Sylvia Plath - Die Glasglocke/The Bell-Jar

  • Inhalt:
    Der Roman spielt in den 50er Jahren, und handelt von Esther, einer 19jährigen Literaturstudentin, die zunächst als intelligente junge Frau dargestellt wird, welche einen Aufenthalt und ein Volontariat in New York gewonnen hat. Nachdem sie wieder zu Hause angekommen ist erfährt sie, dass sie nicht wie erwartet bei einem Schrifstellerkurs angenommen wurde. Damit nimmt ihre Depression ihren Lauf, sie igelt sich in ihrer Umgebung ein, kann nicht mehr schlafen und lesen, wäscht sich nicht mehr, lebt unter ihrer Glasglocke und nichts dringt hinein.
    Nachdem sie den Weg zum Psychiater einschreiten sollte verschlimmert sich ihre Verfassung dahingehend, dass sie über Selbstmord gedanken macht.


    Aufbau:
    Das Buch besteht aus 20 Kapiteln, und kann in drei Teile gegliedert werden, in welchem die ersten in New York spielen, die darauffolgenden bei ihr zu Haus, und die letzten in einer Klinik.


    Meinung:
    Dieses Werk ist der einzige Roman von Sylvia Plath, welcher sehr autobiographisch ist, und erschien 1963.
    Das Buch liest sich gut, auch wenn manchmal die Rückblicke der Protagonistin etwas verwirren bzw. auch die plötzlichen Handlungsänderungen zu weilen irritieren. Allerdings ändert das nichts an dem interessanten Thema der Depression und der Heilung dieser. Die Gedankengänge und die Gleichgültigkeit Esthers beeindruckten mich des öfteren, besonders in der Zeit ihrer stärksten Depression behielt sie immer soweit den Kopf, dass sie problemlos Selbstmordstrategien entwerfen konnte und wusste, wenn sie scheitern würde.
    Die Heilungsmethode ihrer Krankheit ist mir allerdings nicht ganz klar geworden, da diese nur aus Spritzen und Elekroschocktherapien bestand.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

    Einmal editiert, zuletzt von fensterfisch ()

  • Mir wurde das Buch letztens empfohlen und es befindet sich auf meiner Wunschliste. Werde es also sicher noch lesen, deine Rezension klingt auch sehr interessant :D


    Allerdings bin ich erstaunt über Elektroschocktherapien - meinst du die Aversionstherapie oder wurde die "Therapie" im Buch wirklich so genannt?
    Die Therapie ist sehr umstritten und wird von vielen abgelehnt.
    Die Elektroschocks kann ich mir dadurch erklären,dass das Buch 1963 erschien und in dieser Zeit die Behandlungsmethoden noch anders ausgesehen haben. Heute würde man an eine Depression wohl etwas anders rangehen (hoffe ich).


    Scheint aber ein interessantes Buch zu sein :)

  • Danke für die Rezi, Fensterfisch! :thumleft:


    Ich weiss nicht, inwieweit das nun für Dich eine Anfrage war(?), aber "leider" gab es Zeiten, in denen in bestimmten Ländern durch z.B. Elektroschocks therapiert wurde... Dazu gibt es auch einen/den sehr starken autobiographischen Bericht von Janet Frame, der neuseeländischen Dichterin und Schriftstellerin.

  • @ Grabfürstin
    Hab jetzt nochmal genau nachgeschaut, und die Prozedur wird immer Schockbehandlung genannt. Die Protagonistin schildert die Prozedur allerdings so, dass man davon ausgehen kann, dass mit Elektroschocks gearbeitet wird.
    (Ihr wurden zwei Metallplatten am Kopf befestigt und sie sollte dabei auf einen Draht beißen)

    Zitat

    "bei jedem Blitz durchfuhr mich ein gewaltiger Ruck, bis ich glaubte, mir würden die Knochen brechen und das Mark würde mir herausgequetscht wie aus einer zerfasernden Pflanze. Ich fragte mich, was ich Schreckliches getan hatte."


    Hier kann man mehr über die Behandlungsmethode, welche auch heute noch vereinzelt durchgeführt wird (auf freiwilliger Basis), nachlesen.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Zitat

    Original von fensterfisch
    @ Grabfürstin
    Hab jetzt nochmal genau nachgeschaut, und die Prozedur wird immer Schockbehandlung genannt. Die Protagonistin schildert die Prozedur allerdings so, dass man davon ausgehen kann, dass mit Elektroschocks gearbeitet wird.
    (Ihr wurden zwei Metallplatten am Kopf befestigt und sie sollte dabei auf einen Draht beißen)


    Hier kann man mehr über die Behandlungsmethode, welche auch heute noch vereinzelt durchgeführt wird (auf freiwilliger Basis), nachlesen.


    Danke für die Informationen! :)
    Als ich an Elektroschocks dachte, fiel mir nur die Aversionstherapie ein, die heutzutage auch noch damit arbeitet. Allerdings - wie gesagt - sehr bestritten ist und kritisiert wird. HIER mehr darüber.


    Werd mir das Buch auf jeden Fall auch noch die nächsten Tage bestellen!

  • Hallo, ich kann zum Buch eigentlich nichts beitragen - es klingt aber sehr interessant, und irgendwann werde ich es lesen.
    Ich wollte bloß was zum Thema Elektroschocktherapie sagen: Im Rahmen meiner Ausbildung hatte ich 1997 einen zweimonatigen Einsatz in einer psychatrischen Klinik. Dort wurden Elektroschocks durchgeführt; selten, und nur mit Einwilligung des Patienten. Es gab dazu Aufklärungsgespräche (wie bei einer Operation). Und die Behandlung wurde in Vollnarkose durchgeführt. Das nimmt mit Sicherheit eine menge Schrecken.
    Allerdings kann ich nicht mehr sagen, welche Krankheiten so behandelt wurden, schließlich ist es ja auch schon zehn Jahre her.
    Ich bin aber mit Sicherheit keine Expertin in dem Thema! ;)

  • Die EKT (Elektrokrampftherapie) wird in Kurznarkose durchgeführt. Es wird, einfach umschrieben, ein epileptischer Anfall provoziert, während dem auch die komplette Ausschüttung aller wichtigen Neurotransmitter geschieht; es soll zu einer Neuorganisation im Gehirn kommen.
    Sie wird angewandt bei therapieresistenter Depression und bei wahnhaften Depressionen. Sie besteht meist aus mehreren "Sitzungen", mittlerweile ist sie auch nicht mehr so verpönt wie früher. Allerdings alles NUR mit Einwilligung des Patienten!


    Sorry, dass es jetzt wieder OT ist, aber mir ist wichtig, dass es da nicht irgendwelche Gruselvorstellungen gibt.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Danke, fensterfisch!
    Noch ein Buch mehr auf meiner Wunschliste. :winken:
    Ist bestimmt eine interessante Lebensgeschichte.
    Coco hat schon zusammengefasst, wie es in der heutigen Zeit mit der EKT aussieht. Die Untersuchungen letzter Jahre belegen,
    dass es bei manchen Diagnosen sogar jahrelange Verbesserung der Symptomen bewirkt.
    Die Behandlung hört sich wohl schlimmer an, als es tatsächlich ist.
    LG

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Die Untersuchungen letzter Jahre belegen, dass es bei manchen Diagnosen sogar jahrelange Verbesserung der Symptomen bewirkt.
    Die Behandlung hört sich wohl schlimmer an, als es tatsächlich ist.


    Schlimm anhören tut sie sich auf jeden Fall! :pale:


    Ich habe das Buch jetzt im Rahmen der Klassiker-Leserunde gelesen und fand es sehr faszinierend. Einerseits wegen der autobiographischen Züge, die das Buch hat, und die es einem als Leser manchmal wirklich erschweren, eine Distanz zu dem zu wahren, was man da liest, auch wenn man es an einigen Stellen gern möchte - so ging es mir zumindest, als


    Auf der anderen Seite ist das Buch meiner Meinung nach schon wegen des Erzählstils wirklich lesenswert. In jedem der drei Teile ändert sich die Erzählweise der Ich-Erzählerin, sodass einem als Leser ihre seelische Verfassung sehr eindrucksvoll deutlich wird. Ich habe wirklich selten (noch nie?) ein Buch gelesen, in dem die Sprache und der Inhalt so miteinander einhergegangen sind. Man kann richtig hören, wie es Esther geht.
    Das Buch ist meiner Meinung nach total lesenswert, mir hat es sehr gut gefallen. Allerdings sollte man dazu sagen, dass es keine leichte Unterhaltung für zwischendurch ist, auch wenn der erste Teil des Romans diesen Eindruck hervorrufen kann. Dies ändert sich wirklich schlagartig mit dem Beginn des zehnten Kapitels.

  • Ich habe das Buch gelesen und wie Strandläuferin kann ich es empfehlen. Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem die Stimmung der Ich-Erzählerin so fühlbar, so erlebbar ist.


    Anfangs liest sich das Buch relativ leicht, die Sprache ist eingängig und man kommt gut voran. Bis im Kapitel zehn auf einmal die Stimmung kippt. So wie es Esther schlechter geht, ändert sich auch das Buch. Das Lesen fällt schwerer, die anfangs angenehme Kost wird auf einmal schwer verdaulich. In den letzten Kapiteln wiederum ist dann spürbar, wie es Esther aufgrund Klinikaufenthalte langsam aber sicher etwas besser geht.


    Ein Buch, das man länger im Hinterkopf behält.

  • Ich habe das Buch wie Strandläuferin im Rahmen der Klassiker-Leserunde gelesen.
    Den ersten Teil fand ich hervorragend geschrieben. Esther ist eine Frau, die mich irgendwie doch "beeindruckt" hat. Von ihrer Art her, ihre Gedanken, ihre Wahrnehmungen. Die Stimmung ändert sich ab dem Zeitpunkt, als Esther wieder von New York nach Hause zurückkehrt. Für mich als Leser war dieser Wechsel deutlich spürbar. Gegen Ende hin wird das Buch immer konfuser und für mich etwas verwirrend. Es liegt sicher an Esthers Depression, doch ich kam damit irgendwie nicht ganz klar.


    Mit dem Hintergrund, dass Plath Selbstmord begangen hat, ist dieses Buch wirklich keine leichte Kost.

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere. (Erich Kästner)

  • Auch ich habe das Buch während der Klassiker Leserunde gelesen.
    Der Anfang hat mir wirklich gut gefallen, allerdings wurde es zunehmend seltsamer. Leider konnte die Anfangsstimmung, die zu Beginn geherrscht hat, nicht bis zum Schluss gehalten werden, von daher hat mich das Buch nicht wirklich überzeugt. Ich konnte gar keinen Bezug zu Esther finden. Ich habe den Eindruck, dass Esther keine Beziehung zu jemandem aufbauen konnte, dass sie gar nicht dazu fähig ist, andere Leute gern zu haben oder zu lieben.
    Ich habe das Buch mit drei Sternen bewertet. Es war nicht schlecht, hat mich aber nicht nachhaltig beeindruckt und ich würde es wohl nicht noch mal lesen. Dennoch eine interessante Leserunde.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Nun hab ich es auch zu Ende gelesen.
    So richtig weiß ich noch nicht, was ich von dem Buch halten soll. Bis zur Hälfte ungefähr habe ich mir überlegt, ob ich überhaupt weiterlesen sollte, ich wurde mit Esther nicht wirklich warm und fand die Geschichte eher konfus.


    Allerdings wurde es für mich nachvollziehbarer und interessant, als Esther immer mehr in die Depression rutscht. Man kann es anhand der Erzählweise Plaths gut nachvollziehen, ohne dass auf Begrifflichkeiten herumgeritten oder Klischees zu sehr bedient werden.


    Während ihrem Aufenthalt in der Psychiatrie merkt man auch deutlich, dass das Buch in einer anderen Zeit spielt.
    Das Ende finde ich nicht so gelungen, es lässt meiner Meinung nach zu viel offen.


    3 Sterne von mir.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Ich hab das Buch auch im Rahmen der Leserunde gelesen. Der Schreibstil und die bildhafte Sprache haben mir gut gefallen und haben auch hervorragend zur Hauptperson Esther gepasst. Obwohl ich mich mit Esther überhaupt nicht identifizieren konnte, fand ich die Erzählung klar, einleuchtend und schlüssig. Die Veränderungen im Stil und in der Konfusität gehen mit den unterschiedlichen emotionalen Lagen von Esther einher, was mich beeindruckt hat.


    Das Buch war zugegebenermassen ein schwerer Brocken. Es gab Stellen, an denen ich das Buch weglegen musste, weil es mir regelrecht schlecht wurde. Es wird auch klar(er), wie gestört Denken sein kann; hier auf eine trockene, nüchterne und distanzierte Art und dennoch auf eine ganz genau beobachtende Weise.


    Lange habe ich über Esther und auch über die Autorin nachgedacht und ich bin zum Schluss gekommen, dass in dem Buch einfach alles passt. Zwar ist es zum Teil schwere Kost, aber bei diesem Thema wäre es völlig daneben gegriffen, wenn nicht eine schwere Kost dabei herauskäme.


    Ich bin uneingeschränkt beeindruckt! 5 Sterne.

  • Ich bin jetzt auf Seite 175 und ich muss sagen, ich bin froh wenn ich das Buch endlich durch habe.


    Die poetische Sprache ist sehr beeindruckend- man merkt sofort dass die
    Autorin gerne Gedichte geschrieben hat. Und ich konnte mich am Anfang
    mit der jungen Frau sogar ein wenig identifizieren. Das hat sich aber
    in dem Moment geändert , in dem sie angefangen hat über Selbstmord
    nachzudenken. Es ist für mich sehr schwierig nachzuvollziehen, wie man
    auf diese Art und Weise aufgeben kann. Egal wie viele Niederlagen man
    erlitten hat, es gibt doch immer ein Licht am Ende des Tunnels
    und wenn man intelligent ist,dann kann man dem eigenen Leben sehr
    leicht tieferen Sinn geben. Andererseits ist die Depression eine
    Krankheit bzw. Erkrankung, für die eben dieses Gefühl der Ausweg- und
    Sinnlosigkeit sehr typisch ist. Da hilft gutes Zureden gar nicht. Der
    Roman ist nicht uneingeschränkt jedem zu empfehlen. Nur wer an diesem
    Thema wirklich interessiert ist, schafft es bis zum Ende des
    Buches zu kommen.

  • Ich habe das Buch wie Strandläuferin auch in der Leserunde gelesen und bis zum 10. Kapitel habe ich es auch noch gut lesen können. Aber dann ändert sich die Stimmung und der Schreibstil schlagartig, je mehr Esther


    desto schlimmer wurde es. Erst in den letzten Kapiteln ändert sich die Stimmung wieder.
    Es ist sicherlich keine leichte Kost und trotz der Stimmungswechsel und des wechselnden Schreibstils hat mir das Buch gut gefallen.


    Liebe Grüße von der buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Egal wie viele Niederlagen man
    erlitten hat, es gibt doch immer ein Licht am Ende des Tunnels
    und wenn man intelligent ist,dann kann man dem eigenen Leben sehr
    leicht tieferen Sinn geben.

    Der erste Teil dieses Satzes ist ziemlich naiv, der zweite Teil, gelinde gesagt, unverschämt.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Coco: Da stimme ich dir vollkommen zu, genau das habe ich auch gedacht. Ich glaube, dass der Roman auch sehr deutlich macht, dass es eben nicht so einfach ist. Das ist schon eine ziemlich anmaßende und erschreckende Aussage. Ich will hier keine Diskussion darüber in Gang setzen, warum Menschen (unabhängig von ihrer Intelligenz) keinen Ausweg mehr aus einer Situation sehen können, aber allein schon, wenn man nach der Lektüre dieses Romans noch dieser Meinung ist, hat man ihn - meiner Ansicht nach - nicht verstanden.