Henning Mankell - Die Brandmauer / Brandvägg

  • Die Originalausgabe erschien 1998 unter dem Titel „Brandvägg“ bei Ordfront in Stockholm


    Kommissar Kurt Wallander bekommt es gleich mit drei äußerst merkwürdigen Fällen zu tun. Da ist zunächst einmal der Mord an einem Taxifahrer, der besonders schockierend erscheint, weil er von zwei sehr jungen Mädchen begangen wurde, die keinerlei Schuldgefühle wegen ihrer Tat zeigen. Zur selben Zeit wird ein Toter in der Nähe eines Geldautomaten gefunden. Die Obduktion schließt ein Gewaltverbrechen aus, doch plötzlich ist die Leiche weg. Schließlich kommt es in ganz Schonen zu einem Stromausfall. Die makabere Ursache: ein verkohlter Körper, der auf den Stromschienen des Kraftwerks liegt.
    Auch am Arbeitsplatz gibt es Probleme. Wegen angeblicher Misshandlung einer Zeugin wird eine Untersuchung gegen Wallander eingeleitet, der nicht nur das Gefühl hat, dass einige seiner Kollegen ihm misstrauen, sondern auch immer mehr argwöhnt, dass jemand hinter seinem Rücken gegen ihn intrigiert. Privat macht ihm seine Einsamkeit zunehmend zu schaffen und er denkt sogar daran, eine Kontaktanzeige aufzugeben.
    Währenddessen gehen die Ermittlungen nur schleppend voran. Allmählich beginnt sich jedoch ein Zusammenhang zwischen den Fällen abzuzeichnen und es verdichten sich die Hinweise, dass hinter ihnen ein Computerverbrechen großen Ausmaßes steckt.


    Wie alle Wallander-Krimis habe ich auch diesen gern gelesen. Er ist gut geschrieben und bietet eine ausgewogene Mischung aus Mordermittlung, Teamarbeit und Privatleben mit einigen nachdenklichen und sozialkritischen Tönen. Natürlich ist der Polizeiberuf wieder mal nirgendwo trostloser als in Ystad. Die Ermittler sind dauernd vergrämt und vergrätzt, allen voran der ewig mit sich und der Welt hadernde Kurt Wallander. Aber das ist nun mal das Markenzeichen der Krimis. Und ein gut gelaunter, fröhlich pfeifender Wallander würde einen doch sehr irritieren. Von Anfang an hält Mankell eine gleichmäßige Spannung aufrecht. Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage nach der Verknüpfung der Fälle, die sich als überraschend, aber plausibel erweist. Weniger plausibel ist das Verhalten des erfahrenen Kommissars Wallander. Er agiert als reines Ein-Mann-Unternehmen und degradiert seine recht blass bleibenden Mitarbeiter zu bloßen Zuträgern. Statt von kriminalistischen Methoden lässt er sich überwiegend von Intuitionen, ja sogar von reichlich konstruierten Assoziationen leiten und bringt durch sein unnötig eigenmächtiges, verantwortungsloses und unprofessionelles Vorgehen nicht nur sich selbst, sondern auch andere Personen in große Gefahr. Da ist es nur gut, dass er diesmal nicht bloß einen, sondern eine ganze Schar Schutzengel hat. Dass Mankell von Computern offenkundig nicht viel mehr versteht als sein Kommissar, stört mich dagegen nicht. Denn so vage das entworfene Katastrophenszenario im Einzelnen bleibt, denkbar ist es allemal.
    Das Ende erfolgt ziemlich abrupt. Über die losen Fäden und offen gebliebenen Fragen kann auch die Feststellung Wallanders, dass bei jeder Ermittlung ein Rest Unklarheit bliebe, nicht so recht hinwegtrösten. Wenn man das Buch zuklappt, ist man als verantwortungsbewusster Leser genau wie Mankell der Meinung, dass es für Wallander dringend an der Zeit ist, kürzer zu treten, bevor er noch mehr Unheil anrichtet als die Leute, die er jagt. Spaß mit ihm hat es trotzdem wieder gemacht.


    mofre

    :study: Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • @ mofre,


    Deiner Rezi stimme ich in allen Punkten zu (auch wenn ich einen Stern mehr gegeben habe als Du). Dass Mankell kein großer Kenner der Hacker-Materie ist, merkt man; zwangsläufig musste er Wallander in diesem Bereich ebenso schwammig agieren lassen. Weil ich aber auch nichts davon verstehe, störte es mich nicht weiter, ich hätte vermutlich mehr Probleme gehabt, wenn Mankell ins Detail gegangen wäre.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • @ Marie
    Bei der monatlichen Bewertung habe ich dem Buch 3-4 Sterne gegeben, aber das ist ja bei der allgemeinen Bücherbewertung nicht möglich. Und ich fand ihn nicht ganz so gut wie beispielsweise "Die fünfte Frau", "Die falsche Fährte" oder "Mittsommermord".
    Was das Computergeschehen betrifft, hast Du natürlich recht. Da kann es für mich gar nicht schwammig genug sein. Ich gehöre ja eher zu Mankells Generation und bin fast schon mit einem Taschenrechner überfordert! smile01.gif


    Gruß mofre

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  • hahnebüchen ... haaahnebüchen diese Geschichte - ich verstehe nicht wie man für sowas Prophanes ein aufwendiges Hörspiel produzieren kann ... sorry neee :-?


    dabei war das Hörspiel echt gut gemacht, nur bloss die Geschichte selber #-o


    [-(

  • hahnebüchen ... haaahnebüchen diese Geschichte - ich verstehe nicht wie man für sowas Prophanes ein aufwendiges Hörspiel produzieren kann ... sorry neee :-?


    dabei war das Hörspiel echt gut gemacht, nur bloss die Geschichte selber #-o


    [-(


    Hallo fröschlein, musste Deinen Beitrag jetzt mehrmals lesen, Dank google weiss ich nun was "hanebüchen heißt - verstehe Deine Aussage aber trotzdem nicht ganz :-k

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • Hallo fröschlein, musste Deinen Beitrag jetzt mehrmals lesen, Dank google weiss ich nun was "hanebüchen heißt - verstehe Deine Aussage aber trotzdem nicht ganz :-k

    ---------------


    :lol:
    (sorry, bin ein bisschen übermütig gerade)

  • Ich muss das nicht verstehen - oder??

    Liebe Grüße
    Gabi


    "Welchen Kummer deiner Seele du auch ertränken willst,
    deine Bibliothek ist der beste Keller!"
    Jean Cocteau

  • die Geschichte war naiv konstruiert und der Autor hat meiner Meinung nach zu hoch gegriffen mit seinem "Fall" und der Auflösung, musst es aber nicht verstehen, ich erkläre mich ja auch vermutlich nicht ausführlich genug in dem Fall :wink:


    Ich muss mich allerdings wegen dem Spoiler korrigieren, es war ja ein Kommissar und kein Detektiv
    hab 2 Sterne vergeben, weil das Hörspiel gut gemacht war, wegen der Geschichte alleine würde ich nur einen vergeben

  • :bewertung1von5: Für mich jetzt kein übermäßiger Wallander Krimi aber immer noch überdurchschnittlich! Ein für Wallander etwas ungewohnter Fall. Gute zu lesen wie immer und die Spannung kommt nicht zu kurz. Kann ich weiterempfehlen! :bewertung1von5:


    :bounce:

  • "Die Brandmauer" war mein erstes Buch von Henning Mankell, aber ich konnte der Handlung dennoch problemlos folgen und die Andeutungen auf vorherige Fälle haben mich eher neugierig auf den Rest der Reihe gemacht als am Lesen gehindert.


    Der Fall selbst war sehr interessant - komplex und stellenweise undurchsichtig, aber nicht unverständlich oder unnötig kompliziert. Gut gefallen hat mir, dass der Autor falsche Fährten gelegt hat und sich einige scheinbare Zusammenhänge als Zufall herausgestellt haben, da man so gefordert blieb und immer darüber nachdenken musste, was wohl passiert sein könnte. Außerdem blieben die Ermittlungen so spannend (obwohl einiges für mich doch vorhersehbar war). Wallanders Ermittlungsarbeit hat mir hierbei gut gefallen, auch wenn sie teilweise zäh und scheinbar mühsam war, aber das kam mir realistisch vor, weshalb es mich nicht gestört hat. Die Computerkriminalität war interessant, allerdings kann ich nicht beurteilen, ob die Darstellung Fehler enthielt oder nicht. Sie hat auf jeden Fall einen guten Hintergrund für die Geschichte geliefert. Die Auflösung war für mich auch zufriedenstellend; es ist ein bisschen schade, dass Lücken geblieben sind, aber wie Wallander sagt: " In jeder Ermittlung blieb immer ein Rest von Unklarheit."


    Wallander selbst war für mich eine sympathische Figur, auch wenn er sich ein wenig selbst bemitleidet, definitiv Fehlentscheidungen getroffen und große Fehler gemacht hat; dadurch wurde er menschlich und wirkte greifbarer, echter. und ich muss sagen, dass er mir oft leid getan hat - sein Leben scheint nicht gerade erfüllend zu sein und in "Die Brandmauer" passieren einige Dinge, die vieles, an das er geglaubt hat, durcheinander bringen. Ich finde es bewundernswert, dass er trotzdem weiter machen möchte, frage mich aber, ob das wirklich gut gehen kann... die Folgebände werden es vermutlich zeigen. Aber erst einmal werde ich die ersten acht Bücher lesen.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Carpe Diem.
    :musik: Herr Heiland und der gefallene Engel, gelesen von Reinhard Kuhnert

    2024 gelesen: 18 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • Das war mein erster Wallander - und er hat mir gut gefallen.

    Gut, handwerklich solide, aber kein herausragendes Meisterwerk.

    Ich habe beim letzten Bücherflohmarkt 3x Wallander gefunden, die werde ich jetzt nach und nach lesen.

    ich vergebe: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Henning Mankell - Die Brandmauer“ zu „Henning Mankell - Die Brandmauer / Brandvägg“ geändert.