Daniel Kehlmann - Ich und Kaminski

  • Sebastian Zöllner ist auf dem Weg in ein abgelegenes Bergdorf, auf dem Weg zu Max Kaminski, dem alten, blinden, einst bekannten, heute fast vergessenen Maler. Der ehemalige Kunststudent, der sich als Journalist sein Geld verdient möchte eine Biographie über ihn schreiben - und dazu braucht er ein paar unbekannten, möglichst skandalöse Geschichten aus seiner Karriere. Und er ist bereit alles zu tun, um diese zu bekommen!


    Kehlmann lässt Sebastian seine Geschichte selbst erzählen und da dieser ein arroganter, selbstgefälliger 30jähriger ist, bekommt das Buch einen ganz besonderen Tonfall - der Leser kann sich ein Bild von Sebastians unangenehmen Eigenschaften machen, ohne dass dieser selbst bemerkt wie er auf andere Menschen wirkt. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass Sebastian geschickt vor sich und seiner Umgebung versteckt, dass er sein Leben eigentlich überhaupt nicht im Griff hat. Als Leser habe ich mich köstlich amüsiert über diesen Charakter und seine Kollisionen mit der Welt und ganz besonders mit dem gar nicht so hilflosen, alten Mann.
    Kehlmann nimmt sich satirisch den Kunstbetrieb vor und schreibt die Geschichte eines jungen Mannes, der erst noch zu sich selbst finden muss - sehr gelungen!


    Katia

  • Dachte ich mir doch, dass ich zu diesem Buch schon was geschrieben habe ....


    In einem "Ich lese gerade .... " Thread gibt es weitere Meinungen: Ich und Kaminski

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Mir hat dieses Buch auch sehr gut gefallen, wenngleich ich nicht immer nur amüsiert war über Zöllners Charakter. Manchmal war ich etwas peinlich berührt.


    Was ich sehr gelungen fand, war, dass Kaminski von allen Menschen in seinem Umkreis mit Glaceehandschuhen angefasst wird und im Laufe des Buches klar wird, dass das 1. gar nicht nötig wäre und 2. von ihm selbst eigentlich nicht erwünscht ist bzw. ihn sogar ein bisschen belustigt.

  • Ein sehr gelungenes und lesenswerter Roman.
    Nicht umsonst ist dieses Buch von M. Reich-Ranicki empfohlen worden :lol:


    Mit viel Witz, Humor, kritisch und einer großen Prise Ironie erzählt Kehlmann die "tapsen" Versuche Sebastians ein Interview mit Kaminski zu ergattern.
    Die Dialoge sind fantastisch :thumleft::thumleft::thumleft:
    Es ist erstaunlich und total lustig wie der junge Sebastian seine Umgebung und die Gesellschaft sieht.
    Selbstkritik und einen Blick im Spiegel kennt er nicht, im Gegenteil er entwickelt seine eigene Welt (erst kommt der Ich-Erzähler Sebastian und dann erst hinterher die gesamte Welt), die dem Leser lachhafte Momente beschert.
    Ein Macho unserer Zeit? - Das Buch lässt dieses vermuten und am Ende entwickelt sich doch alles anders als erwartet.


    Der Schreibstil ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, doch sobald die ersten Seiten durch sind und man sich mit dem ironischen Stil vertraut gemacht hat, ist das Buch einfach nur genial !!!!


    Danke Reich-Ranicki für diesen Tip :wink:

  • Ich finde das Buch absolut genial. Interessant fand ich auch, dass Zöllner Stück für Stück verliert, also Geld, Freundin, Wohnung, alles. Es ist am Ende auch ein Bildungsroman, weil Sebastian Zöllner sich verändert. Am Ende des Buches ist er ein anderer..

  • Mir persönlich hat das Buch nur mäßig gut gefallen. Ich fand es leicht zu lesen und war auch schnell in der Geschichte drin, allerdings ging mir der Wandel Zöllners irgendwie zu schnell vonstatten. Ja, er hat sich am Ende des Buches verändert, scheint aber meiner Meinung nach selbst nicht genau zu wissen, wie ihm geschah. Ein wenig erschien er mir wie jemand, der ne kleine Persönlichkeitsstörung mit sich herumträgt, ganz nach dem Motto: "Seltsam sind immer die anderen".
    Am Ende schwant ihm die Erkenntnis, dass er in die falsche Richtung gelaufen ist. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass eine so kurze Begegnung mit einem Menschen jemandes Haltung ändern kann, der seine Schrulligkeit, über Jahre hinweg mit dieser Selbstsicherheit pflegt.
    Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass ich so meine Schwierigkeit mit Antihelden habe...
    Allerdings, dass er den alten Mann zum Meer bringt, fand ich dann doch irgendwie nett...

  • Mir hat dieses Buch überhaupt nicht gefallen. Mit dem Antihelden wäre ich vielleicht noch klargekommen, auch wenn dieser ein richtiger Kotzbrocken ist, für den nichts weiter auf der Welt existiert als er selber und seine Ziele (das drückt sich bereits im Titel aus - der Esel nennt sich selbst zuerst :wink: ). Doch leider fand ich auch die Handlung trivial, mir fehlte der große Knaller am Schluss. Alles dümpelte bloß so vor sich hin, um dann auf einen vorhersehbaren Höhepunkt zuzulaufen. Zum Glück hatte das Buch nur 174 Seiten, mehr hätte ich auch nicht ertragen.

    Verführung Volljähriger zum Bücherkauf sollte nicht unter 5 Jahren Stadtbibliotheksmitgliedschaft bestraft werden!