Sadie Jones - Der Außenseiter

  • Inhalt: (Klappentext)
    1945 kehrt Gilbert Aldridge aus dem Zweiten Weltkrieg zurück zu seiner
    Familie. Während er die beschauliche Routine des Kleinstadtlebens
    genießt, durchstreift sein Sohn Lewis mit seiner schönen, rastlosen
    Mutter die Wälder - bis an einem Sommertag unten am Fluss ein
    schreckliches Unglück geschieht. Lewis bleibt allein und verstört
    zurück. Wenige Monate später wird ihm die junge Alice als neue
    Stiefmutter vorgestellt.


    Lewis lebt fortan als Fremder im eigenen Haus; er sucht Zuflucht im
    Alkohol und in heimlichen Exzessen in einem Londoner Nachtclub. Seine
    Trauer und Wut entladen sich schließlich in einer weiteren Katastrophe.


    1957 kehrt der 19jährige Lewis nach zweijähriger Haft aus dem Gefängnis
    zurück. Ehemalige Freunde und Nachbarn begegnen ihm mit Misstrauen: Wer
    nicht ist wie die anderen, muss zum Außenseiter werden. Immer wieder
    versucht Lewis einen neuen Anfang zu finden; immer tiefer gerät er in
    einen Strudel aus Gewalt, Verzweiflung und enttäuschter Hoffnung.


    Sadie Jones' Roman über den "Außenseiter" Lewis ist von überwältigender
    Schönheit, eine leidenschaftliche und immens spannende Geschichte
    darüber, was mit denen geschieht, die die Regeln brechen, aber auch
    darüber, welches Schicksal jene ereilt, die die Regeln aufgestellt
    haben.


    Die Autorin:
    Sadie Jones lebt mit ihrer Familie in London. Der Außenseiter ist ihr erster Roman.


    Meine Meinung:
    Auf dem Buchcover hinten steht: Sie haben "Abbitte" von Ian McEwan gerne gelesen? Dann werden Sie "Der Außenseiter" lieben.
    Wie wahr - es hat mir gut gefallen.


    Gilbert Aldridge kehrt nach 4- jähriger Abwesenheit zurück, er war im Krieg. Man schreibt das Jahr 1945. Damit bricht er in die enge Beziehung zwischen seinem Sohn Lewis und seiner Frau Elisabeth ein.
    Wie Lewis 10 Jahre alt ist, ertrinkt die Mutter in seiner Anwesenheit - Lewis ist geschockt und verstummt.
    Gilbert heiratet nach nur 5 Monaten Alice. Lewis vereinsamt und zieht sich in sich zurück. Niemand versteht ihn wirklich und nimmt sich auch nicht die Zeit dafür. Sein Vater ist abweisend und kalt - Lewis nennt ihn "Sir", was ausdrückt, wie das Verhältnis Vater-Sohn ist.
    Lewis fängt an, sich selbst zu verletzen und zu trinken.
    Es kommt zur Katastrophe und Lewis muss für zwei Jahre ins Gefängnis.
    Nach den zwei Jahren kehrt er zurück - aber er bleibt Außenseiter - die Scheinheiligkeit der Bewohner von Waterford und auch die Kälte der Familie führen bei Lewis zu Ausbrüchen - bis es zur nächsten Katastrophe kommt.


    Sadie Jones erzählt atmosphärisch dicht über das Heranwachsen eines Jungen, der an der Teilnahmslosigkeit der Umgebung scheitert.
    Durch Perspektivwechsel wird das Drama ausgeleuchtet.
    Das Buch spielt zwar zwischen 1945 und 1957, aber man könnte es sich auch in der Jetzt-Zeit vorstellen - mit Gewalt gegen andere und gegen sich selbst,mit emotionaler Vernachlässigung und auch Alkohol haben viele Jugendliche heute auch zu tun.


    Absolut lesenswert. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Beim Stöbern bei Amazon hab ich das Buch entdeckt und gleich hier nachgesehen, ob es schon jemand gelesen hat. Danke für die Rezi, Conor. Der Inhalt hat mich neugierig gemacht und bei Amazon gibt es sogar ein Video dazu. Jedenfalls hat mich die Inhaltsangabe und der Buchtrailer dazu so gepackt, dass ich es direkt bestellt habe. :dance:

  • Dieses Buch hat mir sehr gefallen! Besonders das Ende hat mich stark beeindruckt. :thumleft:
    Den Vergleich mit Ian McEwans "Abbitte" kann ich nachvollziehen. Auch hier geht es um Auswegslosigkeit, Drama und Intrige.


    Lewis war seiner Mutter eng verbunden und hatte kein sehr inniges Verhältnis zu seinem Vater, der lange Zeit im Krieg war. Das Verhältnis zwischen dem heimgekehrten Vater und dem Kind ist hölzern. Mit der neuerlichen Heirat übergibt der Vater seiner 2. Ehefrau die Verantwortung für den Jungen und behält weiterhin lediglich die "Vaterpflichten", die eine strenge Erziehung beinhalten. Er sieht einfach darüber hinweg, dass Lewis den Tod seiner Mutter noch gar nicht verarbeitet hat und bietet somit weder Hilfe an, noch geht er einfühlend auf Lewis ein. Viel zu unbequem ist es dem Vater, sich mit den Sorgen und der Trauer seines Sohnes auseinanderzusetzen. Lewis gerät in einen Strudel Probleme und jeder sieht ihn nur noch als Schuldigen. Einzig Kit, die Tochter einer befreundeten Familie, steht zu ihm.


    Mir hat Lewis sehr leid getan und ich dachte während des Lesens oft daran, wie gut es gewesen wäre, hätte er sich


    Die Szenen, in denen Kit


    Sehr mutig von Lewis war es,


    Über das Ende:


    Besonders der folgende Satz hat mich berührt, als Kit zu Lewis auf dem Bahnsteig ruft:


    Gerne gebe ich diesem Buch: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Das Buch beginnt mit der Entlassung Lewis’ aus der Haftanstalt. So weiß der Leser schon von vornherein, der Weg des Jungen wird ein steiniger. Ruhig und sachlich, in einer sehr schönen Sprache erzählt Sadie Jones dann die Geschichte von Lewis und als Leser spürt man förmlich das Unheil kommen. Diese atmosphärisch dichte Handlung wird abgerundet durch psychologisch gut gezeichnete Charaktere, dadurch wirkt der Roman unwahrscheinlich authentisch und das Desinteresse und die Gleichgültigkeit von Lewis Umfeld wurde erschreckend deutlich. Auch das Ende fand ich sehr gelungen, so bleibt es dem Leser überlassen, sich eigene Gedanken zu machen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.


    Es hat sich für mich wieder einmal gelohnt, Conors Empfehlung zu folgen. :friends:

  • Traumatisiert und tief verletzt bleibt der zehnjährige Louis zurück, als er mit ansehen muss, wie seine geliebte Mutter bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt. Schon vor dem Tod war seine Beziehung zum Vater - der lange im Krieg gedient hat – eher von Distanz und Desinteresse geprägt. In den Jahren nach dem Vorfall verschlechtert sich ihr Verhältnis zusehends. Beiden fällt es schwer über ihre Gefühle zu sprechen. Während der Vater nach einigen Monaten wieder heiratet und wenig Sensibilität im Umgang mit dem Sohn zeigt, kommt dieser nur schwer mit dem Verlust und seinen Schuldgefühlen zurecht, versucht sie als Jugendlicher mit Alkohol, aggressivem Verhalten und Selbstverletzung zu betäuben. Auch die Gemeindemitglieder des kleinen Orts reagieren mit Unverständnis auf Louis Verhalten – er wird zum Außenseiter.
    Aber auch die jüngere Nachbarstochter Kit, die Louis seit ihrer Kindheit bewundert hat Probleme mit ihrer Familie. Auch hier trügt die Kleinstadtidylle der 40er und 50er-Jahre.


    Das Buch umfasst eine Zeitspanne von 1945 bis 1957 und begleitet Louis vom Kindes- bis ins junge Erwachsenenalter. Mit kleinen Abstechern nach London spielt die Handlung hauptsächlich in Louis’ Heimatdorf, fokussiert sich auf die Abgründe hinter der vermeintlich heilen Fassade. Sadie Jones beschreibt Louis’ Gefühlsleben atmosphärisch dicht und so glaubwürdig, dass die Geschichte eine richtige Sogwirkung entwickelt. Während man die Dorfbewohner und Nachbarn in ihrer Doppelmoral und Scheinheiligkeit am liebsten an die Wand klatschen möchte, weil sie Louis’ Schreie nach Aufmerksamkeit und Liebe so falsch deuten, wirkt dessen Entwicklung authentisch und nachvollziehbar. Ich habe beim Lesen richtig mitgelitten.


    Sehr lesenswert. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ich lese das Buch gerade und es gefällt mir richtig gut. Ich habe erst knapp 100 Seiten gelesen und freue mich schon auf die folgenden Seiten.


    Sein Vater ist abweisend und kalt - Lewis nennt ihn "Sir", was ausdrückt, wie das Verhältnis Vater-Sohn ist.


    Dazu habe ich noch zwei Stellen gefunden, die ebenfalls sehr gut zeigen, wie sich das Vater-Sohn-Verhältnis gestaltet:


    "Ich werde nicht zulassen, dass du den Tod deiner Mutter als Entschuldigung dafür nimmst, um dich unmöglich aufzuführen." Das sagt Gilbert auf Seite 93 zu seinem Sohn. ine Seite später steht dann folgender Satz über Gilbert: "Ascheinend konnte er sich seit Elizabeths' Tod eine Menge Dinge erlauben, die früher inakzeptabel gewesen wären, ohne dass die Leute ihre Meinung über ihn änderten." In der Szene hat sich Gilbert gerade eine Flasche Whiskey gegönnt. :roll:


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Das freut mich, dass dir der Roman bislang gut gefällt, gaensebluemche - dann bin ich gespannt auf deinen Kommentar. :)
    Ich fange demnächst mit Sadie Jones neuem Roman "Kleine Kriege" an und freue mich schon drauf.


    Liebe Grüße

  • In diesem Buch gibt es kaum schöne Szenen. Stattdessen lebt das Buch von Dramatik, Wut, Angst, Gewalt, unterdrückten Gefühlen. Allein der Schluss rettet einiges, auch wenn ihm ein Hauch Melancholie folgt, wie es Frühlingswiese schon beschrieben hat.


    Das Buch hat mich oft den Atem anhalten lassen und ich habe es in einem Rutsch verschlungen. Das Leben der Charaktere war für mich stellenweise kaum zu fassen, aber das Schicksal setzt immer wieder noch einen drauf. Louis war mir sehr sympathisch und Kit mochte ich ebenfalls sehr.


    Das neueste Werk der Autorin klingt ganz interessant und wandert auf die Wunschliste.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ich bin auf das Buch durch die schöne Rezension von Conor aufmerksam geworden. Vielen Dank an dieser Stelle :friends:


    Mir hat das Buch unglaublich gut gefallen. Anfangs dachte ich: okay keine neue Geschichte auch der Schreibstil hat mich anfangs nicht umgehauen, es war gut, aber nicht mehr. Allerdings schon ein Paar Seiten später hat mich das Buch gefangen genommen und bis zur den letzte Seite nicht mehr los gelassen.


    Was habe ich mit den lieb gewonnenen Protagonisten: Lewis und Kit gelitten :( Furchtbar.
    Ich habe wahrscheinlich die ganze Paillette aller möglichen Emotionen durch gelebt. Ich war wütend, ärgerlich, hilflos und verzweifelt.
    Das passiert mir doch nicht so oft. Mit angehaltenem Atem gelesen und gebangt und gehofft, dass alles gut geht.


    Der Autorin ist es gelungen die Geschichte des Jungen sehr atmosphärisch darzustellen, der Leser nimmt sehr lebhaft Anteil an dem Schicksal der Betroffenen:
    Lewis, der sehr früh seine Mutter verliert, und einen lieblosen, unfähigen Vater an seiner Seite hat, der nicht im Stande ist dem Kind emotionalen Halt und Wärme zu geben. Die Stiefmutter, die trotz der zaghaften Bemühungen, nicht vermag dem Jungen beizustehen. Das sympathische Mädchen Kit, das im Verborgenen ein schweres Leben führt. Und zu allem Übel die ignorante scheinheilige "bessere Gesellschaft".


    Die Sadie Jones hat eine berührende Geschichte, die einen ins Herz trifft, erzählt. Ich fand es zutiefst bewegend.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Wieder einmal muss ich sagen: Auf Conors Empfehlungen ist Verlass! :friends:
    Obwohl das Buch sehr düster ist und die Schicksale v.a. Von Lewis und Kit beim Lesen schmerzhaft aufwühlen, war das ein echtes Leseerlebnis!
    Besonders hervorheben möchte ich noch die Szene

    Mein Gott, ich dachte ich sei dabei!! :cry:
    Nach so viel Gewalt und Ignoranz fand ich das Ende überraschend, ein wenig offen und für mich tröstlich...

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Selten hat mich ein Buch so gepackt. Und das noch nicht einmal von Anfang an. Das kam bei mir auch erst später. Als die Geschichte sich weiterentwickelte und den Leser förmlich mitleiden ließ. Mir ging es zunächst einmal so, dass ich am Anfang fast schon gelangweilt war. Aber die Autorin hat einen unglaublich intensiven Schreibstil. Womit ich meine, das sie sehr stark Gefühle auszudrücken versteht. Oder in Lewis Fall eben auch die wiederholt einsetzende Gefühlskälte. Man leidet mit ihm mit. Die Szenen, in denen er sich selbst verletzt, waren wirklich schlimm und ich musste immer ganz schnell weiterlesen, weil es kaum zu ertragen war. Die detailierte Schreibweise trug ja auch dazu bei, dass man die "Schnitte" fast schon selbst am eigenen Körper spüren konnte. (Ging mir jedenfalls so. Tat richtig weh :pale: )


    In diesem Roman wurde auch sehr eindrücklich ein Bild der Nachkriegsjahre vermittelt. Häusliche Gewalt wurde noch toleriert. Besonders, wenn man, wie die Familie Carmichel eine angesehene Stellung innehatte. Sämtliche Hauptfiguren haben im Laufe der Geschichte ein immer mehr heraustretendes Profil erhalten. Die vielen Lunch- und Weihnachtspartys, die stattfanden, waren auch sehr gut dargestellt.


    Und nicht zu vergessen, die Hauptperson Lewis! Das die Autorin es geschafft hat, sich in das Gefühlsleben eines jungen Mannes, der ein besonderes Trauma zu verabeiten hat, hineinzuversetzen, ist schon eine Leistung! Und obwohl ich nicht so sehr auf Liebesgeschichten stehe, hat mich die Figur Kit und ihre entstehende Beziehung zu Lewis doch sehr bewegt. Das war wirklich toll dargestellt. :thumleft:


    Gut gelungen ist auch das Bild, das zu Beginn und Ende der Geschichte, in Form einer Zugfahrt vermittelt wird. Ich habe es so gedeutet:


    Mein Fazit: Toll geschrieben. Gute dichte atmosphärische Stimmung, die sehr deutlich ein Bild des Lebens in einer Kleinstadt (oder ist es ein Dorf?) in den Nachkriegsjahren vermittelt. Sehr gut ausgearbeitete Protagonisten. Was will man mehr? Ich hoffe nur, das unsere Bücherei sich noch weitere Werke der Autorin anschaffen wird. Dann bin ich dabei. :D
    Meine Bewertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!

    Einmal editiert, zuletzt von birgitk ()

  • Gleich als ich die letzte Seite gelesen hatte, dachte ich : Das war wirklich ein gutes Buch.


    Die Geschichte um Lewis wird mit einer gefühlvollen Dramatik erzählt. Man kann die Gefühle des jungen Menschen absolut nachvollziehen und taucht richtig in das Geschehen ein. Zu erst die innige Beziehung zu seiner Mutter, dann der Schicksalsschlag. Keiner aus seinem Bekanntenkreis kann ihn verstehen , versucht nicht nach seinen Gefühlen zu fragen. Wie eine Schnecke die sich zurück in ihr Haus verkriecht.


    Die neue Frau an der Seite seines Vaters möchte es ihm recht machen, findet jedoch nicht die richtige Beziehung zu ihrem Stiefsohn.
    Und dann nehmen die Unglücke ihren Verlauf und man erfährt bereits zu Beginn, dass Lewis für 2 Jahre in das Gefängnis musste.


    Hier wird deutlich, dass das Umfeld eines jeden von uns, Gefühle in uns bewirken kann , was für die Ausstehenden nicht immer begreifbar ist. Und es Lewis immer mehr von innen ausgelöscht hat. In der Nachbarstochter Kit findet er jedoch eine Freundin, die ihm hilft über die Probleme hinwegzusehen und den richtigen Schritt zu machen. Nur bis dahin war es für ihn ein wirklich schwieriger und langer Weg.


    Ich empfehle das Buch uneingeschränkt weiter. Ich lese überwiegend Krimi und Thriller, Sadie Jones hat mir aber gezeigt, dass ein gefühlvoller Roman unersetzbar ist. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


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    :!: Anmerkung : Kann die Renzension des Hardcovers mit dem Taschenbuch verknüpft werden, hier könnte sonst noch eine zweite Rezension verfasst werden. Danke !

    Man muss sich einfache Ziele setzen, dann kann man sich komplizierte Umwege erlauben.(Charles de Gaulle)

  • Klappentext von der Verlagsseite:
    Fern der Routine des Kleinstadtlebens genießt es Lewis, mit seiner schönen, rastlosen Mutter durch die Wälder zu streifen – bis an einem Sommertag am Fluss ein schreckliches Unglück geschieht. Lewis bleibt verstört zurück. Als ihm wenige Monate später die junge Alice als Stiefmutter vorgestellt wird, entladen sich seine Trauer und Wut schließlich in einer Katastrophe …


    Ein Roman von überwältigender Schönheit, eine leidenschaftliche, spannende Geschichte über einen jungen Mann, der immer tiefer in einen Strudel aus Verzweiflung und enttäuschter Hoffnung gerät und doch bedingungslose Liebe erfährt.


    Autoreninfo von der Verlagsseite:
    Sadie Jones, 1967 in London geboren, arbeitete als Drehbuchautorin, unter anderem für die BBC. 2005 verfilmte John Irvin ihr Drehbuch „The Fine Art of Love“ mit Jacqueline Bisset in der Hauptrolle. Ihr preisgekröntes Romandebüt „Der Außenseiter“ (2008) wurde in Großbritannien auf Anhieb ein Nr.-1-Bestseller und war auch in Deutschland ein großer Presse- und Publikumserfolg. „Der ungeladene Gast“ ist ihr dritter Roman.


    Erster Satz:


    Niemand würde ihn abholen, dachte er, während er beobachtete, wie die drei Männer vor ihm ihre Sachen in Empfang nahmen, die Papiere unterzeichneten und hinausgingen.


    Aufbau:
    “Der Außenseiter” umfasst 416 Seiten aufgeteilt in drei Teile, Prolog und Dank. Einzelnen Kapiteln ist eine Zeitangabe vorangestellt. Die Zeitraum der Handlung geht von 1945 bis 1957. Sadie Jones schreibt in der auktorialen Erzählform.


    Inhalt:
    Der 10-jährige Lewis hat eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter, die sich in der Zeit als sein Vater im Zweiten Weltkrieg war, sehr um ihn kümmerte und auch verwöhnte. Sein Vater hingegen ist nach dem er aus dem Krieg kommt, weniger herzlich zu ihm, und als dann Lewis’ Mutter im Fluss ertrinkt, kommt er noch weniger mit dem Jungen klar. Schließlich heiratet er fünf Monate nach dem Tod seiner Frau wieder und Lewis blieb mit seinem Leid alleine. In der Jugend rebelliert er und kommt ins Gefängnis. Als er zwei Jahre später aus dem Gefängnis entlassen wird und zurück nach Watford kommt, hat der Ort nicht vergessen und er wird zum Außenseiter.


    Meinung:
    Selten haben mich Charaktere in einem Buch so sprachlos gemacht wie bei “Der Außenseiter” von Sadie Jones. Sadie Jones macht es einem wirklich schwer einen Sympathieträger in dem Buch zu finden. Sowohl Lewis’ Eltern auch der ehrwürdige und despotische Carmichael tragen wenig an Sympathie bei. Lediglich Lewis und die kleine Kit habe ich näher ins Herz geschlossen, wobei ich so manches Verhalten von Lewis auch nicht gut heiße.


    Aber genau diese Charaktere, die wirklich alles andere als sympathisch sind, machen “Der Außenseiter” aus. Jones gelingt es in ihrem Debütroman, ein Gesellschaftsbild der 50er Jahre in England zu zeichnen, das sowohl von Doppelmoral als auch von Abhängigkeit handelt.


    Einfühlsam beschreibt sie die Hilflosigkeit von Lewis nach dem Tod seiner Mutter und den Schrei nach Hilfe, Liebe und Verständnis. Sehr oft habe ich während des Lesens geschluckt und habe mir gewünscht, dass Lewis’ Vater oder seine junge Stiefmutter Alice seine Hilflosigkeit sehen und ihn mal in dem Arm nehmen. Aber nein, für sie war er nur eine Belastung und dies haben sie ihn auch spüren lassen. So oft habe ich den Kopf geschüttelt um die Begriffstutzigkeit bei den beiden. Alice mag vielleicht noch zu jung gewesen zu sein, aber Gilbert – Lewis Vater – hätte es sehen müssen. Aber für ihn war er nur schwierig und er kam auch selber mit seinem Verlust nicht zu Recht. Dies wird auch von den Dorfbewohnern erwähnt, dass Alice eine Trosthochzeit sei. Weder war dies für Alice hilfreich, noch für den armen Lewis. Die Zeit in der Armee trägt ein Übriges dazu bei, denn Herzlichkeit und Empathie ist für Gilbert ein Fremdwort.


    Ein weiterer schwerwiegender Faktor in der Geschichte ist das Dorfleben, das geprägt ist durch die sonntäglichen Kirchbesuche und den gegenseitigen Besuchen. Alles besonders geprägt und hervorgehoben durch die Familie Carmichael. Dick Carmichael, das Familienoberhaupt, ist dabei nicht nur die treibende Kraft bei der Meinungsbildung in der Gemeinde, sondern auch der größte Arbeitgeber. Dadurch entsteht eine Abhängigkeit und Beeinflussung, die Lewis das Leben schwer machte.
    In jeder Szene mit Dick Carmichael bekam ich Gänsehaut, denn der Mann, der nach außen wie ein Ehrenmann auftritt, ist im Privaten ein wahrer Despot, der seine Frau und jüngste Tochter Kit misshandelt.


    Sadie Jones schaffte es mit ihrem einfühlsamen Schreibstil mir nicht nur Lewis und Kits Grauen nah zu bringen, sondern auch die Doppelmoral des kleinen Ortes Watford. Der mich immer wieder sprachlos und traurig machte. “Der Außenseiter” hat wenig positive Seiten, außer der Freundschaft zwischen Kit und Lewis, stattdessen überwiegt das trostlose und negative: Alkoholexzesse sowohl bei Lewis als auch Alice, Misshandlungen und Abneigung.


    Gerade die Dichte und die Atmosphäre der Handlung hat mich in den Bann gezogen, so oft ich den Kopf schütteln und die Akteure auf ihr Vergehen aufmerksam machen wollte, so oft wollte ich auch Lewis und Kit einfach nur an die Hand nehmen und aus der Geschichte heraus holen und in eine liebevollere Welt stecken. “Der Außenseiter” ist kein einfach zu lesendes Buch, zumindest bei mir hat es so einige Emotionen ausgelöst und mich auch zum Nachdenken gebracht, wie stark ein einziger Mensch eine Gesellschaft beeinflussen kann.

    Fazit

    “Der Außenseiter” von Sadie Jones ist ein packendes, aber auch trostloses Sittenbild der Gesellschaft im England der 50er Jahre, das aufgrund des einfühlsamen Schreibstils von Jones heraussticht. Lesenswert!


    Bewertung:
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Schöne Rezension, @ buechereule. Da bekomme ich richtig Lust, den Roman nochmals zu lesen. :wink:
    Den "Bedanken"-Button drücke ich morgen, von meinem laptop aus - hier an diesem wird er merkwürdigerweise nicht angezeigt.

  • Ich kann mich den positiven Meinungen nur anschließen.

    Ich habe wahrscheinlich die ganze Paillette aller möglichen Emotionen durch gelebt. Ich war wütend, ärgerlich, hilflos und verzweifelt.
    Das passiert mir doch nicht so oft. Mit angehaltenem Atem gelesen und gebangt und gehofft, dass alles gut geht.

    So ähnlich ging es mir auch. Die tiefe Verzweiflung, die Hilflosigkeit, die Schuldgefühle und die Einsamkeit, die Lewis fühlt, hat die Autorin so gut rüber gebracht, dass ich an einigen Stellen Tränen in den Augen hatte. Die Unfähigkeit seiner Familie, in erster Linie seines Vaters, ihm zu helfen oder ihn zu verstehen und die Verlogenheit und Doppelmoral der Dorfbewohner haben mich wütend gemacht hat. Es passiert mir auch nicht so oft, dass ich während des Lesens so emotional werde. Aber das spricht nur für die Autorin. Sie hat authentische Charaktere mit glaubwürdigen Emotionen geschaffen!
    "Der Außenseiter" ist ein packendes, bewegendes, fesselndes Buch mit einer wunderschönen Sprache! Es ist einer meiner Jahreshighlights und bekommt natürlich volle Punktzahl! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: