Nachdem mir „Der Ernst des Lebens“ von Christine Wirth so sehr gefallen hatte, war ich gespannt auf diesen Roman. Eine Geschichte über einen Psychologen der einen jungen Mann heilen soll. Ihre Geschichte, während sie in einem alten Schloss wohnen, birgt viele Rätsel und unheimliche Begegnungen .
Den Leser erwartet ein kriminal-historischer Roman, in dem es um zwischenmenschliche Gefühle, religiösen Glauben und Freundschaft geht und der leichte mystische Elemente beherbergt.
Die Geschichte richtet sich an Leser die gerne ruhige, intensive Geschichten lesen, in denen die Charaktere und die Story lebendig, überzeugend und mit viel Tiefe gezeichnet sind und sich so gut entwickeln, dass einige Figuren einem ans Herz wachsen. Die Charaktere sind wunderbar authentisch gestaltet und man möchte schnell mehr über sie und ihre Erlebnisse erfahren, die eine Figur besticht durch Sympathie, die andere durch eine außergewöhnliche Art und andere einfach durch ihre harmonisch runde Zeichnung. Die Handlung um 1917 wurde sehr gut recherchiert und überzeugt mit alter Sprache und Namen, die sich an der Zeit des Geschehens orientieren , an die man sich aber erst gewöhnen muss, denn viele Wörter sind einem nicht geläufig, aber wenn man erst einmal eingetaucht ist, genießt man den Stil sehr, denn der Schreibstil ist sehr flüssig und gut zu lesen auch wenn man sich sehr konzentrieren muss um alle Informationen aufzunehmen. Somit ist dies kein Buch für zwischendurch, sondern für ruhige Stunden, denn alles in dieser Geschichte ist dicht gewebt und nie oberflächlich.
Im Mittelteil wird es etwas zu ruhig, die Beschreibungen sehr genau und detailliert , was zum einem dem Leser ein gutes Bild beim lesen gibt aber auch etwas vom Lesefluss nimmt. Auch die Perspektiven wechseln häufiger , was mir nicht immer sofort auffiel und ich somit den Abschnitt noch mal beginnen musste. Die langen Kapitel, insgesamt 16 , sind etwas ungünstig gewählt, kurze Kapitel helfen eher bei ruhigen Teilen im Fluss zu bleiben.
Insgesamt wirkt das 500 Seiten starke Buch sehr rund, stimmig und gehaltvoll, nur im Mittelteil war es etwas zu ruhig. Die Atmosphäre besticht durch ihre Dichte und wechselt zwischen leichtem Gruselgefühl des Übernatürlichen ,welches aber leicht und vorsichtig dosiert wurde, kriminalistischen Szenen und freundschaftlichen ruhigen Gefühlsmomenten. Somit hat Christine Wirth fast alles richtig gemacht und bekommt von mir Sterne.