Bernard Stiegler – Zum Akt

  • Original: "Passer à l'acte" (französisch)


    ZUM AUTOR:
    Bernard Stiegler (* 1. April 1952), französischer Philosoph und Publizist, ist Leiter der Abteilung „kulturelle Entwicklung“ im Centre Georges Pompidou. Davor war er wissenschaftlicher Leiter am Collège international de philosophie (internationales Kolleg für Philosophie), Professor und Leiter der von ihm 1993 gegründeten Forschungsgruppe „Wissen, Organisationen und technische Systeme“ an der Technischen Universität von Compiègne (UTC) in Paris, zweiter geschäftsführender Direktor des INA (nationales Institut für Audiovisuelles), dann, bis Ende 2005, Direktor des IRCAM (Institut für Akustik- und Musikforschung). Er hält regelmäßig am Théâtre National de la Colline die Ars Industrialis Konferenzen ab, die sich mit dem Einfluß neuer Technologien und Medien auf Politik, Kultur und Gesellschaft beschäftigen. Bernard Stiegler hat 2003 in seinem Buch Passer à l’acte (dt. Zum Akt) bekannt gegeben, dass er von 1978-1983, wegen bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis Saint-Michel in Toulouse und in der Vollzugsanstalt Muret inhaftiert war.


    ZUM BUCH:
    Vielleicht dient folgende Bemerkung zur deutschen Ausgabe als gute Einleitung in ein kurzes, aber doch sehr komplexes Büchlein, das viel Konzentration beim Lesen erfordert:
    Der Begriff des Originaltitels: „passer à l’acte“: zur Tat schreiten, zum Akt übergehen, acting out, ausagieren, zwischen Akt und Potenz, im Akt philosophieren, die Passage zum Akt, … „Wenn jedes menschliche Wesen die Potenz besitzt zu philosophieren, da es stets und von seinem Ursprung an besorgt ist über seinen Ursprung, dann ist eine solche Potenz - unter gewissen historischen oder existentiellen Umständen - in der Lage, in einen Akt überzugehen. So wird das potentiell philosophierende Wesen zum Philosophen im Akt. Ich spreche von »meiner« philosophischen Berufung als einem solchen Übergang zum Akt. Und von diesem Standpunkt aus gesehen, denke ich nicht, dass ich persönlich eine besondere philosophische Berufung habe: ich denke, ich habe die Berufung zur Philosophie, die jeder andere auch hat.“


    In einer Pariser Konferenzreihe geht es um das Thema, was wohl im Kern der Ausgangspunkt des eigenen Philosophierens steht. Bernard Stiegler gibt darauf einige sehr interessante Antworten, die neben einigen leider unnötig (?) komplexen Umschreibungen doch einiges aus seiner Vita als Ausgangspunkt des Philosophierens angeben. Insbesondere geht es um oben erwähnte fünfjährige Inhaftierung, die ihn also von der Welt trennt, und doch gerade in diesem Getrenntsein in aller Radikalität einlädt, Bezug zu nehmen und die reine Möglichkeit (Potenz) des Philosophierens, die in einem jeden von uns steckt, als Notwendigkeit eines „Überlebens“ in der Haft umzusetzen in Studium, Reflexion, einer gewissen Lenensregel etc. Dieses persönliche Erleben des Autors macht ihn mir sehr sympathisch und tatsächlich lernte ich ihn durch eine sehr interessante, persönliche, warmherzige Radiosendung kennen. Da ist jemand, der eine gewisse Distanz zur Welt durch eine innere Entscheidung langsam umbiegt hin zu einem Ort der Freiheit!


    Von den Ideenansätzen ein überaus reiches Buch, doch sprachlich hätte es etwas zugänglicher, flüssiger sein können. Zumindest empfand ich dies so bei der Lektüre des französischen Originals. Doch das ist wohl ein altes Problem mancher Philosophen...


    Angaben zur franz. Ausgabe:
    Bernard Stiegler - Passer à l’acte
    Franz. Ausgabe:
    Broché: 70 pages
    Editeur : Editions Galilée (1 mai 2003)
    Collection : Incises
    Langue : Français
    ISBN-10: 2718606169
    ISBN-13: 978-2718606163