Schmidt, Nina - Bis einer heult

  • Antonia und Lukas stehen kurz vor ihrem 2-jährigen Jahrestag. Sie sind wenige Monate zuvor zusammengezogen und erleben das, was viele Pärchen in der ersten gemeinsamen Wohnung erfahren: die Romantik flaut ab nach einer kurzen Zeit der Euphorie. Der Alltag übernimmt die Handlung: statt Liebesbriefen Einkaufslisten, statt romantischer Abende „Zockerabende“ an der Playstation und Ausgehen wird zugunsten gemütlicher Fernsehabende auf „nächste Woche“ verschoben.
    Antonia wird dadurch unsicher über ihre Beziehung zu Lukas. Und genau zu diesem Zeitpunkt zieht Lukas Ex-Freundin Sabine in die Stadt. Außerdem erfährt Antonia durch ihre Freundin Katta, dass sich nach 2 Jahren entscheidet, ob eine Beziehung eine Zukunft hat oder nicht. Angeblicher Grund: bei Männern über 30 Jahren stellt sich deren Hormonhaushalt komplett um und sie treffen die Entscheidung entweder eine Familie zu gründen oder sich anderweitig zu orientieren. Ergo: die meisten Beziehungen gehen nach genau zwei Jahren kaputt.
    Antonia hat laut dieser Theorie noch einen Monat Zeit, ihre gemeinsame Zukunft zu retten…


    Hm, der Roman ist echt seicht – was ich erwartete und wollte. Einfach abschalten, lesen und nicht denken. Soweit so gut, aber leider setzte dann doch der „Grübelmodus“ ein, weil mir Antonias Handlungsweise so fremd und unverständlich war. Sie ist eine dieser „Heldinnen“, die lieber vor Angst jeglicher Konfrontation aus dem Weg gehen und dadurch von einer Katastrophe in die nächste stolpern und alles verschlimmern (der englische Begriff „Drama Queen“ drückt es perfekt aus).
    Wenn sie wenigstens zwischendurch mal ein wenig gesunden Menschenverstand eingesetzt hätte, wäre ich wahrscheinlich zufrieden gewesen und hätte gesagt: nette Unterhaltung mit Herz und Verstand.


    Nun weiß ich aber zumindest, dass ich der Begeisterung für ängstliche, neurotische Frauchenromane entwachsen bin.


    PS: Es gab eine Zeit, in der mir „Bis einer heult“ gut gefallen hätte und deshalb will ich nicht allen abraten. Wer die Romane von Steffi Wolff oder Ildiko von Kürthy mag, wird hier sicher auf seine Kosten kommen.

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Schade, die Geschichte hört sich recht witzig an. Kürthy mag ich gar nicht, also wenn es dem vom Stil her ähnelt ist es wohl eher nichts für mich. Aber vielleicht probiere ich es ja irgendwann mal aus, wenn nicht spannendere Bücher warten.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Ich habe das Buch geschenkt bekommen und statt es auf den SUB zu legen direkt am Osterwochenende verschlungen.


    Ja, es ist seicht, aber manchmal habe ich eben Appetit darauf, genau wie ich dann und wann einen labberigen Burger mit Fritten verschlinge. Das hält nicht lange vor, aber in dem Moment schmeckt es himmlisch. Genauso habe ich "Bis einer heult" genossen: locker, leichte Lektüre, an der mir besondes gut gefallen hat, dass die Geschichte in Köln spielt.


    Ja, natürlich ist Antonia extrem chaotisch und kompliziert und hätte die ganze Geschichte leicht abkürzen können. Man möchte ihr förmlich ins Gesicht brüllen, dass sie dieses blöde Hinter-der-Tür-Lauschen endlich lassen soll und man fragt sich, wie blöd Lukas eigentlich sein kann, dass er allabendlich bei der Freundin auftaucht. Naja, vielleicht ist das Liebe? Und der Showdown am Schluss ist ganz großes Kino, noch dicker hätte man wohl nicht auftragen können. Aber dank dem Ausflug auf den Campingplatz lernen wir noch liebenswerte Figuren kennen.


    Andererseits, sind nicht so viele Situationen in dem Buch einfach nur realistisch? In meiner Beziehung werden SMS auch nicht mehr für heiße Liebesschwüre, sondern für die Einkaufsliste genutzt. Und manchmal ertappe ich mich auch bei hinterlistigen Fragen, um doch noch irgendwie die berühmten drei Worte gesagt zu bekommen. :-# Bei der Eimerszene am Anfang habe ich so richtig mitgelitten und finde die Szene trotz der Lächerlichkeit nicht minder realistisch. ;) Sowas passiert nunmal. Ich habe eine Freundin, die öfter mal ins Fettnäpfchen tritt und bei Partys für umgeworfene Weingläser sorgt, wenn man über sie ein Buch schriebe, hielten die Leser das auch für übertrieben. :friends:


    Also, mein Fazit: kurzweilige, aber auch kurzlebige Unterhaltung, die man sich vielleicht besser aus der Bibliothek ausleiht, damit man sich nicht über das ausgegebene Geld ärgert. Andererseits, was heutzutage so ein Burger-Menü kostet... :P

    Ich höre :musik: gerade "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" von Joel Dicker.

  • Zitat

    Ich habe eine Freundin, die öfter mal ins Fettnäpfchen tritt und bei Partys für umgeworfene Weingläser sorgt, wenn man über sie ein Buch schriebe, hielten die Leser das auch für übertrieben. :friends:


    Was mich störte, waren weniger die Fettnäpfchen und Ungeschicktheiten als viel mehr Antonias Unfähigkeit zur Kommunikation mit ihrem Partner. Mir ist schon bewusst, dass es in jeder Beziehung Themen gibt, die schwer anzusprechen und zu diskutieren sind, aber sie steigert sich in ihre Ängste dermaßen hinein, dass eine rationale Handlungsweise nicht mehr möglich ist. Diese Art der "Drama-Queens" liegen mir (nicht mehr), deshalb war ich vom Buch enttäuscht. Sie gibt ihrem Partner ja nicht mal die Chance, mit ihr zu reden und mögliche Missverständnisse zu erklären. Sorry, aber diese Art Beziehung hatte ich zum Glück nie und plane nicht, sie zu führen. Viel zu anstrengend...


    Wenn ich über Teenagergehabe lesen möchte, schnappe ich mir ein Jugendbuch. Ich war persönlich traurig, eine geistig 16-Jährige in diesem Roman zu erleben - hatte ich mir doch den "Bericht" über eine erwachsene Partnerschaft erhofft.


    Aber wie gesagt - vor ein paar Jahren hätte es mir wahrscheinlich noch gefallen und ich wäre nicht so kritisch gewesen. Das Gute an einem Forum ist ja, dass jeder seine eigene Meinung haben darf!

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  • ...- hatte ich mir doch den "Bericht" über eine erwachsene Partnerschaft erhofft.


    Ach so, na dann verstehe ich Deine Verärgerung. Aber meiner Meinung nach hat das Buch diesen Eindruck nie erwecken wollen, ich finde, man sieht ihm den Inhalt schon an, bzw. kann dem Klappentext entnehmen, dass es nicht ganz ernst zu nehmen ist. Der Ausdruck "Drama Queen" war mir noch nicht geläufig, aber Du hast Recht, der trifft Antonia genau - und genau das hätte ich nach dem ersten Eindruck des Covers und des Klappentextes auch erwartet.


    Ich habe neulich "Halbnackte Bauarbeiter" gelesen, das ging in die gleiche Richtung. Das war das Richtige für einen Sommertag in der Hollywoodschaukel und ich habe mich hinterher nur darüber geärgert, dass das Buch 12,90 Euro gekostet hat, denn das Buch hielt - um nochmal zu meinem Fast-Food-Vergleich zurückzukommen ;) - kürzer vor als ein leckeres Essen für den selben Preis. :P

    Ich höre :musik: gerade "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" von Joel Dicker.


  • Ich habe neulich "Halbnackte Bauarbeiter" gelesen, das ging in die gleiche Richtung. Das war das Richtige für einen Sommertag in der Hollywoodschaukel und ich habe mich hinterher nur darüber geärgert, dass das Buch 12,90 Euro gekostet hat, denn das Buch hielt - um nochmal zu meinem Fast-Food-Vergleich zurückzukommen ;) - kürzer vor als ein leckeres Essen für den selben Preis. :P


    Schön gesagt! :thumright:


    Die "Halbnackten Bauarbeiter" habe ich auch begonnen und nach wenigen Seiten beiseite gelegt, weil ich mit der Hauptfigur wieder mal nicht warm wurde. Anscheinend lieben wir unterschiedliche Gerichte für den "kleinen Snack zwischendurch". :wink:

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  • Was mich an diesem Typ Buch stört, ist auch das ständige Kreisen um die eigene Person. Ich habe es als Rezensionsexemplar geschickt bekommen, ohne dass ich es angefordert hätte. Und ich habe es auch zu Ende gelesen, so wie ich manchmal ebenfalls auch mal einen Cheeseburger esse. Aber das muss ich den Hörern meiner Literatursendung echt nicht ans Herz legen.


    Jana

    "Was immer geschieht: Nie dürft Ihr so tief sinken,
    von dem Kakao, durch den man Euch zieht, auch noch zu trinken!"
    (Erich Kästner)