Sabine Weigand - Die Königsdame

  • Inhaltsangabe (amazon)


    Als junges Mädchen kommt Fatmah nach Dresden. Angstvoll und alleingelassen muss sie die fremden Sitten am sächsischen Hof erlernen. Sie wird Zofe von Augusts mächtigster Mätresse, Constantia von Cosel. Bis Fatmah selbst das Interesse des Königs erregt und für Constantia zur Rivalin wird. Wem kann Fatmah am Hofe trauen? De Villeroy, dem französischen Gesandten, der sich elegant über Augusts mangelndes Kriegsglück lustig macht? Oder dem jungen polnischen Grafen Worowski, der im Geheimen für die Freiheit seines Volkes kämpft? Da gerät Fatmah in eine Intrige um Magie, Mord und Verrat. Kann die Königsdame ihr Schicksal wenden?


    Die Autorin


    Sabine Weigand ist Historikerin und arbeitet als Ausstellungsplanerin für Museen. Dokumente aus der jeweiligen Stadtgeschichte dienen ihr als Ausgangspunkt für ihre Romane. "Die Königsdame" ist ihr dritter Roman nach "Die Markgräfin" und "Das Perlenmedaillon".


    Meine Meinung


    Die Handlung der "Königsdame" wird von einer Vielfalt historischer und einigen fiktiven Figuren getragen, im Anhang befindet sich eine Auflistung aller Personen, bei der die historischen Persönlichkeiten extra gekennzeichnet sind.
    Die Erzählperspektive wechselt: vorherrschend ist die Erzählung in der dritten Person, stellenweise sind Kapitel in der Ich-Erzählweise aus der Perspektive Fatmahs eingefügt. Außerdem gibt es immer wieder kursiv gedruckte Abschnitte in der Sprache und Orthographie des Barock, die aus zeitgenössischen Briefen und den Memoiren des (fiktiven) "französischen Gesandten zu Dresden, Alphonse Louis Baptiste de Villeroy" bestehen.
    Zu Beginn des Romans habe ich die wechselnden Erzählperspektiven und vor allem die Sprache der "zeitgenössischen Kapitel" als etwas gewöhnungsbedürftig empfunden. Nachdem ich mich eingelesen hatte, fesselte der Roman mich immer mehr. Das Buch bietet ein eindrucksvolles Tableau nicht nur Dresdens in der Zeit des Barock, sondern Nordeuropas und seiner politischen und militärischen Verhältnisse im beginnenden 18.Jahrhundert. Neben August dem Starken begegnet man Zar Peter dem Großen von Russland, dem Sonnenkönig Ludwig XIV und vor allem dem Schwedenkönig Karl XII, dessen Ruhm- und Kriegsgier eindringlich dargestellt wird. In einem ausführlichen Nachwort erläutert die Autorin, an welchen Stellen sie mangels gesicherter Erkenntnisse ihre eigene Interpretation der Ereignisse in den Roman eingebracht hat.
    Besonders gut hat mir die realistische Darstellung des Lebens im 18. Jahrhundert gefallen. Sabine Weigand zeigt eindrucksvoll die Gegensätzlichkeit dieses Zeitalters, in dem einerseits Kunst und Kultur einen Aufschwung nehmen und andererseits Aberglaube und schlimmste hygienische Zustände herrschen. (--> Errichtung prunkvoller Schlösser, in deren Gängen man im Winter auf den Lachen gefrorenen Urins ausrutscht, da es keine Toiletten gibt und die Bediensteten sich erleichtern, wo sie gerade gehen und stehen).
    Die Sprache dieses Romans ist - wie schon in den anderen Romanen der Autorin - äußerst flüssig zu lesen, sie versteht es , so meisterhaft zu erzählen, dass man alles vor sich zu sehen glaubt.
    Ich empfehle dieses Buch uneingeschränkt weiter, man sollte auf keinen Fall wegen der zu Beginn etwas schwierig zu lesenden "antiquierten" Sprache aufgeben. :thumright:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Es ist zwar schon einige Jahre her, aber ich kann mich noch erinnern, dass ich das Buch regelrecht verschlungen habe. Mir hat die Geschichte so gut gefallen, dass mein Interesse an Geschichte (nicht nur unbedingt die Deutsche) enorm angestiegen ist. Ich danke Enigma, für die wundervolle Rezension. Dieses Buch ist für Geschichtsbegeisterte absolut lesenswert.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Liebe Grüße Hedi :love:

    “Wenn du einen Garten und dazu noch eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.”
    Cicero

  • Dieses Buch ist für Geschichtsbegeisterte absolut lesenswert.


    Vielen Dank dafür, dass Du diesen Thread aus der Versenkung geholt hast. Dieser Roman hat es wirklich nicht verdient, übersehen zu werden.

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  • Bin gerade dabei, ihn zu lesen. Habe in schon vor einer Weile von meiner Schwester geliehen bekommen und muss das Buch nun endlich mal lesen.


    Ich bin gespannt, allerdings finde ich momentan noch nicht so rechten Zugang zum Buch. Bin aber auch noch nicht weit.


    Liebe Grüße
    Rapunzel

    Wir brauchen Geschichten.
    Wer möchte denn nur ein Leben führen, wenn er das von vielen besuchen kann?
    Sabrina Qunaj - Das Blut der Rebellin

  • allerdings finde ich momentan noch nicht so rechten Zugang zum Buch.


    Das ging mir bei diesem Buch im Gegensatz zu den anderen Büchern der Autorin auch so, siehe hier:

    Zu Beginn des Romans habe ich die wechselnden Erzählperspektiven und vor allem die Sprache der "zeitgenössischen Kapitel" als etwas gewöhnungsbedürftig empfunden. Nachdem ich mich eingelesen hatte, fesselte der Roman mich immer mehr.


    Bleib dran, es lohnt sich. :wink:

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    :study:
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  • Ihr habt es geschafft: wieder ein Buch mehr auf meiner Wunschliste. Da ich ja unweit von Dresden aufgewachsen bin, interessiert mich Sachsens Geschichte immer besonders und vor allem die Zeit Augusts des Starken. Kann gar nicht verstehen, dass mir das Buch noch nicht aufgefallen ist. :scratch:

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Bei mir auch, und ich habe sogar schon zweimal meinen Finger auf der Maus gehabt - den Cursor schwebend über einem gefährlichen Bestellbutton.


    Und das obwohl ich eine "Buchkaufdiät" mache. Ich erlaube mir einen Buchkauf pro Monat. Und der Februarkontostand ist jetzt schon -1. :uups:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Ich erlaube mir einen Buchkauf pro Monat.


    Ich habe 2012 noch kein einziges Buch gekauft. Dank Bücherei, vorablesen und BT komme ich aber trotzdem nicht so recht zum SuB-Abbau. :pale:

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  • Von der Autorin bin ich inzwischen kuriert. "Bleib dran" ist wohl die Losung für ihr Gesamtwerk. Wer Lust hat, sich teilweise bis zu 150 Seiten lang nur durch zu kämpfen, bevor die Handlung Fahrt aufnimmt - bitte. Meine Geduld ist nicht so ausgeprägt. :pale:

  • "Bleib dran" ist wohl die Losung für ihr Gesamtwerk.


    Ich hatte nur bei "Die Königsdame" anfangs Probleme, mich einzulesen.
    Ihre Romane sind allerdings keine reinen Unterhaltungsromane, sondern recht anspruchsvoll. Man muss schon ein bisschen geschichtliches Interesse mitbringen und bereit sein, sich auf den Schreibstil der authentischen Dokumente (Gerichtsakten etc) einzulassen.

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  • Also "Die Markgräfin" und vorallem "Das Perlenmedallion" gehören zu meinen Lieblingsbüchern und ich hatte auch bei keinen der beiden Büchern Probleme mit "einlesen".


    Lediglich bei diesen Buch braucht man eine kleine Aufwärmphase, da der Schreibstil so ganz anders ist, als in ihren anderen Romanen.


    Aber wie Enigma schon schrieb, ein gewisses Maß an Geschichtsinteresse braucht es schon, sonst können einem die Bücher vielleicht doch nicht so ganz liegen.


    Liebe Grüße
    Rapunzel

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  • Hm, dann bin ich wohl einfach ungeduldig. :| Bei "Die Seelen im Feuer" war ich so kurz davor, das Buch mit Schwung in die Ecke zu werfen, wie schon lange nicht mehr. Wirklich Fahrt kam tatsächlich erst weit nach Seite 100 auf und bis dahin hat man sich aus den paar vorhandenen Brocken allerdings auch schon selbst zusammengereimt, was denn wohl kommen wird. Und das finde ich bei einer Buchgattung, die nun mal vornehmlich von der Handlung getragen wird, schon eher schwach. Die Markgräfin habe ich auch gelesen, allerdings ist das schon ein paar Tage her. Ich erinnere mich zwar daran, dass ich es anfangs schleppend fand, aber nicht mehr, in welchem Umfang. Außerdem würfle ich es gedanklich gerne mit einem anderen Buch einer anderen Autorin durcheinander :uups:

  • Ich habe den Roman nun auch beendet und wurde nicht enttäuscht.
    Zwar braucht man am Anfang etwas Geduld um sich in diesen doch besonderen Schreibstil der Autorin einzulesen, aber es lohnt sich auf jeden Fall.
    Es wir aus mehreren Perspektiven erzählt. Einmal aus der der Ich-Perspektive von Fatima, dann aus der Erzählperspektive einer dritten Person und aus Briefen, Zeitzeugnissen und den Memoiren eines französischen Gesandten.
    Es braucht ein wenig um dadurch die Personen lebendig erscheinen zu lassen. Auch wird nicht allzuviel wörtliche Rede im Roman verwendet, was die Personen auch nicht gleich lebendig macht.
    Aber hat man sich erst einmal an den Schreibstil gewöhnt, wartet ein wirklich eindrucksvolles Zeitzeugnis auf einem. Die Autorin zeigt den Alltag am barocken sächsischen Hof auf, gibt Einblicke in die damalige politische Kriegslage (die nicht langweilig dargestellt wird). Man bekommt authentische Eindrücke der damaligen Sitten, Gebräuche, hygienischen Verhältnissen, dem Hofleben, der Medizin, der Kosmetik und Mode.


    Und auch Fatima, die Hauptprotagonisten, wächst einem mit der Zeit richtig ans Herz. Man bekommt einen Einblick, dass auch Mätressen der damaligen Zeit kein einfaches Leben führten. Im Endeffekt ging es am sächsischen Hof nicht viel anders zu, als in einem orientalischem Harem.


    Klar, wer hier richtig spannende Lektüre sucht, ist mit diesem Roman nicht so gut bedient. Da einfach sehr viel Information in dem Buch steckt und eher damit Interesse weckt, Zeitzeuge zu sein.
    Es wird zwar im letzten Drittel richtig spannend, aber diese Spannung taucht erst gegen Ende auf. Sonst besticht der Roman eher darin, viel über die damalige Zeit zu erfahren und ein gutes Stück in seinem Geschichtswissen weiterzukommen.


    Für geschichtsinteressierte Leser kann ich den Roman auf jeden Fall weiterempfehlen.


    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne.



    Liebe Grüße
    Rapunzel

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  • Seufz !!! :uups: :uups: Bestellt! :uups: :uups:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
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  • Zur Inhaltsangabe siehe vorherige Beiträge.


    Bewertung

    Das Buch hat mich total begeistert und ich habe es verschlungen.

    Die Autorin kann unglaublich gut erzählen; wie sie das frühe 18. Jahrhundert lebendig beschreibt, man fühlt sich regelrecht in die Zeit hineinversetzt. Sie verwebt tatsächliche historische Ereignisse mit fiktiven Elementen. Dazu auch immer wieder Einzelheiten des Alltags.

    Das Leben am Dresdner Hof ist schillernd, die Person des August des Starken mutet an wie der Sonnenkönig Ludwig XIV, wie ein selbstverliebtes, verzogenes Kind im Körper eines Erwachsenen. Dagegen ist sein Vetter, der Schwedenkönig Karl VII, ein spartanischer Soldatenkönig. Der Große Nordische Krieg wütet in Osteuropa, Polen kämpft um seine Selbständigkeit. Geschichtsstunde, aber dann spannend.

    Die Lebensgeschichte der Fatima ist faszinierend. Unglaublich, wie man damals mit Besiegten umgegangen ist und vor Allem mit Frauen. Wie mit Gegenständen. Auch die besondere Rolle von königlichen Maitressen wird beschrieben.

    Die Kapitel sind kurz und wechseln sich ab mit Stücken, wobei Fatimah aus ihrer Sicht erzählt und Tagebucheinträgen des französischen Gesandten am Hofe. Diese sind gespickt mit französischen Ausdrücken, auch am Hof selbst wird viel Französisch gesprochen. Es hilft, wenn man ein paar Worte verstehen kann.

    Wer historische Romane mag, der ist mit diesem Buch gut beraten.

    Irgendwie habe ich jetzt Lust, Dresden zu besuchen...

    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

    Anyone who stops learning is old, whether at twenty or eighty. Anyone who keeps learning stays young. The greatest thing in life is to keep your mind young.

    - Henry Ford-

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Sabine Weigand : Die Königsdame“ zu „Sabine Weigand - Die Königsdame“ geändert.