Originaltitel: A Prayer for the Dying
Klappentext:
In einer amerikanischen Kleinstadt bricht eine Seuche aus. Jacob Hansen, Sheriff, Leichenbestatter und Pastor, muss hilflos zusehen, wie die Bewohner seine Warnungen vor der Krankheit in den Wind schlagen und alle Quarantänemaßnahmen missachten. Die Zahl der Toten wächst dramatisch, Panik bricht aus. Schnell verwandelt sich die friedliche Dorfidylle in ein düsteres Weltuntergangsszenario, in dem sich Jacob Hansen zwischen der Verantwortung für die Gemeinschaft und der Rettung seines privaten Glücks entscheiden muss.
Jacob Hansen hat im amerikanischen Bürgerkrieg gekämpft, der nun sechs Jahre vorbei ist. Während dieser Zeit ist er zum gläubigen Mann geworden, dem seine Pflichten in Familie und Gemeinde über alles gehen. Neben der Seuche bedroht auch ein Feuer den Ort (es ist ein glühend heißer Sommer). Hansen versucht so weit es geht, seinen Pflichten nachzukommen, d.h. als Sheriff Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, als Bestatter den Verstorbenen ein würdiges Begräbnis zu schaffen, und als Prediger, irgendeine Form von tieferem Sinn in der momentanen, fast aussichtslosen Situation zu bieten. Er überfordert sich heillos und macht sich obendrein Vorwürfe, seine Pflichten nicht mehr perfekt ausführen zu können - z.B. weil er die Toten ohne Aufbahrung verbrennen muss oder seine Predigten aus Worten zusammenfügt, deren Sinn er nicht mehr versteht.
Dass Stewart O'Nan wunderbare Bücher schreibt, beweisen u.a. Stewart O'Nan - Engel im Schnee oder Stewart O'Nan - Eine gute Ehefrau. Das vorliegende Buch könnte auch dazu gehören, aber leider: "Welcher Teufel hat Stewart O'Nan geritten, seinen Protagonisten durchgängig in der zweiten Person anzureden, eine die ruhige Erzählstruktur beinahe ruinierende, völlig überflüssige und enervierende Idee?" (nach Amazon)
Die Erzählperspektive ging mir fürchterlich auf die Nerven. Wäre das Buch länger als die 220 Seiten, die man in einem Nachmittag liest, hätte ich es sicher nach den ersten 20 Seiten zugeklappt. Diese Erzählperspektive wirkt wie eine künstliche, pseudo-distanzierte Nähe; dieser merkwürdige, irgendwoher predigende "Erzähler" kommt mir vor wie ein übergeordnetes Wesen, das Hansen zu seinen Gedanken, Worten und Handlungen treibt.
Den Roman, der durch seine atmosphärische Dichte (die Hitze, die Bedrohung, die atemlose Hetze) und den Charakter des Protagonisten die höchste Punktzahl verdient hätte, wäre er in der 3. Person geschrieben, kann ich leider durch diese Erzählperspektive nur als bedingt lesenswert einstufen.
Marie