Drachenläufer: Seite 1 - 130

  • Hallo,
    eigentlich wollte ich in dieser offiziellen Minirunde nicht den Anfang machen,aber bevor ich meinen Gedanken und Fragen selbst die Antwort geben kann, weil ich das Buch ungern aus der Hand lege, hier meine Eindrücke zur ersten Einteilung.


    Khaled Hosseini erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen Amir, dem wohlhabenden Paschtunenjungen und Hassan, einem Hazarajungen, der Amir und seinem Vater genau wie sein Vater Ali als Diener das Haus versorgen.
    Eine wichtige Rolle spielt aber auch der Kampf um Anerkennung und Liebe zum Vater Baba. Dieser wünscht sich einen "richtigen" Jungen, der Fußball spielt, sich rauft, für eine Sache einsteht. Amir dagegen ist ein Einzelgänger, vergräbt sich und träumt die Geschichten seiner geliebten Bücher. Hassan ist sein ständiger Begleiter, beschützt und verteidigt ihn, was Baba kopfschüttelnd registriert. Den Tränen seines Sohnes und dessen neu erwachte Leidenschaft fürs Schreiben stößt bei ihm auf Widerwille und Ablehnung.
    Der alljährlich stattfindende Wettbewerb im Drachenfliegen nimmt Amir zum Anlass die Beachtung des Vaters zu erobern. Miz Hassans Hilfe will er gewinnen und es gelingt ihm auch, aber um welchen Preis.
    Ich verurteile sein Nichteingreifen nicht, denn Angst ist eine starke Macht, die lähmt. Ich mache ihm jedoch zum Vorwurf, dass er keine Hilfe holt, mit Hassan nicht darüber spricht, tut als sei er nlind, niemandem davon berichtet, damit die Angreifer zur Rechenschaft gezogen werden. Er schweigt, geht Hassan aus dem Weg. Sein Gewissen nagt in ihm - er fühlt sich hin und her gerissen zwischen Liebe und Haß bis er letzterem nachgibt.
    Er inszeniert einen Diebstahl, gemein und hinterhältig. Verblüffend und beeindruckend die Reaktion von Ali, der inzwischen im Bilde ist, und Hassan. Hassan nimmt die Schuld auf sich. Ein letzter Freundschaftsbeweis - sie werden das Haus verlassen. Amirs Vater versucht das zu verhindern, aber sie lassen sich nicht umstimmen. Zum ersten Mal sieht Amir seinen Vater weinen.
    Der mächtige Vater - wohlhabend, erfolgreich, hoch angesehen, für andere eintretend, aber auch feige. Genau wie sein Sohn bekennt er sich nicht zur Freundschaft zu Ali, benutzt nie das Wort Freund. Das gleiche Verhältnis spiegelt sich bei Amir und Hassan wieder. Amir spielt nur mit Hassan, wenn sie allein sind. Bei Einladungen holt er ihn nicht dazu.
    Der Vater ist mir deswegen irgendwie suspekt. Er pfeift auf andere Meinungen, geht konsequent seinen Weg und zeigt dann nicht den Mut Ali als Freund zu deklarieren. Sehr merkwürdig. Ich kann es nicht näher definieren - es ist nur so ein flaues Gefühl. Hassan bekommt stets die gleiche Aufmerksamkeit und Geschenke wie Amir. Versucht Baba dadurch sein schlechtes Gewissen zu beruhigen ohne zu merken, dass er Amirs Neid und Missgunst schürrt?
    Schon bald ändert sich die Lage in Afghanistan völlig. Sie müssen fliehen. Während der dramatischen Flucht beweißt der Vater erneut, ohne Rücksicht auf seine Person, erheblichen Mut. Er riskiert sein Leben für eine fremde Frau.


    Das Buch liest sich sehr flüssig. Die Handlung ist dramatisch, lebhaft und äußerst spannend. Die einfließenden arabischen Wörter empfinde ich als zusätzliche atmosphärische Dichte, sehr schön.
    Ich befinde mich bereits am Ende der zweiten Einteilung ohne den Unstimmigkeiten seitens des Vaters auf die Spur gekommen zu sein. Nun vielleicht täusche ich mich.
    Jetzt erwarte und hoffe ich auf weitere Beiträge meiner beiden Mitleser. :wink:


    Gruß Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Auch ich kann sein fehlendes Eingreifen nicht verurteilen. Dennoch hätte er irgendetwas unternehmen sollen. Und wenn er nur später mit Hassan darüber gesprochen hätte. Doch sein schlechtees Gewissen belastet ihn so sehr, dass er Hassan meidet und ihn vertreibt, weil er dessen Nähe nicht mehr erträgt. Erinnert sie ihn doch immer an den schrecklichen Verrat, den er begangen hat.
    Mir prägte sich am deutlichsten Hassans letzter Satz ein:
    Für dich - Tausendmal.
    Auch Amirs erstes Wort - Baba - und Hassans erstes Wort - Amir sagt sehr viel aus. Hassan würde alles für Amir tun und Amir ringt verzweifelt um die Anerkennung und Liebe seines Vaters.


    Mir haben ebenso wie Wirbelwind die Einfließenden arabischen Wörter gut gefallen.
    Ich habe dieses Buch ja bereits gelesen und kann nur sagen: Ein unglaubliches, bewegendes und wünderschönes Buch.


    Wünsche euch beiden noch viel Spaß beim Entdecken dieser tollen Geschichte und bin schon gespannt auf eure Meinungen.
    lg Pandämonium

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)