Seite 51-101 ab 19.05.05

  • Hallo Leserundler


    Ich habe dieses Büchlein (als etwas anderes kann man das 100 Seiten dünne Buch auch nicht bezeichnen) mit Vergnügen gelesen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
    Wieso die Geschichte dermassen mit Lob überschüttet wurde, ist mir ehrlich gesagt, rätselhaft. Gewiss, die Ansätze (einsamer jüdischer Junge trifft alten lebenserfahrenen Mann, der ihm den Vater ersetzt, ihm Aufmerksamkeit schenkt und seine Koranweissheiten an ihn weiter gibt usw., usw.) sind gut, leider aber erfährt der/die Leser/in nichts genaueres darüber; für mich ist dies zu klischeehaft.....nur schwarz oder weiss. Mir fehlt die Tiefe in der Geschichte, alles bleibt an der Oberfläche; auch die negative Darstellung des Judentums missfällt mir (jüdische Mutter verlässt Mann und Kind, jüdischer Vater empfindet keine Liebe für seinen Sohn, verübt Selbstmord, obwohl ihm doch bewusst sein dürfte, dass damit seinem Sohn ein trauriges Schicksal bevorsteht.
    Und das nur der Koran alles positiver vermitteln kann, ist für mich genauso fragwürdig.....nein, für mich kratzt dieses Buch nur an der Oberfläche und lässt mir zuviele Fragen offen.
    Fazit; es war nett und unterhaltsam diesen kleinen Roman zu lesen, auch die Auseinandersetzung damit (durch die Leserunde bedingt) hat für Nachdenklichkeit gesorgt, aber ich hätte mir doch gewünscht, dass der Autor diese dürftig konstruierte Geschichte besser überdacht hätte.


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Auch ich fand das Buch viel zu oberflächlich. Die Grundidee der Geschichte gefällt mir gut, aber man hätte wesentlich tiefer gehen und mehr aus der Geschichte rausholen können. So empfand ich das Buch einfach nur als nette Unterhaltung.

    Man weiß, dass es ein gutes Buch war, wenn einem beim Umblättern der letzten Seite fast so zumute ist, als hätte man einen Freund verloren.

  • Ich hab das Buch schon vor einigen Wochen, als ich es mir für die Leserunde besorgt habe, (fast) am Nachhauseweg gelesen. Die dünne, großgedruckte Erzählung liest sich ja leicht in einem Rutsch... Sie ist nett und unterhaltsam, aber die versprochenen, großen Weisheiten haben sich mir nicht eröffnet. Ich wollte es eigentlich für die Leserunde nochmal lesen, weil ich dachte, dass ich wieder mal zu rasch u. oberflächlich gelesen habe. Aber wenn ihr es auch so empfindet ...

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Ich bin auch schon bereits fertig. Für mich war es das zweite mal, dass ich es lese. Und es war wie beim ersten Mal einfach nur unterhaltsam (wie Bonprix sagte).
    Aber ich versteh die Aufregung nicht das Schmitt kopiert hätte. Kann man das nicht eine Nacherzählung nennen? So was darf man doch oder?
    Natürlich ist das "Original" von Gary viel viel einfühlsamer und tiefer. Hab sogar geweint, was nicht oft vorkommt. Gary/Ajar hat ja zu Recht den Prix Goncourt dafür bekommen.


    Lizen

  • @ Lizen: Zwischen "Nacherzählung" und "Plagiat" liegen Welten. Vor allem juristische, die durch das Copyright geregelt sind.


    Hätte Herr Schmitt vorne in seinem Buch vermerkt: "Erzählung nach einem Roman von Emile Ajar", hätte man gesehen, woher er den Inhalt hat. Allerdings müsste er sich in dem Fall mit den Leuten auseinander setzen, die die Rechte an Ajars Büchern haben.
    Ob sich das Buch dann allerdings so gut verkauft hätte? Und so erfolgreich verfilmt worden wäre?


    Es gibt auch für Literaten eine "GEMA". Sie heißt, glaub ich, "Verwertungsgesellschaft Wort" und ist zuständig, über das Copyright zu wachen.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • @ Bonprix


    Ich finde es schön, dass du schon einige Gesprächpunkte heraus genommen hast. Das meinte ich, man könne über vieles diskutieren und nachdenken.


    In einem Punkt muss ich dir widersprechen, der Islam wird nicht als vorzeige Religion von Ibrahim dargestellt. Er sagt, er weiß was drin steht. Damit meint er nicht das geschriebene Wort, sondern die Blumen und der Brief. Oder anders ausgedrückt, das was das Herz empfindet, das innere Empfinden, denn man braucht keine Bibel/altes Testament, um zu unterscheiden, was Gut und was Schlecht ist, das sagt uns unser Herz.


    Ich kann mich der großen Gemeinschaft nicht anschließen, Schmitt schreibt ähnlich wie Coelho und Gaarder. Man muss ein Thema nicht unbedingt bis in die Tiefe erklären, denn das genau mag ich nicht, weil es die Behauptung der Absoluten-Wahrheit beinhaltet, die es nicht gibt. Schmitt greift zahlreiche Gedanken auf, die sich in meinem Kopf mit meiner Meinung vermischen, und mein Puzzle vervollständigen.
    Ob nun das Judentum negativ dargestellt wird, oder wie ich meine, dass die Deutschen als „Tätervolk“ wieder sehr schlecht abschneiden, lässt sich mal dahin stellen, es muss ja nicht meine Meinung sein, es kann mir aber einen anderen Blickwinkel vermitteln.


    Beide Gedanken, die des Lächeln und des Tanzen, sagen soviel aus. Und so geht es durch das Buch hinweg, Weisheiten findet man fast auf jeder Seite.



    LG Heidi

  • Heidi Hof
    Tut mir leid, aber es besteht ein Unterschied zwischen Weisheiten und Plattitüden, und ich persönliche finde nicht, daß Schmitt je über letztere hinauskommt. Ich würde Dir Recht geben, daß er Coelho sehr ähnlich ist, allderdings würde ich keinen Vergleich zu Gaader sehen, der sich den Themen in seinen Büchern gänzlich anders annimmt.


  • Grüsse von Bonprix :wink:

  • Oh, ich habe eben meinen Beitrag falsch platziert ... :oops:


    @ Bonprix


    Ich habe kein einziges Zitat aus dem Koran gelesen :?:
    Wobei ich zugeben müsste, hätte ich eins gelesen, ich es wohl nicht als dessen empfunden hätte, weil ich den Koran nicht kenne.
    Vielleicht kannst du mir auf die Sprünge helfen, und mir die Seitenzahl benennen.


    Ansonsten halte ich es immer wie folgt:


    Jeder Jeck ist anders ...


    Und gerade weil jeder Mensch anders ist, finde ich das Leben interessant :wink:



    Liebe Grüße Heidi

  • Hallo Heidi


    So auf Anhieb habe ich z. B. Seite 56 gefunden; da heisst es: "Die Schönheit, Momo, ist überall. Wohin du auch deine Augen wendest. Das steht in meinem Koran.
    Und auf Seite 86: "Ich bin glücklich, Momo. Ich habe dich, und ich weiss, was in meinem Koran steht.


    Derartige vage Andeutungen kommen im Buch immer wieder vor; und da kommen wir zu einem der Punkte, die ich schon bemängelt habe. Der Autor bezieht sich nur auf den Koran! Der Koran oder auch das Judentum werden zur Randerscheinung, zu einem rethorischem Mittel.
    Aber es ist schon so wie du sagst und wie wir es hier im Forum schon öfters festgestellt haben.....ein Buch und viele unterschiedliche Meinungen. :D


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Zitat

    Original von Bonprix


    Hallo Heidi


    So auf Anhieb habe ich z. B. Seite 56 gefunden; da heisst es: "Die Schönheit, Momo, ist überall. Wohin du auch deine Augen wendest. Das steht in meinem Koran.
    Und auf Seite 86: "Ich bin glücklich, Momo. Ich habe dich, und ich weiss, was in meinem Koran steht.


    Ich gehe sogar ganz fest davon aus, dass das überhaupt nicht im Koran steht! Die Betonung liegt immer nur auf seinem Koran, Bonprix, und sein Koran beinhaltet die Blumen und den Brief, mehr nicht. Das ist für mich eine ganz große Lebenserfahrung, "Schönheit, wohin man auch sieht". :wink:
    Auf die geschriebenen Worte kommt es Schmitt nicht an, und Ibrahim zitiert auch nicht den Koran.



    @ Ute
    Das ist für mich die Aussage des Buches, sehr weise, und gar nicht platt. All das andere ist Beiwerk, mehr wollte Schmitt nicht sagen.



    Liebe Grüße Heidi

  • Heidi


    Ich hab die Geschichte mit >Den Blumen des Koran< eher sinnbildlich verstanden und zwar das die Suren (der Koran besteht aus 114) als "Blumen" zu verstehen sind. :-k
    Und >Schönheit wohin man sieht<.....ist m.M. nach unrealistisch; sicher sieht man viel Schönes, keine Frage, aber wenn man offenen Auges durch die Weltgeschichte geht, sehe ich viele Dinge die von Schönheit weit entfernt sind; und da denke ich z.B. an die Bücher/oder Dokumentationen über den Völkermord in Kambodscha (von allen anderen Greueltaten ganz zu schweigen) die ich gelesen/angesehen habe.....das ist für mich nur noch das blanke Grauen!
    Um aber wieder auf "unser" Buch zurückzukommen, ich betrachte die Geschichte von Eric-Emmanuell Schmitt als >Sozialmärchen<.....im positiven Sinne des Wortes.


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Mich hat Schmitts Schreibstil auch ein wenig an Coelho erinnert. Dazu muss ich aber sagen, dass ich Coelho als unerträglich salbungsvoll und mit unangenehm missionarisch angehauchtem Eifer empfand.


    Allerdings macht Schmitt es sich schon recht einfach: er reiht ein paar Allerweltserkenntnisse und -weisheiten aneinander, verpackt sie in eine zu Herzen gehende, rudimentär erzählte Geschichte, und fertig ist ein Büchlein. Ein Büchlein, das seinen Preis kaum wert ist.


    Ich wäre wahrscheinlich mit Monsieur Schmitt ein wenig nachsichtiger, wenn ich mir nicht aufgrund der Heidenreich'schen Lobrede viel mehr erwartet hätte.


    Tut mir leid, ich finde das Buch nett, aber mehr ist da nicht. Ein Buch, das ich gelesen und bald vergessen haben werde.

  • Zitat

    Original von Lancelot


    Allerdings macht Schmitt es sich schon recht einfach: er reiht ein paar Allerweltserkenntnisse und -weisheiten aneinander, verpackt sie in eine zu Herzen gehende, rudimentär erzählte Geschichte, und fertig ist ein Büchlein. Ein Büchlein, das seinen Preis kaum wert ist.


    Ich denke, das trifft es wirklich sehr genau. Der Erfolg des Buches erklärt sich für mich dadurch, daß einfach alles auf den einfachsten gemeinsamen Nenner gebracht wurde und alles so "glatt" ist, daß es wirklich nirgendwo anecken kann. (Es stört sich ja noch nicht einmal irgendjemand daran, daß ein Elfjähriger zu Huren geht.:wink: ) Selbst und gerade die Religion wird um der "großen versöhnlichen Botschaft" willen all ihrer Inhalte beraubt. Sufismus wird auf Bonmot-Niveau und einen allgemeinen Ringelreihen reduziert; die jüdische Gemeinschaft in dem Viertel, in dem Momo lebt, befindet sich offensichtlich in Auflösung oder ist sogar schon verloren, doch wir erfahren nie wirklich etwas darüber, ob es ein religiöser oder ein säkularer Verfall ist. Ibrahim und Momo bewegen sich scheinbar im luftleeren Raum (einer der Gründe, weshalb ich inzwischen unbedingt den Film sehen möchte, da der in dieser Beziehung "ausgefleischter" sein könnte).
    Das Buch paßt für mich bestens in den derzeitigen (westlichen) Trend, "Lite"-Versionen von Religionen zu nehmen, mit ein bißchen New-Age-Salbaderei zu vermischen und das Ganze dann als die große Wahrheit zu kaufen, daß wir alle einander nur anlächeln müßten und schon wäre die Welt ein irdisches Paradies.


    Gruß
    Ute

  • Hallo Ute


    In einem Punkt muss ich dir Recht geben, > daß ein Elfjähriger zu Huren geht<, das habe ich umgekehrt schon bei „Die Geschichten meiner traurigen Huren“ kritisiert. Nur das es dort genau umgekehrt ist, ein alter Mann und ein 14 jähriges Mädchen.
    Allerdings stimmt dieser Brauch, erst durch diesen Akt, wird ein Junge zum Mann, und Momo möchte endlich erwachsen werden, er möchte sich bestätigt sehen.


    >Sufismus wird auf Bonmot-Niveau reduziert <, das möchte ich gerne erklärt haben, denn hier denke ich, dass du genau die gleiche Linie fährst, die du kritisierst.


    >das Ganze dann als die große Wahrheit zu kaufen, daß wir alle einander nur anlächeln müßten und schon wäre die Welt ein irdisches Paradies<


    Ist es das wirklich?
    Verkauft sich das Buch als große Wahrheit?


    Ich stelle fest, dass die meisten von uns sich etwas anderes vorgestellt haben, als das Buch preisgibt.
    Wir haben erwartet viel über den Koran zu lesen, und wurden diesbezüglich (ich auch) enttäuscht.
    Ab der Mitte habe ich aufgegeben, und habe Ibrahims Koran angenommen, und aus diesem Blickwinkel heraus, hat mir dieses Büchlein sehr gefallen, weil es eben keine große Wahrheit vermitteln möchte. Ich hätte das Buch als vermessen angesehen, würde der Koran über die anderen Religionen gestellt, ich hätte es in die Ecke geworfen, oder gar verbrannt.


    Mit einem Lächeln im Gesicht ist das Leben einfacher, es wird zwar kein Paradies werden, aber es funktioniert, weil lächeln bei allen Kulturen das gleiche bewirkt. Man braucht die Sprache nicht zu kennen, die Riten und fremde Religionen. Lächelt man die Menschen an, kommt Sympathie zustande, die Grundlage für eine bessere Welt.


    Heidi :D

  • Zitat

    Original von Heidi Hof



    Wir haben erwartet viel über den Koran zu lesen, und wurden diesbezüglich (ich auch) enttäuscht.


    O nein. Ich nicht, ich wollte bestimmt keinen Roman, der mir den Koran näherbringt. Ich hatte mir lediglich eine Geschichte mit etwas Tiefgang erwartet und nicht nur Banalitäten, die als Weisheiten verkauft werden.


    Zitat

    Original von Heidi Hof



    Mit einem Lächeln im Gesicht ist das Leben einfacher, es wird zwar kein Paradies werden, aber es funktioniert, weil lächeln bei allen Kulturen das gleiche bewirkt.


    Stimmt völlig, Heidi. Aber sag bitte nicht, dass du das nicht gewusst hast. Das habe ich schon als kleines Kind gehört, dazu brauche ich keinen Monsieur Schmitt. ;)