Kapitel 1-5 vom 15.03 - 18.03.05

  • Die Frage, ob die Welt einen Gott braucht, steht für mich (gelesen bis S. 68 ) gar nicht so sehr im Raum. Bis jetzt jedenfalls nicht. Mal sehen, was noch kommt.


    Total witzig finde ich, dass bisher fast jeder Mensch im Buch die Möglichkeit, dass Gott überhaupt existieren könnte, als absolut abwegig betrachtet. Wie der Psychiater so schön sagt, der Gedanke, dass Aliens auf der Erde landen, wird eher als möglich angesehen, als die tatsächliche Existenz Gottes.


    Ich fand absolut zum „piepen“ was Dr. Kleingeld am Ende des Gespräches zu Gott sagte:
    (Ende des 3. Kapitels; S. 49 unten)


    Kleingeld: „Was soll ich in meinen Bericht schreiben?“
    Gott: „Schreiben sie die Wahrheit!“
    Kleingeld: „Soll man mich für verrückt halten?“ :mrgreen:


    Und das zog sich dann in meinen Augen auch über die folgenden Seiten. Der einzige (Dr. Kleingeld), der sich überhaupt Gedanken darüber macht, dass evtl. doch die Möglichkeit besteht, dass der Typ, der sich als Gott ausgibt, kein Schwindler ist, ist sich der Tatsache überaus bewusst, dass dies niemand glauben würde, selbst die gläubigsten Menschen nicht.
    :scratch:

    Bücher können Glück in ein ereignisloses Leben bringen und uns froh machen,
    indem sie uns zu Orten mitnehmen, an die wir sonst nie kämen,
    und uns auf Gedanken bringen, die wir ohne sie nie hätten. (G. P. Taylor)

  • Hallo Zusammen


    Vielleicht liegt das wirklich nur an mir, aber ich denke, dass man sich schon Gedanken machen sollte, gerade wenn man dieses Buch liest. Und tiefgründig oder nicht, ich habe mir schon mein Hirn damit zermartert, weil ich mich mit diesem Thema beschäftige.


    Der Mensch denkt eindeutig dualistisch, schwarz/weiß, hell/dunkel, oben/unten. Die Vorstellung, dass es nur einen >guten< Gott gibt, ohne Gegenteil, ist schwer zu begreifen. Das hat auch schon die Kirche begriffen, so entstand das Bild vom Teufel, welches ideal in ihr Konzept passte, um den Menschen hörig zu machen. Die Angst vor der Hölle, Todsünde erschuf fromme Gläubiger, die die Kirche gut lenken kann.


    Ich persönlich denke, es gibt nur einen Gott, auch keinen >guten< Gott, sondern eher einen Gott des Gleichmutes, so wie es bei Yin und Yang ist, oder auch der Dalai Lama predigt. Zur goldenen Mitte finden. Bei Ustinov finde ich eigentlich das gleiche Prinzip, denn das Böse ist Gott nicht fremd, er lügt und erschafft Falschgeld. Sein Teufel ist ein quasi liebenswürdiges Wesen, er ist sympathisch, er beschützt Gott usw..
    Das Buch ist eindeutig tiefgründig, und die Satire, den Humor, kann man erst erfassen, wenn man sich ein wenig Gedanken zu diesen Thema macht.


    Tut mir leid, wenn das nun schon wieder zu tiefsinnig ist, aber die Gedanken kommen von alleine, das bringt das Thema mit sich ….



    Heidi

  • @all
    Endlich ist gestern denn auch meine Ausgabe eingetroffen, so daß ich michnun auch beteiligen kann, ohne auf mein siebgleiches Gedächtnis zurückgreifen zu müssen (ist schon etwas länger her, daß ich das Buch ursprünglich gelesen habe).


    Nun, jedenfalls, ich finde immer wieder faszinierend, wie Ustinov es schafft, dem Leser komplexe philosophische Fragen und Konzepte buchstäblich in Nebensätzen unterzuschieben, und für mich sind es gerade diese Dinge, die das Buch so lesenswert machen. Zum Beispiel, daß wir erfahren, daß Gott nicht immer in seiner gegenwärtigen Form existiert hat, wie dies allgemein gelehrt wird, sondern daß er eine Jugendzeit hatte, d. h. das er wortwörtlich in seine Rolle hineingewachsen ist (damals noch als Zeus, einfach brillant). Gott langweilt sich. Perfektion war in der Planung gut, hat aber in der Ausführung nicht funktioniert, wie sich herausstellte - Gott ist zwar allwissend, aber er ist nicht gut im Vorausschauen. All das sind einfach köstliche kleine Momente, die die Geschichte über bloße "was wäre wenn Gott heute unter uns wandeln würde" hinaus gehen.
    Ebenso faszinieredn finde ich die sehr differenzierte Darstellung des Teufels, der - zumindest in den ersten Kapiteln - zunehmend derjenige ist, der an der Welt verzweifelt, da zwar rund um die Uhr gesündigt wird, aber niemand mehr mit dem Herzen dabei ist, wenn er sündigt, d. h. daß allem die Leidenschaft fehlt und damit auch das wirklich Sündhafte.
    Ustinov hat eine große Gabe für die feine Ironie, und er kann sicher schreiben, aber ich muß zustimmen, daß Kapitel fünf einiges von der Leichtigkeit der vorangegangenen Kapitel fehlt. Aber gut ist es trotzdem.


    Gruß
    Ute


    P.S.
    Heidi Hof

    Zitat

    Also, was heißt: Seite 68 unten


    >>Glaubst du vielleicht, die Nacht wird von all den Päderasten (geschlechtliche Beziehung zwischen Männern und Knaben) respektiert, die sich in Oscar´s Wilde Life plantschenderweise die Dunkelheit vertreiben?<<


    Der Teufel erklärt Gott, daß die alte Einteilung in Tag/Frömmigkeit - Nacht/Sünde nicht mehr eingehalten wird, und die Schwulen-Sauna "Oscar´s Wilde Life" ist ein Beispiel dafür, das er nennt. (Die Bezeichnung "Päderasten" bezieht sich übrigens nicht mehr nur auf die traditionell-griechische, homosexuelle Beziehung zwischen Lehrer und Schüler, sondern ist ganz allgemein eine herablassende Bezeichnung für Homosexuelle - ehemals auch im Strafrecht -, und wird in diesem Sinne vom Teufel benutzt.)