Wilhelm Busch - Die fromme Helene

  • Wilhelm Busch, geboren 1832, war deutscher Zeichner,
    Humorist, Karikaturist und Dichter. Seine Bildergeschichten sind legendär,
    Vorläufer des Comics, brüllend komisch, nachdenklich und ab und zu vor Spott
    triefend. Zu Lebzeiten schon bewundert, starb W.B 1908.


    Die fromme Helene.
    Wenn man von Wilhelm Busch hört oder liest, dann meistens
    von seinen Lausbuben Max und Moritz. Die möchte ich hier nicht vorstellen, da
    sie wohl eindeutig zu bekannt sind. Nein, die fromme Helene soll es sein. Denn
    die Helene hat nichts als Schabernack im Schädel. Ihre Eltern sterben, als
    Helene ganz jung war und man kann nur hoffen, dass Helene nichts mit dem Tod
    derer zu tun hat. Sie kommt zu ihren Anverwandten, die nichts Böses ahnen und
    doch bald mit ihm, bzw. ihr zu tun bekommen.


    Kaum bei ihren Verwandten angekommen, sieht sie das
    Nachthemd ihres Onkels und näht ihm die Ärmel und den Hals zu. Wie der Onkel
    sich quält, als er am Ende des Tages in sein Nachthemd schlüpfen will, kann man
    sich vorstellen.


    Es wird gereimt, dass die Balken sich biegen, denn alles ist
    in Versform verfasst. Kurz, knapp, knackig auf den Punkt gebracht. Und
    brüllkomisch. Ein kleines Schmankerl sei hier verraten:


    Helene schreibt einen Brief an ihren Vetter Franz:


    Der Onkel ist, gottlob, recht dumm,
    Die Tante nöckert so herum,
    und beide sind so furchtbar fromm;
    Wenn’s irgend möglich, Franz, so komm
    Und trockne meiner Sehnsucht Träne!
    10 000 Küsse von Helene


    Dass der „böse“ Onkel sich bald rächt, wird jedem Leser
    schnell schon klar. Doch Helene schlägt schon in der nächsten kleinen
    Geschichte zurück. Zu unserem Vergnügen, wenn
    ich das so sagen darf. Denn eines wird hier absolut genial bedient. Die
    Schadenfreude. Köstlich ist dann ihr Ruf, wenn sie zur Ordnung gerufen wird.


    „Ach“ – rief sie – „Ach! Ich will es nun
    auch ganz gewiss nicht wieder tun.“


    Natürlich „tut“ sie es wieder.
    Erwähnenswert ist auch noch die kleine Geschichte, in der
    sie der Katze eine Papiertüte an den Schwanz klebt und diesen dann mit Feuer ansteckt.
    Jedem Katzenliebhaber würde sich der Magen umdrehen. Mir auch, da ich mich ja
    auch zur Riege der Katzenliebhaber zähle.


    Ja, Helene heiratet natürlich auch. Sie bekommt auch Kinder,
    doch der Gatte erstickt an einer Gräte. Doch der Franz ist immer in ihrer Nähe
    und wird auch weiterhin ihr Gefährte sein, doch er betrügt sie mit dem
    Küchenpersonal, und das bekommt ihm gar nicht gut. Am Ende stirbt Helene an
    Kummer und Besäufnis. Und? Wie kann es anders kommen? Der Teufel holt sich nach
    einem kurzen Kampf mit dem Engel die Seele der frommen Helene. Und am Ende
    kommt natürlich, die Moral von der Geschicht.


    Mein Fazit:
    Köstlich, einfach nur köstlich. Meine Ausgabe dieser
    Geschichte ist natürlich gespickt mit Bildern, die den Handlungsverlauf
    deutlich machen und ich darf sagen, dass ich mich schon seit langem nicht so
    köstlich amüsiert habe und darf sagen, dass so mancher der heutigen Comedians
    sich eindeutig eine Scheibe von Wilhelm Busch abschneiden müsste.


    LG Ralf

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Vielen Dank für Deine tolle Rezi, Ralf! Ich habe schon als Kind die fromme Helene geliebt, damals fand ich´s auch noch teilweise (am Schluß) ziemlich gruselig, habe sie aber trotzdem (oder deswegen) immer wieder gelesen. Besonders witzig fand ich, daß die Kinder von Helene dem Vetter Franz wie aus dem Gesicht geschnitten sind :lol:

    Bücher sind Gärten, die man in der Tasche trägt. (Arabisch)


    :study: Minette Walters: Im Eishaus


    :study: Martina Kaiser: Der Jahreskreis

  • Vielen Dank auch von mir, Ralf!


    Ich habe "Die fromme Helene" auch erst vor kurzem gelesen - und war begeistert! Die wunderbaren Bilder unterstreichen die Verse perfekt und machen das Lesen zu einem richtigen Vergnügen. Grandios fand ich auch den Vers über Franz, in dem seine Vorliebe für das (weibliche :wink: ) Personal geschildert wird:

    Zitat

    Eins aber war von ihm nicht schön:
    Man sah ihn oft bei Hannchen stehn!
    Doch jeder Jüngling hat wohl mal
    'n Hang fürs Küchenpersonal,
    Und sündhaft ist der Mensch im ganzen!
    Wie betet Lenchen da für Franzen!!


    Ralf, kennst du auch noch andere geschichten von Wilhelm Busch? Ich habe mir einen Sammelband mit mehreren Geschichten (Rezension) gekauft und fand auch andere Geschichten toll! :thumleft:

  • Ich habe auch einen Sammelband mit Bildergeschichten und Gedichten. Doch dieser Band ist so alt, dass es nicht einmal eine ISBN hat. Und ohne ISBN kann ich das Buch hier leider so nicht vorstellen. Jap, ich kenne natürlich auch noch eine ganze Menge anderer Geschichten von ihm. Hans Huckebein zum Beispiel, dieser versoffene Rabe. :lol: Oder Fips, der Affe, der sich unter anderem als Friseur versucht und einem Kunden das Ohr abschneidet. Die kühne Müllerstochter, die die Räuber platt macht und mit dem Regenschirm aufspießt. Hach, ich könnte noch lange so fortsetzen. *schwelg*

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Die kühne Müllerstochter, die die Räuber platt macht und mit dem Regenschirm aufspießt.

    Ja, die fand ich auch genial! :mrgreen:


    Mit den Schwärmen geht es mir so wie dir - stundenlang könnte ich da weitermachen... :drunken: