Henning Mankell - Mörder ohne Gesicht / Mördare utan ansikte

  • Mich würde mal interessieren ob es noch jemand gibt, den dieses Buch sehr an "In cold blood" von Truman Capote erinnert hat.
    Ich habe das Buch vor vielen Jahren (so um 2000 herum) als erstes der vielen noch folgenden Wallander Bände gelesen.
    Neben der (von mir damals so empfundenen) Ähnlichkeit mit Capotes sehr viel älterem Werk haben mich damals noch einige andere Dinge gestört (lang ist's her), aber mir hat gefallen, dass es mehr um die Charakterisierung der Personen ging als um einen möglichst komplizierten (und dabei dann oft unlogischen) Plot wie man das in anderen Krimis so findet.
    Dennoch, wäre mir nicht ein paar Jahre später "Die Weiße Löwin" über den Weg gelaufen, dann wäre es das für mich mit Mankell gewesen.
    Seit dem zweiten Buch der Wallander Reihe bin ich aber "echter Fan" von Kurt Wallander und Henning Mankell.
    Obwohl "Mörder Ohne Gesicht" das erste Buch der Reihe war würde ich das daher einem Erstleser nicht unbedingt empfehlen.

  • Mich würde mal interessieren ob es noch jemand gibt, den dieses Buch sehr an "In cold blood" von Truman Capote erinnert hat.


    Mich nicht. Ich habe auch beide gelesen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Für mich war es der erste Wallander, ich kenne bisher nicht mal die Filme. Krimibegeisterte hatten mir die Reihe x-mal empfohlen, und ich lese ja gerne skandinavische Bücher, aber ungern lese ich Reihen. Aber da mir irgendwer dieses Buch mal geschenkt hat, und ich urplötzlich "Heißhunger" auf einen Krimi hatte, habe ich das Buch jetzt mal vom SUB befreit.


    Und tatsächlich: die Geschichte ist ziemlich unterhaltsam. Eigentlich hat mir der Anfang am Besten gefallen, insbesondere die Beschreibungen der ländlichen Gegend und ihrer Bewohner (Naja, warum der Mord unbedingt sooo brutal ausfallen musste, ist mir bis jetzt noch nicht klar - das fand ich fast schon wieder störend), die Gefahr, dass es zu Übergriffen auf Ausländer kommen könnte (Xenophobie und Selbstjustiz sind auch spannende Themen), sowie die Ermittlungen, die von Grund auf mühsam beginnen.

    Das habe ich auch so empfunden. Das Buch ist zwar nicht schlecht, aber bei weitem nicht das beste der Wallander-Reihe.

    Das hat mir sehr gut gefallen! Obwohl die Geschichte mit so einem reißerischem Mord beginnt, werden die polizeilichen Ermittlungen realistisch und ohne übertriebene Action geschildert. Für die Ermittler ist die Ausgangslage äusserst schwierig, und ich fand es spannend zu sehen, wie sich aus kleinen Indizien und Hinweisen ein Bild ergibt, das aber auch diverse Male in die Irre führt.

    Desweiteren hatte ich das Gefühl, dass diese Geschichte nur die Hälfte der Seitenzahl benötigt hätte um den Hauptplot zu erzählen. Die Story wurde nur gestreckt, indem jedes mal Wallander nach einem neuen Indiz, direkt eine Pressekonferenz oder eine Besprechung im Polizeihauptquartier einbeorderte. Das nervte nach einer gewissen Zeit.

    Auch das hat mich gar nicht gestört, sondern fand ich noch realistisch. Aber ich gebe Dir recht: ein paar Dutzend Seiten hätte man weglassen können, nämlich solche, die mit dem Hauptplot nun wirklich gar nichts zu tun hatten: die Familienangelegenheiten von Wallander mit seinem kranken Vater und der schwierigen Tochter, sind natürlich wichtig, um den Kommissar und seine Persönlichkeit besser bekannt zu machen. Mit der Polizeiarbeit, den Ermittlungen zum Mord, dem Schutz der Asylheime, etc hatte es aber nichts zu tun. Ich nehme mal an, dass Mankell von Beginn an eine Reihe schreiben wollte, und man den Kommissar über die Zeit eben auch privat mit seinen Problemen "ausstaffieren" muß.
    Etwas enttäuscht war ich dann aber vom Ende des Buches. Die Ermittlungen liefen ja prima, und etwas Glück braucht man bei der Polizei wohl auch, aber so ein abruptes und actionreiches Ende hatte ich nicht erwartet.

    Ich mag Mankells Stil eigentlich ganz gerne, aber es ist halt einer dieser massentauglichen "heute gelesen morgen vergessen"-Krimis.

    Das bringt es ziemlich auf den Punkt - da kann ich voll zustimmen.

  • Nach Wallanders erster Fall und andere Geschichten war nun der erste Reihentitel dran. Ich bin begeistert :pray: Gemächlich entfaltende Geschichten haben für mich ihren ganz besonderen Reiz. Wer nervenzerreißende Spannung, einen flotten Krimi erwartet, der wird vermutlich enttäuscht.Mankell baut eine schon fast schon beängstigend gute, beklemmende melancholische Atmosphäre auf. Den eisigen Wind kann man genauso spüren wie die Trostlosigkeit, von der einige Figuren umgeben sind. Viele universelle Fragen mit direktem Bezug zur Realität werden aufgeworfen, die man nicht einfach über/weglesen kann. Die Themen dieses Krimis sind erschreckend aktuell. Wallander und auch die übrigen Figuren sind aus dem Leben gegriffen. Rydberg hat es mir ganz besonders angetan, ich hoffe er bleibt mir noch ein bisschen erhalten...


    Mankells Stil möchte ich besonders hervorheben. Dieser ist nüchtern, verzichtet auf unnötigen Schnickschnack. Er braucht nicht viele Worte, um auf den Punkt zu kommen. Man spürt vielleicht gerade deshalb alles so durchdringlich. Mit aller Konsequenz. Das schaffen nur sehr wenige, chapeau!


    Fazit
    Atmosphärisch dichter Krimi, dessen Aktualität beängstigend ist :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Endlich schaffte ich es den ersten Fall von Wallander zu lesen. In einem Antiquariat fiel mir zuerst der Band 7 "Mittersommermord" in die Hände, welchen ich gleich anfing, aber schnell merkte das es ja eine Krimi Reihe ist.

    Also legte ich ihn erstmal beiseite , da ich Reihen gerne von vorne beginnen und nicht mittendrin einsteige.


    Ich war sofort begeistert von Mankells Beschreibung der Charaktere. Sie sind total menschlich aufgebaut und haben alle ihr Schwachen und Starken Seiten.

    Die Geschichte traf mich mit ihrer Aktualität sofort und ich musste zweimal nachschauen wann dieses Buch geschrieben wurde, denn es könnte genausogut zur jetzigen Zeit spielen. Die Dynamik des Romans hat mich schnell in seinen Bann gezogen, doch trotzdem fehlte mir etwas. Ich kann es nicht so genau beschreiben, aber der endgültige Funke ist nicht übergesprungen.


    Mein Fazit

    Es ist ein gutes Buch, welches ich auch definitiv weiter empfehlen werde. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • EIN NIE VERGÄNGLICHES THEMA AUS BRUTALE ART INSZIERT...


    Klappentext: "Kurt Wallander stieß die Tür mit dem Fuß auf. Es war schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Viel schlimmer. Später würde er sagen, daß es das Schlimmste war, was er je gesehen hatte. Und dabei hatte er weiß Gott schon eine Menge gesehen..." - Ein altes Bauernpaar ist auf seinem Hof ermordet worden. Nicht nur das Motiv der Tat liegt völlig im Dunkeln, vor allem deren furchtbare Brutalität irritiert die ermittelnden Polizisten um Kurt Wallander. Und dann hatte die alte Bäuerin, kurz bevor sie im Krankenhaus starb, den Beamten noch einen letzten, seltsamen Hinweis gegeben ...


    Fazit: 'Mörder ohne Gesicht' ist der erste Kurt-Wallander-Roman von Henning Mankell und umfasst das Thema Asly und Audländerfeindheit um 1990 in Schweden (wie weite Teile Europa) nach der Wiedervereinigung Deutschlands.


    Mit den Kriminalkommisar Kurt Wallander hat der schwedische Autor Hennig Mankell einen starken. hinterfragenden und familär gebundenen Hauptcharakter erfasst, der den Leser die Heimat des Schriftsteller realistich wiederspiegelt. Hannig Mankell spricht die akteullen Themen Skandinaviens und Europa nach der Wende 1989 an und bringt den Leser auch nach Jahrzehnten ein Bild nah, welches 2014/2015 wieder brandaktuell in Europa ist - die Flüchtling- und Aslypolitik eines Landes und die Reaktionen des kleien Bürgers.


    Hennig Mankell schreibt in einer einfacher und doch fesselner Erzählweise mit unkomplizierten Satz- sowie Wortwahl, welche den Leser den Einstieg und Geschehnisfolgung sehr leicht macht und trotzdem kommt die Brutalität des Todes und der Hass der Menschen hervorragend zur Geltung. Es wird auch stellenweise in ein sentimenalen Ton berichtet, vorallem wenn´s um das Privatleben Kurt Wallanders geht.


    Im seinen Auftaktroman 'Möder ohne Gesicht' mit den südschwedischen Ermitteler Kurt Wallander und der Ystader Kripo schafft Mankell eine Spagat zwischen Ausländerfriedlichkeit der Schweden und einer Zweifrontenermittlung mit großen (emotionalen) Tiefgang. Der Leser bekommt eine Einblick in die detailierte kriminalpolizeilische Arbeit, eine lebendig beschrieben Land und der Gefühlswelt eines (männlichen) Familienmenschens, was alles zu ein herrlichen, aber auch manchmal schaffen Lesevergnügen führt...3,5 Sterne

  • Mich hat erschüttert, wie aktuell sich das Buch liest, obwohl sein erstes Erscheinen doch schon eine ganze Weile zurückliegt. Von der Thematik her könnte es aber auch erst vor kurzem geschrieben worden sein. Das macht mich irgendwie traurig...

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde