Axel - Einfach aufhören geht nicht

  • Diese Geschichte war für mich die klassisch tragische Junkiegeschichte.
    Hier ist mir wieder einiges aufgefallen. Zum einen wie individuell und schwierig einzuschätzen seelische Verletzungen und Traumata bei Menschen sein können. Was den einen stark und widerstandsfähig macht, kann den anderen brechen; so wie bei Axel für den ich, von der Erzählung seiner Kindheit her, nie so ein schlimmes Schicksal vorausgeahnt hätte.
    Zum anderen hat sich mir eine Frage aufgeworfen, durch eine vermeintliche Beobachtung. Es ist mir aufgefallen, dass ziemlich oft sehr sensible, besonders intelligente und begabte junge Menschen, so schlimm in die Fänge von Heroin geraten. Woran kann das Eurer Meinung nach liegen? Eigentlich sollten sie es doch besser wissen... :-k
    Axel war so ein begabter, verträumter, lieber Junge, der seine Mutter beschützen und niemanden verletzen wollte. Hat er sich selbst so unter Druck gesetzt, es allen recht zu machen, dass er diesen Druck nicht anders als unter Drogeneinfluss entfliehen konnte? So ganz habe ich sein Innerstes nicht verstanden. Bin mal gespannt auf Eure Meinungen dazu.
    Ich grübele darüber besonders, weil ich selbst zwei Jungs habe und weil ich wenig Fehler bei der Erziehung des Jungen entdecken konnte, außer vielleicht mangelnde Grenzsetzung, war es das? Was kann man als Eltern tun, um sein Kind vor solch einem Schicksal zu bewahren?

  • Schoenchen, genau so geht es mir auch.
    Diese Geschichte hinterlässt nur eine große Ratlosigkeit. Eigentlich ist doch alles für ihn gut gelaufen, er war nicht allein gelassen worden und all die anderen schlimmen Dinge, die oft zu Drogenmissbrauch und Sucht führen, sind ihm nicht passiert. Dies Beispiel zeigt aber eben auch, dass die äusseren Einflüsse nur einen begrenzten Einfluss haben. Bemerkenswert finde ich das Engagement der Familie, die sich nach der schweren Zeit des Verlustes offensiv mit dem Thema beschäftigt.
    Der Kontakt der Mutter mit diesem Drogenhilfesystem hat mich an meine eigene erste Erfahrung mit der Suchtberatung unserer Diakonie erinnert. Ich kann mir gut vorstellen, wieviel Überwindung es die Frau gekostet hat überhaupt dort hin zu gehen und dann auf dieses Geschäftsmässige zu treffen ist hart. Dazu dann noch mit der Aussage: "Heroin?- sowieso zu spät."
    Bis jetzt kann ich aus eigener Erfahrung nur sagen , Offenheit und Ehrlichkeit sind die elementaren Vorraussetzungen zum Aufhören. Denn auch Axel hat es ja mit mehreren Therapeuten versucht, aber eben auch ohne es sich und seinem Umfeld einzugestehen.

  • es ist tatsächlich nicht selten, dass gerade sensible menschen süchtig werden. es gibt in der suchttherapie die these vom symptomträger - in jedem sozialen system (DAS prägende soziale system ist die familie) agiert derjenige, der am empfindlichten und aufnahmefähigsten für die störungen im diesem system ist, diese störungen stellvertretend für das gesamte system aus. ein weg ist die sucht. außerdem fehlen gerade diesen menschen oft stabile schutzmechanismen, und man darf nicht vergessen, dass heroin tatsächlich das perfekte schmerzmittel ist - es hilft gegen zahnschmerzen genauso wie gegen versagensangst, minderwertigkeitsgefühle und einsamkeit. (wie hoch der preis sein kann, den wir dafür zahlen, wird leider meist erst spät klar.)


    allerdings sind für suchtentwicklung so viele unterschiedliche faktoren von bedeutung, dass es nie die eine, einfache antwort gibt.


    zu axel - so banal das klingt, manchmal braucht ein süchtiger auch ne menge glück. und das hat ihm am ende einfach gefehlt, vielleicht hätte er sonst einen weg hinnaus aus der sucht gefunden. das gelingt allerdings den wenigsten in den zwanzigern, der weg aus der sucht verläuft meist zyklisch. man muss es halt schaffen, irgendwie lange genug am leben zu bleiben.

  • Diese Geschichte hat auch bei mir Ratlosigkeit hinterlassen.
    Ich denke genau wie Schoenchen das er seiner Familie einfach alles recht machen wollte und dies nicht geschafft hat. Da wäre zum einen sein Vater für den er nie der perfekte Sohn war, den er sich sicher gewünscht hat und um anderen seine Mutter die er nicht verletzten wollte. Er hat es einfach nicht geschafft dem Druck seiner Familie und dem Druck perfekt zu sein, den er sich selbst gemacht hat Stand zu halten. Die Flucht waren die Drogen. Jeder Mensch - so denke ich - flüchtet irgendwohin wenn er Probleme hat, und bei Axel waren es eben die Drogen. Umso trauriger weil er so ein intelligenter, begabter und für mich sympathischer Mensch gewesen ist.
    Ich hatte ein ganz komisches Gefühl im Bauch gehabt an der Stelle als er starb. Fürchterlich.
    Allerdings denke ich auch nicht das er sich umbringen wollte. Ob es jetzt das Heroin war das zu dem Zeitpunkt im Umlauf war (das wie ja gesagt wurde vielen Junkies das Leben gekostet hat) oder der "letzte fette Schuss " war, kann sicherlich nur Axel selbst beantworten. Aber an Selbstmord glaube ich nicht.


    Bemerkenswert ist auch das Verhalten der Mutter während der Zeit mit axel und natürlich auch jetzt danach. Tolle das sie eine Institution wie die "Villa Schöplin" ins Leben gerufen haben und das Marlies auch den Kontakt zu Axels Freunden aufrecht erhält.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

    2 Mal editiert, zuletzt von Suspiria ()

  • So nun habe ich auch die Geschichte von Axel gelesen und bin irgendwie, wie auch schon Suspiria sagte, ziemlich Ratlos.


    Ich denke das sein Tod kein Selbstmord war, denn eigentlich war er ja Glücklich, oder? Die Familie stand immer hinter ihm, ausser sein Vater der wütend und Enttäuscht war, haben doch alle die Hoffnung gehabt das er es schafft, dass er wirklich aufhört. Seine Mutter hat ihm vielleicht zu viel vertraut und zu viel durchgehen lassen aber ich denke eher das es sein Verhältnis zu dem Vater war, dass ihn unter Druck gesetzt hat.

  • Nun habe ich die Geschichte von Axel auch beendet und es geht mir auch in diesem Fall ziemlich ähnlich wie euch auch, das heftigste Gefühl im Zusammenhang mit der Geschichte von Axel ist bei mir ebenfalls die Ratlosigkeit!!!


    Zu Beginn der Geschichte, als man erstmal mit der Familie und Axel bekannt gemacht wurde, konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass er soweit abrutschen wird, dass er tatsächlich durch eine Überdosis stirbt.
    Ich finde das seine Drogensucht auch so ganz allmählich nebenher begonnen hat, das man sie garnicht so deutlich wahrgenommen hat, so hab ich es zumindest empfunden.


    Er hatte scheinbar eine so "perfekte" Familie, womit er aber irgenwie nicht ganz klar gekommen ist. Da er einerseits seine Mutter und jüngere Schwester beschützen will und zum anderen aber doch auch alles für seinen Vater richtig machen will.
    Ich finde es ist wirklich eine tragische Geschichte und ich hätte bsp. (so naiv wie ich teilweise an das Thema Droge herangehe) nicht gedacht, dass es wirklich einen Menschen aus so einem gefestigten Elternhaus treffen kann!


    Teilweise war ich etwas irritiert, dass ihm seine Mutter "all seine Lügen" und Beteuerungen gelaubt hat, wenn sie ihn darauf angesprochen hat ob er Drogen nimmt oder nicht!?
    Allerdings war ich ja auch schon bei Peter's Geschichte erstaunt, dass seine Freundin und auch sonst niemand seine Drogensucht bemerkt hat!


    Also ich persönlich glaube eigentlich auch nicht das der "letzte fette Schuss" Selbstmord war.
    Ich glaube vielmehr, dass er da einfach Pech hatte und dieses letzten Schuss überschätzt hat und es so zu seinem tragischen Ende wurde.
    Oder was denkt ihr?

    Liebe Grüßle
    Halbengelchen


    Momentan :study: Black Dagger - rauf und runter!


    Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt!(Albert Einstein)

  • Axels Geschichte ist mir sehr zu Herzen gegangen und hat mich tief berührt. Besonders da er ja aus gutem Haus mit einer liebevollen Familie kommt. Die Zwistigkeiten mit seinem Vater bzw. die Distanzierung zu ihm fand ich gar nicht so schlimm, irgend etwas gibt es doch überall und ich denke, das war auch sicher nicht der Grund zu Drogen zu greifen.


    Was mich sehr erstaunt, dass er nach wie vor so gut gelernt und gar keine typischen Verfallserscheinungen hatte, also irgendwie so gar nicht ins Drogenmilieu passte. Die Überdosis war ganz sicher ein Unfall und nicht gewollt und das einzig Positive daran ist wirklich, dass sein Freund P. nun clean ist und Erfolg mit seinen Bildern hat. Ich hätte nicht gedacht dass P. das überlebt.


    Dass die Eltern sich auseinandergelebt haben ist verständlich und auch sehr häufig der Fall, weil eben jeder auf eine ganz andere Art und Weise trauert und sich schuldig fühlt und sie sich dadurch gegenseitig nicht trösten können. Ich finde es aber ganz toll, dass sie nun wieder so gut zueinander gefunden haben. Ganz fantastisch finde ich wie die kleine Schwester Lisl den Tod ihres Bruders Axel verarbeitet, da hat sie einen ganz wunderbaren Weg gefunden.


    Ich frage mich besonders bei dieser Geschichte von Axel, was ist nur in ihm vorgegangen um zu so harten Drogen zu greifen? War er einfach besonders labil durch seine Sensibilität, trotzdem er eigentlich so klug und vernüftig war?

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • zu axels motivation kan ich natürlich nur spekulieren bzw. von dem, was mir seine familie erzählt hat und von meinen eigenen erfahrungen ausgehen. ich denke, man sollte zwei dinge unterscheiden. einmal, die gründe, aus denen ein mensch mit drogen und rausch experimentiert und die gründe, aus denen er süchtig wird. (zumindest unterscheide ich für mich diese beiden kategorien deutlich) der grund, drogen zu nehmen kann tatsächlich neugier, erfahrungshunger, auflehnung, protest, abgrenzung oder risikobereitschaft sein.
    die gründe dafür, dass sich aus dieser drogenerfahrung eine sucht entwickelt, sind dann meist andere, komplexere. bei axel haben wohl seine gestörte vaterbeziehung, seine verletzbarkeit und gleichzeitig große anspruchshaltung an sich selbst eine rolle gespielt, denke ich. und die tatsache, dass ein teenager, egal wie belesen oder talentiert, in seiner persönlichkeit meist noch nicht wirklich gefestigt ist. (und "klug" und "vernünftig" ist ja nicht deckungsgleich, wirklich vernünftig sind meiner erfahrung nach die wenigsten teenager)

  • Bei Axel fand ich sein Ende besonders tragisch, muss ich sagen. Irgendwie konnte ich auch nur ratlos davorstehen und denken: wie, da sagt einer, davon kommst du nie los, und da glaubst du das? - Natürlich macht die ganze Geschichte ratlos und hilflos. Axel ist keiner von den Dummen, im Gegenteil, aber - und da schließe ich mich der Meinung des Autors an - klug und vernünftig ist nicht dasselbe.
    Gerade kluge Teenager neigen dazu, sich selbst in Hinsicht auf ihre Disziplin und ihre Stärke zu überschätzen. Wie oft hab ich das schon gehört: "Mit Drogen aufhören ist nur eine Frage von Willensstärke..." und dass man diese nicht aufbringt, glaubt keiner von sich. Eine Sache ist dann eben auch, dass Vorbilder gerade im künstlerischen Bereich auch oft Drogen nehmen und es dann manchen eher als etwas scheint, das man macht, um anders zu sein als die Masse.


    Eine wirklich erschütternde Geschichte. Neunzehn Jahre alt... das macht wirklich betroffen. :cry:

  • Puh, ich melde mich erst jetzt zu Wort, obwohl ich das Buch schon vor über einer Woche ausgelesen habe. Mich beschäftigt dieses Thema total...


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Axel sich mit einer Überdosis umbringen wollte. Aber wer weiß das schon außer Axel selbst...
    Bemerkenswert finde ich die Aktivitäten der Mutter, vor allem in Bezug auf die "Villa Schöpflin"!


    Zitat

    Original von Halbengelchen
    Teilweise war ich etwas irritiert, dass ihm seine Mutter "all seine Lügen" und Beteuerungen gelaubt hat, wenn sie ihn darauf angesprochen hat ob er Drogen nimmt oder nicht!?


    Ich denke, sie wollte es einfach glauben und seine Sucht nicht wahrhaben - auch wenn sie vielleicht geahnt hat, dass er ihr nicht die Wahrheit sagt.



    Zitat

    Original von Halbengelchen
    Ich finde es ist wirklich eine tragische Geschichte und ich hätte bsp. (so naiv wie ich teilweise an das Thema Droge herangehe) nicht gedacht, dass es wirklich einen Menschen aus so einem gefestigten Elternhaus treffen kann!


    Egal wie reich, geordnete Verhältnisse, harmonisches Elternhaus - vor Sucht (egal welcher Art) ist denke ich niemand gefeit...

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Zitat

    Original von Strandläuferin
    Dass die Eltern sich so engagieren, finde ich echt bewundernswert! Sie verheimlichen und verschweigen es nicht, um die Fassade zu wahren, sondern sie machen es öffentlich und setzen sich ein. :thumleft:


    Das finde ich auch! :thumleft:

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.