Der Metzger sieht rot“ ist dies der dritte Fall für den Metzger.

    Willibald Adrian Metzger, von Beruf Restaurator, und seine Freundin Danjela Djurkovic sind die Hauptpersonen des Romans.
    Als Schauplatz dient das Kurhotel Sonnenhof.


    Das Buch beginnt mit einem eher unguten Tag für den Metzger, an dem alles schief geht und zu allem Überfluss ist auch noch seine Danjela weg. Die ist gerade auf Kur und entdeckt dort prompt eine Leiche. Nach einem kurzen Anruf beim Metzger hält diesen nichts mehr und er reist sofort hinterher. Das Kurhotel wird zum Tatort weiterer Vergehen, doch mit dem Spürsinn Djurkovics und der Kombinationsgabe des Metzgers klärt sich alles nach und nach auf.
    Es geht um dunkle Familiengeheimnisse, um längst Vergangenes, das Stück für Stück aufgedeckt wird. Doch je mehr die beiden ans Licht bringen, desto mehr bringen sie sich selber in Gefahr. Schließlich wird der Metzger entführt und Djurkovic bekommt ein Rasiermesser am Hals zu spüren.

    Das ganze Buch ist wie ein Puzzle, immer wieder tauchen neue Teile auf, immer wieder muss neu überlegt werden, wo das entsprechende Teil einzufügen ist.

    Spannung garantiert bis zum Ende, dazu düstere Gedanken, die manchmal Gänsehaut verursachen und als Zwischenspiel das Gespräch zweier Fische.

    Die Illustration des Schutzumschlages ist gewiss nicht jedermanns Geschmack. Aber wenn man den Metzger näher kennenlernt, dann findet man den Umschlag ganz passend. Das Buch selbst ist sehr schön gebunden und sieht aus wie Ebenholz, ein Lesebändchen vollendet den positiven Gesamteindruck.

    Die Geschichte ist in kurze Kapitel unterteilt, in denen abwechselnd aus der Sicht der einzelnen Beteiligten erzählt wird. Der Roman ist spannend und enthält viel Witz, teilweise erscheint er sogar recht skurril. Der Metzger philosophiert gerne und erschließt sich die Welt auf seine eigene, ganz spezielle Weise. Dialoge im Dialekt, bzw. in leicht gebrochenem Deutsch, wenn die Djurkovic spricht, wirken sehr charmant. Die Hauptpersonen werden überwiegend beim Nachnamen benannt und die Auswahl ihrer Namen ist ebenso köstlich, wie auch deren liebenswerte Charaktere. Dank der lebendigen Beschreibung des Autors, hat man bald das Gefühl die Djurkovic und den Metzger schon lange zu kennen.

    Das Buch hat mich zum Lachen, zum Rätseln, zum Nachdenken und auch zum Gruseln gebracht.

    Für alle Krimiliebhaber, die gerne am offenen Kamin mit einem schönen Glas Rotwein sitzen, ist dieses Buch wie gemacht. Und wenn Sie schon immer mal herausfinden wollten, was ein „Feschak“ oder ein „Feitel“ ist, dann sind sie mit diesem Buch auf der richtigen Spur.

    Jeder steckt in seinem Bewusstsein wie in seiner Haut und lebt unmittelbar nur in demselben.


    (Arthur Schopenhauer)

  • Was mir damals bei der Leseprobe gar nicht gefiel, war die gedrechselte, ausschweifende Sprache. Als hätte der Autor es sich zur Aufgabe gemacht, jede einfache Handlung oder Beschreibung in eine möglichst umständliche Sprache zu verpacken: Geschwätzigkeit statt Fabulierfreude.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Krimi voller Esprit und Bonmots


    Thomas Raab erhielt 2008 für sein erstes Buch "Der Metzger muss nachsitzen" den Glauser-Preis in der Sparte "Debüt". Außerdem wurde er für den LITERAturpreis für Belletristik 2008 nominiert.
    Mit seinem dritten Buch "Der Metzger geht fremd" beweist Thomas Raab erneut sein Können.
    Im landschaftlich unberührten Schwabenländle lässt es sich Danjela Djurkovic im Kurhotel Sonnenhof gut gehen. Als ihr Lebensabschnittsgefährte, der Restaurator Willibald Adrian Metzger, einen Anruf von ihr erhält, in dem sie ihm von einer nackten Leiche im Schwimmbad berichtet, macht er sich sofort auf den Weg. Da nicht im Besitz eines Führerscheins, ist er auf Busse und Bahnen angewiesen. Für die nächsten Tage wird die Pension Regina seine Unterkunft; diese liegt leider fünf Kilometer vom Kurbad entfernt. Immerhin: Um seine Geliebte Danjela zu besuchen, darf er das Fahrrad des Hausherrn benutzen. So rast Metzger alsbald unter Lebensgefahr bergab (denn es ist ein Rad mit 21 Gängen ohne Rücktrittbremse, und er selbst ist wohlbeleibt ...). Zunächst hält er sich, "den Körper in Abfahrtsposition", doch schließlich landet er "im flüchtigen Handstand" in einem Heuhaufen.
    Derweil lädt Prof. Dr. Winfried Berthold alle Gäste und Angestellte des Sanatoriums in den Speisesaal. In einer nie gekannten Art weist er seine disziplinlosen Patienten zurecht: Er besteht auf Einhaltung der Hausordnung. Nur bei strikter, pünktlicher Anwendung der Therapien könnten sie gesund und erholt nach Hause kommen. Und nicht tot, wie leider Herr August David Friedmann ...
    In diesem Kurbad erlebt man mehr Freud denn Leid. Hier treibt's jede mit jedem; sogar der Professor ist kein "Kostverächter", sondern ein "Lustmolch". Der Eindruck, eher in einem "Swingerclub" als in einem Kurhaus zu sein, verdichtet sich bei Adrian Metzger schnell, und deshalb würde er seine Geliebte gern mit nach Hause nehmen. Sie aber möchte lieber dreist herumschnüffeln, um Beweise für ihre Mord- und Totschlagtheorien zu finden. Nach einer abenteuerlichen Kletterpartie über die benachbarten Balkone dringt sie in das Zimmer des Toten August David Friedmann ein und findet unter dem Bett einige fragwürdige Gegenstände ...
    Ein paar Leichen, abgeschnittene Finger, Eheringe, die man nicht sogleich zuordnen kann, undurchschaubare Verhältnisse in der Familie Friedmann - all dies gibt dem Roman einen kriminalistischen Touch. Zwei Nebenschauplätze, die auch optisch (drucktechnisch) abgetrennt sind, bleiben dagegen inhaltlich lange unklar. So ist dieses Buch kein spannender Krimi, der nur so voll abstruser Gewaltszenen strotzt, sondern er brilliert mit anderen Qualitäten:
    Es ist das artistische Spiel des Autors, mit Worten und Sätzen zu jonglieren. Er bringt nahezu auf jeder Seite den Leser zum Lachen. Das schafft kaum ein Komödiant während seiner Abendveranstaltung. Ob es sich um die Beschreibung der Landschaft, des Frühstückbuffets, des zickigen Verhaltens der Damen handelt - nahezu alles ist ein wenig komisch beschrieben, ohne dabei lächerlich zu wirken. Verdrehte Redewendungen oder Vergleiche sind nicht zu toppen.
    Diesen Roman sollte man wie ein Dessert genießen: langsam lesen und jedes Wort auf der Zunge schmelzen lassen. Viel Vergnügen!

  • Ich habe Thomas Raab vor kurzem bei einer Lesung erlebt und war sehr beeindruckt von seiner sympathischen Ausstrahlung und seiner angenehmen Stimme. Die Lesung war ein tolles Erlebnis und auch das Buch hat mich sofort angesprochen.


    Da ich bisher noch nichts von ihm gelesen habe, habe ich mir zu Weihnachten den ersten Band "Der Metzger muß nachsitzen" gewünscht - und hab ihn auch bekommen. Gestern habe ich nun begonnen, ihn zu lesen, bin aber nicht weit gekommen. Was mich von der ersten Zeile weg sehr gestört hat, ist die Nähe zu Wolf Haas (dessen Bücher ich liebe!). Ich bin gespannt, ob ich diese Assoziation noch wegbekomme, denn ich fürchte, sonst kann ich das Buch (das bestimmt großartig ist) nicht sehr genießen. Wolf Haas ist Wolf Haas ist Wolf Haas und sollte auf gar keinen Fall kopiert werden, weil das nur schiefgehen kann.