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  • Inzwischen habe ich das Buch beendet.
    Wie Fezzig bemerke auch ich die unterschiedlichsten Beurteilungen zu einzelnen Situationen - das macht das Ganze sehr spannend!
    Bei einem Gespräch weist Reverend Emmett Ian daraufhin er müsse endlich seinem Bruder und dessen Frau vergeben. Das war die Stelle, die ich sehr positiv bewertet habe, denn Ian überdenkt sein Leben. Aber ganz ohne Eigennutz kam dieser Hinweis nicht. Reverend Emmett möchte, dass Ian sein Nachfolger wird. Ich reagierte erschrocken. Zu meiner Erleichterung lehnte Ian das Angebot ab. Ich glaube nicht, dass es seine Aufgabe, seine Berufung wäre.
    Inzwischen beraten auch Agatha, Thomas und Daphne Ian aus seiner selbst gewählten Einsamkeit herauszuholen. Die Idee eine Frau für ihn zu suchen reift. Die Wahl fällt auf eine Lehrerin der fünften Klasse. Dei schien dann auch nicht abgeneigt zu sein, aber Ian verhält sich distanziert.
    Ein weiterer einschneidender Moment ist Bees Tod. Alle empfinden die plötzliche Leere, obwohl sie in letzter Zeit vieles nicht mehr machen konnte und versuchte sich ihre heftigen Schmerzen nicht anmerken zu lassen.
    Am Thanksgiving treffen sich alle. Daphne und Agatha sind erstaunt wie vernachlässigt das Haus wirkt. Sie putzen und räumen aus. Viele Erinnerungen kommen zutage. Der Großvater möchte sich von vielen Dingen nicht trennen. Also beauftragen sie eine Entrümplerin. Das Resultat kennt ihr oder lest es noch. Während alle glauben die farblose Clara wäre Ians Freundin, erfahren sie ohne es vorher bemerkt zu haben, dass Ian und Rita sich einig geworden sind. Eine geheime und amüsante Situation. Sie heiraten schnell, denn kein Sex vor der Ehe steht für Ian weiterhin im Raum. Als er von Ritas Schwangerschaft erfährt sind seine Gefühle zwiespältig. Er ist unsicher, fühlt sich zu alt und fragt sich ob er alle Verantwortung und alle Sorgen nochmals durchleben kann. Aber bald bemerkt er wie unbegründet dies war.
    Ich freue mich richtig mit ihm. Ich glaube er hat seine Antworten gefunden.
    Nun warte ich wieder auf eure Eindrücke.
    Gruß Wirbelwind


    :study: Anne Tyler, Fast ein Heiliger

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich muss sagen, dass ich vom letzten Teil etwas mehr erwartet habe, eine überraschende Wendung oder ähnliches, durch die sich Spannung aufbaut. Zum Beispiel, dass die Geschwister von Ians Erkundigungen über ihren Vater erfahren und davon, dass er sie zumindest Anfang nur aus Schuldgefühlen heraus aufgenommen hat. Und dass sie sich dadurch zerstreiten (und vielleicht wieder versöhnen ;)). Stattdessen nimmt alles seinen (meistens guten) Verlauf, die Kinder werden erwachsen, haben Erfolg in Beruf und Liebe und auch Ian findet seine seelische Ruhe und beginnt einen neuen Lebensabschnitt mit Frau und eigenem Baby. Mir hat das Buch gefallen und ich werde es auch nicht so schnell vergessen, aber ich denke, da wäre noch mehr drin gewesen.

  • Ich hab jetzt noch ungefähr 20 Seiten vor mir und werd das Buch heute beenden. Dass Ian am Ende doch noch geheiratet hat, finde ich sehr schön. Ich dachte schon, für ihn wird es nie eine Frau geben, mit der er sein restliches Leben verbringt. Zudem bekommt Rita noch ein Kind von ihm und es geht doch gut, obwohl er vorher Angst davor hatte. Interessant finde ich, wie Anne Tyler bei dem 17 jährigen Ian angefangen hat und schildert, was aus ihm und den Kinder geworden ist. Wie wäre wohl sein Leben verlaufen, wenn Lucy an dem Abend pünktlich gekommen wäre? Ian hätte Danny in seiner Wut nicht von seinem Verdacht erzählt. Aber vielleicht wäre es später dazu gekommen und sein Leben wäre fast genauso verlaufen wie jetzt.
    So, ich melde mich dann später nochmal, wenn ich das Buch beendet habe. Aber ich kann schon jetzt sagen, dass es mir sehr gut gefällt und ich einer weiteren Leserunde mit Anne Tyler nichts einzuwenden hätte.


    Lg, Lorelai

  • Hallo!


    Ich werde nun mit dem 9.Kapitel beginnen und bin schon gespannt auf das Ende des Buches... :wink:
    Bis bald! :D

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Nun bin ich auch endlich durch. Mein Lesetempo ist im Moment eher schneckenhaft, aber manchmal gibt es im Leben wichtigere Dinge als ein gutes Buch. Leider.


    Mich hat der Bee's Tod sehr berührt. Daphne durchstreift das Haus als ob sie auf der Suche wäre.


    Zitat

    "Es fehlt jemand. ... Es ist Grandma. In all der Hektik und Vorbereitungen schien es, als ob man das aus den Augen verloren hätte." S. 278


    Der Haushalt wird vernachlässigt. Die ganze Zeit las es sich für mich, als ob Ian alle Fäden zusammenhält und alles dirigiert. Aber Bee fehlt mehr als von allen erwartet. Dazu kommt die Tauer, Hilflosigkeit, die einen befällt, wenn ein geliebter Mensch für immer gehen muss. Diese Szenen sind mir sehr nahe gegangen.


    Aber dann kommt Rita und hilft. Es freut mich für Ian, dass er letztendlich doch eine Partnerin findet und auch noch Vater wird. Es war sehr schön mit anzusehen wie aus dem 17-jährigen ein erwachsener Mann wird, der seinen drei Schützlingen aus der Not und den Ihn quälenden Schuldgefühlen heraus ein Heim gab und dann merkt, er liebt diese Kinder und es hat sich gelohnt, es war keine Last sie großzuziehen.


    Mir hat dieses Buch von Anne Tyler wieder sehr gut gefallen. Mit leisen Tönen erzählt sie die Geschichte einer Durchschnittsfamilie, die bei näherer Betrachtung doch nicht durchschnittlich ist. Die Gedanken schweiften bei mir immer wieder ab, warum schreibt die Autorin ihre Romane über scheinbar ganz normale Menschen, wie wir sie auch bei uns um die Ecke finden? Ich glaube, ein Grund dafür könnte sein, dass es über diese Familien mit ihren Alltagsproblemen viel mehr zu berichten gibt als vielen klar ist. Der Bezug zur Realität liegt wesenlich näher. Ich bin nun endgültig von dieser Autorin begeistert. Es warten da ja noch einige Bücher auf mich.


    Mir hat diese Leserunde mit euch wieder viel Spaß gemacht, auch wenn durch mein verzögerte Lesen nicht wirklich an einer Diskussion teilnehmen konnte. Ich freue mich auf weitere Tylers, sehr gern auch mit euch gemeinsam. :wink:

  • Hallo!


    Ich habe (leider erst) gestern das Buch beendet.
    Im dritten Teil hätte ich auch eine Wendung erwartet, so ähnlich wie berita.
    Die Überraschung blieb ja nicht aus - Ian heiratet. :D
    Dass Rita Ians Frau habe ich geahnt und auch gehofft, als sie Daphne in der Bar getroffen hat und mit ihr über Ian gesprochen hat. :wink:


    Die "Kinder" gehen ihren Weg, die Jahre vergehen. Doch beim Lesen vergingen die Jahre für mich irgendwie nicht, zumindest nicht so viele Jahre. :wink:


    Auch mich hat Bees Tod sehr berührt, sie fehlt sehr in dieser Familie, diesem Haus.
    Der Haushalt wird vernachlässigt und es steht eine Aufräumaktion an. Agatha und Daphne alleine kommen allerdings nicht weit. Eine professionelle "Entrümplerin" wird engagiert.


    Doug war bislang immer eher im Hintergrund, durch Bees Tod ist er sehr sentimental, was er glaube ich nicht unbedingt (jedem - oder Daphne?) zeigen will.
    Doug möchte Bees Lippenstift und ihre Parfums behalten.
    "Ich möchte, dass Sachen oben auf ihrer Kommode stehen. Es soll nicht ganz leer aussehen."
    "Könnten wir nicht einfach eine Vase obendrauf stellen?" fragte Daphne.
    "Nein, das könnten wir nicht", sagte ihr Großvater bestimmt.
    In dem Moment möchte man Doug doch am liebsten einmal in den Arm nehmen...


    Mir hat das Buch gut gefallen, ich fand es für die Leserunde sehr gut geeignet.
    Freut mich, dass ich durch euch auf dieses Buch aufmerksam geworden bin! :)


    Es war mein erstes Anne Tyler-Buch, vermutlich nicht mein letztes. :wink:

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Schön, dass es nun doch noch Wortmeldungen zum Buch gibt - ich befürchtete bereits die LR würde abrupt enden.
    Wie Süße fand ich das "Gegenstände aufbewahren" seitens Doug sehr rührend und auch ich hätte ihn dafür gerne in den Arm genommen.
    Ebenso stimme ich Karthauses Feststellung zu, dass Anne Tyler stets die Durchschnittsfamilie mit ihren Alltagssorgen-und problemen zum Mittelpunkt nimmt.
    Da liegt ihre Stärke verbunden mit viel Einfallsreichtum, weshalb ihre Romane uns wahrscheinlich so greifbar nahe sind.
    Eigentlich bin ich froh, dass sich für Ian alles zum Guten wendet und er die Erziehung der Kinder letztendlich auch nicht als Last empfand. Doch obwohl ich sehr harmoniesüchtig bin, ist mir das Ende zu sehr Friede,Freude, Eierkuchen. Da hätte man, wie auch berita bemerkte, mehr herausholen können.
    Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen, auch wenn ich im Vergleich zu anderen Anne Tyler Romanen denke, dass es eher etwas schwächer ist als jene, die ich bisher gelesen habe.
    Nun das nächste Anne Tyler Buch liegt bereit und auf den neuen Roman bin ich schon sehr gespannt.
    Ich danke allen für die Leserunde und bin jederzeit bereit ein weiteres Anne Tyler Buch auch als Leserunde zu lesen.
    Gruß Wirbelwind


    :study: Horst Besetzky, Die Bestie vom Schlesischen Bahnhof
    :study: Peter Baumann, Der Herr des Regenbogens

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich bin heute morgen fertig geworden, hatte aber den ganzen Tag keine Zeit meine Gedanken zu sammeln. Das gleiche gilt auch für den 2. Teil - dazu wollte ich eigentlich auch noch was sagen.


    Ich hoffe, im Laufe der Woche noch ein wenig Muße für einem Kommentar zu finden. Es tut mir sehr leid, dass ich es nicht geschafft habe, mich mehr einzubringen - zumal der Vorschlag von mir kam. Aber mein Leben fordert gerade mehr von mir als abzusehen war. Leserunden scheinen momentan nicht hineinzupassen.


    Hoffentlich kennt ihr mich inzwischen lange genug, dass ihr mir mein fehlendes Engagement nachtragt. Wenn díe Umstände wieder besser sind, melde ich mich wieder häufiger und ausführlicher! Versprochen!

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Nach der Tragödie im ersten Teil des Romans verläuft das Leben der Familie Bedloe in den nächsten Jahren ohne größere Probleme. Die drei Kinder haben sich gut entwickelt und sind längst zu echten Bedloes geworden. Ian begreift inzwischen, wie viel Kraft es seine Mutter gekostet haben muss, den ständigen familiären Sorgen und Nöten stets mit gelassener Heiterkeit zu begegnen. Er selbst ist häufig erschöpft und fühlt sich mit der Kindererziehung überfordert. Bisher hat er auch nicht das Gefühl, dass ihm vergeben worden sei.


    Agatha und Thomas sind beruflich sehr erfolgreich, Daphne dagegen hat zwar auch nicht das bedloesche Blut, aber augenscheinlich den mangelnden bedloeschen Ehrgeiz geerbt. Auch privat läuft alles gut: Ian hat mit der Haushaltsentrümplerin Rita die Frau fürs Leben gefunden und auch die Partner der Mädchen sind nette, sympathische Männer.


    Diese neue Großfamilie Bedloe ist mir allerdings allzu harmonisch geraten. Besonders die Figur der Rita gefällt mir nicht sonderlich. Warum mutiert diese unkonventionelle junge Frau mit ihrem unkonventionellen Beruf plötzlich zur Mutter vom Ganzen und wird eine zweite Bee, der sie nicht nur in ihrer Vorliebe für Männerkleidung ähnelt, sondern deren alte Traditionen sie auch wiederaufleben lässt (Feste mit den Nachbarn, Hors d´oeuvres statt der Hauptspeisen usw.), anstatt ihren eigenen Stil und ein bisschen frischen Wind mitzubringen? Auch ihre grell geschminkte, auf jugendlich getrimmte Mutter, der nette Ehemann Agathas und der zwar wild aussehende, aber hilfsbereite und vernünftige Freund Daphnes fügen sich nahtlos in die Familie ein. Nur als Thomas seine Verlobung verkündet, fühlt sich Ian an den Tag erinnert, als Danny Lucy vorstellte. Wie damals täuscht die Familie eitel Freude vor, obwohl sie Thomas Frau nicht mag und glaubt, dass sie nicht die richtige für ihn ist.


    Den Schluss, der die traulich um das neue Baby versammelte Familie präsentiert, finde ich hingegen stimmig. Es ist eine Momentaufnahme aus einer glücklichen Phase des Familienlebens, die, wie der Anfang des Romans zeigt, jederzeit in Kummer und Leid umschlagen kann.


    Ian hat nun auch eingesehen, dass er vergeblich auf ein Zeichen der Vergebung hofft und dass er seine Schuld als zum menschlichen Dasein dazugehörig akzeptieren muss.


    Mein Fazit: „Fast ein Heiliger“ ist – wie Fezzig in ihrer Rezension schreibt – ein warmherziger Familienroman, der beschreibt, wie ein Schicksalsschlag das Leben einer bis dahin glücklichen Familie verändert. Anne Tyler ist eine Schriftstellerin der leisen Töne. Sie singt in all ihren Romanen das Lied der Familie. Sie erzählt von den Problemen und Schwierigkeiten, von den Kränkungen und Missverständnissen, vom hoffnungslosen Alltagstrott und den immer gleichen Ritualen. Aber sie schildert die Familie auch als einen Ort der Beständigkeit und der Zuflucht, wo man akzeptiert wird, wie man ist, gemeinsame Erinnerungen teilt, immer Hilfe findet, einfach zusammengehört.


    Nach „Die Reisen des Mr. Leary“ und “Atemübungen“ ist dies mein dritter Roman von Anne Tyler. Ich halte ihn für schwächer als die beiden anderen, weil er nach dem dramatischen Anfang ein wenig zu glatt und harmonisch verläuft. Auch an der Sprache habe ich etwas zu beanstanden: Anne Tyler beschreibt zwar sehr gut die Gefühlswelt der Kinder, leider drücken sie sich bereits als Kleinkinder gesetzt wie Erwachsene aus. Ich kann nicht beurteilen, wie weit die Übersetzung aus dem Amerikanischen daran schuld ist, aber ich wünschte, die Schriftsteller, Lektoren und Übersetzer wären ein bisschen aufmerksamer und sensibler, wenn es um die Ausdrucksweise von Kindern geht, denn die wirkt in vielen Romane gekünstelt.


    Nichtsdestotrotz habe ich den Roman gerne gelesen und freue mich schon auf die anderen Bücher von Anne Tyler.


    Ich danke Euch für die Leserunde und bitte noch mal um Entschuldigung, dass ich aus Zeitgründen so hinterherhinke.


    Gruß mofre

    :study: Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • mofre
    Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Neben unserer literarischen Welt existiert schon noch die reale und dass diese die Lesezeit oft nur scheibchenweise rausrückt, wer von uns weiß das nicht. :wink: Ich habe aber trotzdem deinen Beitrag zu "Fast ein Heiliger" sehr gern gelesen. Das Buch zog in meinen Gedanken noch einmal an mir vorbei und ich kann dir vollends zustimmen.


    Bisher kannte ich nur "Im Krieg und in der Liebe" von Anne Tyler. Es macht mich neugierig, dass du „Die Reisen des Mr. Leary“ und “Atemübungen“ besser einschätzt. Da warten ja noch nette Bücher auf mich. :wink: