Hans Fallada - Der Trinker

  • Zitat Amazon: Rudolf Ditzen alias Hans Fallada (1893 Greifswald - 1947
    Berlin), war zwischen 1915 und 1925 Rendant auf Rittergütern, Hofinspektor,
    Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler und
    Verlagsangestellter. 1920 erschien sein Roman-Debüt mit »Der junge Goedeschal«.
    Der vielfach übersetzte Roman »Kleiner Mann - was nun?« (1932) macht Fallada
    weltbekannt.



    Wichtigste Werke: »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wer einmal aus dem
    Blechnapf frißt« (1934), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Der eiserne Gustav«
    (1938) ), »Geschichten aus der Murkelei« (1938 , »Jeder stirbt für sich allein«
    (1947). Zitat Ende


    Hans Fallada hat mit seinem Buch ein Psychogramm eines Süchtigen
    abgeliefert. Zu einem großen Teil ist es autobiographisch. Doch das ist gar
    nicht so wichtig. Hier wird der gnadenlose Untergang eines Kleinbürgers
    aufgezeigt, der nicht einmal im Ansatz belehrbar ist. Selbst in der tiefsten
    Hölle, kurz vor dem endgültigen Untergang, gibt er immer noch den Umständen,
    seiner Frau und den schlechten Verkaufszahlen die Schuld für seinen Niedergang.
    Nie sucht er die Schuld bei sich selbst. Soll man sagen, dass es typisch für
    einen Suchterkrankten ist? Jap, das kann man sagen. In der zweiten Hälfte verliert
    Fallada sich ein wenig in der Vorstellung der Insassen der Heil- und
    Pflegeanstalt, in die er eingeliefert wird, als er nicht mehr in der Lage ist,
    sich selbst zu helfen. Außerdem ist er kriminell geworden, weil er versucht
    hatte, seine Frau umzubringen und das Tafelsilber zu „stehlen“.


    Mein Fazit: Ein Buch, das man lesen sollte, wenn man sich für die
    Problematik des Süchtigen beschäftigen will oder muss. Auswege aus dem Dilemma
    zeigt das Buch leider nicht und ein Happy-Ending gibt es, wie so oft im Leben, auch nicht.


    Liebe Grüße von Ralf.

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Ich habe echt ein bisschen Angst gehabt, dieses Buch zu lesen. Im engen Verwandtenkreis habe ich erlebt, was diese Krankheit auslösen kann. Nicht nur für denjenigen, der trinkt, sondern auch für seine Nächsten.
    Während Fallada mir in seinem Buch "Jeder stirbt für sich allein" am Ende ein wenig Hoffnung mitgegeben hat, endet dieses Buch absolut hoffnungslos.
    "Der Trinker" ist Falladas vorletztes, und ich denke, auch sein persönlichstes Werk.


    Fallada, lässt Erwin Sommer, den Unheld, in der Ich-Perspektive erzählen. Sommers Geschäft läuft schlecht. Doch nicht durch äußere Umstände, nein, durch seine eigene Schuld. Er war sich seiner zu sicher. Als er einen wichtigen Kunden an die Konkurrenz verliert, greift er zur Flasche. Und was er nun auch anpackt, es geht schief. Auf einer einwöchigen Geschäftsreise gewöhnt er sich das Trinken an.


    Er wird kriminell, begibt sich in zwielichtige Kreise, hat immer mehr Abstürze und schafft es so eines Tages als Untersuchungshäftling ins Gefängnis und danach in eine Heilanstalt eingewiesen zu werden.


    Beim Lesen dachte ich oftmals, wie naiv dieser Sommer doch ist. Seine Gedankengänge, was er sich alles so ausmalte. Mal, dass er sich mit seiner Frau aussöhnt und er sein Geschäft wieder weiterführt, dann will er sie am liebsten umbringen.
    Es fiel mir gar nicht so leicht, mir beim Lesen immer bewusst zu machen, dass der Trinker seine Geschichte erzählt. Und dass er während des Erzählens ja unter Alkoholentzug stand.


    Wenn ich viele unserer heutigen jungen Leute sehen, in welchem Alter diese schon mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus gebracht werden, denke ich, dass das Buch gut als Schullektüre passen würde.


    "Der Trinker wurde zweimal verfilmt. 1995 mit dem unvergesslichen Harald Juhnke.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • "Der Trinker" besitzt die typisch schlichte, volksnahe Sprache Falladas wie z.B. in "Kleiner Mann, was nun?". Deshalb ist man auch sofort ganz nah bei dem Ehepaar Sommer in seiner spießig-muffigen, aber doch irgendwie heimeligen 50er/60er-Jahre-Atmosphäre. Bilder einer sorgfältig ondulierten Gattin, die dem Ehemann auf ihrem neuen E-Herd eine Mahlzeit kocht, während er seinen Hut an die Garderobe hängt.


    Daher beginnt das Trinken Ernst Sommers auch erst harmlos mit dem Gläschen mehr abends am Couchtisch. Umso erschreckender ist dann der große Absturz. Teils erinnert die Geschichte noch an einen Schwank, obwohl sich ein Drama abspielt, was auch der Beurteilung der Situation durch Sommer selbst entspricht - alles nicht so schlimm, alles noch irgendwie einzurenken, alles ist nur ein Versehen.


    Der zweite Teil des Buches spielt in einer staatlichen Heilanstalt und die dort herrschenden Zustände sind grauenhaft. Fallada schildert sie durch seinen Ich - Erzähler so beklemmend, dass man selbst klaustrophobische Zustände bekommt. Aus einem Gefängnis wieder entlassen zu werden war in den damaligen Zeiten einfacher als aus einer Anstalt herauszukommen. Wir lernen, wie @Ralf schon schrieb, alle Insassen kennen, die Entwicklung Sommers tritt etwas in den Hintergrund. Mich hätte interessiert, wie er körperlich und seelisch auf den kalten Entzug reagierte. Trotzdem: Die anderen Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet.


    Das Ende stellt den erzählerischen Höhepunkt und den persönlichen Tiefpunkt des Protagonisten dar.
    Näheres steht im Buch: Also lesen :wink: !