Marcel Reich-Ranicki - Mein Leben (ab 23.04.2009)

  • Wow! Bei dem Kapitel über "mehrere Liebesgeschichten" war ich erst enttäuscht, dass Kurt Tucholsky so kurz kommt und eigentlich nur am Rande erwähnt wird, und dann kommt er aber umso dicker. Ich habe mir sofort die "Politischen Briefe" geholt und diesen Brief vom 15.12.1935 gelesen und muß sagen, ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.


    Ich meine, er spiegelt ja schon Tucholskys generelle Einstellung wider, die er immer wieder kund tat. - Nämlich "Es geht mich nichts mehr an", aber deshalb (als Jude) den Juden Mitschuld an ihrem Schicksal zu geben, finde ich dann doch etwas weit hergeholt und erschreckend. Ich kann diese Zeilen - wie auch MRR - nur darauf zurückführen, dass Tucholsky zu dem Zeitpunkt seelisch und körperlich schwer krank war. Und sich ja auch wenige Tage danach (am 21.12.) das Leben genommen hat.


    Sehr hochgelobt dagegen wird Thomas Mann, den ich zwar als Auto sehr schätze ("Die Buddenbrooks" fand ich großartig), was man aber über ihn als Mensch so liest, war er wohl kein sehr angenehmer Zeitgenosse. Reich-Ranicki sieht das offensichtlich anders.


  • Sehr hochgelobt dagegen wird Thomas Mann, den ich zwar als Auto sehr schätze ("Die Buddenbrooks" fand ich großartig), was man aber über ihn als Mensch so liest, war er wohl kein sehr angenehmer Zeitgenosse. Reich-Ranicki sieht das offensichtlich anders.


    Das habe ich auch erst gedacht, dass er das anders sieht. Es folgt allerdings später noch ein ausführlicheres Kapitel über Thomas Mann und Familie, da wird dieser Eindruck revidiert.


    Geht es Euch eigentlich auch so, dass Ihr hier Fotos vermisst? Ich hätte sooo gerne den jungen MRR und seine Tosia mal gesehen!

    Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet, erst dann wird es Frieden geben.
    Jimi Hendrix

  • Jaaaaaa, Fotos wären toll. Das hab ich mir auch schon ein paar Mal gedacht.


    Das hat mir bei der Autobiographie von Manfred Krug so gut gefallen, dass er im Einband ziemlich viele Fotos hatte, auf die im Text Bezug genommen wurde.

  • Geht es Euch eigentlich auch so, dass Ihr hier Fotos vermisst? Ich hätte sooo gerne den jungen MRR und seine Tosia mal gesehen!

    Ja, das habe ich auch schon gedacht...Aber das passt wohl nicht zu MRR.


    Ich habe inzwischen den Teil, der im Warschauer Getto spielt und die Kriegszeit hinter mir. Und darüber bin ich sehr froh. Denn die Beschreibungen MRRs über die Zustände dort, die Schikanierung durch die deutschen Soldaten, die Angst, wie er von seinen Eltern getrennt wurde und so weiter ging mir furchtbar nahe. Wenn ich solche Berichte (auch von Menschen, die mir das persönlich erzählen) höre, trage ich das immer sehr lange mit mir herum. Ich will keineswegs meine Augen davor verschließen, aber das, was MRR berichtet... Teilweise musste ich das Buch kurz weglegen und tief Luft holen oder mich kurz anderweitig beschäftigen bis ich weiter lesen konnte, und als es um die "Aussortierung" seiner Eltern ging, und die Mutter zu Tosia sagt: Pass auf Marcel auf." da standen mir schon die Tränen in den Augen. Wie die Mutter mit ihrem besten Mantel dastand um sich noch das letzte bisschen Würde zu bewahren konnte ich richtig vor mir sehen.


    Und vor allem. Welch Glück die beiden bei ihrer Flucht hatten! Mich hat es sehr berührt zu lesen, dass die beiden immer noch Kontakt zu Boleks Familie hatten. Es ist schier unvorstellbar, unter welchen Bedingungen sie die Zeit dort verbringen mussten.


    Und besonders bewegt haben mich die letzten Absätze im Kapitel "Der erste Schuss, der letzte Schuss". Hier stellt sich MRR die Frage, warum er überlebt hat und sein Bruder nicht. Er stellt fest, dass es einfach nur Zufall war und kann mit diesem Gedanken nicht leben.

    Zitat

    Ich spürte: Diese Wolke über uns, sie würde sich nie verzeihen, sie würde bleiben, ein leben lang.


    Dieses Buch macht mir große Lust, all die Klassiker zu lesen, von denen MRR so schwärmt. Seine Leidenschaft für die deutsche Literatur ist echt ansteckend! Einige Bücher haben ich schon in meinem Regal stehen, die werde ich mir hoffentlich bald mal vorknöpfen.


    Heute Nachmittag fahre ich ins Antiquariat, da werde ich mal nach den "Politischen Briefen" Tucholskys Ausschau halten :wink: Das interessiert mich nun doch!


    EDIT: Fällt euch auch diese Distanz auf, mit der MRR schreibt, vor allem über die Zeit im Getto?! Trotzdem es so detailliert schreibt doch mit großem Abstand. Keine Ahnung, wie er es geschafft hat, das ganze nochmals zu durchleben...

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Was bin ich froh, dass das Kapitel "Mehrere Liebesgeschichten auf einmal" kam!
    Die Seiten vorher waren doch etwas..."anstrengend". Wie gesagt, ich habe mit der NS-Zeit recht wenig am Hut; wenigstens ist MRR nicht einer der Juden, der die ganze Zeit über die Deutschen schimpft und sich als Jude in einer Opferrolle sieht (wie z.B. Michele Friedmann).
    Was für mich aber ganz interessant war, ist die Unterscheidung zwischen guten und bösen Autoren, also denjenigen, die für und gegen das Regime damals waren, darüber weiß ich nämlich gar nichts.
    Das letzte Kapitel war so anschaulich und lebendig geschrieben, hinter jedem Satz merkt man die Leidenschaft, die MRR der Literatur gegenüber hegt.
    Wie er die Klassiker beschreibt, macht mir zwar auch Lust, diese zu lesen, aber ich werde es nicht probieren, so gut kenne ich mich, dass ich weiß, dass das nicht gutgehen würde. :wink:

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Melli: Ja, diese Distanz ist mir schon im ersten Kapitel aufgefallen, als er beiläufig erwähnt hat, dass seine Mutter vergast wurde. Und so kam mir auch die beschriebene Zeit im Getto vor: als reine Wiedergabe von Fakten, Gefühle kamen entweder nur zwischen den Zeilen durch, oder wenn es um Musik und Literatur ging.
    Ich bewundere sowieso alle, die Ihre Erinnerungen an diese Zeit überhaupt zu schildern im Stande sind.


    Mir geht es übrigens genauso wie Dir, ich habe auch große Lust, die zitierten Bücher zu lesen. Ganz schlimm wurde es bei mir aber in den letzten Kapiteln, da habe ich erstmal gemerkt, was ich literaturmäßig noch alles nachholen muss - bzw. möchte - aber ich freue mich darauf! :dance:

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    Jimi Hendrix

  • Und so kam mir auch die beschriebene Zeit im Getto vor: als reine Wiedergabe von Fakten, Gefühle kamen entweder nur zwischen den Zeilen durch, oder wenn es um Musik und Literatur ging.

    Diese Beschreibung trifft es sehr gut :thumleft:

    da habe ich erstmal gemerkt, was ich literaturmäßig noch alles nachholen muss - bzw. möchte - aber ich freue mich darauf!

    Genau so geht es mir auch!


    Coco: Warum meinst du, würde das nicht gut gehen?!

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Coco: Warum meinst du, würde das nicht gut gehen?!


    Ich glaube, es liegt daran, dass ich mit "Klassikern" immer die Schulzeit verbinde, und zu der Zeit konnte ich mich für diese Art Literatur überhaupt nicht begeistern und hab eine regelrechte Abneigung dagegen entwickelt. Im Rahmen der LR hier zu den "Buddenbrooks" habe ich es versucht, aber gemerkt, dass diese Klassiker vielleicht etwas zu "hoch" für mich sind. ;)
    Sprachlich sagen mir diese Bücher auch überhaupt nicht zu, es ist dann wohl wenig sinnvoll, mit so einer negativen Haltung dranzugehen.

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    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Aber es sind ja nicht alle gleich. Wenn dir der Thomas Mann nicht zusagt, vielleicht Tucholsky? "Schloss Gripsholm" z. B. ist echt total schön. Oder die Stücke von Dürrenmatt sind auch klasse! "Der Besuch der alten Dame" oder "Die Physiker". Und alle drei Bücher, die ich genannt habe, lassen sich wirklich sehr gut lesen :wink:

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    J.Joubert

  • . Ich habe mir sofort die "Politischen Briefe" geholt und diesen Brief vom 15.12.1935 gelesen

    So, dieses Buch befindet sich nun auch in meinem Besitz, und ich werde den Brief gleich auch noch lesen. (Außerdem noch 2 Sammlungen von Tucholsky und noch eine Monographie von ihm) :D

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    J.Joubert

  • "Der Besuch der alten Dame"


    Uaahh! Auch eins der Bücher, die wir in der Schule gelesen haben und die ich nicht leiden konnte.
    Meine Mutter als Deutschlehrerin versucht ja auch immer mal wieder, mir diese Bücher schmackhaft zu machen, bisher ohne Erfolg.



    Momentan hänge ich etwas bei der Biographie, kann mich nicht so richtig aufraffen, weiterzulesen. :-?

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    Konrad Adenauer


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  • Das ist schade, Coco, denn grade der "Besuch der alten Dame" ist wirklich spannend und lesenswert. Auch wenn man Dürrenmatt vielleicht sonst nicht so mag (was ich nicht so ganz verstehen kann), findet man leicht Zugang zu dieser Geschichte.


    Die Biographie von MRR gefälllt mir nach wie vor ganz besonders gut. Ich habe gestern das Kapitel über Theater (nicht so mein Fall) und Hermann Hesse gelesen. Und wieder fand ich viele Parallelen. Ich habe die Hesse-Romane mit 14 - 16 verschlungen; habe "Demian", "Narziss und Goldmund" und "Das Glasperlenspiel" geliebt. Und dennoch kann ich mir nicht vorstellen, sie jetzt nochmal zu lesen, weil ich ihnen entwachsen bin. Ich habe den Eindruck, sie können mich nur enttäuschen.


    Außerdem hat er von seinen ersten Begegnungen mit dem weiblichen Geschlecht erzählt. Ich meine, die Sexualität von MRR war ja eigentlich nichts, mit dem ich mich jemals auseinandersetzen wollte :mrgreen: , aber er beschreibt es so humorvoll und diskret, dass es ein Vergnügen war, etwas darüber zu erfahren.

  • Nun habe ich darüber erfahren, wie MRR seine spätere Frau Tosia kennen gelernt hat. Dass es etwas Besonderes war, das die beiden verband, habe ich schon vermutet. Die Umstände allerdings, unter denen sie sich (näher) kennen gelernt haben, führen wohl automatisch dazu, dass man eine ganz enge Bindung aufbaut. Sehr schön geschrieben! Und ja, Sugar: Fotos wären wirklich toll gewesen!!!


    Und gleich darauf der Anfang der Berichte über das Warschauer Getto. Ich glaube, man kann gar nicht so viele Holocaust-Bücher lesen, dass man irgendwann fassen kann, wie Menschen zu solchen Taten fähig sind. Was wird in einem Menschen ausgelöst, wenn er plötzlich die vollkommene Macht über eine Gruppe Mitmenschen bekommt? Warum war es so schön, lustig und befriedigend für die deutschen Soldaten, Menschen, die sie nicht mal kannten, zu schickanieren und zu demütigen? Wie gesagt: Ich habe mir während der Lektüre vieler Bücher diese Fragen gestellt und ich stelle sie mir bei dieser Autobiographie wieder. Es ist unfassbar!

  • Ich lese gerade das Kapitel "Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist", in dem MRR von Konzerten im Warschauer Getto schreibt und ich frage mich, ob er dort wohl Wladimir Szpilman getroffen hat, der ja auch in eben diesem Getto gelebt hat. Ich gehe davon aus, dass er, wenn es so war, darüber geschrieben und auch den Namen genannt hat. ... Spannend!!

  • Außerdem hat er von seinen ersten Begegnungen mit dem weiblichen Geschlecht erzählt. Ich meine, die Sexualität von MRR war ja eigentlich nichts, mit dem ich mich jemals auseinandersetzen wollte :mrgreen: , aber er beschreibt es so humorvoll und diskret, dass es ein Vergnügen war, etwas darüber zu erfahren.

    Ich habe auch erst gedacht: Ooooh, muss das jetzt sein?! :pale: Aber die Beschreibung, wie er den Inhalt des Kondom-Beipackzettelchens mit dem Brockhaus übersetzt hat, war einfach nur köstlich :lol:


    Was wird in einem Menschen ausgelöst, wenn er plötzlich die vollkommene Macht über eine Gruppe Mitmenschen bekommt? Warum war es so schön, lustig und befriedigend für die deutschen Soldaten, Menschen, die sie nicht mal kannten, zu schikanieren und zu demütigen? Wie gesagt: Ich habe mir während der Lektüre vieler Bücher diese Fragen gestellt und ich stelle sie mir bei dieser Autobiographie wieder. Es ist unfassbar!

    Puh, ja, diese Fragen haben mich auch sehr bewegt. Aber eine Antwort habe ich auch nicht gefunden. Allerdings hatte ich kurz nach der Lektüre dieses Abschnitts ein Gespräch mit einer knapp 90jährigen Dame, Halbjüdin, die das Buch von MRR auch gelesen hat (und natürlich diese grauenvolle Zeit miterlebt hat). Sie sucht bis heute noch nach der Antwort, (Zitat) "Wie wir das haben zulassen können! Wie konnten wir das dulden?!" Und sie sagt auch, dass ihr das lesen dieses Buches sehr viel gegeben hat. Ich hoffe, dass ich bald nochmal die Gelegenheit haben werde, mit ihr zu sprechen!


    Ich komme leider nur sehr langsam voran, da ich kaum Zeit zum lesen habe. Zur Zeit bin ich in dem Kapitel "Junger Mann mit mächtigem Schnurrbart". Ich hoffe, dass ich das Buch bis nächsten Sonntag durch habe, da ich es nicht mit in den Urlaub nehmen möchte (lohnt sich ja nicht wegen ein paar Seiten. Jedes Gramm im Koffer zählt!)


    Ich freue mich schon sehr, mich mit euch zu dem Teil mit Heinrich Böll austauschen zu können - möchte aber noch nicht vorgreifen :wink:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Ich habe gestern noch bis einschließlich dem Kapitel "Von Reich zu Ranicki" gelesen. Die Geschichte des Doppelnamens habe ich mir ein bisschen spektakulärer vorgestellt. :wink: Die Erzählungen über den Geheimdienst fand ich nicht sonderlich prickelnd, aber die Schilderungen über das Ende des Gettolebens, die Flucht und schließlich Bolek und Genia, die die Reichs bei sich aufnahmen und damit ihr eigenes Leben riskierten, haben mich sehr bewegt. Wie wäre das alles ausgegangen, wenn es nicht solche Menschen gegeben hätte?


    Meli, ich kann mir vorstellen, dass das Gespräch mit der Dame sehr aufschlußreich war. Interessant finde ich, dass sie sich die Frage stellt, wie die Juden sich das gefallen lassen konnten. Welche Wahl hatten sie denn schon? Es sich gefallen lassen oder umgebracht werden. Im Normalfall klammert man sich wohl an den vielzitierten Grashalm.


    Das übernächste Kapitel ist bei mir schon das Böll-Kapitel. Ich melde mich, sobald ich damit durch bin. Böll habe ich eine Zeit lang sehr gerne gelesen; ich bin schon gespannt, was MRR über ihn schreibt.


    Bei mir wird es sich nicht ausgehen, dass ich das Buch vor meinen Urlaub beende, denn wir fliegen morgen um 7:30 Uhr nach Rom!!! :cheers: Ob ich den Laptop mitnehme, weiß ich noch nicht, ob ich zum Schreiben komme, weiß ich auch noch nicht, aber jedenfalls werde ich heute noch so viel wie möglich lesen.

  • Ich habe das Böll-Kapitel beendet.


    Und wieder wurden zwei meiner (Vor)urteile bestätigt: Bertolt Brecht als genialen Schriftsteller (wer möchte ihm das absprechen?), aber als unsympathischen, eingebildeten Menschen und Heinrich Böll als netten, sozial engagierten Zeitgenossen. So hätte ich ihn schon eingeschätzt. Ich muß allerdings gestehen, dass ich gegen Brecht voreingenommen bin, weil sich Torberg ihm gegenüber nicht grade positiv geäußert hat... :wink:


    Dass MRR Bölls Bücher so schlecht kritisiert, hat mich ein bisschen gewundert. Allerdings muß ich sagen, dass es Jahre her ist, dass ich Böll gelesen habe, allerdings habe ich sie in allerbester Erinnerung. Das einzige Buch, das ich gar nicht - auch beim zweiten Versuch nicht - mochte, war "Die verlorene Ehre der Katharina Blum".


    Das Wiedersehen von Böll und Reich-Ranicki 1983 fand ich herrlich! :loool:


    Im vorigen Kapitel fand ich es ziemlich schräg, dass über MRR ein Verbot verhängt wurde, das niemand begründen konnte oder wollte; und das schon gar niemand aufheben konnte oder wollte. Der Vergleich zu Kafkas "Prozess" ist mir auch gleich eingefallen.


    Geht es euch auch so, dass ihr euch Titel von Büchern notiert habt, die ihr aufgrund der MRR-Biographie unbedingt lesen möchtet? Ich habe mir vorgenommen, endlich mal "Der Mann ohne Eigenschaften" von Musil zu lesen und außerdem muß wohl "Das siebte Kreuz" von Anna Seghers sein. Glücklicherweise kenne ich ziemlich viele der angesprochenen Bücher, sodass meine Liste nicht ZU lang wird! :wink:

  • Interessant finde ich, dass sie sich die Frage stellt, wie die Juden sich das gefallen lassen konnten

    Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht meinte, wie dieses unmenschliche Regime überhaupt so weit kommen konnte. Es war leider nur ein sehr kurzes Gespräch, aber ich hoffe, dass ich bald die Möglichkeit habe, länger mit ihr zu sprechen und werde sie noch mal fragen.


    Das Wiedersehen von Böll und Reich-Ranicki 1983 fand ich herrlich! :loool:

    Ja, das stimmt! :lol: Wie MRR bange war, dass zu einem Skandal kommen könnte und Böll so viel Humor mit seiner Reaktion zeigt, gefiel mir sehr!


    Geht es euch auch so, dass ihr euch Titel von Büchern notiert habt, die ihr aufgrund der MRR-Biographie unbedingt lesen möchtet?

    Ehrlich gesagt, geht es mir eher wie Sugar, dass ich von diesem Buch so gefangen bin, dass ich es verschlinge. Groß Zeit, mit Notizen zu machen nehme ich mir nicht, allerdings ist mein Buch über und über voll mit Post-its, mit denen ich mir Stellen markiere, die mich entweder beeindruckt haben oder auf denen Bücher genannt werden, die ich gerne noch lesen möchte. Die Seghers ist auf jeden Fall auch dabei!


    Im Gegensatz zu Coco habe ich in der Schule leider kaum Klassiker gelesen, worüber ich heute fast schon böse bin. Die Schule hat es versäumt, mich an die klassische Literatur zu bringen, und nur Dank des Büchertreffs bin ich an diese Bücher gekommen. Naja, vielleicht hätte ich, wenns anders gewesen wäre, so wie Coco keine Lust mehr an klassischer Literatur. :wink:


    Ein wenig neidisch (im positiven Sinne!) lese ich aber deine Beiträge, Susannah. Es macht Spaß zu lesen, wie du viele Autoren und Werke wieder erkennst, und auch etwas dazu sagen kannst. Aber ich freue mich auch, dass ich all diese Bücher noch vor mir habe und sie nach und nach lesen werde.


    Aber zu MRR zurück: Wieder mal ein Satz, der es mir kalt den Rücken hinab laufen ließ: Auf die Frage, was ihm an der Bundesrepublik eigentlich gefalle, antwortet er: "Zunächst einmal: Dass man sie jederzeit verlassen kann." Dass lässt tief blicken :pale:


    Krass ist auch, dass MRR vor allem wegen seines Buches "Lauter Verrisse" als "Mann der literarischen Hinrichtungen gilt. Es ist ein Buch von vielen, dass es veröffentlicht hat, aber es wird sich immer wieder darauf bezogen. Was aber der Gipfel ist: Dass Peter Handke unterstellt, dass die "Mordlust" MRRs durch die Zeit im Getto verstärkt worden sei. Egal, wie auch immer das nun gemeint ist, so etwas zu schreiben geht in meinen Augen gar nicht! =;


    Bei mir wird es sich nicht ausgehen, dass ich das Buch vor meinen Urlaub beende, denn wir fliegen morgen um 7:30 Uhr nach Rom!!! :cheers: Ob ich den Laptop mitnehme, weiß ich noch nicht, ob ich zum Schreiben komme, weiß ich auch noch nicht, aber jedenfalls werde ich heute noch so viel wie möglich lesen.

    Ich wünsche dir einen tollen Urlaub in Rom! Und ich bin schon gespannt, was du weiter zu diesem Buch schreiben wirst!


    Ich habe jetzt noch 50 Seiten vor mir. Mal schauen, wie viele ich schaffe, bevor mir die Augen zufallen! :sleep:

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    J.Joubert

  • Ich bin wieder da. Rom war toll, aber Herr Reich-Ranicki war nicht mit... Ich habe vergessen, das Buch in der Früh einzupacken. Egal, weil ich sowieso kaum zum Lesen gekommen bin. Außerdem war ich so "gezwungen" (ich Arme!!) mir am Flughafen ein anderes Buch zu kaufen; weil so ganz ohne kann man nicht verreisen!! :mrgreen:


    Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht meinte, wie dieses unmenschliche Regime überhaupt so weit kommen konnte. Es war leider nur ein sehr kurzes Gespräch, aber ich hoffe, dass ich bald die Möglichkeit habe, länger mit ihr zu sprechen und werde sie noch mal fragen.

    Wahrscheinlich wird sie es so gemeint haben. Alles andere würde ja nicht wirklich Sinn ergeben.


    Im Gegensatz zu Coco habe ich in der Schule leider kaum Klassiker gelesen, worüber ich heute fast schon böse bin. Die Schule hat es versäumt, mich an die klassische Literatur zu bringen, und nur Dank des Büchertreffs bin ich an diese Bücher gekommen. Naja, vielleicht hätte ich, wenns anders gewesen wäre, so wie Coco keine Lust mehr an klassischer Literatur. :wink:

    Da magst du recht haben. Die wenigen Klassiker, die wir in der Schule gelesen haben, haben mich auch nicht sonderlich beeindruckt. Ausnahme: "Die Schachnovelle". Aber "Unterm Rad" z. B. habe ich gehasst und erst Jahre später nochmal gelesen. Und dann gerne.


    Aber zu MRR zurück: Wieder mal ein Satz, der es mir kalt den Rücken hinab laufen ließ: Auf die Frage, was ihm an der Bundesrepublik eigentlich gefalle, antwortet er: "Zunächst einmal: Dass man sie jederzeit verlassen kann." Dass lässt tief blicken :pale:

    Das hab ich mir auch gedacht. Es sagt schon ziemlich viel aus. Unglaublich! Aber viele ehemalige DDRler werden wissen, was er meint...


    Krass ist auch, dass MRR vor allem wegen seines Buches "Lauter Verrisse" als "Mann der literarischen Hinrichtungen gilt. Es ist ein Buch von vielen, dass es veröffentlicht hat, aber es wird sich immer wieder darauf bezogen. Was aber der Gipfel ist: Dass Peter Handke unterstellt, dass die "Mordlust" MRRs durch die Zeit im Getto verstärkt worden sei. Egal, wie auch immer das nun gemeint ist, so etwas zu schreiben geht in meinen Augen gar nicht! =;

    Das habe ich zwar noch nicht gelesen, aber auch hier wieder eine Bestätigung für mich. Ein Autor, den ich niemals lesen würde, obwohl ich nichts von ihm kenne, ist Peter Handke. Er leidet an grenzenloser Selbstüberschätzung und hält sich für ach so genial. Ein absolutes no-go!


    Du bist wahrscheinlich inzwischen fertig; ich werde heute noch ein bisschen aufholen und mich morgen wieder melden. Nach wie vor bin ich restlos begeistert von dem Buch!! Ich kann mir durchaus vorstellen, es irgendwann nochmal zu lesen.

  • Ein Autor, den ich niemals lesen würde, obwohl ich nichts von ihm kenne, ist Peter Handke.

    Noch nie etwas von diesem Bengel gehört. Aber dieser Satz reicht mir auch endgültig! =;


    Ja, ich bin inzwischen fertig - und bin komplett begeistert. Um allerdings abschließend eine Rezi zu schreiben, muss ich das ganze noch eine Weile sacken lassen. Einige Passagen habe ich schon ein zweites Mal gelesen und ich bin mir sicher, dass ich dieses Buch noch einmal lesen werde!

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert