Ron Leshem - Wenn es ein Paradies gibt

  • Kurzbeschreibung amazon.de
    Wie kann ein Krieg zu Ende gehen, ohne dass ein Frieden folgt? Es ist das Frühjahr 2000, eine der letzten israelischen Einheiten steht im Südlibanon, in der Festung Beaufort: ein paar Dutzend junge Männer und der erst 22-jährige Offizier Liraz. Die Jungs kommen frisch aus den Tel Aviver In-Lokalen, haben den Kopf voller Sex & Drugs und noch keine Ahnung, dass es ans Sterben geht. «Wenn es ein Paradies gibt, sieht es genau so aus - wenn es eine Hölle gibt, fühlt sie sich genau so an», damit erklärt ihnen Liraz Beaufort: was es heißt, ohne militärische Aufgabe nur noch auf den eigenen Rückzug zu warten, in atemberaubender Landschaft, unter Dauerbeschuss durch die Hizbollah. Wie es sich aber anfühlt, wenn der vermeintlich letzte Soldat eines Krieges stirbt, und es ist ausgerechnet der Typ neben dir - das müssen sie selbst erfahren. Und auch, dass auf den letzten noch ein allerletzter Toter folgen kann. Ron Leshem erzählt eine Geschichte von Helden, die gar keine sein wollen, von Angst, Freundschaft und dem Traum von einem wilden Leben. Er hat einen packenden, schnellen, sprachlich meisterhaften Roman geschrieben: eine erhellende Innenschau aus Israels Armee, ein beunruhigendes Buch über den Nahen Osten.


    Sie absolvieren ein Trainingslager, sie werden gedrillt, sie lernen wie man eine Waffe bedient, sie gehen in einen Krieg. Aber das dies auch sterben bedeuten könnte das erkennen sie nicht.
    Sie werden in Beaufort stationiert, eine alte Festung der Kreuzfahrer, von den israelischen Armee währen der Invasion von 1982 eingenommen, um die Hisbollah zu stoppen, sowie die israelischen Dörfer nahe der Grenze zu verteidigen.
    Beaufort steht für viele Dinge, Wache schieben, Backgammon spielen, schwarzen Kaffe trinken, keine Privatsphäre haben, für Kameradschaft, Freunde aber auch für Sterben.
    Mit dem sterben werden sich sehr rasch konfrontiert, und River einer der Jungs stellt sich erstmals die Frage: „Warum sind wir hier? Wir werden sterben, einer nach dem anderen, und für was, für nichts. Es ist eine Schande so zu sterben, es gibt keinen Grund, es ist traurig.“


    Genau dies ist die Tragik des Krieges, dieses sinnlose Sterben. Mir ging es beim Lesen nicht um die Geschichte des Krieges zwischen Israel und den Hisbollah sondern die Geschichte dieser Jungs.
    Jungs welche in etwas hineinschlittern dessen Tragweite sie gar nicht begreifen.
    Etwas quälend war das lesen des Buchs schon, nicht nur wegen der Thematik sondern auch der Sprache wegen. Eine harte Sprache, oftmals sehr zottig, aber vielleicht reden Jungs in solchen Situationen in dieser Weise um sich selber Mut zuzusprechen, um ihre Ängste zu verbergen.
    Eine Lektüre die nicht so leicht zu verdauen ist, eine bedrückende Lektüre.


    Ron Leshem hat selbst nie eine Uniform getragen, er absolvierte seinen Militärdienst im Verteidigungsministerium in Tel Aviv – unter komfortablen Bedingungen. "Das ist auch eine Frage, die ich mit meinem Roman stellen wollte", sagt Leshem bei einem Interview in Berlin, "wen schicken wir überhaupt in Brennpunkte wie Beaufort oder den Gaza-Streifen? Alle, die Geld oder Beziehungen haben, leisten ihren Dienst in Elite-Einheiten in Tel Aviv ab, es sind die Jugendlichen aus den unterprivilegierten Schichten, Immigranten oder Religiöse, die die Drecksarbeit erledigen."
    "Ja Bruder, das ist fucking Saigon hier"
    Aufgewachsen ist Leshem in der Nähe von Tel Aviv in einem akademischen, linksorientierten Milieu. Er studierte Jura und arbeitete als Journalist. Es war sein damaliger Chefredakteur, der ihn in den Gaza-Streifen schickte, "um den Geruch des Krieges zu schnuppern".
    "Ich war total schockiert, weil ich dort plötzlich begriff, dass ich von nichts eine Ahnung hatte, " sagt Leshem, "ich lebte in einer Blase." Also fing er an, den Soldaten zuzuhören, sich in sie hineinzuversetzen. Er notierte sich jeden einzelnen Fluch in seinem Block, und als er hörte, wie ein 21-jähriger Offizier sagte "Ja Bruder, das ist fucking Saigon hier", wusste er, dass er den richtigen Sound für sein Buch gefunden hatte.

    Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,530138,00.html


    Das Buch wurde verfilmt "Beaufort"
    Regisseur Joseph Cedar erhielt bei der Berlinale 2007 einen Silbernen Bären für die Beste Regie.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter