Volker Kutscher - Der nasse Fisch

  • Klappentext (Amazon)
    Mit diesem Roman beginnt eine sensationelle Serie, mit der Volker Kutscher den Kriminalkommissar Gereon Rath durch das Berlin der 20er- und frühen 30er-Jahre und mitten in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der Zeit schickt. Volker Kutscher lässt das Berlin des Jahres 1929 lebendig werden. Sein Held Gereon Rath erlebt eine Stadt im Rausch. Kokain, illegale Nachtclubs, politische Straßenschlachten - ein Tanz auf dem Vulkan. Der junge, ehrgeizige Kommissar, neu in der Stadt und abgestellt beim Sittendezernat, schaltet sich ungefragt in Ermittlungen der Mordkommission ein - und ahnt nicht, dass er in ein Wespennest gestoßen hat.


    Autor (Info aus dem Buch abgeschrieben)
    Volker Kutscher, geboren 1962, arbeitete nach dem Studium brotloser Künste (Germanistik, Philosophie und Geschichte) zunächst als Tageszeitungsredakteur, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Heute lebt er als freier Autor in Köln. "Der nasse Fisch" ist sein vierter Roman.
    Weitere Titel:
    Bullenmord (1996)
    Vater unser (1998 )
    Der schwarzt Jakobiner (2001)


    Meine Meinung
    Ein guter Krimi, spannend und lebendig erzählt. Die Geschichte gibt einen total interessanten Einblick in die sehr komplexen politischen und gesellschaftlichen Geschehen Berlins 1929. Wenn ich so die Anfänge der Nazis in dem Buch beobachte, wird mir ganz komisch zumute. Ein weiterer Pluspunkt waren für mich die authentischen, mehr oder weniger sympathischen Charaktere. Besonders die Hauptfigur Kommissar Gereon Rath hat mir sehr gut gefallen. Ein recht sturköpfiger Mann, der sich in seine Ermittlungen verbeißt und darüber hinaus den Rest der Welt vergisst. Er hat ein anständiges Ehrgefühl und eine starken Sinn für Gerechtigkeit.


    Weniger gefallen hat mit, dass die Geschichte sich in ein absolutes Knäuel voller Intrigen und Chaos entwickelt hat. Da wieder raus zu kommen war für den Autor gewiss nicht einfach. Er hat es für mein Empfinden nur relativ gut hin bekommen. Einige Entwicklungen, besonders zum Schluss hin fand ich doch ein bisschen überzogen.


    Anfangs fiel es mir sehr schwer, mich in die Geschichte einzulesen. Man muss sehr aufmerksam lesen, um die vielschichtige Berliner Welt zu verstehen. Es gibt die Kommis (Kommunisten), die Sozis, die Russen, die Veteranen des 1. Weltkrieges, die dem alten Deutschland hinterher trauern, die Nazis, die noch in ihren Kinderschuhen stecken und noch unzählige Ringvereine, die die Stadt aus dem Untergrund "regieren".


    Aber nach 100 Seiten hat mich die Geschichte richtig gepackt und nicht mehr losgelassen. Ich freue mich schon, auf den nächsten Fall mit Gereon Rath, den ich ganz bestimmt lesen werde!


    Meine Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    P.s. ein bisschen Liebesgeschichte gibt es in dem Buch auch :wink:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

    Einmal editiert, zuletzt von Melli2505 ()

  • Vielen, vielen Dank für die tolle Rezi, die mich dazu gebracht hat, endlich den nassen Fisch aus meinem Regal zu ziehen und zu lesen!! :thumleft:


    Bin genauso begeistert wie du von dem Buch und werde mir ganz, ganz bald den Nachfolger zulegen! :winken:

  • Ich habe "Der nasse Fisch" vor kurzem ausgelesen und kann mich im großen und ganzen Mellis Rezension anschließen. Das Buch hat mir wirklich sehr gut gefallen (5 Sterne von mir :uups: ), insbesondere die Beschreibung der Charaktere. Gereon Rath ist mir sofort ans Herz gewachsen, weil er zwar durchaus sympathisch ist - aber eben in manchen Situationen auch nicht (ich dachte mir des öfteren "Was für ein Idiot!"). Ich mag Figuren nicht, die künstlich perfekt beschrieben werden, mir sind Ecken und Kanten und durchaus auch mal A*********r viel lieber. Auch das Geflecht zwischen den einzelnen Figuren, sowohl bei der Polizei und ihren Inspektionen als auch darüber hinaus, hat mir gut gefallen.
    Ich bin bisher nur einmal in Berlin gewesen, aber dennoch habe ich mich anhand von Kutschers Beschreibungen sofort dorthin versetzt gefühlt - und auch die Zeit war nach meinem Gefühl sehr gut eingefangen. Die Spannung, die in der Luft lag (Kommunisten, SA-Männer, Verbrecher, Nachtleben...) - ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so interessant fand ich das.
    Wie realistisch die Geschichte um

    ist, kann ich nicht beurteilen, insgesamt fand ich aber die diversen Verbrechen sehr gelungen und überzeugend dargestellt (wenn ich auch zugeben muss, dass Melli durchaus recht hat und das Ganze in einigen Punkten sicher etwas überzogen war - als schlimm habe ich das aber nicht empfunden). Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Band (leider wird das Taschenbuch noch eine Weile auf sich warten lassen).

    In allem habe ich Ruhe gesucht und sie nirgends gefunden außer in einer Ecke mit einem Buch.
    - Umberto Eco

  • Gerade habe ich den nassen Fisch auch gelesen. Melli hatte das in ihrer Rezi ja bereits sehr schön beschrieben :applause: . Ich stimme dabei in allen Punkten mit ihr überein. Die Spannung hält sich zwar zeitweise etwas in Grenzen, aber Volker Kutscher versteht es so wunderbar alles drumherum zu erzählen, dass es für mich schon ein Ausnahmekrimi ist. Den Folgekrimi, ich glaube er heißt "Der stumme Tod", werde ich mir mit Gewissheit auch noch zulegen. :thumleft:


    Liebe Grüsse


    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich gehe gern mit Krimis auf eine "Zeitreise" und die Reise ins Berlin der Weimarer Republik hat mir sehr gut gefallen. Eine politisch spannende Zeit, interessante und gut beschriebene Charaktere, Gideon Rath mit seinen Ecken und Kanten, die Kollegen in der Burg am Alex, die Polizeiarbeit der damaligen Zeit (super, die Fahrzeuge der Mordkommission mit Mega- Equipement :wink: ), die Verbrecher sind unterschiedlich und vielfältig - vom kleinem Informanten zum großen "Boss".
    Und auch eine kleine Liebesgeschichte dabei. Der Plot war spannend (wobei ich es nicht schlimm finde, ob

    nun realistisch ist oder nicht.)


    Mit ein Reiz dieses Buches ist auch, dass man weiß, wohin es politisch gehen wird und wie die "Völkischen" immer mächtiger werden. Ich versuchte mir unweigerlich auszumalen, wie es Rath im Dritten Reich ergehen wird. Mit seinem ausgeprägtem Sinn für Gerechtigkeit und seiner eigenwilligen Sturheit, wird er da wohl keinen Platz mehr haben.


    Im Moment lese ich gerade den stummen Tod, gefällt mir bisher auch gut.


    grüße von missmarple

  • Gereon Rath ist von Köln nach Berlin zwangsversetzt worden. In Berlin ist er zudem nicht
    bei der Mordkommission sondern beim Sittendezernat gelandet. Als er in einen
    merkwürdigen Kriminalfall verwickelt wird, ermittelt er heimlich auf eigene
    Faust, in der Hoffnung, sich dadurch einen Platz in der Mordkommission zu
    erarbeiten. Doch es läuft zunächst überhaupt nicht so, wie erhofft. Auch sein
    Liebesleben lässt zu wünschen übrig. Als er sich in Charlotte Ritter, die
    Sekretärin bei der, um über sie an Insiderinformationen zu kommen. Das tut
    allerdings der Beziehung gar nicht gut. Und so verstrickt sich Gereon immer
    mehr in ein Lügengebilde …


    Nachdem ich das Pferd von hinten aufgezäumt hatte und mit Volker Kutschers
    neuestem Roman um Gereon Rath begonnen hatte, wollte ich unbedingt noch die
    vorherigen Bände lesen. Und wie erwartet, hat mir auch dieser erste Band der Reihe
    sehr gut gefallen.


    Volker Kutscher gelingt es, den Flair der Zeit, in dem der Roman spielt,
    wunderbar einzufangen, man meint selbst Ende der Zwanzigerjahre in Berlin
    unterwegs zu sein. Berlin zu dieser Zeit, aber auch die politische Lage in
    Deutschland sind gut eingefangen und ja auch hoch interessant.


    Gereon Rath ist kein leichter Charakter und sicher auch kein Ermittler, wie er
    im Buch steht. Nein, er kocht immer auch sein eigenes Süppchen und fällt dabei
    auch in die eine oder andere Grube, die er selbst gegraben hat … und man greift
    sich schon manchmal an den Kopf und fragt sich, wie er da wohl wieder
    herauskommen will. Aber Gereon wäre nicht Gereon, wenn er das nicht irgendwie
    schaffen würde.


    Auch die Figur der Charlotte Ritter gefällt mir gut, schon sehr emanzipiert,
    weiß sie, was sie will. Und auch sonst wimmelt es von interessanten und
    teilweise skurrilen Gestalten und bei einigen ist man sehr erstaunt, was sich
    hinter den Kulissen versteckt.


    Der Kriminalfall ist dabei ebenfalls sehr interessant und spannend, mit einer
    Auflösung, die teilweise überrascht und dennoch logisch durchdacht ist. Das
    Ende ist rund, alle losen Fäden werden zusammengeführt.


    Alles in allem ein sehr lohnender Roman und ein toller Einstieg in die Serie,
    die bisher vier Romane umfasst. Ich hoffe, dass Volker Kutscher noch einige
    mehr folgen lässt.


    Von mir volle Punktzahl!

  • Berlin 1929. Kriminalkommissar Gereon Rath ist neu in der Stadt, nachdem er aus seinem Heimatort ins Berliner Sittendezernat strafversetzt wurde.
    Als eine unidentifizierte Leiche im Landwehrkanal gefunden wird, schaltet sich der junge und karriereorientierte Kommissar in die Ermittlungen der Mordkommission ein und ermittelt dabei auf eigene Faust. Er merkt dabei zunächst nicht, dass er immer tiefer in einen Sumpf aus Drogen, Gewalt und illegalen, politischen Machenschaften gezogen wird.
    „Der nasse Fisch“ von Volker Kutscher ist der erste Fall des jungen Kriminalkommissars Gereon Rath, in dem er versucht sich nach seinem schwerwiegenden Fauxpas in seiner Heimatstadt zu rehabilitieren und sich dabei zu profilieren um auf der Karriereleiter voranzukommen. Rath ist eine sehr sympathische Figur mit einigen Schwächen, die ihn aber dadurch menschlich erscheinen lassen, wenn es auch manchmal etwas übertrieben wirkt. So hat der doch sehr karrieregeile Kommissar einen Hang zum Kriminellen und kokst dabei auch gern mal selber, zuerst aus ermittlungstechnischer Not heraus und im weiteren Verlauf des Buches um sich aufzuputschen. Diese Aussetzer werden dem Leser aber unterhaltsam dargelegt und man merkt schnell, dass in der düsteren Geschichte auch Humor vorhanden ist, aber auch der nötige Ernst geht nicht verloren.
    Dennoch gab es auch Seiten an Rath, die etwas unglaubwürdig auf mich als Leser wirkten. So hatte Rath einen äußerst guten Draht zu verschiedenen Verbrechern und auch sämtliche riskante Aktionen, die Rath unternahm liefen mehr als glatt.
    Der Kommissar zeigte auch des Öfteren eine sehr selbstgerechte Seite, da er beruflich sehr egoistisch handelte und nicht nur einmal nur auf den eigenen Vorteil bedacht war.
    Kutschers Schreibstil und seine Art zu erzählen gefiel mir sehr gut. Sein Stil ist sehr abwechslungsreich und situationsgetreu. So sorgt der Berliner Dialekt für eine stimmige Atmosphäre und die milieutreue Sprache unterstützt die Glaubwürdigkeit und Authentizität der Geschichte.
    Nur das Wort „preußisch“ kam mir etwas zu oft vor und wurde mit der Zeit dann auch relativ nervig.
    Die Schilderungen über die Stadt und die Zeit sind sehr detailgenau und glaubhaft und auch das historische Wissen und die nötigen Informationen sind gut in der Geschichte verpackt.
    Der Anfang war aber leider etwas zäh und obwohl die Thematik sehr ansprechend und interessant ist, fesselt die Handlung trotz vieler spannender Momente den Leser nicht komplett.
    Das Band aus Intrigen war letztendlich dann auch ziemlich verwirrend und undurchsichtig und trug nicht wirklich zum Positiven und der Neugiersteigerung bei mir bei.
    Nebenbei gibt es für alle Romantiker auch noch eine Liebesgeschichte, die meiner Ansicht nach aber etwas zu schnell ging und ich hoffe, dass in den nachfolgenden Fällen diese noch etwas mehr thematisiert wird.
    Überhaupt hoffe ich, dass Raths negative Charaktereigenschaften sich etwas zum besseren wenden und er merkt, dass es noch wichtigeres als Karriere und Erfolg gibt.
    Ich freue mich schon sehr auf die anderen Bücher in der Hoffnung darauf, dass sie spannungstechnisch besser entwickelt sind.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Der nasse Fisch stand schon lange auf meiner Wunschliste. Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, der Band war insgesamt eher enttäuschend.


    Das Berlin der Weimarer Republik wird anschaulich beschrieben, alle politischen Strömungen kommen zu Wort (da bekommt man jetzt schon Angst vor 1933). Die Figuren sind zwar sehr realitätsnah gezeichnet, bleiben insgesamt jedoch unnahbar. Wer diesen Krimi aufgrund der hier angedeuteten Liebesgeschichte bisher gemieden hat, der sei hiermit beruhigt. Für mich war es eher eine Bettgeschichte, liebes- und beziehungstechnisch ist da noch nicht viel gelaufen. Auf detaillierte Sexszenen verzichtet der Autor, ich brauche so was eh nicht. Die Handlung entwickelt sich langsam, die Spannungselemente sind sehr rar gesät. Der Fall beginnt wirklich spannend und plätschert dann so dahin. Erst um Seite 300 entwickelt sich das Buch zum Pageturner, die Auflösung und den Ausgang fand ich eher mau. Kann man aber auch als guten Aufhänger für weitere Teile betrachten.


    Fazit
    Den Zeitgeist hat Volker Kutscher richtig gut eingefangen, der Krimianteil ist noch ausbaubedürftig. Ob ich die Reihe weiter verfolge, weiß ich noch nicht.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Heute kommt ja um 20.15 Uhr auf der ARD "Babylon Berlin", die Verfilmung. Wollte nur nochmal daran erinnern.

    Mir persönlich hat das Buch eher nicht gefallen, ich habe es abgebrochen aber auf den Film bin ich sehr gespannt.

  • Mir persönlich hat das Buch eher nicht gefallen, ich habe es abgebrochen aber auf den Film bin ich sehr gespannt.

    Wir haben gestern die ersten 45 Minuten des Films gesehen, aber nicht wirklich durchgeblickt und dann abgeschaltet. Das Buch habe ich auch nicht gelesen, nach den Eindrücken des Films fühle ich auch keine Motivation mehr dafür.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • €nigma

    Oh, ich bin entzückt, ich bin nicht allein.

    Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie viele (ineinander verwobene?) Stränge es im Endeffekt waren, aber ich habe auch nicht durchgefunden, und ich lege auch keinen Wert mehr darauf, es herauszufinden. Ich hab ja sogar Schwierigkeiten, die Leute voneinander zu unterscheiden. Die Darstellerin der Lotte Ritter finde ich toll, aber das hat ja mit der Geschichte nichts zu tun.

    Einzig der "Flashmob" im Club (die Tanzszene) hatte es mir angetan.

    "Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog, it is too dark to read."
    - Groucho Marx

  • Mir persönlich hat das Buch eher nicht gefallen, ich habe es abgebrochen aber auf den Film bin ich sehr gespannt.

    Wir haben gestern die ersten 45 Minuten des Films gesehen, aber nicht wirklich durchgeblickt und dann abgeschaltet. Das Buch habe ich auch nicht gelesen, nach den Eindrücken des Films fühle ich auch keine Motivation mehr dafür.

    Mir hat die Serie genau wie das Buch auch nicht gefallen, ich habe schon nach 30 Minuten die Flucht ergriffen :wink:

    Hier hatte ich heute schon etwas dazu geschrieben.


    Aber die Geschmäcker sind nicht nur bei Büchern verschieden :wink: Gibt auch Leute wie bspw. Susannah1986 hier die das Ganze gestern ganz toll fanden. So ist das eben :)

  • Ich habe den nassen Fisch schon damals als das Taschenbuch neu erschienen war gelesen und dann alle Folgebände.

    Babylon Berlin fand ich auch sehr spannend aber ohne das man das Buch gelesen hat echt verwirrend glaube ich.

    Charlie im Film ist kaum wiederzuerkennen und schade der Schluss des Films ist eher James Blond.

    Ich fand das alte Berlin mit dem Tanz auf dem Vulkan sowohl im Buch wie auch im Film sehr gut dargestellt.

    Zu Asche zu Staub...

  • Gereon Rath ist erst vor kurzem aus seiner Heimatstadt Köln zur Berliner Polizei gewechselt, nicht ohne Grund - Gereons Vater hatte die Finger im Spiel, um seinen Sohn nach einem unglückseligen Vorfall aus der Schusslinie zu bringen. Der ist zwar darüber nicht unglücklich, hat sich im "Chicago an der Spree" von 1929 aber noch nicht so richtig einleben können und hat auch nie davon geträumt, bei der Sittenpolizei zu arbeiten ... doch er weiß, dass er momentan keine Wahl hat.


    Als eines Tages ein stinkwütender Russe in sein Pensionszimmer stürzt, offenbar auf der Suche nach Gereons Vormieter, ebenfalls Russe, wundert er sich nur ein bisschen. Doch dann wird eben jener Mann wenig später unter seltsamen Umständen tot aus dem Landwehrkanal gefischt. Gereon ist sich ziemlich sicher, dass das nicht mit rechten Dingen zugeht, und fängt an, auf eigene Faust ein bisschen zu recherchieren, wobei er schnell feststellt, dass er da in einer ziemlich weitverzweigten und komplizierten Angelegenheit herumstochert.


    Zu Beginn war mir die Sprache ab und an einen Tick zu modern, die Dialoge klangen manchmal eher nach Tatort als nach den Zeiten von Erich Kästner, doch das blieb zum Glück nicht so störend. Ansonsten ist der durch die TV-Serie "Babylon Berlin" noch bekannter gewordene erste Teil von Volker Kutschers Krimireihe ziemlich gut gelungen, vor allem in der Darstellung der Zeit, in der er spielt. In Berlin wird getanzt, gefeiert, getrunken, gekokst und kopuliert (und gebaut, gebaut, gebaut), während die SA bereits ihr Unwesen treibt und die Polizei eine linke Demonstration zum 1. Mai brutal niederschlägt. All das bleibt nicht nur Hintergrundfolie, sondern wird regelrecht lebendig.


    Auch die Machenschaften, denen Rath auf die Spur kommt, sind hochbrisant und politisch aufgeladen, er hat mit seinen naseweisen Ermittlungen auf eigene Faust ein ganz schönes Fass aufgemacht, dem ich nicht immer bis ins allerkleinste Detail folgen konnte, wobei Kutscher es durchaus versteht, einen roten Faden in all den komplizierten Verstrickungen beizubehalten.


    Rath handelt nicht immer edel und gut und klug, aber gerade deshalb gefiel er mir als Hauptfigur sehr. Die Nebenfiguren fand ich ebenfalls gut gemacht. Vor allem natürlich die pfiffige Charlotte Ritter, Sekretärin der Mordkommission, die manchmal auch mit dem berühmten "Mordauto" zum Tatort mitfahren darf, nebenher Jura studiert und auf die Rath ein Auge geworfen hat.


    Dem ersten Band dieser spannenden Mischung aus Krimihandlung und Zeitgeschichte werde ich sicher recht bald den nächsten folgen lassen, es hat mich richtig gepackt.


    Ich habe übrigens die "Filmausgabe" gelesen mit einigen Farbfotos aus der Serie und einem sehr interessanten Interview, in dem sich Kutscher auch zu den doch teilweise recht gravierenden Abweichungen zwischen Buch und Serie äußert. Der Fall an sich ist zwar derselbe, aber die Charaktere, insbesondere Charlotte, sind ja in "Babylon Berlin" ganz anders gezeichnet.

  • Ich habe übrigens die "Filmausgabe" gelesen mit einigen Farbfotosaus der Serie und einem sehr interessanten Interview, in dem sich Kutscher auchzu den doch teilweise recht gravierenden Abweichungen zwischen Buch und Serieäußert. Der Fall an sich ist zwar derselbe, aber die Charaktere, insbesondereCharlotte, sind ja in "Babylon Berlin" ganz anders gezeichnet.

    Und was sagt Kutscher dazu ?

    Mich persönlich konnte weder Buch noch Verfilmung fesseln aber ich finde es generell immer mehr als unschön wenn zwischen Buchvorlage und Film solche Unterschiede klaffen. :-?

  • Er hat den Drehbuchautoren und Regisseuren freie Hand gelassen, wie sie die Figuren interpretieren wollen, und war mit dem Gesamtergebnis zufrieden, auch wenn es sehr anders geworden ist als die Buchvorlage. Dass er das so locker sieht, fand ich interessant, weil ja viele Kenner des Buches das blöd fanden.


    Ich neige dazu, in solchen Fällen auch eher kritisch zu sein, wobei ich inzwischen aber durchaus gelernt habe, dass Film und Buch nun mal zwei sehr unterschiedliche Medien sind und man die Dinge filmisch oft anders darstellen muss, um das rüberzubringen, was man im Buch in langen Passagen beschreiben kann.

  • Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das war mein zweiter Fall aus dieser Reihe und ich werde sie bestimmt weiter verfolgen.

    Ich fand den Fall spannend und auch, wie der Autor die Stimmung in der Weimarer Republik einfangen kann.

    Die Hauptperson Gereon Rath ist sympathisch und glaubwürdig dargestellt. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Anyone who stops learning is old, whether at twenty or eighty. Anyone who keeps learning stays young. The greatest thing in life is to keep your mind young.

    - Henry Ford-